30 Jahre Mauerfall – Ist der Osten abgehängt?

Abgehängt und vergessen – so sehen sich viele Menschen in den neuen Bundesländern. Studien zeigen, Ostdeutsche fühlen sich noch immer – durch alle Bildungsschichten hinweg – als Bürger zweiter Klasse. Nur wenige von ihnen besetzen Spitzenjobs in Politik und Wirtschaft. Karriere machen am ehesten noch ostdeutsche Frauen.

Welche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind geblieben? Braucht es eine Ostquote? In der phoenix-Mediathek könnt ihr mich diskutieren sehen.

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Vergangenes Jahr, während der G20-Präsidentschaft Deutschlands, hat mich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für ihr englischsprachiges Buchprojekt Women In Tech interviewt. Die 30 Portraits darin sollen junge Frauen weltweit inspirieren und bestärken, einen Weg entgegen verbreiteter Stereotype, beispielsweise in der Technologiebranche einzuschlagen. Weiterlesen

Manchmal hört man Leute vom Internet und von der richtigen Welt sprechen als wären dies zwei vollkommen unterschiedliche Bereiche. Aber für die meisten Menschen ist das Internet Teil der richtigen Welt, Teil des öffentlichen Raums, wo sich Menschen treffen, Gespräche führen, Beziehungen pflegen, sich streiten, fachsimpeln oder Witze machen. Manche dieser Räume sind riesig, bei Facebook tummeln sich inzwischen über zwei Milliarden Nutzer*innen.

Es sind eine ganze Reihe dominanter Plattformen entstanden, die aufgrund des Netzwerkeffektes immer größer werden. Dieser Effekt meint den Vorteil, den ein soziales Netzwerk dadurch hat, dass schon viele daran teilnehmen. Wo die anderen sind, will man selbst auch sein. Soziale Netze, wo man niemanden kennt, sind wenig attraktiv. Wechselt man das soziale Netzwerk, etwa um die eigene Privatsphäre besser zu schützen, verliert man existierende Beziehungen und wäre in einem anderen sozialen Netzwerk möglicherweise einsam.

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Während des 35. Chaos Communication Congress, dem 35c3, habe ich im Dezentrum-Podcast über Künstliche Intelligenz und Automation, Bedingungsloses Grundeinkommen und die Idee eines Sozialen Innovationsfonds gesprochen.

Anhören könnt ihr euch die Folge mit mit dem Player hier auf der Website, bei iTunes oder Spotify.

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Nachdem Anfang des Jahres bekannt wurde, dass ein 20-Jähriger private, teils intime Daten von fast 1000 Politiker*innen und Personen des öffentlichen Lebens über einen Twitter-Account verbreitet hatte, gab es plötzlich ein riesiges öffentliche Interesse am Thema digitale Gewalt. Digitale Gewalt umfasst nämlich sowohl Online-Stalking, Beleidigung in sozialen Netzwerken als auch das Veröffentlichen persönlicher Informationen Dritter im Netz, so genanntes Doxing.

Und das kann uns alle jederzeit treffen. Dazu müssen die Täter nicht einmal ausgebildete IT-Spezialisten sein. Immer noch nutzen die meisten Menschen viel zu unsichere Passwörter, die leicht erraten werden können. Ich war deswegen in einigen Medien vertreten, um über digitale Gewalt und die IT-Sicherheitspolitik der Bundesregierung zu sprechen und zu diskutieren, wie wir uns alle sicherer und geschützter im Internet bewegen können. Weiterlesen

Zum Jahresende zieht man Bilanz, schreibt Wunschzettel und hat Erwartungen fürs kommende Jahr. Zur Digitalisierung könnte ich ein dickes Buch voller Wünsche schreiben, einige – nur solche, die realistisch in 2019 erreicht oder angestoßen werden könnten – will ich hier nennen.

Ohne digitale Infrastruktur kann eine digitale Gesellschaft nicht funktionieren, daher ist sie unser wichtigstes Ziel für 2019. Deutschland hat viel Zeit beim Ausbau des Glasfasernetzes vergeudet, es gibt keine mehr zu verlieren. Von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie in ihrer neuen Breitbandstrategie nur reine Glasfasernetze fördert und den Ausbau durch Kommunen begünstigt, denn Internetzugang gehört zur Daseinsvorsorge und sollte ein Grundrecht sein. Deshalb sollte der Einfluss von Profiterzielung auf die Umsetzung minimiert werden. Nur so gibt es ein schnelles Netz und digitale Teilhabe für alle und nicht nur für Wohlhabende und Stadtbewohner.

Zu einer zeitgemäßen Infrastruktur gehört ein Mobilfunknetz ohne Funklöcher. Viele Dienste werden heute mobil genutzt, im Funkloch ist man davon ausgeschlossen, von gleichwertigen Lebensverhältnissen in Stadt und Land ganz zu schweigen. Die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur haben vor, gemeinsam mit Bundesrat und Bundestag eine Mobilfunkstrategie zu entwickeln. Die ist auch längst überfällig und sollte einen konkreten Plan enthalten, wie alle Funklöcher kurzfristig geschlossen werden können. Es geht ja nicht nur um Teilhabe, sondern manchmal auch um die nackte Existenz. Erst vor wenigen Tagen brannte in einem Ortsteil unserer Stadt im Norden von Brandenburg das Haus des Försters aus, der schwer verletzt zwei Kilometer mit dem Auto fahren musste, um überhaupt einen Notruf wählen zu können. Niemand der 60 Einsatzkräfte konnte vor Ort ein Handy nutzen. Als im Brandenburger Süden im Sommer riesige Waldbrände wüteten, wurde bei der Einsatzleitstelle am Rand des Brandgebiets eine Not-Mobilfunkbasisstation aufgebaut, weil auch diese Gegend mitten in einem großen Funkloch lag.

Es reicht jedoch nicht aus, wenn die weißen Flecken nur formell verschwinden, etwa weil ein einzelner Netzbetreiber dort aktiv ist. Wer dann bei einem anderen Betreiber einen Vertrag hat, steckt ja immer noch im Funkloch. In schlechter versorgten Gegenden braucht es daher ein regionales Roaming (ein nationales Roaming wäre noch besser), damit man jederzeit ein beliebiges Funknetz nutzen kann, unabhängig vom eigenen Anbieter, so wie man das vom Ausland kennt. Eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes ist für das erste Quartal geplant und könnte die Bundesnetzagentur dazu ermächtigen, die Anbieter darauf zu verpflichten.

Noch viel zu unbekannt ist die Möglichkeit, dass Kommunen Breitbandfördergelder des Bundes inzwischen auch für den Glasfaseranschluss von (potenziellen) Mobilfunk-Basisstationen in Funklöchern verwenden können. Ich hoffe, das spricht sich herum und mehr Kommunen als bisher machen das. Solche kommunalen Basisstationen stehen dann allen Netzbetreibern zur Verfügung.

Auch schon in den ersten Monaten des neuen Jahres könnte (endlich) der Digitalpakt Realität werden und Rückstände im Bereich digitaler Bildung verringern. Immerhin Internetzugänge und einen Teil der IT-Ausstattung in Schulen könnte man damit finanzieren. Das reicht natürlich nicht, denn es braucht auch neue Bildungsinhalte, Aus- und Weiterbildung für Lehrkräfte und verbindliche Mindeststandards, die in allen Bundesländern gelten. Es darf nicht vom zufälligen Wohnort eines Kindes abhängen, ob es einen Zugang zu zeitgemäßer Bildung hat oder nicht, denn die notwendigen Kompetenzen durch die Digitalisierung sind in Hessen nicht wesentlich anders als in Brandenburg.

Ständig höre ich „die Technik muss den Menschen dienen“. Diese Plattitüde mit Leben zu füllen, ist jedoch eine große Herausforderung. Dazu beitragen kann die Einrichtung eines großzügigen „Social Innovation Fonds“, der gemeinwohlorientierte Innovationen fördert, für die sich Investoren eher wenig interessieren. Der Fonds könnte die Entstehung sinnvoller Anwendungen im Bereich Bildung, Umwelt, Nachhaltigkeit, Gesundheit, Mobilität, Demokratie etc. ermöglichen, die dann als Open Source auch dem Rest der Welt zur Verfügung stehen.

Last but not least würde eine moderne Verwaltung viel Nutzen stiften. Deshalb wünsche ich mir, dass das Bürgerportal des Bundes einen Siebenmeilenstiefel-Schritt nach vorn macht, sich alle Bundesländer – nicht nur wie bisher vier – daran beteiligen und viele öffentliche Dienstleistungen vollständig elektronisch abgewickelt werden können. Bisher kann man sie an einer Hand abzählen und ein PDF muss man immer noch ausdrucken.

Viele andere Wünsche bleiben ungenannt, dennoch würde ich in zwölf Monaten feiern, wenn wenigstens diese Wunschliste Realität geworden ist.

Dieser Artikel wurde bereits am 22.12. in leicht abgeänderter Form im FR7 Netz-Teil der Frankfurter Rundschau veröffentlicht.

Foto: Jeanette Tittel, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode

Seit fast 20 Jahren finden immer am 25. November Aktionen statt, um auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. Seinen Ursprung hat dieser „Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ in der Dominikanischen Republik. Am 25. November 1960 wurden die drei Schwestern Mirabal wegen ihrer politischen Aktivitäten gegen die Diktatur nach monatelanger Folter getötet.

Auch heute kämpfen wir gegen Gewalt, die Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen begegnet, im privaten Raum, bei der Arbeit oder auch im Internet. Im vergangenen Jahr wurden 147 Frauen von ihrem (Ex-)Partner getötet, 224 Frauen überlebten solche Tötungsversuche. Jeden Tag versucht also ein Mann, seine (Ex-)Partnerin zu töten, alle zweieinhalb Tage erreicht er sein tödliches Ziel. In den Medien werden diese Morde dann meist Tatsachen verdrehend als Beziehungsdrama bezeichnet.

Im Land Brandenburg lag die Zahl der gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt im Jahr 2017 bei 4254, bundesweit wurden 140.000 Menschen Opfer häuslicher Gewalt, 82 Prozent waren Frauen. Es gibt in Deutschland zu wenig Plätze in Frauenhäusern, auch das Frauenhaus in Brandenburg an der Havel, kann kaum noch Frauen (und Kinder) aufnehmen. Über die Ausfinanzierung müssen sich dringend alle politischen Ebenen einigen.

Auch wenn Gewalt gegen Frauen am häufigsten im privaten Raum stattfindet und nicht, wie oft angenommen, auf dunkler Straße und durch Fremde, gibt es sichere Räume praktisch nicht, was die Bewegungsfreiheit von Frauen einschränkt, denn fast jede meidet bestimmte Orte, weil sie sie für Frauen gefährlich findet. Angesichts vielfältiger Kleidungs- und Verhaltenstipps für Frauen muss jedoch deutlich gesagt werden: verantwortlich für Gewalt sind Täter, nicht Opfer.

Mich schockiert auch, wie wenig ernst Gewalt gegen Frauen im Internet genommen wird. Die Polizei kennt sich z. B. nur äußerst selten mit den Möglichkeiten für digitales Stalking durch unsichtbare Apps auf dem Handy aus. Wenn Frauen aber dadurch jederzeit geortet werden können, steigt ihr Risiko, Opfer physischer Gewalt zu werden. Auch mit Beleidigungen bis hin zur Androhung von Vergewaltigung, Misshandlungen und Mord  werden Frauen zunehmend im Netz konfrontiert. Auch ich habe Hassnachrichten erhalten, wurde beleidigt und bedroht. Ich habe manches bei der Polizei angezeigt, aber noch nie endete ein Fall vor Gericht. Polizei und Justiz fehlen die fachliche Kompetenz und die personellen Kapazitäten, um sich angemessen um diese Rechtsbrüche zu kümmern. Vielen fehlt selbst das grundlegendste Verständnis. Das voriges Jahr in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) bringt hier nur wenig Abhilfe. Es führt bestenfalls zur Löschung von Hassnachrichten, aber nicht zur Strafverfolgung. Und die Entscheidung, ob überhaupt gelöscht wird, liegt im Ermessen von Großkonzernen wie Facebook oder Twitter. Hassnachrichten über Messengerdienste sind überhaupt nicht vom NetzDG erfasst.

Digitale Gewalt ist jedoch mehr als Hassnachrichten, dazu zählt auch das Veröffentlichen persönlicher Informationen im Netz, wie Adresse oder Telefonnummer, Identitätsmissbrauch z. B. durch Anlegen gefälschter Profile auf Pornoseiten, oder der Versand intimer Fotos an den Arbeitgeber. Solche Taten wirken in das Leben der Betroffenen hinein. Die Bundesregierung bleibt jedoch weitgehend untätig, was die Untersuchung dieser Problematik und vor allem ihre Bekämpfung angeht, sie lässt die Opfer allein.

In einer Kleinen Anfrage zum Thema „Digitale Gewalt gegen Frauen“ (Drucksache 19/5743) fordere ich daher von der Bundesregierung Fakten und Informationen zu konkreten Maßnahmen, wie sie das Ausmaß digitaler Gewalt erfasst und wie sie gegen digitale Gewalt vorgeht. Zu beidem hat sie sich mit Ratifizierung der Istanbul Konvention verpflichtet.  Das Internet muss ein Raum sein, in dem sich Menschen frei bewegen können, ohne Angst vor jedweder Form von Gewalt. Staatliche Behörden müssen das Thema endlich ernst nehmen, Polizist*innen und Strafverfolgungsbeamte weiterbilden und eine zeitgemäße IT-Ausstattung erhalten. Es wird Zeit, dass die Polizei bei Fällen digitaler Gewalt konsequent Ermittlungen aufnimmt und die Justiz Recht auch durchsetzt. Online-Aktionen wie #metoo oder #keinemehr bleiben wichtig, um Aufmerksamkeit auf das Ausmaß digitaler Gewalt zu lenken. Als Feministin, Netzaktivistin und als persönlich Betroffene, ist mir das Thema besonders wichtig, ich bin deshalb sehr gespannt auf die Antworten der Regierung.

Update:

Am 16. November 2018 hat die Bundesnetzagentur den finalen Entwurf für die Vergabebedingungen und Auktionsregeln für die 5G-Frequenzauktion vorgelegt. Der Beirat der Bundesnetzagentur, dem ich als Mitglied des Bundestages angehöre, wird sie letztmalig am 26. November beraten, Veränderungen werden dann jedoch nicht mehr möglich sein. In der 1. Hälfte 2019 sollen Frequenzblöcke im Bereich von 2 GHz und 3,6 GHz für den Aufbau eines 5G-Mobilfunknetzes verwendet werden. Firmen, die Frequenzen ersteigern, werden verpflichtet, bis zu bestimmten Stichtagen Versorgungsauflagen zu erfüllen. Ersteigerte Frequenzen können bis zum 31. Dezember 2040 durch die Firmen genutzt werden. Weiterlesen

Am Montag fand in Potsdam die Klausur der Linksfraktion im Brandenburgischen Landtag zum Thema Digitalisierung statt, an der ich als netzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion teilgenommen habe. Einen halben Tag lang haben wir uns dort darüber ausgetauscht, was Digitalisierung von links bedeutet und vor welchen Chancen, Aufgaben und Herausforderungen ein Flächenland wie Brandenburg steht.  Ich habe meine Vorstellungen einer Digitalisierung dazu beigetragen, die sich dem Prinzip der Teilhabe und Transparenz verpflichtet.

Schon einmal, vor etwas weniger als 30 Jahren, gab es im Leben der Bürger*innen Brandenburgs eine dramatische Veränderung. Mit der Wende und der Wiedervereinigung fielen in manchen Regionen ganze Industrien weg – oder fast weg (z.B. die Chemieindustrie in Premnitz) und wurden etliche Berufe obsolet, waren häufig Berufserfahrungen und Qualifikationen aus der DDR entwertet. Auch wenn beide Umbrüche, die Wendezeit und die anstehende digitale Revolution, von ihrer Natur her grundverschieden sind, haben sie doch gemeinsam, dass schnelle und umfassende Veränderungen häufig mit Unsicherheit über die Zukunft verbunden sind und daher auch Angst erzeugen und dass diese Angst um die eigene Existenz Menschen in die Arme von Demagogen treiben kann, deren Ziel die Spaltung und Ausgrenzung ist, nicht aber die Solidarität und die Förderung des Gemeinwohls. Es sollte daher Aufgabe der Linken sein, Zukunftsängste abzubauen und sich dafür einzusetzen, dass die digitale Revolution ohne soziale Härten abläuft, wie wir sie nach der Wiedervereinigung im Osten erlebt haben.

Mit der Studie „Arbeit 4.0 in Brandenburg“ hat die Landesregierung ergründet, was Digitalisierung konkret für Betriebe im Land bedeuten kann und was dies für die Beschäftigten heißen wird. Auf der Basis von 1050 befragten Unternehmen zeichnet sich ein sehr differenziertes Bild, bei dem in den nächsten Jahren sowohl Arbeitsplätze wegfallen werden als auch neue geschaffen werden. Zumindest in den nächsten Jahren rechnen die Brandenburger Unternehmen nicht mit großen Arbeitsplatzverlusten – langfristig kann das natürlich ganz anders aussehen und Politik muss sich um beides kümmern, um mittelfristige und um langfristige Herausforderungen. Zu den kurz- und mittelfristigen Herausforderungen gehört, dass ohne Frage ein hoher Anteil an Arbeitsplätzen in der einen oder anderen Form von der Digitalisierung betroffen ist oder betroffen sein wird und das dies in den allermeisten Fällen bedeutet, dass sich die Qualifikationsprofile verändern, also die Angebote und Rahmenbedingungen für Weiterbildung und Qualifizierung deutlich erweitert werden müssen.

In Kürze soll eine Langfassung der Studie veröffentlicht werden, die weitere Detailinformationen über den Stand der Digitalisierung in der brandenburgischen Wirtschaft enthält. In der Klausur kam auch die Digitalisierungsstrategie der Landesregierung zur Diskussion, die im Dezember vom Kabinett veröffentlicht wird. Mehr als 200 Maßnahmen aus sieben Handlungsfeldern wird sie voraussichtlich enthalten. Ich habe die Klausur genutzt, um meine eigenen Vorstellungen zu vermitteln, einen starken Fokus auf das Thema Bildung – von beruflicher Bildung bis zur Schulbildung, die Notwendigkeit guter online Angebote für Verwaltungsdienstleistungen – inklusive Behördenbus, der wöchentlich Dörfer und Kleinstädte anfährt, wie man das von Bäcker- und Fleischerbussen kennt. Viele Fahrten in weit entfernte Behörden sollten überflüssig werden, weil man die eigenen Anliegen einfach online oder über den Behördenbus erledigen kann. Digitalisierung muss dem Gemeinwohl dienen, und bei bürgerfreundlichen Diensten liegt der Nutzen auf der Hand. Gleiches gilt für innovative Gesundheitskonzepte, wie Schwester Agnes Modelle, bei denen Gemeindeschwestern (oder -pfleger) Ärzte im ländlichen Raum entlasten und über mobile Geräte direkt beim Hausbesuch Gesundheitsdaten erheben und über Ärzte analysieren lassen können. Vielen Patienten kann das Wege und Wartezeiten in Arztpraxen ersparen und gleichzeitig sicherstellen, dass nötige Gesundheitsleistungen auch rechtzeitig wahrgenommen werden.

Alles das braucht natürlich eine gute und flächendeckende Infrastruktur, für die in erster Linie – aber nicht nur – der Bund zuständig ist. Als Beiratsmitglied der Bundesnetzagentur setze ich mich aktuell sehr dafür ein, dass die neue Generation Mobilfunknetz (5G) auch den ländlichen Raum schnell und flächendeckend erreicht und Regulierung dafür sorgt, dass nicht nur ein Netz für Reiche dabei herauskommt. Funklöcher und langsames Internet gehören nicht in eine digitale Gesellschaft.

Kurz gefaßt, kann man linke Digitalisierungspolitik immer wieder daran festmachen, dass sie dem Gemeinwohl dient bzw. dienen muss. Das bedeutet Teilhabe statt Ausgrenzung, es bedeutet Einklang mit Datenschutz und nicht Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern, es bedeutet Offenheit und Transparenz – zum Beispiel Offenheit von Verwaltungshandeln (Open Government), Förderungen offener Software (Open Source Software) und auch offene Lehr- und Lernmittel (Open Educational Resources).

Es freut mich, dass die Landesregierung die Öffentlichkeit an der Entwicklung der Digitalisierungsstrategie beteiligt hat und dass auch mein Feedback willkommen war. Besonders freut mich die Ankündigung, dass es keine Strategie mit hohlen Phrasen werden soll, sondern eine Strategie, die sehr konkrete Maßnahmen enthält, also schon Elemente ihrer Umsetzung. Nur so kann man Vertrauen auf-, Ängste und Unsicherheiten jedoch abbauen. Ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis, auch wenn völlig klar ist, dass im Themenfeld Digitalisierung jede Strategie auch ständig weiterentwickelt werden muss.