In dieser Ausgabe berichte ich vom Digitalausschuss am 14.6.2023 mit 3 Themen: Content Moderierende waren zu Gast und berichteten von ihren unerträglichen Arbeitsbedingungen und wie sie sich weltweit dagegen wehren. Außerdem ging es um den „EU-US Trade and Technology Council“, ein noch junges Gremium mit einem starken Tech Fokus (Spoiler: vermutlich ein zahnloser Tiger), und als drittes ging es mal wieder um den EU Data Act, der in Kürze beschlossen wird und vermutlich auch nicht hält, was er verspricht. Und weil hier ja öfter von Künstlicher Intelligenz die Rede ist: diese Folge wurde (auch) mit Hilfe von KI geschnitten! 

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Dafür bin ich hier zu finden:

Kapitelmarken:
00:00:07 Intro
00:00:58 Arbeitsbedingungen Content-Moderation
00:25:02 EU-US Tech- und Handelsrat (TTC)
00:32:36 EU Data-Act
00:43:33 Outro und Terminhinweise

Weiterführende Links:

Arbeitsbedingungen für Content-Moderierende

EU-US Trade and Technology Council

Data Act

Audio- und Video-Tipps

06. Juni 2023

Meine Frage:
Warum stehen dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmiss­brauchs (UBSKM) zur Bekämpfung sexueller Gewalt an Kindern im Jahr 2023 weniger Haushaltsmittel als in den beiden Vorjahren zur Verfügung (vgl. Antwort der Bundesre­gierung auf die Schriftliche Frage 91auf Bundestagsdrucksache 20/4277), obwohl die Hot­line des Unabhängigen Beauftragten für betroffene Minderjährige nur an zwei Werktagen nachmittags für Schulkinder erreichbar ist, die Bundesregierung das Thema zu einer ho­hen Priorität erklärte, sowie sogar serverseitiges Scannen privater Kommunikation und weitere Überwachungsbefugnisse im Zuge des „Chatkontrolle“ bekannt gewordenen EU Vorhabens (Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kinder) explizit unterstützt und plant die Bundesregierung analog zum Digitalpakt Schule eine gemeinsame Finanzierung zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt an Kindern mit den Bundesländern?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Ekin Deligöz:
Im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens wurden der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs für das Haushaltsjahr 2023 zusätzlich
5 Millionen Euro
für die Aufklärungs- und Aktivierungskampagne „Schieb den Gedan­ken nicht weg!“ zur Verfügung gestellt. Somit beträgt der Etat im Bereich Maßnahmen zur Verhinderung, Bekämpfung und Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch und dessen Folgen (Kapitel 1716 Titel 684 01) insgesamt 6,4 Millionen Euro. Damit stehen der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs in 2023 mehr Mittel als in 2022 zur Verfügung.

Die Bundesregierung plant keine gemeinsame Finanzierung zur Bekämpfung sexuali­sierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen mit den Bundesländern. Es findet aber regelmäßig ein Austausch im Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Ju­gendlichen sowie im Rahmen der Sitzungen der sich mit dem Thema befassenden Fachkonferenzen der Länder statt.

05. Juni 2023

Meine Fragen:

1.: Wofür wurden die bisherigen Haushaltsmittel (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 20/6862) für die 3 Vorhaben Beratungs- und Evaluierungszentrum für Künstliche Intelligenz, BEKI (1,1 Mio €); KI-Kompetenzzentrum (23,5 Mio €) und Algorithmenstelle für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (2,77 Mio €) jeweils konkret verausgabt (bitte nach Ausgaben, Jahr und Vorhaben aufschlüsseln) und was ist der jeweils konkrete Zeitplan für den Aufbau dieser drei Einrichtungen?

2.: Was ist der konkrete Zweck der in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linksfraktion in Drs. 20/6862 genannten drei Vorhaben/Stellen: Beratungs- und Evaluierungszentrum für Künstliche Intelligenz, BEKI; KI-Kompetenzzentrum und Algorithmenstelle für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben und in welcher Organisationsform sollen diese Vorhaben/Stellen jeweils umgesetzt werden (bitte auch jeweils die Gesamtstellenanzahl angeben)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff:

Zu 1.:
Die Überlegungen zum Beratungs- und Evaluierungszentrum für Künstliche Intelligenz (BEKI) sind weiter vorangeschritten, die Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung dauern noch an. Bereits in der aktuellen Phase der Umsetzungsvorbereitung, die in 2023 abgeschlossen werden soll, ist die Pilotierung erster Angebote des BEKI vorgesehen.

Die Bundesregierung hat die Überlegungen zum Aufbau des Projektes Pilotierung eines Künstliche Intelligenz-Bewertungsvorgehens und Konzeption einer Algorithmenstelle für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (PABOS) noch nicht abgeschlossen. Daher besteht noch kein endgültiger Zeitplan.

Das Kompetenzzentrum Künstliche Intelligenz (jetzt KI-Kompetenzcenter der Bundesverwaltung, kurz „KI-KC“), wird unmittelbar nach Vertragsschluss mit der Bundesdruckerei eröffnet. Die Vertragsunterzeichnung ist für Anfang Juni 2023 vorgesehen. Der Aufbau des KI-KC skaliert anschließend zur Anzahl der entsprechend des Konzepts umgesetzten Projekte in Form von Proof-of-Values (PoVs) über die Gesamtlaufzeit des Konjunkturpaketes.

Die von den in der Fragestellung genannten Haushaltsmitteln bereits vorgenommenen Ausgaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden.

Zu 2.:
Die Planung für den Aufbau des BEKI für den Bereich der öffentlichen nicht sicherheitsbezogenen Verwaltung ist weiterentwickelt worden, der Prozess ist aber noch nicht abgeschlossen. Zweck des BEKI ist es, die öffentliche Verwaltung für den kompetenten und verantwortungsvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) weiter zu ertüchtigen. Das BEKI beabsichtigt dabei, die öffentliche Verwaltung auf rechtlicher, ethischer und technischer Ebene hinsichtlich der verantwortungsvollen Nutzung von KI zu beraten, die Vernetzung des öffentlichen Sektors weiter zu optimieren und zu koordinieren und den Kompetenzaufbau für die öffentliche Verwaltung zu unterstützen. Derzeit ist die Einrichtung des BEKI in der Startphase als „virtuelle“ Organisationsform geplant.

Hierdurch wird ausdrücklich das Ziel verfolgt, bereits bestehende, etablierte Strukturen und Formate einzubeziehen, auf gewonnen Erfahrungen aufzubauen und bestehende Strukturen durch koordinative Unterstützung des BEKI zu stärken. Die diesbezügliche Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zur Organisationsform und zu damit verbundenen Ressourcen ist gleichwohl noch nicht abgeschlossen.

Der Zweck der im Rahmen des Projekts PABOS ist, die Sicherheitsbehörden des Bundes im Themenfeld qualitätsgesicherte KI zu unterstützen. Die Bundesregierung hat die Überlegungen zum Aufbau des das BEKI für den Sicherheitsbereich ergänzenden Vorhabens PABOS noch nicht abgeschlossen, dies betrifft insoweit auch die Frage nach etwaigen Stellen sowie der Organisationsform.

Der Zweck des KI-Kompetenzcenter der Bundesverwaltung ist die praktische Umsetzung von KI-Vorhaben im Rahmen von PoVs, um schnellstmöglich Mehrwerte der Nutzung von KI für die zivile Bundesverwaltung anhand konkreter Anwendungen aufzuzeigen. Das KI-KC wird mit der anstehenden Beauftragung der Bundesdruckerei dort im „Innovations“-Bereich angesiedelt. Die hierfür vorgesehenen Haushaltsmittel werden im Rahmen des Aufkommens geeigneter PoVs verausgabt. Die Anzahl der Stellen, die die Bundesdruckereihierüber finanziert, hängt vom Aufkommen von PoVs ab.

Die Aufnahme der verschiedenen Aktivitäten verdeutlicht die Bestrebungen der Bundesregierung im Bereich des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung. Die Maßnahmen ergänzen sich und werden eng miteinander vernetzt, um einen gegenseitigen Austausch zu fördern, Doppelstrukturen zu vermeiden und eine bestmögliche Kompetenzentwicklung im Themenbereich Künstliche Intelligenz zu ermöglichen.

Themen dieser Doppel-Ausgabe: Anhörung im Digitalausschuss zu Generativer KI im Rahmen der EU KI-Verordnung, als Bonus verrate ich, was mir die Bundesregierung auf meine neue Kleine Anfrage zum Einsatz von KI im Bund antwortete (Spoiler: über 100 KI-Systeme werden genutzt, die Details werden Euch beunruhigen). Im Digitalausschuss selbst gings 1.) um eine EU Verordnung zum schnelleren Ausbau der Gigabitinfrastruktur und was das für DE bedeutet und 2.) um das Zombie-Thema “sicherer” Datenaustausch zwischen der EU und USA, denn nachdem Max Schrems und EUGH schon zwei EU-US-Abkommen dazu gekippt haben, gibts nun einen 3. Versuch (Privacy Shield 2.0) und wir diskutierten, wie gut/schlecht/anders der jetzt ist und ob ein “Schrems III”- Urteil auch dieses Vereinbarung killen könnte.
 
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00:00:00 Intro
00:01:51 Privacy Shield 2.0 – Datenverkehr EU-USA
00:13:36 EU Verordnung: Gigabit Infrastructure Act
00:21:14 Anhörung: Generative KI u EU KI-Verordnung, Intro, Risiken
00:35:56 Generative KI – Kennzeichnungspflicht, Arbeitsmarkt, High Risk Systeme
00:43:11 Bonus: Ergebnisse meiner Kl. Anfrage zum Einsatz von KI im Bund
00:50:04 Outro und Hinweise

Weiterführende Links:

“How to” Anmeldung öffentl. Anhörungen

Privacy Shield 2.0 – Datenaustausch zwischen EU und USA

Gigabit Infrastructure Act

Öffentliche Anhörung und  „Generative KI” im Ausschuss f. Digitales vom 24.05.2023

Meine Kleine Anfrage zum KI-Einsatz beim Bund

Weitere Themen:

Debatte vom 25. Mai 2023
Mit diesem Gesetzentwurf kann man der Klimakrise nicht entschlossen begegnen, denn trotz guter Ansätze, wie der Schaffung eines Energieeffizienzregisters, ist er einseitig und mutlos. Seine Vorgaben betreffen z.B. nur 2 % der 55.000 Rechenzentren und Hürden für Abwärmenutzung bleiben bestehen.

Meine Rede im Wortlaut:

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir debattieren heute über das Energieeffizienzgesetz; denn die Klimakrise gibt uns keine Zeit mehr für die Hoffnung auf Freiwilligkeit. Eine EU-Richtlinie muss umgesetzt und langfristige Ziele müssen klar benannt werden. Nur so können Wirtschaft, Länder und im Nachgang auch Kommunen ihren Beitrag leisten. Aber neben erneuerbaren Energien und effizienterer Energienutzung ist auch wichtig, den Energiebedarf überhaupt zu senken; denn ein unnötiger Bedarf bleibt unnötig, auch wenn er effizient ist.

Mit seinem Fokus auf Rechenzentren und Abwärmenutzung bleibt der Gesetzentwurf sehr einseitig. Als Linksfraktion fordern wir einen viel breiteren Ansatz; die Regulierung der Rechenzentren ist natürlich trotzdem extrem wichtig. Der Energieverbrauch von Rechenzentren soll in Deutschland bis 2030 auf 28 Milliarden Kilowattstunden ansteigen. Daher ist das Energieeffizienzregister eine gute Sache; denn es schafft notwendige Transparenz. Auch die Verpflichtung für Rechenzentren zur Nutzung von Erneuerbaren und Abwärme ist gut für das Klima und verringert die Abhängigkeit von russischem Gas.

Allerdings betrifft dieser Gesetzentwurf nur künftige und sehr große Rechenzentren. An mindesten 98 Prozent der 55 000 Rechenzentren in Deutschland geht das Energieeffizienzgesetz komplett vorbei; auch übrigens an dem kleinen Rechenzentrum in meinem Keller, das 100 Prozent erneuerbare Energie nutzt und mit seiner Abwärme mein ganzes Haus heizt.Viele Potenziale werden so leider nicht gehoben werden. 

Außerdem bleiben Hürden für willige Rechenzentren bestehen. Ein Beispiel: Der Internetprovider Berlin scheitert seit 2008 daran, die Abwärme seiner Rechenzentren in Berlin loszuwerden, weil den Gebäudeeigentümern Klima- und Gaspreise offenbar schnurzpiepegal sind; denn die Nebenkosten zahlen ja die Mieter. Da wird lieber eine neue Gasheizung gekauft, statt das Gebäude samt Saunabetrieb komplett mit der Abwärme eines Rechenzentrums zu nutzen. 

Minister Habeck und Lindner, es braucht eine zumutbare Mitwirkungspflicht für Gebäudeeigentümer; denn nur mit Wärmeabnehmern wird Abwärme auch nutzbar. 

Für Nutzung der Fernwärme braucht es außerdem einen geringeren Temperaturunterschied zwischen der Abgabe- und der Abnahmewärme. Das kann man erreichen einerseits durch eine Verpflichtung neuer Rechenzentren, Technologien wie Heißwasserkühlung zu nutzen, die eine viel höhere Abgabewärme ermöglichen, und andererseits durch Druck auf Wärmenetzbetreiber, die ihre Netze für geringere Temperaturen befähigen müssen. Beides fehlt, und so bleibt die Überbrückung des hohen Temperaturunterschiedes unwirtschaftlich und viel Abwärme weiter ungenutzt. 

Trotzdem redet die Industrielobby lustigerweise vom faktischen Verbot neuer Rechenzentren in Deutschland. Was für ein Blödsinn! In Schweden siedeln sich Rechenzentren in extra Data Parks an, die für Abwärmenutzung optimiert sind. Wir können auch nach Deutschland gucken. Im brandenburgischen Wustermark, bei mir um die Ecke, investiert ein englischer Rechenzentrumsbetreiber gerade eine 1 Milliarde Euro. Er beschert dieser Kleinstadt künftig über 3 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen und preiswertere Wärme. Die Wärmeabnahme durch die Stadt und die erneuerbaren Energien aus dem Umland waren nämlich entscheidende Standortfaktoren. Von wegen faktisches Verbot neuer Rechenzentren! 

Als Linksfraktion fordern wir daher eine Nachschärfung des Gesetzes: 
Eine Ergänzung um weitere Bereiche, in denen sich viel Energie sparen lässt, zum Beispiel energieeffizienteres Licht durch den Einsatz von LEDs. Der Klimakrise begegnen wir nämlich nicht mit Schlupflöchern und Trippelschritten und erst recht nicht mit der Kriminalisierung von Aktivistis der „Letzten Generation“, sondern mit Mut und ganzheitlichem Ansatz. 

Vielen Dank.

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In ihrer Antwort auf die zweite Kleine Anfrage der Linksfraktion zum Einsatz von KI in Bundesbehörden (Drucksache 20/6862) gab die Bundesregierung an, in mehr als 100 Fällen verteilt auf 12 Bundesministerien und ihre nachgeordneten Behörden KI-Systeme zu nutzen. Gleichzeitig unterstützt der Bund 446 Forschungsvorhaben, 58 Pilotprojekte und 10 Reallabore rund um Künstliche Intelligenz. Für die Umsetzung der KI-Strategie werden bis 2025 insg. 3,5 Mrd € zusätzlicher Mittel bereitgestellt, davon sind 2,78 Mrd € bereits verausgabt oder gebunden. Trotz starkem Zuwachs von KI im Bund fehlt es weiterhin an Kompetenzen, Strukturen und verbindlichen Prozessen, um die notwendige Transparenz und Nachvollziehbarkeit herzustellen und die potenziellen Risiken sowohl bewerten, als auch einschränken zu können. Auch die Nachhaltigkeit der KI-Systeme spielt kaum eine Rolle.

Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag:

„Die Bundesregierung betont immer wieder, wie wichtig es sei, dass KI wertebasiert, gemeinwohlorientiert, transparent und nachvollziehbar eingesetzt wird, damit Vertrauen aufgebaut wird und die Akzeptanz steigt. Gelebt wird beim Bund das Gegenteil: Die Schere zwischen KI-Befähigung und KI-Einsatz geht weiter auseinander und hat im Bund ein erschreckendes Ausmaß angenommen, denn immer mehr KI-Systeme werden eingesetzt, ohne dafür die notwendigen Grundlagen zu schaffen. Es braucht aber keinen Hype, sondern ein strukturiertes Vorgehen, was ein Mindestmaß an Kompetenz zu KI in Bundesbehörden voraussetzt.

Die Antwort der Ampel offenbart: Grundlegende ethische Standards werden nicht eingehalten, es gibt keine allgemeinverbindlichen Richtlinien zur Risikobewertung von KI-Systemen, kein dafür vorgegebenes Risikoklassenmodell, obwohl das schon im letzten Jahr angekündigt wurde. Manche Behörden zeigten durch ihre Antwort, dass sie nicht einmal die Frage danach verstanden haben. Vielleicht auch, weil die schon vor 13 Monaten angekündigten unterstützenden Strukturen weiter hin fehlen, wie die Schaffung eines Beratungs- und Evaluierungszentrums für Künstliche Intelligenz und eines KI-Kompetenzzentrums für die öffentliche Verwaltung, deren Prüfung und Aufbau immer noch ‚weiter vorangetrieben’ wird. 

Ein absolutes NoGo ist jedoch der Umgang der Bundesregierung mit dem Einsatz von KI-Systemen in besonders grundrechtssensiblen Bereichen. Im letzten Jahr erhielt ich noch (eingestufte) Informationen zu KI-Systemen in Strafverfolgungs-, Ermittlungs- und Gefahrenabwehrbehörden des Bundes – so zu diversen Vorhaben bei ZITIS, die eine Laufzeit von mindestens bis 2023 haben, über die ich aber in der aktuellen Anfrage nichts mehr erfahren darf, weil selbst eine in der Geheimschutzstelle des Bundestages hinterlegte Information das Staatswohl gefährden würde. Zum Einsatz von KI-Systemen in sämtlichen Sicherheitsbehörden (Strafverfolgung, Ermittlung, Gefahrenabwehr und Geheimdienste) verweigert die Bundesregierung die Aussage, obwohl die Missbrauchsgefahren und Risiken hier besonders hoch sind.

Die geplante EU-KI-Verordnung klassifiziertden Einsatz von KI in der Strafverfolgung als Hochrisiko-Bereich, für den hohe Anforderungen gelten, z.B. hinsichtlich der Bewertung und Minimierung von Risiken, der Qualität der Datensätze, der Dokumentation des Einsatzes und der Information der Nutzer:innen. Es ist verantwortungslos und demokratiegefährdend, jegliche Transparenz dazu zu verweigern, denn sie ist sowohl Grundlage für die ständig angemahnte gesellschaftliche Debatte als auch für die notwendige parlamentarische Kontrolle. Auch die lang angekündigte Algorithmenbewertungsstelle für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gibt es weiterhin nicht, es fehlt also selbst ein internes Sicherheitsnetz.

Bei beiden KI-Anwendungsfällen aus dem Hochrisiko-Bereich Migration wurde überhaupt keine Risikobewertung vorgenommen – spätestens nach Inkraft Treten der KI-Verordnung ist das ein Rechtsverstoß. Die Einstufung als Hochrisiko-KI gibt es nicht ohne Grund, denn Grundrechte können hier besonders leicht und besonders schwerwiegend verletzt werden.

Mehr als zwei Milliarden Euro hat der Bund bereits in die Finanzierung von KI-Projekten gesteckt, 3,5 Milliarden stehen insgesamt zur Verfügung, aber die Schaffung eigener Strukturen im Bund, die dazu beitragen würden, dass KI-Systeme nur verantwortungsvoll und kompetent eingesetzt und evaluiert werden, bleibt auf der Strecke. Mit dieser dilettantischen und gefährlichen Vorgehensweise wird die Bundesregierung wohl kaum Vertrauen und Akzeptanz für KI in der Gesellschaft erreichen.

Eine löbliche Ausnahme ist der Geschäftsbereich des BMAS, wo man sich kompetent mit den Prozessen rund um den Einsatz von KI befasst hat, Technikfolgeabschätzungen vornahm, Richtlinien für den KI-Einsatz im Arbeits- und Sozialbereich sowohl existieren als auch angewendet werden und wo auch Evaluationen stattfinden. Solche guten Beispielen müssen aber der Regelfall und nicht nur eine Ausnahme sein.

Im Übrigen kritisiere ich scharf, dass die Ampel-Regierung etliche meiner Fragen unvollständig, gar nicht oder irreführend beantwortet hat und damit das parlamentarische Fragerecht verletzt. Das ist entweder Schlamperei oder Absicht, alternativ beides und in jedem Fall inakzeptabel.

Hintergrund

Anwendungen künstlicher Intelligenz prägen die öffentliche Debatte, seit ChatGPT und andere generative KI-Modelle vorstellbar machten, welche Potenziale – gute wie bedrohliche – in dieser Technologie liegen und wie wichtig Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei ihrem Einsatz sind. In der EU läuft aktuell die Trilog Verhandlung zur Verabschiedung der KI-Verordnung. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Anke Domscheit-Berg gab die Bundesregierung bereits im Januar 2022 an, 86 Mal KI-Systeme in der Bundesverwaltung einzusetzen, wobei nur ein einziges Mal eine Risikoklassifizierung vor dem Einsatz stattfand. Die Anfrage von 2022 offenbarte enorme Kompetenzlücken, einen eklatanten Mangel an Risikobewußtsein und strukturelle Defizite. In erweiterter Form wurde diese Kleine Anfrage von Anke Domscheit-Berg in 2023 erneut gestellt.

Anhang – Antwort der Bundesregierung im Original (eingestufte Informationen geschwärzt):

In dieser 15. Ausgabe meines Podcasts aus dem digitalen Maschinenraum des Bundestages gehts um den Digitalausschuss vom 10.05.2023, an dem es 3 Themen gab: 1) die geplante EU Verordnung zu Transparenz und Regulierung (personalisierter) politischer Werbung (=political Targeting), 2) die von der Ampel vorgestellten Eckpunkte zum Gesetz gegen Digitale Gewalt (ich erkläre auch, warum der Titel völlig Banane ist) und 3) mal wieder CYBERCYBER, nur super kurz gehts da um EU-Ratsempfehlungen zu KRITIS und länger um eine EU-Verordnung für mehr Cybersicherheit bei Hardware, Software und allem, was zum Internet der Dinge gehört.

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00:00:07 Intro
00:01:46 Gesetz gegen digitale Gewalt
00:16:35 EU-VO zu personalisierter politischer Werbung
00:26:52 EU-VO zu IT-Sicherheit bei Produkten mit digitalen Elementen /Cyber Resilience Act + Resilienz kritischer Infrastruktur
00:39:49 Outro & Terminhinweise

Weiterführende Links:

Digitales Gewaltschutzgesetz:

EU-VO über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung:

Cyber Resilience Act:

KRITIS EU-Ebene:

10. Mai 2023

Meine Frage:

Wann ist mit der Umsetzung der Ankündigung eines Vertreters des Bundesministeriums des Innern und für Heimat im Digitalausschuss im Juli 2022 zu rechnen, sowohl eine größere und öffentlichkeitswirksame Werbekampagne für die seit vielen Jahren existierende und immer noch zu wenig bekannte und genutzte Online-Ausweisfunktion des Personalausweises durchzuführen, als auch eine Strategie zur Adressierung der Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Behörden im Kontext des elektronischen Personalausweises vorzulegen (bitte jeweils die geplante Ausgestaltung ausführen)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff:

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat beabsichtigt noch im Jahr 2023 eine bundesweite, crossmediale Kommunikationskampagne zur Bewerbung des Online-Ausweises bei Bürgerinnen und Bürgern umzusetzen. Die Bewerbung erfolgt ausnahmslos anhand konkreter Anwendungsfälle des Online-Ausweises aus Wirtschaft und Verwaltung, um den Mehrwert der Nutzung konkret zu illustrieren. Die Laufzeit der Kampagne beträgt ungefähr ein Jahr. Das der Kampagne zu Grunde liegende Kommunikationskonzept basiert auf fundierten und mit der Zielgruppe (in Form von qualitativen und quantitativen Pretestings) rückgekoppelten Überlegungen, um den Bedenken der Bürgerinnen und Bürgern bei der Nutzung des Online-Ausweises zielgerichtet kommunikativ zu begegnen und den Bedürfnissen an die Nutzung gleichzeitig gerecht zu werden.

Die mithilfe des Online-Ausweises getätigten Transaktionen bewegen sich im Jahr 2023 bisher auf einem sehr hohen Niveau. Konnten wir im März 2022, gemessen über die Server der bdr und Governikus, auf 350.678 erfolgreiche Transaktionen ohne Selbstauskunft blicken, verzeichnen wir im März 2023 bereits 2.706.327 Transaktionen.

Antwortschreiben im Original:

vom 3. Mai 2023

Meine Frage:

Welche öffentlichen Leistungen oder sonstige Leistungen, deren Inanspruchnahme bundesgesetzlich geregelt ist, sind der Bundesregierung bekannt, bei denen die Antragstellung ausschließlich digital erfolgen kann oder deren Antragsstellung Teilschritte enthält, die ausschließlich digital zur Verfügung stehen (bitte mit Kurzbeschreibung und nach Bund und Ländern aufschlüsseln und alle Leistungen berücksichtigen, für die eine Antragstellung während der aktuellen Legislatur möglich war oder ist oder sich in Planung befindet) und wie stellt die Bundesregierung sicher, dass auch bei ganz oder teilweisen “digital only” Prozessen die Inanspruchnahme derartiger und gesetzlich geregelter Leistungen für alle Anspruchsberechtigten einfach und barrierefrei möglich ist?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff:

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) definiert allgemein, dass die Verwaltungsleistungen des Bundes und der Länder für Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft auch digital zur Verfügung stehen sollen. Dies ersetzt nicht die bestehenden Möglichkeiten einer analogen Antragstellung, sondern eröffnet einen zusätzlichen digitalen Kanal in die Verwaltung. Daher erhebt die Bundesverwaltung derzeit nicht systematisch, welche Leistungen ausschließlich digital angeboten werden.

Eine Leistung, die im Rahmen des OZG umgesetzt wird und nur digital angeboten wird, ist beispielsweise die Energiepreispauschale für Studierende. Die Umsetzung digitaler Antragsprozesse im OZG findet nutzerfreundlich statt und orientiert sich an dem Reifegradmodell des Bundes. Dies beinhaltet auch die Beachtung der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie Informationstechnik Verordnung – BITV 2.0), Usability gemäß Ergonomie der Mensch-System-Interaktion – Teil 110: Grundsätze der Dialoggestaltung (ISO 9241-110: 2006) sowie des Styleguides der zuständigen Behörde.

Antwortschreiben im Original:

In dieser Folge gehts um Twitter, Künstliche Intelligenz, Cybercrime und den Breitbandausbau. Ich berichte Euch vom Fachgespräch des Bildungsausschusses zu ChatGPT u ähnlichen KI-Modellen mit Vorlage eines Berichts des Büros für Technikfolgen und natürlich vom Digitalausschuss, wo es am 26.4.23 um die ebenso unbekannte wie gruselige UN Cybercrime Convention geht (potenziell alles drin, von Staatshacking über Vorratsdatenspeicherung bis Verfolgung Oppositioneller) und um die lang erwartete neue Breitbandförderung. Außerdem gibts nachgereichte Infos von Twitter (Spoiler: *KopfaufTisch*).

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Timemarks:

00:00:07 Intro und Nachreichung von Twitter

00:05:51 Bild.Ausschuss: Fachgespräch ChatGPT, Bericht Büro für Technikfolgen

00:14:11 Debatte ChatGPT: Wirt. Potenziale, Regulierung, Bildung und Forschung

00:31:11 ChatGPT: Demokratiegefährdung, Gemeinwohlorientierung

00:42:56 DigAusschuss: UN Cybercrime Convention, Verhandlungsstand

00:52:31 UN Cybercrime Convention: Haltung BuReg zum Brief von 90 NGOs

00:56:26 Breitbandförderung 2023, Budget, Prozesse, Potenzialanalyse, Fazit

01:07:37 Outro

Weiterführende Links:

Twitter:

Fachgespräch ChatGPT im Ausschuss Bildung, Forschung und Technikfolgen

Thema UN Cybercrime Convention

Thema Antrag Union zu Breitbandförderrichtlinie