Schleuse Kannenburg, in der Nähe von Templin – dort habe ich heute mit dem Templiner Bürgermeister und einem Vertreter der Eberswalder Bundesschifffahrtbehörde über die plötzliche Stilllegung der in die Jahre gekommenen Schleuse unterhalten. Ein ganzer Wasserarm ist dadurch für mindestens 2 Jahre vom Wassertourismus praktisch abgeschnitten, für einige Kleinstunternehmer eine Existenzfrage. Solche Schleusen gibt es in Deutschland viele, ihre Instandhaltung u Neubauten wurden Jahrzehntelang vernachlässigt, wie fast alle öffentliche Infrastruktur, von Brücken bis zu Schulen. Dem Amt werden dennoch die Mittel jährlich gekürzt, nun sind einfach nicht mehr genug Ingenieure im Stellenplan, die die anstehenden Aufgaben schaffen können. In Kannenburg geht man neue Wege, um Verzögerungen durch Engpässe zu verhindern – eine ÖÖP (öffentl.- öffentl. Partnerschaft) zwischen der Kommune Templin u der Bundesbehörde. Der Bund zahlt, die Kommune organisiert… Es soll die erste Kooperation dieser Art sein, ich bin gespannt. Auf dem 3. Foto gibts ein schwarzes Miniwarzenschwein, es wohnt an der Schleuse mit seiner Familie.

Am Dienstag war die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg auf Einladung der LINKEN Rüdersdorf im Landkreis Märkisch-Oderland zu einer Diskussionsveranstaltung zum bedingungslosen Grundeinkommen. Am Tage besuchte sie zwei Unternehmen in Rüdersdorf. Am Vormittag ging es zur Colorpack GmbH. Sie stellen Verpackungen für Lebensmittel und Medikamente her. “Mit 450 Mitarbeitern gehört die Colorpack  zu den großen Arbeitgebern in der Region”, sagt Betriebsleiter Marc Büttgenbach beim einführenden Vortrag und fügt hinzu, dass sie derzeit 30 Auszubildende beschäftigen. Schnell kam die Gesprächsrunde auf das Thema Digitalisierung zu sprechen. In der Produktion sind zahlreiche Arbeitsschritte bereits automatisiert.

Bild: Anke Domscheit-Berg bei Colorpack, Ralf Wunderlich, CC BY-SA 4.0

Das Unternehmen entwickelt aber auch die Verpackungen weiter. Eine Vision ist die intelligente Verpackung, die mittels Chip und Sensoren selbst überwacht, ob die Kühlkette eingehalten wird oder wie es sich mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum verhält. Außerdem könnten darauf sämtliche Daten wo und wie etwas produziert wurde, welche Logistikwege genommen wurden usw. abgespeichert werden. Die Abgeordnete wollte auch wissen, wo es klemmt. Fachkräftemangel ist wie überall ein Problem, umso unverständlicher ist es für den Betriebsleiter, dass es einem bei der Integration von Geflüchteten so schwer gemacht wird. Ein weiteres großes Thema ist der Öffentliche Personen Nahverkehr (ÖPNV). Das möchte man kaum denken, da es eine recht gute Busanbindung gibt. Da das Unternehmen im Dreischichtbetrieb produziert, reichen die guten Verbindungen am Tage aber nicht. In der Produktion herrschen höchste Hygienestandards. Das wurde beim anschließenden Firmenrundgang deutlich. Die Halle ist blitzblank und darf von Besuchern nur ohne Schmuck und mit besonderer Kleidung besucht werden. Beim Rundgang, der beim 70.000 Quadratmeter großen Standort einige Zeit in Anspruch nimmt, erklärt Büttgenbach der Abgeordneten haarklein den Produktionsprozess. Domscheit-Berg gefiel, dass man aktives Gesundheitsmanagement betreibt und Wert auf ökologische Aspekte legt, also z.B. die Vermeidung von Folien, um das Recycling von Verpackungsmaterial zu erleichtern.

Als zweite Station stand die Besichtigung des Paketzentrums der Deutschen Post in Rüdersdorf auf der Tagesordnung. Bettina Brandes-Herlemann, die regionale Politik Beauftragte für Berlin Brandenburg und Sachsen-Anhalt empfing die Abgeordnete und ihre Mitarbeiter am Werkstor.

Anke Domscheit-Berg steht auf einer Plattform und blickt auf das Paketzentrum

Bild: Anke Domscheit-Berg im Paketzentrum der Deutschen Post, Ralf Wunderlich, CC BY-SA 4.0

Im Arbeitsgespräch mit dem Betriebsleiter Markus Klapperich und der Niederlassungsleiterin des Briefzentrums Schönefeld, Anke Podewin wurde schnell deutlich, dass die Probleme ähnlich sind wie bei Colorpack. Kurz zusammengefasst: Fachkräftemangel, Probleme mit der Ausländerbehörde bei der Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt und ÖPNV, wobei bei letzterem auch hier ein Wiederanschluss Rüdersdorfs an die S-Bahn gewünscht wird. Bis das soweit ist, wird eine vernünftige Busverbindung zum Bahnhof zu den Schichtzeiten benötigt. Am Standort, der in der Nähe zu Colorpack liegt, arbeiten derzeit 310 Beschäftigte; in der Weihnachtszeit sind es 450. 32.000 Sendungen in der Stunde werden am Standort in Rüdersdorf stündlich verteilt, von riesengroßen Paketen hin bis zu kleinen Päckchen. Aufs Band legen müssen die Pakete noch Menschen, die Sortierung erfolgt vollautomatisch. Gestapelt in die einzelnen Container werden die Lieferungen dann aber auch wieder von Menschen. Das kann bei dieser Geschwindigkeit und dem Gewicht einiger Pakete ein richtiger Knochenjob sein. Ab und an kommt es vor, dass ein Etikett nicht gelesen werden kann. Dann macht die Anlage ein Foto und ein Mitarbeiter gibt Postleitzahl und Straße per Hand ins System. Das ist fürs Unternehmen Mehraufwand, geht aber blitzschnell. “Ich hatte noch nicht mal die Postleitzahl gefunden, da war sie schon eingetippt”, sagt Domscheit-Berg begeistert von der Arbeitsgeschwindigkeit.

Beim Rundgang durch die Werkshalle sagt die Abgeordnete: “Ich finde Betriebsführungen megaspannend, ein bisschen wie Sendung mit der Maus, wo man hinter Kulissen gucken kann und jede Frage stellen kann. Ich finde es wichtig, nicht in einer Politikerblase zu leben, sondern das reale Leben weiter mitzubekommen, auch in mir fremden Bereichen.”

Vergangenes Jahr hat der Bundestag eine Änderung des E-Government-Gesetzes beschlossen und festgelegt, dass alle Behörden der Bundesverwaltung Daten, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhoben haben oder erheben haben lassen, öffentlich, kostenlos und ohne sonstige Hürden zur Verfügung stellen müssen.

Außerdem sollen sie maschinenlesbar und mit Metadaten angereichert sein. Für die Veröffentlichung all dieser Datensätze hatten sie bis zum 13. Juli 2018 Zeit. Das Gesetz enthält allerdings zahlreiche sehr schwammige Ausnahmen, unter denen keine Veröffentlichung erfolgen muss (Erstes Gesetz zur Änderung des E-Government-Gesetzes, §12a und 19).

Um nachvollziehen zu können, mit welchen Begründungen von einer Veröffentlichung der Daten abgesehen wird, brauche ich Eure Unterstützung:

Welche Daten und Datensätze der öffentlichen Verwaltung fehlen Euch, auch wenn sie Eurer Meinung nach eigentlich in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen sollten? Schickt mir oder meinem Büro (Betreff: Open Data) bitte die Bezeichnung oder eine Beschreibung der Daten und wir fragen die Bundesregierung nach der Veröffentlichung bzw. den Gründen für die Nichtveröffentlichung dieser Daten.

Wer sich intensiver mit dem Gesetz beschäftigen möchte, kann das hier tun: http://www.gesetze-im-internet.de/egovg/BJNR274910013.html.

Wir freuen uns auf Eure Antworten!

In den Schulferien herrscht im Bundestag sitzungsfreie Zeit. Die Abgeordneten müssen nicht nach Berlin zu den Fraktions,- Ausschuss,- oder Plenarsitzungen. „Sitzungsfrei heißt aber nicht Urlaub.“ so die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg. Sie nutzt die Sommerpause für eine Tour durch ihre Wahlkreise mit der Nummer 58 und 60. Dazu gehört der gesamte Landkreis Oberhavel, das östliche Havelland, Brandenburg an der Havel, der Landkreis Potsdam Mittelmark und Jüterbog. Am Montag, den 16. Juli, wird sie im Nordkreis unterwegs sein. „Endlich kann ich das Tierheim in Tornow besuchen, denn Tierschutz liegt mir sehr am Herzen“, sagt die Abgeordnete, die selbst auch in ihrem Fürstenberger Haus herrenlose Kätzchen aufgenommen hat. Danach geht es zum Ziegeleipark in Mildenberg, für die Fürstenbergerin ein Tourismusmagnet im Norden. Am Nachmittag trifft sie sich mit Vertretern der Wasserinitiative Nordbrandenburg, um sich über anstehende Projekte zu informieren. Ein Hemmnis für den Wassertourismus im Norden ist die Sperrung der Schleuse Kannenburg und so wird das Treffen an diesem Ort stattfinden.

Am Abend laden die Abgeordnete und die Kreispartei dann zum Sommergrillen ein. Unter der Überschrift #insideBundestag wird Domscheit-Berg über ihre Arbeit im Bundestag berichten. Bei Gegrilltem und kalten Getränken wird dann noch ausreichend Zeit für einen Gedankenaustausch mit den Gästen sein. Die Veranstaltung ist öffentlich und findet im idyllischen Hof des Heimatmuseums Gransee (Eingang über Hospitalstraße Ecke Rudolf Breitscheid Straße) statt, Interessierte sind herzlich eingeladen, der Eintritt ist frei.

Einladungsflyer (PDF) »

Heute hatte ich einen Potsdam-Tag, war erst zu Gast bei der IHK, dann beim Finanzminister Christian Görke (ohne pic). In beiden Fällen ging es um Digitalisierung in der Region, Breitband, Fachkräfte, digitale Bildung, lebenslanges Lernen und elektronische Verwaltung. Die IHK befasst sich nicht nur mit Unterstützung der Mitgliedsunternehmen bei Digitalisierungsvorhaben, sondern ist selbst mitten in der Integration neuer Prozesse. Mir gefällt dabei besonders das Beschreiten neuer Wege, wie das von IHK-Azubis betreute Instagram Account @azubigram. Das Motto: Machs in Brandenburg (eigentlich „Machs wie die Wölfe, komm nach Brandenburg“ ?) mit der fliegenden Superheldin (und sogar ohne Bikinikostüm- heutzutage leider keine Selbstverständlichkeit!) finde ich auch sehr gelungen.

Gestern wurde erst bekannt, dass die Wohnungen von Aktiven im Vorstand des Vereins „Zwiebelfreunde“ in mehreren Städten durchsucht wurden, und am Abend gab es eine Hausdurchsuchung im Kulturzentrum „Langer August“ in Dortmund. Auf den ersten Blick hat das eine mit dem anderen nichts zu tun, aber schon beim zweiten fällt auf, dass es in beiden Fällen um Initiativen geht, die sich für den Schutz von Privatsphäre und Grundrechten einsetzen. 

Die „Zwiebelfreunde“ setzen sich für technische Lösungen zur Anonymisierung ein und sammeln auch Spenden. 

Besonders absurd ist in diesem Fall, dass gegen die Durchsuchten offenbar gar nicht ermittelt wird: Sie sind lediglich Zeugen in einer Ermittlung gegen Betreiber einer Website, die zu Protesten gegen den AfD-Parteitag vergangene Woche in Augsburg aufgerufen hatte.

Von der Polizei in Augsburg beschlagnahmt: ein 3D-gedrucktes Modell einer »Atombombe«. Bild von total1ty, CC BY 3.0

Dort war eine Mailadresse angegeben, deren unkommerzieller Provider Riseup.net in den USA ist, und für die die „Zwiebelfreunde“ schon Spenden gesammelt hatte. Mehr an den Haaren herbeigezogen kann ein Vorwurf eigentlich nicht sein! Aber selbst wenn die „Zwiebelfreunde“ sich als Zeugen eignen würden: Eine Hausdurchsuchung und die Beschlagnahmung von Hardware sind offensichtlich unbegründet und auch völlig unverhältnismäßig.

Im zweiten Fall wurde ein Kulturzentrum durchsucht, in dem u.a. der lokale Ableger des Chaos Computer Clubs seine Räume hat, aber auch ein Wissenschaftsladen, der den unkommerziellen Webhosting-Service free.de betreibt, ein Treffunkt für Lesben und Schwule und ein Verein von Kriegsdienstgegner*innen – obwohl der Durchsuchungsbeschluss nur für den Betreiber von free.de ausgestellt war. Überall wurden Türen aufgebrochen, mit gezogenen Waffen wurden Räume durchsucht, die mit dem Ziel der dortigen Ermittlungen ebenfalls nichts zu tun hatten. Bei der Ermittlung geht es um eine bei free.de gehostete Website mit angeblich geheimen Informationen. Mitbetroffen sind eine Reihe anderer Projekte, die ebenfalls von free.de gehostet werden, zum Beispiel das Freie Radio FSK in Hamburg.

Zuständig für diese Durchsuchung war die Abteilung „Cybercrime“ der Staatsanwaltschaft in Köln und das ist ein wirklich bedenkliches Zeichen, denn unter „Cybercrime“ stellen sich die meisten wohl etwas ganz anderes vor: Gefährliche Hacker, die die Sicherheit des Landes bedrohen, Atomkraftwerke lahmlegen oder Geld erpressen. 

Ich bin erschüttert, dass in beiden Fällen gegen Aktive vorgegangen wird, die sich für Meinungsfreiheit und Bürgerrechte engagieren. Ich bin sicher, dass die Ermittlungen gegen sie ins Leere laufen werden. Gleichzeitig sind sie aber ihrer Arbeitsgrundlage beraubt, was auch mit hohen Kosten verbunden ist, die ihnen niemand ersetzen wird. 

Es ist wichtig, dass es weiterhin sichere und nicht-kommerzielle Provider gibt, denn zur freien Kommunikation gehört die Sicherheit, nicht überwacht zu werden. Das darf nicht kriminalisiert werden, denn der Schutz der Privatsphäre ist ein Grundrecht und kein Verbrechen. 

Heute hat das Internet gewonnen! Ich freue mich, dass die internetfeindliche Urheberrechtsreform heute im EU-Parlament abgelehnt wurde. Upload-Filter und ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger werden vorläufig erstmal nicht kommen. Ein großer Dank geht an euch alle, die ihre EU-Abgeordneten angerufen haben, zig Mails geschrieben und Petitionen unterzeichnet haben. Der Kampf für ein freies Internet, in dem nicht nur die Monopolisten profitieren, geht aber weiter. Im September wird die gesamte Urheberrechtsreform wieder geöffnet. Dann könnten auch Filter in irgendeiner Form wieder Eingang in die Reform finden. Wir müssen deswegen dran bleiben! Upload-Filter, egal ob aus urheberrechtlichen oder anderen Gründen, sind eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, sie führen zu Zensur und Overblocking. Abgesehen davon können sich nur Google, Facebook und Co. solche automatischen Filter überhaupt leisten. Kämen sie, wäre das das finanzielle Aus für kleine und ehrenamtliche Plattformen. Die Regulierung von Internetinhalten gehört nicht in die Hände von Privatunternehmen. Nutzen wir also die kommenden Monate, um auf unsere Abgeordneten im EU-Parlament einzuwirken.

Mehr Infos hier:

Fast 900.000 Menschen haben die Petition auf change.org unterschrieben.

DIE LINKE. im Europaparlament

Anke Domscheit-Berg, DIE LINKE: Förderung für Breitband als kommunale Daseinsvorsorge

Die Fördergelder für Breitband flossen jahrelang so schleppend, dass 1,7 Mrd. € übrig sind. Das Problem ist also keine reine Geldfrage: Die fehlgeleitete Strategie startete mit falschen Zielen, zugunsten von kupferbasiertem Vectoring, was  den Glasfaserausbau behinderte, Förderverfahren sind zu kompliziert und schrecken Kommunen ab und ausbauwillige Unternehmen treffen auf Verhinderungsbürokratie. Dass es anders geht, zeigt Schweden, wo es jetzt schon selbst in vielen ländlichen Regionen 1GBit schnelles Internet gibt.

Anke Domscheit-Berg, DIE LINKE: Digitalisierung muss schneller gehen - gemeinwohlorientiert & sozial

Die Digitalisierung muss schneller gehen. Einige Punkte im Antrag der FDP sind begrüßenswert: digitale Bildung, schnellerer Breitbandausbau, Netzneutralität, das Recht auf Verschlüsselung, Open Data oder die Regulierung digitaler Monopole. Ihre Forderung nach einem Recht auf Dateneigentum oder rechtsfreien Räumen für die Erprobung von Start-ups lehne ich allerdings entschieden ab. Außerdem brauchen wir mehr Gemeinwohlorientierung und soziale Innovationen im Zuge der Digitalisierung.

In der vergangenen Woche war ich zum ersten Mal auf einer Ausschussreise im Ausland unterwegs. Es ging für drei sehr voll gepackte Tage nach Schweden und nach Dänemark, um von unseren nordischen Nachbarn zu lernen, wie sie ihren beneidenswerten Status Quo sowohl beim Breitbandausbau als auch beim eGovernment erreicht haben. Am Montag morgen ging es zuerst zur Firma Ericsson, die von ihrer Kooperation mit Fraunhofer berichteten und vor allem über den 5G-Ausbau sprachen. Mit BMW und der Deutschen Bahn hat Ericsson auch ein Testfeld für ein 5G-Netz an der Autobahn A9 bei der Bundesnetzagentur beantragt.

Foto: Anke Domscheit-Berg, CC BY 4.0

Ein solches Netz ist notwendig, um autonome Autos fahren lassen zu können. Einige der Projekte, die man uns vorstellte, waren eher unerwartet, zum Beispiel „Vernetzte Mangrovenwälder“, in denen Sensoren über den Wasserstand und die Nährstoffversorgung Daten sammeln und versenden, aber auch Mobiltelefone an Bäumen befestigt sind, auf denen eine Erkennungssoftware für das Geräusch von Motorsägen installiert ist. Werden Motorsägengeräusche erkannt, informiert das Handy von allein die zuständigen Stellen. Mit diesen Maßnahmen wurden Aufforstungsinitiativen erfolgreicher und konnten Ökosysteme erhalten werden.

Noch bei Ericsson stieß Staatssekretär Alf Karlsson zu uns, der für das Thema Digitalisierung zuständig ist. Er berichtete von den Plänen seiner Regierung, in den nächsten 24 Monaten für mindestens 95 Prozent der Haushalte mindestens 100Mbit/s schnelles Internet bereitzustellen, 2025 soll es für mindestens 98 Prozent der Haushalte mindestens 1GB/s Breitband geben. Anders als in Deutschland, wo sogar schon der EU-Rechnungshof einschätzt, dass auch die neuen Breitbandziele nicht erreichbar sein werden, sind die Ziele in Schweden realistisch, denn der Status Quo ist ein ganz anderer als bei uns. Der Industrieverband der ITK-Industrie in Schweden zeigte uns später stolz eine Landkarte von Schweden, die uns deutsche Delegation staunend und sprachlos ließ. Das langgestreckte Land war dort überwiegend hellgrün eingefärbt, einige gelbe und sehr wenige rote Flecken und Punkte waren aber auch zu sehen. In der oberen Hälfte wohnen nur zehn Prozent der Bevölkerung, wurde uns erklärt. Aber auch diese dünn besiedelte Region war überwiegend hellgrün. Dort wo es grün ist, hieß es, haben 90 Prozent der Bevölkerung 1000 MBit/s schnelles Internet.

Die ganze deutsche Delegation hat sehr betreten geguckt, und wir alle beneideten Schweden. Dort wird dezentraler und überwiegend durch Kommunen selbst ausgebaut, die ihre eigenen Glasfasernetze besitzen und – meist über die Stadtwerke – profitabel betreiben. Der Wettbewerb ist aber sogar stärker als bei uns, nur findet er auf der Ebene der Diensteanbieter statt, nicht auf der Ebene der verbuddelten Infrastruktur. Ein Wettbewerb um verlegte Abwasserrohre macht ja auch keinen Sinn, denn wie Glasfaserkabel sind Abwasseranbindungen ein natürliches Monopol, weil es jeder braucht, aber nur einmal. In Schweden gibt es ein Breitbandforum, in dem Städte, Anbieter, betroffene Behörden, aber auch Initiativen an einem Tisch sitzen, um gemeinsam pragmatisch Probleme beim Breitbandausbau zu lösen. So eine Art Runder Tisch für den Breitbandausbau würde ich mir auch in Deutschland und vor allem auch in Brandenburg wünschen, denn ich weiß, dass es oft hohe bürokratische Hürden gibt, schlicht weil zu viele Behörden an einer Glasfaserstrecke involviert werden müssen – von unteren und oberen Wasserbehörden, über Forstbehörden, Straßenbehörden oder Naturparkbehörden bis hin zu Städten und Gemeinden oder auch Großbauern, deren Acker auf der Strecke liegt. In jeder der 21 Regionen gibt es einen Breitbandkoordinator, der von der Bundesregierung bezahlt, aber von der Regionalregierung angestellt wird. Sie sind die Kontaktstellen zum Breitbandforum und untereinander sehr gut vernetzt. Sie tauschen seit Jahren Erfolgsrezepte aus, das macht sich bemerkbar.

Foto: Anke Domscheit-Berg, CC BY 4.0

In Schweden spielt der Staat generell eine starke Rolle, er übernimmt häufiger die Daseinsvorsorge und legt häufiger einen Fokus auf die Gemeinwohlorientierung. Das wurde auch offensichtlich, als der Staatssekretär die Landesstrategie zum Einsatz von künstlicher Intelligenz besprach. Sie ist noch nicht fertig, aber es wurde bereits beschlossen, dass der Schwerpunkt darauf liegen soll, künstliche Intelligenz im Sinne des Gemeinwohls zu nutzen, in Feldern der Bildung, Wohlfahrt, im Gesundheitswesen, bei der Bereitstellung von Wohnraum, für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und die Förderung der Demokratie. Ich bin sehr gespannt, auf welche konkreten Anwendungen die Schweden noch kommen werden!

Einen weiteren Unterschied haben wir bei der schwedischen Zentralbank kennengelernt, denn zu unserer Überraschung zeigte man uns Statistiken nach denen das Zahlen mit Bargeld langsam aber sicher in Schweden ausstirbt. Dort wird viel mit Karte bezahlt oder mit einer App, die Swish heißt und das sofortige Überweisen auch kleiner Summen von einem Menschen an einen anderen Menschen per Handy ermöglicht. Selbst Obdachlose halten ihr Handy in die Höhe, um eine kleine Spende per Swish zu erhalten. Das System ist an die Banken angebunden, kostet keine Extragebühren, ist sicher, aber gleichzeitig kinderleicht. Weil es so bequem und einfach ist, belastet sich kaum noch jemand mit Bargeld. Weil damit das Zentralbankgeld aus dem Alltagszahlungsverkehr verschwindet, denkt die Zentralbank darüber nach, eine elektronische Währung selbst auf den Markt zu bringen, die e-Krona. Ihre schon sehr konkreten Pläne dazu finden weltweit Beachtung.

Foto: Anke Domscheit-Berg, CC BY 4.0

Bei unserem Besuch des schwedischen ITK- Industrieverbandes wurden auch Probleme angesprochen: die Gefährdung der Demokratie und der Aufschwung rechtsextremer Bewegungen u. a. durch Polarisierungen, die durch das Internet erleichtert werden, den flächendeckenden Fachkräftemangel im Bereich Digitalisierung, eine fehlende ganzheitliche Vision für das Schweden der Zukunft und eine Bildung, die der Zeit hinterherhinkt, weil sie in den Schulen nicht adäquat ist, aber vor allem, weil sie kein lebenslanges Lernen ermöglicht, immer dann und dort, wo es gebraucht wird. All diese Probleme haben wir in Deutschland ganz genauso. Über einige sprachen wir beim Treffen mit schwedischen Abgeordneten, die aus dem Ausschuss Verkehr und Kommunikation sowie Ausschuss für Industrie und Handel stammten. Einen Digitalausschuss wie in Deutschland gibt es in Schweden nicht. Vom Parlament ging es direkt zum Flughafen – nach 1,5 Tagen Schweden war Kopenhagen in Dänemark unsere nächste Station, aber darüber werde ich in Teil 2 berichten.