04. April 2023

Frage:
Wie gewährleistet die Bundesregierung die Barrierefreiheit und gleiche Zugangschancen zu günstiger Mobilität für alle Menschen, z.B. Kinder, Senioren, Bedürftige, Menschen mit bestimmten Beeinträchtigungen oder Menschen, die aus anderen Gründen kein Smartphone besitzen, auch über das Jahr 2023 hinaus, indem das sog. Deutschlandticket (auch bekannt als 49€ Ticket, Bundestagsdrucksache 20/5548) nicht nur ausschließlich digital (wie das Gesetz in der Passage „Das Ticket soll in digitaler Form erhältlich sein” nahelegt), sondern auch am Automat oder Schalter und auch in Papierform erworben werden kann (siehe dazu die Kritik der Sachverständigen Dr. Claudia Hille, von mofair e. V., der EVG und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände bei der Anhörung im Verkehrsausschuss am 1. März 2023, https://www.bundestag.de/ausschuesse/a15_verkehr/anhoerungen/933318-933318)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Michael Theurer:
Die Klärung der mit der Einführung des Deutschlandtickets verbundenen Detailfragen war und ist Gegenstand des Austausches zwischen Bund und Ländern, unter Einbeziehung von Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen sowie der Verkehrsunternehmen. Als digitales Tarifangebot soll der Erwerb des Deutschlandtickets sowohl per Smartphone als auch per Smartcard möglich sein. Der Vertrieb dieses Tickets über eine Smartcard gewährleistet dessen Erwerb durch Personen, die kein Smartphone besitzen oder deren digitale Möglichkeiten eingeschränkt sind.

Meine Frage: Wurde die Durchführung der in der Gigabitstrategie vorgesehenen „Evaluierung der Überbauproblematik“ bereits beauftragt (bitte angeben, wann und an wen der Auftrag erteilt wurde) und bis wann werden die Ergebnisse dieser Evaluierung konkret vorliegen (s. Gigabitstrategie, u.a. S. 60, https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/gigabitstrate-gie.pdf?__blob=publicationFile) ?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Oliver Luksic:
Die Evaluierung zum Thema Überbau wird derzeit vorbereitet, eine Vergabe ist noch nicht erfolgt.

Antwortschreiben im Original:

Meine Frage:
Wurden im Rahmen des Projekts „OVERCLOCK“ (s. Antwort der EU-Kommissarin Ylva Johansson auf eine Parlamentarische Anfrage unter https://www.europarl.eu-ropa.eu/doceo/document/E-9-2022-003492-ASW_DE.html), an dem auch deutsche Behörden beteiligt sind und das sich mit der Entwicklung forensischer Instrumente beschäftigt sowie einen rechtmäßigen Zugang zu Daten auf Geräte untersucht, sog. Zero-Day-Exploits entdeckt (u.a. von öffentlich bekannten Herstellern), und wurden besagte Zero-Day-Exploits – auch im Rahmen weiterer Forschungsvorhaben des „EU Innovation Hub for Internal Security“ – den betroffenen Unternehmen gemeldet (bitte separat je Projekt beantworten, und falls eine Meldungunterlassen wurde, bitte begründe)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff:
Der Bundesregierung liegen zu Zero-Day Schwachstellen im Rahmen des Projektes „OVERCLOCKkeine Erkenntnisse vor. Über den Umgang von Zero-Day Exploits in weiteren Forschungsvorhaben des „EU Innovation Hub for Internal Security“ liegen der Bundesregierung keine Informationen vor.

Antwortschreiben im Original:

Frage:

Teilt die Bundesregierung die aktuelle Einschätzung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), nach der es bislang keinen rechtlich klar abgesicherten Beschlagnahmeschutz für die elektronische Patientenakte gegenüber Strafverfolgungsbehörden gibt (https://ddrm.de/haben-strafverfolgungs-behoerden-zugriffsmoeglichkeiten-auf-die-elektronische-patientenakte-epa-die-antwort-des-bundesdatenschutzbeauftragten-das-ist-nicht-ausgeschlossen/), da sich der Beschlagnahmeschutz aus § 97 StPO bislang nur auf die Gesundheitskarte erstreckt, jedoch unklar sei, ob die ePA und die darin enthaltenen Gesundheits- und Behandlungsdaten vor Zugriffen durch die Strafverfolgungsbehörden (u.a. Polizei und Justiz) geschützt sind (bitte begründen, warum die Bundesregierung diese Auffassung teilt oder nicht teilt) und wenn ja, wie will die Bundesregierung verhindern, dass das Vertrauen von Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzten in Digitalisierungsprojekte im Gesundheitswesen nicht massiv beschädigt und die ärztliche Schweigepflicht nicht durch digitale Zugriffe auf die ePA defacto unterlaufen wird (bitte ausführlich darlegen und falls ein expliziter und eindeutiger rechtlicher Beschlagnahmeschutz für die ePA eingeführt werden soll, bitte erklären, wie die rechtliche Umsetzung geplant ist)?

Antwort des parlamentarischen Staatssekretärs Prof. Dr. Edgar Franke:
Es bedarf aus Sicht der Bundesregierung derzeit keiner gesonderten gesetzlichen Regelungen zum Schutz vor Beschlagnahme der Daten, die sich in der elektronischen Patientenakte befinden. Nach geltendem Recht besteht ein Beschlagnahmeverbot, wenn sich die Daten bei der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt befinden und auch, wenn sich diese bei der aktenführenden Krankenkasse befinden.

Schriftliche Aufzeichnungen oder schriftliche Mitteilungen eines Zeugnisverweigerungsberechtigten unterfallen dem Beschlagnahmeverbot des § 97 Absatz 1 Strafprozessordnung (StPO), wenn sie im Gewahrsam des Zeugnisverweigerungsberechtigten sind (hier der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt). Nach § 11 Absatz 3 Strafgesetzbuch (StGB) gilt dies auch für Daten, die von dem Zeugnisverweigerungsberechtigten in die elektronische Patientenakte eingestellt werden. Darüber hinaus greift das Beschlagnahmeverbot für die elektronische Patientenakte gemäß §§ 97 Absatz 3 StPO auch dann, wenn sich die elektronische Patientenakte bei der aktenführenden Krankenkasse (§ 342 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch SGB V) befindet, da es sich bei letzterer im Rahmen der Führung der elektronischen Patientenakte um eine „mitwirkende Person“ nach § 53a Absatz1 Satz1 StPO handelt.

vom 10. Februar 2023

Meine Frage:

Welche der (s. Antwort der Bundesregierung auf meine Schriftliche Frage 48 auf Bundestagsdrucksache 20/5426) angegebenen Ressort-Stellen für CISO oder vergleichbaren Stellen (also ohne nachgeordnete Behörden und nicht für Stellvertreter-Stellen) erfüllen die folgenden Empfehlungen der IT-Grundschutz-Methodik des BSI:

·Die Stelle ist direkt der obersten Leitung zugeordnet (Kriterium 1)

·Die Stelle ist nicht in die IT-Abteilung integriert, um Rollenkonflikte zu vermeiden (Kriterium 2) (bitte tabellarisch je Ressort mit Angabe ja/nein in je einer Spalte für die beiden Kriterien angeben)?

Antwort des Staatssekretärs Johann Saathoff:

Das Ergebnis der Abfrage in den Ressorts kann der Tabelle in der Anlage entnommen werden.

vom 17. Januar 2023

Meine Frage:

In welchen Bundesministerien (inklusive nachgeordneter Behörden) gibt es jeweils besetzte Stellen für sogenannte CISO – Chief Information Security Officer (oder tatsächlich vergleichbare Rolle, bitte stets die konkrete Stellenbezeichnung angeben) und welche Besoldungsstufe haben diese Stellen jeweils (bitte tabellarisch beantworten)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff (BMI):

Die Antwort gibt die im Rahmen der geltenden Fristen ermittelbaren Ergebnisse wieder und ist insoweit sowohl qualitativ wie quantitativ mit Unsicherheiten behaftet. Das Ergebnis der Abfrage in den Ressorts kann der Tabelle in der Anlage entnommen werden.

vom 24. Januar 2023

Meine Frage:

Hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), wie in einem Artikel von The Intercept berichtet und mit einer E-Mail von Twitter belegt wird (https://theintercept.com/2023/01/16/twitter-covid-vaccinepharma/), nicht nur wie vom BSI in Tweets am 17.01.2023 und am 18.01.2023 dazu erklärt hatte, verschiedene Impfstoffhersteller wie z.B. BionTech vor Störungen des Geschäftsbetriebes durch “massenhafte Mails und Anrufe” als Folge einer Online-Kampagne der britischen Organisation “Global Justice Now” mit dem Ziel der Patentfreigabe für Covid-19 Impfstoffe gewarnt, sondern auch vor der Gefahr der möglichen “Übernahme von Konten” insbesondere vor der “Übernahme persönlicher Konten von Mitgliedern des Managements” der betreffenden Impfstoffhersteller sowie vor der “Erstellung von FakeSchriftliche Einzelfrage – 23-01-0346Accounts” und falls zutreffend, welche IT-sicherheitstechnischen Einschätzungen bzw. Anhaltspunkte führten zu der Warnung vor Kontenhacking und Fake-Accounts bzw. falls nicht zutreffend, welche Maßnahmen hat das BSI den betreffenden Unternehmen nahegelegt, um sich vor den erwarteten möglichen Störungen im Geschäftsbetrieb zu schützen?

Antwort des Staatssekretärs Johann Saathoff:

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat Impfstoffhersteller sowohl „vor Störungen des Geschäftsbetriebs durch massenhafte Mails und Anrufe“ als Folge der in der Frage genannten Online-Kampagne gewarnt, als auch in dieser Warnung weitere mögliche Aspekte zu Ablaufmustern solcher Kampagnen ergänzt.

Derartige Kampagnen nutzen nach Erfahrungen des BSI oftmals nicht nur einen, sondern verschiedene Angriffsmechanismen, um den Betrieb und die Reaktionsfähigkeiten zu stören und damit möglicherweise die Erbringung der kritischen Dienstleistung für Deutschland zu gefährden. Daher hat das BSI weitere Aspekte solcher Bedrohungen beschrieben, damit die möglicherweise Betroffenen im eigenen Ermessen geeignete Gegen- und Reaktionsmaßnahmen bewerten und vorbereiten könnten.

Antwortschreiben im Original:

25.01.2023

Frage:

Wie viele IT-Sicherheitsstellen sind derzeit in den Bundesministerien und deren nachgeordneten Behörden besetzt und wie viele unbesetzt (bitte jeweils nach Bundesministerien inklusive der jeweils nachgeordneten Behörden analog zur Antwort der Bundesregierung auf meine Schriftliche Frage 45 in Drs. 20/833 aufschlüsseln, s. https://dserver.bundestag.de/btd/20/008/2000833.pdf)?

Weiterlesen

Pressemitteilung vom 02.01.2023

Fünf Jahre sind vergangen, seit das Onlinezugangsgesetz (OZG) in Kraft getreten ist. Zum 31.12.2022 lief es aus, ein Nachfolgegesetz gibt es weiterhin nicht. Seit längerem war absehbar, dass nicht einmal die im OZG verankerten Ziele der Verwaltungsdigitalisierung erreicht werden, weshalb sich der IT-Planungsrat im Mai 2022 auf 35 OZG-Leistungen einigte, die als “Booster” priorisiert bis Ende 2022 umgesetzt werden sollten. Auf Anfragen von Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der Linksfraktion, informierte das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) über den Status Quo zur Umsetzung dieser Booster-Leistungen. Aus den Antworten geht hervor, dass das Ziel des OZG-Boosters völlig verfehlt wurde. Zum Jahresende waren kaum Booster-Dienste flächendeckend verfügbar, es gab nur wenig Nachnutzung und vollständig digital und in ganz Deutschland verfügbar ist nur ein einziger der 35 Dienste. Offenbart wurden auch viele Barrieren, die von Domscheit-Berg schon länger kritisiert worden sind, aber deren Abbau weiterhin stockt. Mängel gibt es außerdem bei der Gesamtkoordination und bei der Nachvollziehbarkeit der Verwaltungsdigitalisierung, deren Fortschritte zu intransparent sind.

Die schriftlichen Fragen und die Antworten der Bundesregierung sind am Ende dieses Beitrages verlinkt.

Das Versagen des OZG-Boosters in Zahlen:

  • 7 der 35 Booster-Leistungen (jede fünfte) sind überhaupt nicht digital verfügbar
  • nicht mal jede zehnte (3 von 35) sind in ganz DE verfügbar, davon ist nur eine (Corona-Hilfe) voll digital (Baföganträge werden zB. immer noch in den Behörden ausgedruckt)
  • Nur 1 Booster-Leistung ist damit flächendeckend und voll digital (Reifegrad 3 oder 4) verfügbar (Corona-Hilfe)*
  • Fast jede 2. OZG Booster-Leistung (16 von 35 = 46%) ist digital verfügbar, ohne dass sie irgendwo nachgenutzt wird
  • Nur 7 Leistungen (jede fünfte) werden in 1-2 Ländern genutzt


Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der Linksfraktion:

,,Kurz vor Ablauf der versemmelten fünfjährigen Umsetzungsfrist des Onlinezugangsgesetzes fragte ich die Bundesregierung, wie es wenigstens mit den 35 sogenannten Booster-Leistungen aussieht, die als priorisierte Leistungen bis Jahresende verfügbar gemacht werden sollten. Die Antworten der Bundesregierung offenbaren, dass selbst dieses extrem abgespeckte Ziel weit verfehlt wurde, denn nur eine einzige dieser Leistungen steht vollständig digitalisiert und flächendeckend in Deutschland zur Verfügung, jede fünfte der Booster-Leistungen (sieben) ist überhaupt noch nicht digitalisiert, darunter besonders häufig genutzte Leistungen, wie Personalausweis beantragen oder Kfz-An- und Ummeldung. Die Hälfte der digitalen Booster-Leistungen können Bürger:innen wiederum nur in einem einzigen Bundesland nutzen. Da hat man dann Pech, wenn man in den 15 anderen Bundesländern wohnt. Zu den drei Leistungen, die es überhaupt bundesweit gibt, gehört der Bafög Antrag, der zwar online gestellt werden kann, allerdings in den Behörden immer noch ausgedruckt werden muss. Dieses Beispiel als Erfolg zu vermelden, wäre mir peinlich.

Unfassbar finde ich, dass mit der Kfz An- und Ummeldung laut Unterlagen der Bundesregierung gerade eine besonders häufige Verwaltungsdienstleistung bisher offenbar daran scheitert, dass ausgerechnet der Digital- und Verkehrsminister bisher die fehlende gesetzliche Grundlage nicht geschaffen hat, obwohl sich hier sogar die Themenfelder Verkehr und Digitalisierung verbinden.

Längst bekannte und von mir seit Jahren kritisierte Barrieren bestehen weiterhin und immer noch gibt es keinen funktionierenden Austausch von Informationen zwischen Bund und Ländern. Die Intransparenz über den Umsetzungsfortschritt ist erschütternd, inbesondere mit Blick auf den Digitalisierungsgrad . Weil die Booster-Leistungen in der Verantwortung der Länder liegen, antwortet mir die Bundesregierung, dass ich die Länder danach fragen muss, welchen Reifegrad die umgesetzten Booster-Leistungen überhaupt haben, also ob man wie beim Bafög z.B. in der Behörde trotzdem noch den Antrag ausdrucken muss oder nicht. Ich soll auch die Länder danach fragen, wann die bisher nicht umgesetzten Booster-Leistungen nun kommen sollen, denn der Bund ließ offenbar das gemeinsam beschlossene Zieldatum verstreichen, ohne sich mit den Ländern auf neue Zieldaten wenigstens für die fehlenden OZG-Booster-Leistungen zu einigen. Mir fehlt dafür jedes Verständnis. So kann man ein gemeinsames Großvorhaben nicht steuern. Auf diese Weise kommen wir mit der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland nicht voran!

Viel Zeit ging offenbar auch verloren, weil die Finanzierung der Umsetzung und Nachnutzung für 2023 zu lange ungesichert, obwohl die Ampel-Koalition doch immer wieder erklärte, welche hohe Priorität die Verwaltungsdigitalisierung für sie hat. Bei Haushaltsverhandlungen sieht man dann, wie die Prioritäten wirklich verteilt sind. Aber auch an anderen Grundlagen fehlt es weiterhin, denn aus den Unterlagen des BMI geht auch hervor, dass immer noch viel zu komplizierte Vertragsabstimmungen, intransparente Betriebskosten und unklare Datenschutzregeln die Nachnutzung bereits digitalisierter Booster-Leistungen behindern.

Am Traurigsten macht jedoch der Grund dafür, warum es die OZG Leistung „Ummeldung“ immer noch nicht flächendeckend in Deutschland gibt, was nach Auskunft der Bundesregierung daran liegt, dass dieser Prozess sogar vollständig digital umgesetzt wurde, was bedeutet, dass in der Abwicklung auch die Verwaltung digital mit den Bürger:innen kommunizieren kann. Anders als alle anderen im Alltag bekannten elektronischen Postfächer, wo man Nachrichten und Anhänge nicht nur schicken, sondern auch empfangen kann, sind viele Nutzerkonten für digitale Verwaltungsdienstleistungen aber nur Einbahnstraßen und kommen mit vollständig digitalisierten Prozessen, die eine Kommunikation in beide Richtungen erfordern, nicht klar. Überall dort kann man also die verfügbare online Dienstleistung „Ummeldung“ gar nicht anbieten. An diesem Beispiel zeigt sich erschütternd deutlich, wie grundfalsch es war, beim Onlinezugangsgesetz nur auf Schaufensterdigitalisierung zu setzen und nicht erst einmal die Grundlagen zu schaffen, nämlich unter anderem gut funktionierende Basisdienste, wie ein richtiges Postfach, und standardisierte Schnittstellen. Jede Häuslebauerin versteht, dass es erst eine gute Planung, dann ein Fundament und erst zum Schluss eine schöne Tür braucht, und dass die verschiedenen Gewerke beim Hausbau durch eine vernünftige Bauleitung koordiniert werden müssen, damit alles in der richtigen Reihenfolge und ohne Zeitverzug gebaut wird. Bei der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland bauen wir zuerst schicke Türen, ohne Plan, ohne Fundament, ohne Haus drumrum und offenbar ohne jegliche Koordination des Gesamtprozesses – so kann das nicht funktionieren und seit Jahren predigen das viele Fachleute und leider werden sie immer noch nicht ausreichend gehört.

Umso wichtiger wird das OZG 2.0 als Nachfolgegesetz, das endlich die Grundlagen für eine wirkliche Verwaltungsdigitalisierung schaffen muss. Obwohl die Bundesregierung ein solches Gesetz bereits im Frühjahr ankündigte, kann sie jetzt immer noch keine Zeitplanung dafür vorlegen und verweist in ihrer Antwort auf meine schriftlichen Fragen auf die baldige Einleitung formaler Abstimmungsprozesse mit den anderen Ministerien und den Bundesländern. Ich habe selbst als Oppositionspolitikerin keinerlei Genugtuung dabei, die jeweiligen Bundesregierungen für ihr Versagen bei der Verwaltungsdigitalisierung zu kritisieren, denn wie alle anderen Bürger:innen finde ich einen weiterhin derart schlechten Standard schlicht unerträglich.“

* Hinweis: Da das BMI zu den Reifegraden keine Aussage treffen konnte, wurden diese auf dem Infoportal der OZG-Umsetzung selbst recherchiert. Davon abgesehen sind die Basis der Auswertung die referenzierten Antworten des BMI und die vom BMI bereitgestellten weiterführenden Dokumente (verlinkt am Ende des Beitrages).

Kontakt:

Anke Domscheit-Berg

mailto: anke.domscheit-berg@bundestag.de

Tel.: (030) 227 73107


Weiterführende Informationen:

Die URLs zu den externen Dokumenten im Antwortschreiben #2 und #3 waren nicht korrekt, auf Rückfrage teilte das BMI die gültigen URLs mit:

https://www.it-planungsrat.de/fileadmin/beschluesse/2022/Information2022_05_AL_Formblatt_Anbieter.pdf

https://www.it-planungsrat.de/fileadmin/beschluesse/2022/Information2022_05_AL_%C3%9Cbersicht_zum_Status_der_priorisierten_EfA-Leistungen.pdf

Datum: 29.11.2022 und 02.12.2022

Schriftliche Frage 1:

Mit wie viel Personal (bitte Angabe in Personenmonaten) wird derzeit jeweils in den Ressorts BMI, BMDV, BMF, BMWK und Kanzleramt im interministeriellen Laborformat digitale Identitäten mit Angabe des jeweiligen Themenschwerpunkts gearbeitet, und welche Erhöhung der Personenmonate ist jeweils gegebenenfalls geplant?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff (BMI):

Derzeit wird mit folgendem Personaleinsatz im interministeriellen Laborformat GovLabDE Digitale Identitäten gearbeitet (Angaben erfolgen in Vollzeitäquivalenten – VZÄ). Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI): Die Beteiligung des BMI am Laborformat Digitale Identitäten umfasst fünf Personen in einem Umfang von 4,5 VZÄ. Es besteht folgende thematische Aufteilung: Projekt-leitung (1 VZÄ); Smart-eID (1 VZÄ); Projektmanagement-Office und Berichtswesen (1 VZÄ), Large-Scale-Pilots (1 VZÄ); Berechtigungszertifikate (0,5 VZÄ). Bundeskanzleramt (BK): 0,25 VZÄ zur allgemeinen Projektbegleitung.
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK): Die Beteiligung des BMWK am Laborformat Digitale Identitäten umfasst (Zeitraum: Januar 2022 bis heute) eine Person mit ca. 0,3 VZÄ. Hinzu kommt die punktuelle Be-teiligung von Personen der Begleitforschung „Sichere Digitale Identitäten“, die über das Schaufensterprogramm durch das BMWK finanziert wird. Bundesministerium der Finanzen (BMF): Im BMF sind für das interministerielle Laborformat digitale Identitäten 0,75 VZÄ vor-gesehen und derzeit auch besetzt. Die Kollegen betreuen hauptsächlich die Entwick-lung einer ID-Wallet und einer Smart-eID. Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV): Derzeit ist das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit insgesamt 1,25 Personenmonaten am interministeriellen Laborformat GovLabDE Digitale Identi-täten beteiligt. Inhaltlich sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorrangig mit den Themenschwerpunkten „Regulierung“ sowie „Marketing und Vertrieb“ befasst. Das BMDV plant, die Mitarbeit ab Mitte Dezember 2022 auf 2,0 Personenmonate zu erhöhen.

Schriftliche Frage 2:

Bei wie vielen der OZG-Leistungen mit hohem (substanziellen) Vertrauensniveau ist konkret geplant, für deren digitale Nutzung ausschließlich den elektronischen Perso-nalausweis (nPA) als digitale Identifikationsmöglichkeit zu akzeptieren und bei wie vielen anderen OZG-Leistungen ist geplant, auch eine Smart-eID oder weitere digi-tale Identifikationsmöglichkeiten zu akzeptieren (bitte die fraglichen OZG Leistungen aufschlüsseln nach den 14 Themenfeldern des OZG und jeweils die Anzahl der Leis-tungen angeben, für die nur der nPA geplant ist und davon unterschieden, jeweils die Anzahl der Leistungen mit geplanten anderen Identifikationsmöglichkeiten für diese OZG-Leistungen)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff (BMI):

Gemäß § 2 Abs. 3 des E-Government-Gesetzes des Bundes ist jede Bundesbehörde verpflichtet, in Verwaltungsverfahren, in denen sie die Identität einer Person auf Grund einer Rechtsvorschrift festzustellen hat oder aus anderen Gründen eine Identi-fizierung für notwendig erachtet, die eID-Funktion anzubieten. Die meisten E-Govern-ment-Gesetze der Länder sehen ähnliche Bestimmungen vor, wobei diese teilweise nur als Soll-Vorschrift verfasst sind. Die Nutzung der eID-Funktion ist zudem komfor-tabel auch über die Einbindung eines Nutzerkontos möglich, und zwar unabhängig davon, ob das Nutzerkonto des Bundes oder eines Landes, das die eID-Funktion be-reits unterstützt, verwendet wird. Die Smart-eID ist nur eine andere technische Reali-sierung der eID-Funktion – es sind derzeit keine Leistungen des Onlinezugangsge-setzes (OZG) geplant, welche die Nutzung der Smart-eID ausschließen. Entsprechend den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS-Verordnung) ist keine OZG-Leistung geplant, welche ausschließlich die eID-Funktion des Personalausweises akzeptiert. Alle digitalen Verwaltungsleistungen werden auch Identifikationsmittel anderer EU-Mitgliedstaaten akzeptieren, welche auf dem erforderlichen Vertrauensniveau notifi-ziert sind.

Schriftliche Frage 3:

Gab es fachlichen Austausch zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Bun-desministeriums des Innern und für Heimat, Bundesministerium für Digita-les und Verkehr, Bundesministerium der Finanzen, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und des Bundeskanzleramtes (bitte jeweils nach Ressort aufschlüs-seln) mit (wenn ja) genau welchen konkreten Interessensver-treterinnen und Inte-ressenvertretern von Verbänden, Einzelunternehmen, NGOs, und Einzelperso-nen seit Januar 2022 bis jetzt, zu Themen, die die Ent-wicklung digitaler Identitä-ten berühren (diese Themen bitte mindestens nach nPA, IDWallet und Smart-eID aufschlüsseln) und welche Verbändeanhörun-gen gab es dazu?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff (BMI):

Die Frage wird dahingehend verstanden, dass nach Kontakten der Leitungsebenen der jeweiligen Häuser gefragt ist. Die Aufstellung ist der Tabelle zu entnehmen. Die Leitungsebenen von BK, BMWK, BMDV, BMF und BMI pflegen im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung Kontakte mit einer Vielzahl von Akteuren aller gesellschaftli-chen Gruppen. Unter diesen regelmäßigen Austausch fallen Gespräche und auch Kommunikation in anderen Formen (schriftlich, elektronisch, telefonisch). Es ist we-der rechtlich geboten, noch im Sinne einer effizienten und ressourcenschonenden öf-fentlichen Verwaltung leistbar, entsprechende Informationen und Daten (z. B. sämtli-che Veranstaltungen, Sitzungen und Termine nebst Teilnehmerinnen und Teilneh-mern) vollständig zu erfassen oder entsprechende Dokumentationen darüber zu er-stellen oder zu pflegen. Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Ge-spräche oder deren Ergebnisse – einschließlich Telefonate und elektronischer Kom-munikation – besteht nicht und eine solche umfassende Dokumentation wurde insoweit nicht durchgeführt oder vorgehalten. Neben Gesprächen auf Leitungsebene bestehen zusätzlich auf der Arbeitsebene di-verse fachliche Austausche. Verbändeanhörungen sind nicht erfolgt.

Schriftliche Frage 4:

In welchem Rahmen wurden bei der Konzeptionierung der Smart-eID gesellschaftli-che Auswirkungen im Rahmen einer Technikfolgenabschätzung, einer Analyse der ethischen, rechtlichen und sozialen Auswirkungen durch die Bundesregierung oder durch Dritte wie z.B. des BfDI, der Zivilgesellschaft oder der Wissenschaft einbezo-gen (bitte die jeweilige Art der Einbeziehung und Auswertung gesellschaftlicher Aus-wirkungen konkret nennen, einschließlich das Format und/oder die Quelle) und wel-che spezifischen Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung für ihr konkretes Han-deln gezogen (hinsichtlich eID Vorhaben) nach den Stellungnahmen der Fiff und des CCC, die am 17.05.2021 im Rahmen der Anhörung „Elektronischer Identitätsnach-weis mit einem mobilen Endgerät“ im Innenauschuss vorgelegt wurden (https://www.ccc.de/system/uploads/314/original/eID_Stellungnahme-cccfiff9.pdf9)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff (BMI):

Mit dem Online-Ausweis existiert seit 2010 ein besonders sicheres und datensparsa-mes Mittel für die Online-Identifizierung, das die Souveränität des Individuums über seine hoheitliche Identität besonders schützt. Neben einer technisch sehr sicheren Konzeption und Umsetzung besteht ein besonderer Vorteil im System der Berechti-gungszertifikate, die einerseits bei einem Identifizierungsvorgang auch die Identifizie-rung des Anfragenden gegenüber dem Nutzer sicherstellt und andererseits durch die vorgeschaltete Prüfung durch die Vergabestelle für Berechtigungszertifikate die Zweckmäßigkeit der Datenerhebung erfordert. Durch die Bereitstellung auf dem Personalausweis, dem elektronischen Aufenthaltsti-tel und der Unionsbürgerkarte steht dieses System sehr vielen Menschen offen. Den-noch wird es heute noch zu oft nicht genutzt und stattdessen auf andere Identifizie-rungsmethoden, oft unter Einbeziehung dritter Parteien zurückgegriffen. Es ist daher ein Anliegen der Bundesregierung, die Nutzung des Online-Ausweises weiter zu be-fördern. Mit der Smart-eID besteht zukünftig die freiwillige Möglichkeit, die bisher nur auf den Karten gespeicherte digitale Identität auch auf dem Smartphone zu speichern und damit die Karte zum Online-Ausweisen nicht mehr an das Smartphone halten zu müssen. Dabei wird durch strikte technische Vorgaben ein vergleichbares Sicher-heitsniveau wie bei den Karten erreicht. Für die Identifizierung wird dabei weiterhin die bereits seit 2010 in Betrieb befindliche Infrastruktur des Online-Ausweises genutzt. Die genannte gemeinsame Stellungnahme von Fiff und CCC stellt darauf ab, dass nur teure Smartphones die erforderlichen Voraussetzungen mitbringen und daher Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten von der Nutzung ausgeschlossen werden. Die Smart-eID ist jedoch nur eine „Komfortfunktion“ für das bestehende Sys-tem und keine neue Identifizierungsmöglichkeit. Daher wird, auch wenn heute noch nicht alle Smartphones die notwendigen Voraussetzungen mitbringen, durch die Smart-eID niemand von der Online-Ausweisfunktion ausgeschlossen. Dezidierte Un-tersuchungen zu den in der Schriftlichen Frage genannten Aspekten wurden auf-grund der relativ geringen Änderung des bestehenden Systems in der Konzeptions-phase der Smart-eID daher nicht vorgenommen. Zudem ist davon auszugehen, dass die erforderlichen Sicherheitselemente zukünftig in Geräten aller Preisklassen vorhanden sein werden. Neben dem steigenden Bedarf an sicherheitsrelevanten Applikationen ist dies vor allem in einer zunehmenden Ver-breitung eingebauter SIM-Karten (eSIM/eUICC) begründet. Hier zeichnet sich ein ähnlicher Weg ab wie bei der kontaktlosen Schnittstelle NFC. Nur durch die Ent-scheidung, den Personalausweis mit dieser Schnittstelle auszustatten, obwohl diese 2010 noch nicht verbreitet war, können heute Smartphones als Lesegerät für das Online-Ausweisen verwendet werden.