Meine am 5.12.24 im Bundestag zu Protokoll gegebene Rede im Wortlaut:

1987 [Anmerkung: Leider nicht korrekt, tatsächlich war es 1985] war ich 17 Jahre alt und ungewollt schwanger. Ich ging in die 11. Klasse, wollte mich eigentlich gerade trennen von meinem Freund. Ich dachte damals, ich kann Abitur und Studium vergessen, verlobte mich mit meinem Freund, mit dem ich gar nicht mehr glücklich war, hielt alle Zukunftsträume für geplatzt und bekam eine Depression. Dann setzten sich meine Eltern zu mir, erklärten mir, dass ich eine Wahl hätte und ich ganz allein entscheiden könnte, ob ich das Baby bekommen möchte oder nicht und dass sie mich, egal wie ich mich entscheide, in allem unterstützen würden. Das war in Brandenburg und zu DDR Zeiten. Ich entschied mich für einen Schwangerschaftsabbruch, der in einem Krankenhaus ganz in der Nähe und Krankenkassen-finanziert stattfand. Niemand machte mir je einen Vorwurf. In dieser Notlage habe ich die Unterstützung durch den Staat, die Familie und das Erleben meiner Autonomie, das selbst entscheiden zu können, als extrem befreiend erlebt.
Bedauert habe ich diese Abtreibung immer, bereut aber nie. Ich beendete mein Abitur, studierte und bekam später ein Kind.

Im Osten Deutschlands gab es das Selbstbestimmungsrecht für Frauen schon seit Anfang der 70er Jahre und ich kann einfach nicht verstehen, wie es sein kann, dass eine 17 Jährige im wiedervereinigten Deutschland auch 50 Jahre später noch weniger Rechte hat, als Frauen in der DDR der 70er! Genauso wenig kann ich verstehen, wie es sein kann, dass das erzkatholische Irland Schwangerschaftsabbrüche liberalisiert hat, während sie bei uns weiter kriminalisiert werden. Orientieren wir uns denn an Trump oder an Saudi-Arabien?
Generelle Strafbarkeit löst überhaupt kein Problem, sie verhindert nämlich keine Abtreibungen, sie macht sie nur gefährlicher, teurer und erniedrigender für Frauen, die sich in einer Notlage befinden.

Weil Schwangerschaftsabbrüche generell als Straftat gelten, gibt es kaum gute Ausbildungen als Teil des Medizinstudiums, so dass Studierende an Papayas üben müssen – eine absurde Vorstellung, die nicht zu einem fortschrittlichen Gesundheitswesen passt. Im Übrigen gehen auch Schwangerschaft und Geburt mit erheblichen Gesundheitsrisiken einher, schon deshalb sollte es allein Sache einer Schwangeren sein, darüber zu entscheiden, ob sie ein Kind zur Welt bringen möchte oder nicht. Wir sind schließlich nicht Gefäße für Dritte, sondern Individuen, die über ihren Körper selbst bestimmen können sollten, denn sonst ist ihre Würde nach Artikel 1 des Grundgesetzes nicht gewahrt!

Aufgrund der generellen Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen gibt es viel zu wenig medizinische Angebote, so dass es in manchen Regionen kaum noch Ärzt:innen gibt, die Abtreibungen vornehmen. In 85 von 400 Landkreisen können ungewollt Schwangere kein angemessenes Angebot dafür erreichen! Vielen Frauen ist es schon aufgrund ihrer Lebensumstände gar nicht zuzumuten, 150km für eine Abtreibung zu reisen.

Die WHO-Leitlinie von 2022 stellt unmissverständlich fest, dass eine umfassende u qualitativ ausgezeichnete medizinische Betreuung bei Schwangerschaftsabbrüchen essenziell für das Wohl von Frauen ist. Schwangerschaftsabbrüche müssen deshalb auch als Gesundheitsleistungen verstanden und von den Kassen bezahlt werden, denn der Grad körperlicher Selbstbestimmung Schwangerer darf niemals vom Geldbeutel abhängen, also davon, ob Betroffene die Behandlung, die Fahrt und gegebenenfalls die Übernachtung bezahlen können oder eben nicht.

Ich finde die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen elementar und die Vorstellung unerträglich, dass im Bundestag fast 70% Männer über die Selbstbestimmungsrechte von Frauen entscheiden dürfen. In einem Parlament mit echter Parität wäre die allgemeine Strafbarkeit von Abtreibungen längst Geschichte. So bleibt mir nur, einerseits an die Solidarität der Minderheit weiblicher Abgeordneten zu appellieren und andererseits an die Mehrheit der Männer, zumindest an die, die in der Lage sind einzusehen, dass sie bei einer solchen Entscheidung gar kein Mitspracherecht haben sollten, weil sie nicht schwanger werden.

Über männliche Körper gibt es schließlich auch keinerlei Regulierung im deutschen Recht, und die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen dient vor allem der Kontrolle über weibliche Körper, die sich viele konservative Männer immer noch wünschen. Das konnte man zuletzt am Backlash in den USA erleben, wo nach der Trump Wahl der widerliche Slogan: „Your Body – My Choice“ triumphierend von Männern verbreitet wurde.

Wer Schwangerschaftsabbrüche verringern will, muss vor allem Schwangere und Mütter unterstützen und Benachteiligungen durch Mutterschaft – z.B. Paygap, Armut bei Alleinerziehenden oder Karrierebremsen – beseitigen, Kinderbetreuung verbessern, Care Arbeit besser verteilen und bezahlen. Aber auch kostenlose Verhütungsmittel, gute Aufklärung und niedrigschwelliger Zugang zu Beratungen sind hilfreich – natürlich nicht nur für Frauen, denn am Zustandekommen einer Schwangerschaft sind zwei beteiligt. Auch Kinder brauchen mehr Schutz vor Kinderarmut und Benachteiligung im Bildungssystem, ihre Rechte gehören ins Grundgesetz. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir neben einer Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen im Bundestag auch diese Maßnahmen auf den Weg bringen könnten, denn so schützt man die Rechte beider am Besten: der Schwangeren und der Kinder.

Ich bitte Sie daher herzlich, unterstützen Sie den vorliegenden Gruppenantrag mit Ja oder wenigstens einer Enthaltung, und beenden Sie die Blockade der Anhörung im zuständigen Ausschuss!

Alle diejenigen, die grundsätzlich gegen die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen sind, möchte ich darum bitten, dann einfach selbst keine Abtreibung vorzunehmen, sich aber nicht der körperlichen Autonomie anderer Menschen in den Weg zu stellen, denn jemand Anderen zum Austragen von Kindern zu zwingen, ist schlicht Gewalt.

Meine Frage:

„Warum sind diverse organisatorische Strukturen, darunter das Dateninstitut, das Beratungs- und Evaluierungszentrums für Künstliche Intelligenz (BEKI), die Algorithmenbewertungsstelle für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (ABOS) und die Zentrale Stelle für die Erkennung ausländischer Informationsmanipulation (ZEAM) zum Teil schon seit mehreren Jahren „im Aufbau“ (bitte begründen, warum dieser Prozess so viel Zeit beansprucht), und wann sollen sie jeweils tatsächlich in ihrer finalen Rechtsbeziehungs-weise Organisationsform offiziell die Arbeit aufnehmen und nicht mehr nur „im Aufbau“ oder „in Gründung“ sein (bitte jeweils geplanten Zeitpunkt zum finalen Ausbau und die geplante Rechts- beziehungsweise Organisationsform angeben)?“

Antwort der Bundesregierung vom 08.11.24:

„Der zur Schaffung des Dateninstituts („DI“) für Deutschland gewählte Vergabeprozess eines sog. Wettbewerblichen Dialogs ist inzwischen weit fortgeschritten: Teilnahmewettbewerb, erste Dialogrunde und Überarbeitung der Vergabeunterlagen sind abgeschlossen, die Bieter überarbeiten derzeit ihre Lösungsvorschläge und nach einer oder maximal zwei weiteren Dialogrunden wird der Zuschlag erteilt und
unmittelbar anschließend – nach aktuellem Stand im Mai / Juni 2025 – die eigentliche Gründung vollzogen. In Form einer Verprobung hat die Arbeit des DI jedoch bereits vor dem Vergabeprozess begonnen, nämlich mit dem Start der vorgelagerten Use Cases eines offenen Datenmodells zur Long-Covid-Forschung (Form: Challenge, geleitet durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat [BMI]) und einem Testfeld und einer Konsultationsumgebung zur dezentralen Datennutzung in Energienetzen (In-House-Vergabe des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz [BMWK] an die Deutsche Energieagentur). Die letztendliche Rechtsform des DI wird derzeit im o. g. Dialog ausgehandelt. Im Moment des Zuschlags wird vertraglich festgelegt sein, dass der Regelbetrieb des DI nach einer bestimmten Anzahl von Monaten nach Zuschlag aufgenommen sein muss. Details hierzu können aus vergaberechtlichen Gründen hier nicht mitgeteilt werden. Die Hintergründe zum zeitlichen Verlauf des Vorhabens wurden durch die federführenden Häuser BMWK und BMI in Abständen auch öffentlich kommuniziert, u. a. bei einer großen Kick-Off-Veranstaltung am 10. April diesen Jahres: Nachdem die Haushaltsmittel zeitweilig durch den Deutschen Bundestag gesperrt gewesen waren, mussten zunächst die o. g. gemäß Vorgaben der Gründungskommission vor die formelle Gründung zu ziehenden Use Cases gestartet und das taugliche Vergabeverfahren für die eigentliche Gründung er-
mittelt und vorbereitet werden, wozu auch zwei sogenannte Marktdialoge durchge-
führt wurden.


Mit dem Beratungszentrum für Künstliche Intelligenz („BeKI“) im BMI soll eine zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle für KI-Vorhaben in der Bundesverwaltung geschaffen werden. Das BeKI soll der Bundesverwaltung Expertise zur verantwortungsvollen Nutzung von KI in Form eines Beratungsangebots zur Verfügung stellen, gezielt den sektor- und ebenenübergreifenden Austausch und die Vernetzung rele-
vanter Stakeholder fördern sowie zukünftig zu Fortbildungsmaßnamen zu KI beraten und deren (Weiter-)Entwicklung anstoßen. Dabei wird auf bereits gewonnenen Erfahrungen aufgebaut und werden etablierte Strukturen und Formate einbezogen, um diese durch koordinative Unterstützung des BeKI zu stärken. Der Aufbau des BeKI erfolgt durch die im BMI eingerichtete Projektgruppe Künstliche Intelligenz (PG KI). Für die Wahrnehmung der Gesamtaufgaben der PG KI sind im Jahr 2024 elf Vollzeitäquivalente eingeplant. Um einen unmittelbaren Mehrwert für die Bundesverwaltung sicherzustellen, führt die Projektgruppe KI im Rahmen des Aufbaus des BeKI bereits mehrere Pilotinitiativen durch. Die Einrichtung des BeKI steht in Abhängigkeit verfügbarer Haushaltsmittel und Stellen. Ein weiterer Aufbau des BeKI ist beabsichtigt.

Die Algorithmenbewertungsstelle für Organisationen und Behörden mit Sicherheitsaufgaben („ABOS“) soll die Unterstützung der Bundessicherheitsbehörden bei Fragen zu KI-Regulierung, sowie qualitätsgesicherter und vertrauenswürdiger KI zentralisieren. Insbesondere soll die ABOS bei der Umsetzung der KI-Verordnung (https://data.consilium.europa.eu/doc/document/PE-24-2024-INIT/de/pdf (https://atpscan.global.hornetsecurity.com/…)) der EU im sicherheitsbehördlichen Bereich wichtige Aufgaben im Sinne eines Kompetenzzentrums übernehmen. Dies umfasst beispielsweise:

  • Zentrale Beratung und Unterstützung für Sicherheitsbehörden des Bundes be-
    züglich der Umsetzung der KI-Verordnung sowie weiteren Themen zu KI-Re-
    gulierung und qualitätsgesicherter KI
  • Erstellung allgemeiner / zentraler Leitlinien und Frameworks für die Umset-
    zung der KI-Verordnung bei Sicherheitsbehörden des Bundes
  • Beobachtung von relevanten nationalen und internationalen Gremien zu KI-
    Regulierung, insbesondere einschlägige Standardisierungsgremien

Die ABOS soll daher nicht mit Plattformen oder nur zu spezifischen Plattformen arbeiten, sondern betrachtet die Anforderungen und die KI-Systeme der Sicherheitsbehörden individuell und ganzheitlich. Der Aufbau und die Konzeption einer solchen Stelle wird bis 2025 aus dem Paket der Bundesregierung zur Konjunktur- und Krisenbewältigung aus dem Jahr 2020 finanziert.

Die Bundesregierung hat eine Projektgruppe zum Aufbau einer Zentralen Stelle zur Erkennung ausländischer Informationsmanipulation („ZEAM“) im BMI eingerichtet, die vom Auswärtigen Amt (AA), dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) und dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA) unterstützt wird. Die Projektgruppe hat am 1. Juni 2024 ihre Arbeit aufgenommen. Die Schaffung einer ressort-übergreifenden Stelle zur Erkennung von ausländischer Informationsmanipulation ist ein wichtiger Schritt, um den Schutz unserer demokratischen Grundordnung in diesem Sinne nachhaltig zu stärken. Ein weiterer Aufbau der ZEAM ist beabsichtigt.“

Antwortschreiben im Original (geschwärzt):

18.06.2024

Dear Council of the European Union, 
Dear national governments, 

In the last days of the Belgian EU Council Presidency, Belgium has put forward its final initiative to reach a general approach in the Council of the EU regarding the highly contested CSA regulation (Proposal for a regulation of the European Parliament and of the Council laying down rules to prevent and combat child sexual abuse). In possibly putting the CSA Regulation to a vote on 19 June, the Council is risking far more than just passing a simple regulation. 

Sexual abuse and the exploitation of children, including the dissemination of child sexual abuse material, must be addressed with the utmost determination in accordance with the rule of law. While the regulation proposal put forward by the EU Commission includes some good and crucial measures, such as the EU center, it is highly questionable whether core aspects of the regulation are compatible with European fundamental rights. 

As parliamentarians, we observe with great concern the proposal of the Council of the EU that would put to an end the confidentiality of private communication. Even if the Belgian Council Presidency has now presented a compromise proposal that would limit the obligation to scanning private unencrypted as well as encrypted video and image content, it remains just as much an encroachment on fundamental digital rights and takes the discussion back to the origin of the debate. In fact, the Belgian proposal represents the Commission’s first plans that came to light in December 2021. 

Safe and encrypted communication is of utmost importance for every human being. This also accounts for children and victims of sexual abuse to allow for safe emergency and help services – particularly in countries where victim support organisations cannot rely on the support and confidentiality of state law enforcement authorities. 

Besides risking to contradict the aim of the CSA proposal by intervening in the digital self-determination of people, there might be several unintentional but dangerous side effects: 

  • Client Side Scanning (CSS) and any other mass surveillance, would render confidential information carriers impossible: Scanning would affect users who rely on confidential communication and whose communication is particularly protected (professionals bound by confidentiality such as journalists, lawyers, the medical sector, but also whistleblowers). Furthermore, built-in backdoors could compromise the confidentiality of digitally transmitted trade secrets and business transactions. Encryption protects the identity and the contents of communication participants, thus preserving the autonomy of victims of sexual violence. 
  • Democratic society and democratic debate need trustworthy spaces: Democratic societies need privacy for the formation of opinions and will. The proposed measures carry the danger of leading to self-censorship, jeopardizing safe spaces for children and victims of sexual violence, but also for everyone else. It will also likely leave to users unwilling to use digital services and lose trust in providers if their data is not secure and protected. 
  • Blueprint for authoritarian states and weakening cybersecurity: By building an architecture capable of undermining all possibility of private digital communication, the regulation might inadvertently serve as a blueprint for surveillance in authoritarian states and can serve as a built-in backdoor that can easily be exploited for all sorts of surveillance practices (e.g. trade secrets) and cybercriminals. Once built, this IT-architecture is an invitation to undermine privacy. 
  • Impairment of digital educational, youth, and assistance services: It will eliminate the common practice to exchange important sexual health information to such education as is case in some European countries. 

The mandatory investigation of private communication messages without suspicion carries the risk of creating a climate of general suspicion. Such an approach will irreparably damage the image of the European Union as a guarantor of freedom. 

We explicitly warn that the obligation to systematically scan encrypted communication, whether called “upload-moderation” or “client-side scanning”, would not only break secure end-to-end encryption, but will to a high probability also not withstand the case law of the European Court of Justice. Rather, such an attack would be in complete contrast to the European commitment to secure communication and digital privacy, as well as human rights in the digital space. 

We therefore urgently need an approach that prioritizes the protection and prevention of child sexual abuse, provides more resources and better-targeted coordination of European law enforcement authorities, strengthens victim support in accordance with fundamental rights, and avoids relying on a false sense of security through technosolutionism. 

As national and European parliamentarians, we are convinced that the proposed measures are incompatible with European fundamental rights. We are committed to safeguarding the right to anonymous and pseudonymous use of the internet, as well as strengthening end-to-end encryption. 

We urgently call on all negotiating governments in the COREPER to reject a general approach based on compromise proposal that Belgium has put forward. 

Signatories 

Tobias B. Bacherle, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Konstantin von Notz, MP & Vice Chair of the group, Alliance 90/The Greens, Germany

Süleyman Zorba, MP, The Greens, Austria

Maximilian Funke-Kaiser, MP, FDP, Germany

Konstantin Kuhle, MP & Vice Chair of the  group, FDP, Germany 

Sven Clement, MP, Pirates, Luxembourg

Valentin Abel, MP, FDP, Germany

Sephanie Aeffner, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Alviina Alametsä, MEP, Greens/EFA, Finland

Rasmus Andresen, MEP, The Greens/EFA, Germany

Christine Aschenberg-Dugnus, MP, FDP, Germany 

Maik Außendorf, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Christian Bartelt, MP, FDP, Germany

Jens Beeck, MP, FDP, Germany

Katharina Beck, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Lukas Benner, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Michael Bloss, MEP, The Greens/EFA, Germany 

Damian Boeselager, MEP, The Greens/EFA, Germany 

Dr. Jens Brandenburg, MP, FDP, Germany

Patrick Breyer, MEP, The Greens/EFA, Germany 

Saskia Bricmont, MEP, The Greens/EFA, Belgium

Georg Bürstmayr, MP, The Greens, Austria 

Anke Domscheit-Berg, MP, Die Linke, Germany

Marcel Emmerich, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Emilia Fester, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Alexandra Geese, MEP, The Greens/EFA, Germany 

Stefan Gelbhaar, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Anikó Glogowski-Merten, MP, FDP, Germany

Andreas Glück, MEP, Renew Europe, Germany 

Marketa Gregorová, MEP, The Greens/EFA, Czech Republic

Sabine Grützmacher, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Thomas Hacker, MP, FDP, Germany

Svenja Hahn, MEP, Renew Europe, Germany 

Philipp Hartewig, MP, FDP, Germany

Katrin Helling-Plahr, MP, FDP, Germany 

Bernhard Herrmann, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Manuel Höferlin, MP, FDP, Germany

Dr. Christoph Hoffmann, MP, FDP, Germany 

Ottmar von Holtz, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Lamya Kaddor, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Misbah Khan, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Daniela Kluckert, MP, FDP, Germany 

Marcel Kolaja, MEP, The Greens/EFA, Czech Republic 

Moritz Körner, MEP, Renew Europe, Germany

Michael Kruse, MP, FDP, Germany

Wolfgang Kubicki, MP, FDP, Germany 

Katharina Kucharowits, MP, SPÖ, Austria

Renate Künast, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Ulrich Lechte, MP, FDP, Germany 

Dr. Thorsten Lieb, MP, FDP, Germany

Helge Limburg, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Denise Loop, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Oliver Luksic, MP, FDP, Germany

Kristine Lütke, MP, FDP, Germany 

Boris Mijatovic, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Maximilian Mordhorst, MP, FDP, Germany 

Hannah Neumann, MEP, The Greens/EFA, Germany 

Jan-Christoph Oetjen, MEP, Renew Europe, Germany 

Dr. Paula Piechotta, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Volker Redder, MP, FDP, Germany

Tabea Rößner, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Michael Sacher, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Kassem Taher Saleh, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Dr. Nikolaus Scherak, MP, NEOS, Austria 

Ria Schröder, MP, FDP, Germany

Kordula Schulz-Asche, MP, Alliance 90/The Greens, Germany 

Prof. Dr. Stephan Seiter, MP, FDP, Germany

Kim van Sparrentak, MP, The Greens/EFA, Netherlands 

Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, MP, FDP, Germany 

Jens Teutrine, MP, FDP, Germany

Stephan Thomae, MP, FDP, Germany

Johannes Vogel, MP, FDP, Germany

Robin Wagener, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

Sandra Weeser, MP, FDP, Germany

Nicole Westig, MP, FDP, Germany

Katharina Willkomm, MP, FDP, Germany

Christina-Johanne Schröder, MP, Alliance 90/The Greens, Germany

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Offener Brief – als PDF

Die Umsetzung des EU Digital Services Act braucht Nachbesserung: Gefahren entstehen durch massenhafte Datenweiterleitungen an das BKA und Mißbrauch von Netzsperren. Die zuständige BNetzA hat nicht mal Stellen; KMU und dezentrale, nicht kommerzielle Dienste stehen im Regen.

Meine Rede zur Umsetzung des DSA auf nationaler Ebene im Wortlaut (18.01.2023):

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Einschätzung zur Umsetzung des DSA gibt es jetzt in 90 Sekunden. Gut daran ist die Klarheit bei der Störerhaftung und die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Beirat. Aber insgesamt finde ich die Umsetzung doch misslungen.

Erstens: Noch häufiger als bisher können Netzsperren wegen Urheberrechtsverletzungen direkt beim Anbieter und ohne Richtervorbehalt eingefordert werden. Wer die vorgesehene Verhältnismäßigkeit prüfen soll, bleibt dabei völlig offen. Als Linke kritisiere ich dieses Zensurheberrecht!

Zweitens. Die Pflicht zur proaktiven Datenweiterleitung an das BKA in Artikel 18 des DSA besteht bei „Gefahr für die Sicherheit von Personen“. Das ist ein sehr schwammiger Rechtsbegriff und muss konkretisiert werden, will man massenhaftes Ausleiten personenbezogener Daten verhindern und Gerichte nicht mit Klagen überlasten.

Drittens: Die Anwendung des Digitale-Dienste-Gesetzes ist bei nichtkommerziellen Diensten völlig unklar, wenn sie dezentral organisiert sind wie Mastodon oder das Wikimedia-Projekt „Wikimedia Commons“. Die Autorencommunity dort ist getrennt vom Verein Wikimedia. Sollen jetzt ehrenamtliche Autorinnen und Autoren das Beschwerdemanagement einrichten und Transparenzberichte erstellen? Eine Umsetzungsunterstützung für nichtkommerzielle Anbieter und viele kleine und mittlere Unternehmen unter den 5 000 betroffenen Anbieter/-innen gibt es bisher nicht.

Viertens hat die künftig zuständige Bundesnetzagentur als Digitale-Dienste-Koordinator bisher noch nicht einmal Stellen dafür, ist in vier Wochen aber bereits Ansprechpartnerfür über 5 000 Anbieter und mehrere Millionen Nutzer/-innen. Bessern Sie das nach, liebe Ampel, und das sehr schnell!

Vielen Dank.

Diesmal gibts digitale Infos auch aus dem Familienausschuss, wo am 21.6.23 ein Fachgespräch zum Thema Jugendschutz im Internet stattfand (es ging v.a. um Vorratsdatenspeicherung und die EU Chatkontrolle Verordnung). Außerdem gibt es Neues für Euch aus dem Digitalausschuss mit folgenden Themen: was ist und was macht das Kommando Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr? Wie gehts weiter mit der EU-KI-Verordnung? Was sind Rundfunk- und Kulturfrequenzen und warum ist ihre Zukunft bedroht? Und superkurz gehts um die Digitalstrategie und das 49€ Ticket.

Ich freue mich, wenn ihr wieder reinhört, den Podcast weiterempfehlt und wie immer über Feedback an anke.domscheit-berg@bundestag.de oder gern auch auf Social Media mit Hashtag #DerADBPodcast.

Dafür bin ich hier zu finden:

Kapitelmarken:

00:00:07 Intro
00:01:09 Familienausschuss – Jugendschutz im Internet/ Chatkontrolle
00:17:42 Digitalausschuss – Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR)
00:32:42 EU KI-Verordnung
00:44:13 Rundfunk- und Kulturfrequenzen
00:53:57 Digitalstrategie, digital only 49€ Ticket
00:55:32 Hinweise und Outro
 

Weiterführende Links:

Jugendschutz im Internet und Chatkontrolle:

Kommando Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr:

EU KI-Verordnung

Rundfunk- und Kulturfrequenzen

DIgitalstrategie


 

In dieser 15. Ausgabe meines Podcasts aus dem digitalen Maschinenraum des Bundestages gehts um den Digitalausschuss vom 10.05.2023, an dem es 3 Themen gab: 1) die geplante EU Verordnung zu Transparenz und Regulierung (personalisierter) politischer Werbung (=political Targeting), 2) die von der Ampel vorgestellten Eckpunkte zum Gesetz gegen Digitale Gewalt (ich erkläre auch, warum der Titel völlig Banane ist) und 3) mal wieder CYBERCYBER, nur super kurz gehts da um EU-Ratsempfehlungen zu KRITIS und länger um eine EU-Verordnung für mehr Cybersicherheit bei Hardware, Software und allem, was zum Internet der Dinge gehört.

Ich freue mich, wenn ihr wieder reinhört, den Podcast weiterempfehlt und wie immer über Feedback an anke.domscheit-berg@bundestag.de oder gern auch auf Social Media mit Hashtag #DerADBPodcast

Dafür bin ich hier zu finden:

Twitter

Instagram

Mastodon

Youtube

Facebook

Kapitelmarken:
00:00:07 Intro
00:01:46 Gesetz gegen digitale Gewalt
00:16:35 EU-VO zu personalisierter politischer Werbung
00:26:52 EU-VO zu IT-Sicherheit bei Produkten mit digitalen Elementen /Cyber Resilience Act + Resilienz kritischer Infrastruktur
00:39:49 Outro & Terminhinweise

Weiterführende Links:

Digitales Gewaltschutzgesetz:

EU-VO über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung:

Cyber Resilience Act:

KRITIS EU-Ebene:

Am 19.01.2023 wurde im Bundestag ein Antrag der Linksfraktion zur Chatkontrolle Verordnung der EU debattiert. Dazu hatte ich 120 Sekunden Redezeit, in der man natürlich nur grob an der Oberfläche dieses wichtigen Themas kratzen kann. Daher findet sich hier eine Sammlung mit weiterführenden Informationen:

Zum Hintergrund:

Die Pressemitteilung der Linksfraktion im Bundestag zur Debatte im Bundestag am 19. Januar

Der Antrag der Linksfraktion zur Ablehnung der Chatkontrolle-Verordnung durch die Bundesregierung und insbesondere zur Verhinderung von Client Side Scanning.

Das in meiner Rede zitierte Gutachten des  Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur Vereinbarkeit des Verordnungsentwurfs der EU mit europäischen und deutschen Grundrechten.

Hier kann ein Linxxnet-Podcast zur Chatkontrolle mit mir als Gast gehört werden. In dem einstündigen Podcast vom 16.01.2022 sprechen wir ausführlich über alles rund ums Thema. In den Shownotes der Folge finden sich viele weitere, spannende Links.

Hier findet ihr meine Landing-Page zum Thema Chatkontrolle

Mein im Tagesspiegel Backround erschienener Artikel, vom 21.11.2022

Die Vorratsdatenspeicherung ist zwar weitgehend vom Tisch, aber nun droht ihre jüngste Schwester, bekannt als „Chatkontrolle“, per Europäischer Regulierung eine gefährliche Zensur-Infrastruktur zu schaffen, die von undemokratischen Regierungen, aber auch in der EU selbst missbraucht werden kann, ohne wirksame Kontrollmöglichkeiten durch Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Journalismus oder Politik.

Die EU-Verordnung soll Kinder vor sexualisierter Gewalt schützen, in dem Bilder davon oder Cybergrooming eher entdeckt werden. Weitreichende
Eingriffe in Grundrechte werden immer mit Zielen durchgesetzt, bei denen der gesellschaftliche Widerstand klein ist, wer will schon als jemand da stehen, der Kindervergewaltiger vor Strafverfolgung schützt? Nach 9/11 war es der Kampf gegen den Terrorismus, davor war die Angst groß und deshalb der Widerstand klein gegen Überwachung im Netz.

Aber die Hürde für Grundrechtseinschränkungen liegt hoch, drei Anforderungen müssen erfüllt sein, unabhängig davon, wie edel die erklärten Ziele sind. Genau diese Prüfung nahm der unabhängige Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in meinem Auftrag vor, denn jede Grundrechtseinschränkung muss sowohl geeignet, als auch angemessen und verhältnismäßig sein. Nach aktuellem Stand würde die Verordnung Diensteanbieter dazu verpflichten, eine Risikobewertung ihres Dienstes hinsichtlich der Verbreitung dieser speziellen Inhalte vorzunehmen. Dazu muss ein Diensteanbieter aber wissen, ob sein Dienst dafür genutzt wird, wozu er alle Inhalte kontrollieren muss. Das erfordert wiederum algorithmische Filter, da Milliarden von Inhalten zu prüfen wären.

Das ginge in zwei Varianten: entweder man baut Löcher in verschlüsselte Kommunikation ein, was ein klarer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag wäre, der ein Bekenntnis zur Unantastbarkeit sicherer Verschlüsselungen enthält. Oder man nutzt Client Side Scanning (CSS), bei dem noch vor dem Verschlüsseln die Inhalte überprüft werden. Laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages erfordert das CSS den Einbau „kodifizierter, werkseitiger Hintertüren“ in den genutzten Geräten, also absichtliche Schwachstellen, die auch Dritte für Cyberangriffe nutzen können. Das reduziert die IT-Sicherheit in Zeiten hoher Angriffswahrscheinlichkeiten.

Auf meine Fragen nach ihrer Haltung zum CSS antwortete die Bundesregierung stets ausweichend. Hält Innenministerin Nancy Faeser
eine Überwachung privater Kommunikationen per CSS etwa für vereinbar mit dem Koalitionsvertrag? Auch CSS macht verschlüsselte Kommunikation kaputt, denn ihr Zweck, vertrauliche und private Kommunikationen vor Kenntnisnahme Dritter zu schützen, ist nicht mehr erreichbar. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt daher zu der klaren Einschätzung, dass die verpflichtende Risikobewertung sichere Kommunikationswege faktisch abschafft.


Wäre die Chatkontrolle eine geeignete Maßnahme?

Schon bei der Prüfung der Eignung der Maßnahme dafür, ob sie Kinder vor sexualisierter Gewalt schützt, hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages Bedenken und verweist u.a. auf den Kinderschutzbund, der die Verordnung für überzogen und in der Sache für nicht hilfreich hält. Das Hauptproblem sei nicht, dass es an Anzeigen fehlte, sondern dass es an Ressourcen fehlt, bei Anzeigen schnell und effektiv zu ermitteln. Es braucht schlicht mehr Personal. Die steigenden Fallzahlen der vergangenen Jahre liegen vor allem an der bereits stattfindenden Erhellung des Dunkelfeldes.

So arbeiteten in der zuständigen Stelle in NRW noch vor vier Jahren nur zwölf Fachkräfte, inzwischen sind es 90. Mit der Chatkontrolle bekämen diese bereits überlasteten Fachkräfte eine Welle Tausender falscher Meldungen zusätzlich, weil die Algorithmen auch bisher unbekannte Bilder flaggen und legales Sexting unterscheiden sollen von
Cybergrooming, was hohe Fehlerraten unvermeidbar macht. Das bindet Ressourcen, die bei echten Fällen fehlen werden – das wirkt sogar gegen
das erklärte Ziel.

Wäre die Chatkontrolle angemessen?

Der Wissenschaftliche Dienst prüfte auch, ob die Chatkontrolle angemessen ist, der EuGH meint damit, dass es keine andere Maßnahme gibt, die mit weniger Grundrechtseinschränkung das gleiche Ziel erreicht. Auch diese Prüfung besteht die Chatkontrolle nicht. Mehr Ressourcen für Strafverfolgung und vor allem für Prävention im Bereich Kinder-und Jugendschutz bereitzustellen, wären zum Beispiel grundrechtsfreundlichere Maßnahmen. Ich kenne selbst Fälle aus meinem Umfeld, wo weder von Cybergrooming betroffene Jugendliche noch deren Eltern und Lehrkräfte wussten, was zu tun war, wie groß potenzielle Gefahren sind und wie oft Täter mit falschen Identitäten unterwegs sind. Als Teil der Prävention zum Thema Cybergrooming könnte zum Beispiel der hervorragende Film „Gefangen im Netz“ in allen Schulen gezeigt und sein Material bearbeitet werden.

Wäre die Chatkontrolle verhältnismäßig?

Bei einer Grundrechtseinschränkung muss weiterhin der mit ihr erzielbare Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis zu den unerwünschten Nebenwirkungen stehen, um vereinbar zu sein mit der EUGrundrechtecharta (Art. 7, 8, 11 GRCh) und mit der EU Richtlinie 2002/58/EG, die die Vertraulichkeit der Kommunikation schützt. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt auch bei dieser Prüfung zu einer eindeutigen Einschätzung: die Verhältnismäßigkeit sei nicht gegeben, da bereits der Nutzen fraglich sei, die zu erwartenden negativen Effekte sowohl für die gesamte Gesellschaft (Stichworte Chilling Effect, geminderte IT-Sicherheit u.a.) aber auch für die eigentlich zu schützenden Jugendlichen gravierend sind.

So stammen nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ von 5. Oktober 2022 inzwischen schon etwa 50 Prozent der illegalen Verbreitung pornografischer Inhalte von Jugendlichen selbst. Da das Strafrecht in Deutschland nicht unterscheidet, ob ein 50-Jähriger mit einer 15-Jährigen explizite Bilder austauscht oder zwei 15-Jährige untereinander, werden Heranwachsende schon heute kriminalisiert. Da Algorithmen der Chatkontrolle Cybergrooming von Sexting zwischen Minderjährigen nicht unterscheiden können, geraten Jugendliche künftig noch häufiger unter Verfolgungsdruck. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages verweist daher explizit auf die zu erwartenden negativen Folgen für die Entwicklung Heranwachsender.

Last but not least möchte ich auf die mangelnden Kontrollmöglichkeiten der Chatkontrolle hinweisen, denn schon in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung lehnten sowohl der EuGH als auch das Bundesverfassungsgericht deren Verhältnismäßigkeit auch mit dem Argument ab, dass es an hinreichendem Schutz vor Missbrauchsrisiken der Überwachung fehle.

Bei der Chatkontrolle wird ein als illegal identifiziertes Bild mit einem Algorithmus in einen Hash-Wert umgerechnet, der nicht wieder rückwärtsgerechnet werden kann. Dieser Hash-Wert wandert in eine Datenbank aller dorthin gemeldeten Hash-Werte. Ab da kann niemand mehr feststellen, was für ein Bild hinter einem solchen Hash steckt, es sei denn, man hat das Bild bereits und rechnet damit selbst einen Hash-Wert aus und kann dann beide Hash-Werte miteinander vergleichen. Will jemand die Verbreitung eines legalen, aber missliebigen Bildes behindern, bräuchte man nur den Hash-Wert dieses Bildes in die Datenbank laden und der Filter-Algorithmus der Chatkontrolle verhindert die Verbreitung dieses Bildes selbst in privaten Chats. Diese Eigenschaften machen die Chatkontrolle zu einer potenziell mächtigen Zensurmaschine, die sich externer Kontrolle entzieht. Bereits 2019 beschrieb die Electronic Frontier Foundation diese Missbrauchsmöglichkeiten von Client Side Scanning.

Ausblick

Viel Zeit bleibt nicht, um diese gefährliche Verordnung zu verhindern, sie soll den Digital Services Act ergänzen und voraussichtlich Anfang 2024 in Kraft treten. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre eine Klage dagegen vor dem EuGH erfolgreich, aber bis zu einem Urteil vergingen Jahre, in denen Grundrechte verletzt werden, Diktaturen einen Blueprint für Zensurinfrastrukturen erhalten und den Einsatz mit Verweis auf die EU rechtfertigen können und in denen sinnlos Ressourcen gebunden werden, die für den wirksamen Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt fehlen.

Frage

Welche konkreten Maßnahmen beispielsweise hinsichtlich Forschung, Prävention und Unterstützung von Opfern und ihrem sozialen Umfeld sowie zur Verbesserung der Strafverfolgung bei Einhaltung der Grundrechte unternimmt oder plant die Bundesregierung, um das im Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP verankerte Ziel aus dem Abschnitt Kinderschutz mit Bezug auf Cybergrooming zu erreichen, und sind insbesondere breite Sensibilisierungskampagnen für Minderjährige und ihr soziales Umfeld (einschließlich Schule) geplant, die z.B. auch den kostenfreien Zugang zum Dokumentations- und Aufklärungsfilm “Gefangen im Netz” und die Förderung begleitender, auch kindgerechter Fachgespräche umfassen? (Drucksache 20/2779, Frage 115).

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Sven Lehmann am 12. Juli 2022

Bei Cybergrooming handelt es sich um eine der zentralen Gefahren für Kinder und Jugendliche in ihrem alltäglichen Umgang mit digitalen Medien.

Kinder und Jugendliche selbst, aber auch Eltern und Lehrende oder Erziehende zu sensibilisieren und zu schulen, stellt ein wichtiges Ziel der Bundesregierung dar, welches mit zahlreichen Maßnahmen hinterlegt ist.

Im Rahmen der Initiative „Gutes Aufwachsen mit Medien“ fördert das Bundesministe- rium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) Projekte, die die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen stärken und Eltern und Erziehenden Orientierung in der digitalen Medienwelt bieten sollen; unter anderem auch mit Schwerpunkt im Bereich Cybergrooming. Bei der Initiative „Schau hin! Was dein Kind mit Medien macht“ wird das Risiko des Cybergroomings vor allem Eltern und Erziehenden nähergebracht und Informationen zur Unterstützung gegeben, wie Kinder geschützt werden können. Das Rat- und Hilfeangebot „jugend.support“ richtet sich an Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren und bietet ihnen zielgruppengerecht Unterstützung beim Thema sexuelle Belästigung im digitalen Raum.

Daneben wird vom BMFSFJ etwa mit „#UndDu?“ die Umsetzung von Maßnahmen zur Prävention und Intervention gegen sexualisierte Gewalt unter Jugendlichen durch den Projektträger Innocence in Danger e. V., der sich auch mit dem Thema Cybergrooming befasst, gefördert. Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines umfassenden Präventionskonzeptes, welches die Entwicklung, Durchführung und Evaluierung von Workshops für Jugendliche, Eltern und Fachkräfte sowie Train-the-Trainer Workshops umfasst und die Umsetzung digitaler Angebote (Online-Portal und Fachkräfte-App) vorsieht. Diese Bausteine werden in zwei Modellregionen ganzheitlich umgesetzt und erprobt. Darüber hinaus werden diese Maßnahmen durch eine partizipative Social-Media-Kampagne begleitet. Das Projekt wird im Zeitraum Juni 2021 bis Mai 2023 mit 1.769.756,00 Euro vom BMFSFJ gefördert. Weitere Informationen und Materialien finden sich unter: https://innocenceindanger.de/projekte/unddu/.

In dem Bund-Länder-finanzierten Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) werden Konzepte, Medien und Initiativen, die über Kriminalität aufklären und Schutzempfehlungen vermitteln, entwickelt. Die Internetpräsenz dieses Programms informiert unter dem Stichwort „Sexualdelikte“ unter anderem über Prävention bezüglich der Verbreitung von kinder- und jugendpornografischen Inhalten über das Internet und die Strafbarkeit entsprechender Handlungen. Unter https://www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/29851-sexueller-missbrauch- kindesmissbrauch/ lassen sich zudem umfangreiche Medienpakete zu der Thematik finden. Besonders hervorzuheben ist hier die „Sounds wrong“-Kampagne, welche Kinder und Jugendliche über die leichtfertige Weiterleitung von missbräuchlichen Darstellungen informiert sowie Erwachsene im direkten Umfeld für die Problematik sensibilisiert.

Im Rahmen der Förderlinie „Forschung zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten“ förderte bzw. fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung einzelne Forschungsprojekte („Entwicklung von Handlungsempfehlungen für die pädagogische Praxis zum fachlichen Umgang mit sexualisierter Gewalt mit digitalem Medieneinsatz“ an der SRH Hochschule Heidelberg GmbH; „Stärken oder schützen“ als Verbundvorhaben an der Universität Münster und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf; „Stärken oder schützen – in digitalen Medien. Ein Professionalisierungsbeitrag zum Umgang mit Antinomien in präventiven Bildungsangeboten“ als Verbundvorhaben am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der Hochschule Hannover und der Universität Münster).

In den Forschungsprojekten werden wissenschaftliche Erkenntnisse für die Entwicklung von Maßnahmen zum Erkennen und zur Prävention von Cybergrooming insbesondere in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen gewonnen.

Antwortschreiben im Original (pdf)

Wer eine Website betreibt, weiß: Es geht nicht ohne Impressum. Wer kein Büro hat, muss dort die private Wohnadresse veröffentlichen, um teure Strafen zu verhindern. In Zeiten der Digitalisierung völlig überholt! Das ist nicht nur gefährlich für Frauen*, Journalist*innen, Politiker*innen und Co., sondern auch für unsere Demokratie. Denn wer Stalker oder Nazis fürchten muss, zieht sich schnell zurück und verzichtet eher darauf, sich online mitzuteilen. Dann fehlen wichtige Stimmen in der Öffentlichkeit. Deswegen fordern wir eine kleine Änderung mit großer Wirkung: Keine Wohnadressen im Impressum! Antrag-Drucksache 20/2031