Ein Showdown, bei dem die BMI Staatssekretärin Federn ließ, war der Auftakt nach der Sommer-“Pause“ im Digitalausschuss vom 25.09.2024. Anlass: die erschütternd schlechten und glasklar verfassungswidrigen Sicherheitsgesetze, die außerdem gegen die KI-Verordnung verstoßen würden – Stichwort Superdatenbanken und Abgleich biometrischer Daten mit dem ganzen Internet. Außerdem: zu Gast die neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit: Prof. Specht-Riemenschneider und wir berieten die Haushaltsentwürfe für 2025 für das BMG und das BMBF.

📜 Transkript (KI-erstellt u kann daher Fehler aufweisen)

Kapitelmarken:
00:00:07 Intro
00:01:47 Sicherheitspaket: irre Befugnisse
00:08:01 Si-Paket: Super-DB, KI-Training, Echtzeit-ID, AfD
00:21:42 Mein Rant zum Sicherheitspaket
00:26:32 Neue BfDI: Intro, Sicherheitspaket, KI-VO, IP-VDS
00:33:50 BfDI: Chatkontrolle, DB-Navigator, Werbe-ID
00:39:37 Haushalt 2025 BMG, eRezept, ePA, OpenData
00:43:27 Haushalt 2025 BMBF, Digitalpakt, OER, OpenSource
00:50:42 Termine u. Div. Empfehlungen
00:54:32 Parl.Anfragen: Microsoft/Delos, Rep.-bonus, Bitcoin, Cybersec Agenda, OSS
01:00:52 Ein Wort zur Demokratie: 5 vor 1933

Weiterführende Links:

Digitalausschuss vom 25.09.2024 zum Nachschauen

Sicherheitsgesetze

Neue BfDI Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider

Haushalte BMG und BMBF

Empfehlungen:

Parlamentarische Initiativen:

Mehr von mir und Feedback von euch zu #DerADBPodcast:

„Das Märchen vom verhindernden Datenschutz“

26.09.2024 TOP 15 Umsetzung des EU-Data-Acts
“Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU: Umsetzung des EU-Data-Acts – Für eine innovative und wettbewerbsfähige Datenwirtschaft in Deutschland; Drucksache 20/12103”

Die Union beantragt schnellere und aus Verbrauchersicht schlechtere Umsetzung des EU Data Acts, der eigentlich über Zugang zu den eigenen Daten in smarten Geräten für Verbraucher mehr Freiheit bringen sollte. Dank FDP wird daraus wohl nichts, Privatsphäre wird eine Frage des Geldbeutels und Großunternehmen machen Reibach. Die Ampel schläft, bei Data Act genauso wie beim Recht auf Open Data.

Meine Rede im Wortlaut:

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleg*innen! Mit dem Data Act droht eine entgrenzte Kommerzialisierung der digitalen Welt. Denn die Daten des Internets der Dinge werden zur Handelsware. Profitieren werden aber wahrscheinlich windige Geschäftemacher und nicht, wie versprochen, Verbraucher*innen und das Gemeinwesen. Deren Interessen werden nämlich durch Klauseln beschnitten, die vor allem großen Unternehmen nützen. Das Ziel, eine faire Datennutzung im Internet der Dinge, wird so eher nicht erreicht. Und das ist eine verpasste Chance.

Ein gut gemachter Data Act brächte in der Tat mehr Freiheit für Verbraucher*innen. Wenn man zum Beispiel smarte Dinge reparieren lässt, muss man an die Daten ran, sie also transferieren können, oder auch dann, wenn man persönliche Daten von einem smarten Gerät auf ein anderes übertragen möchte, weil man mal die Marke wechseln will. Das würde Lock-in-Effekte tatsächlich reduzieren. Tatsächlich werden aber Unternehmen die Freiheit von Verbraucher*innen mit Ausreden beschränken können wie der „Wahrung von Geschäftsgeheimnissen“. Dafür hat die FDP bei Verhandlungen in Brüssel gesorgt und ist auch noch stolz darauf. Dieses Missverhältnis kritisieren wir Linke ausdrücklich.

Künftig entsteht ein wirtschaftliches Eigentum an Nutzerdaten beim Kauf von IoT-Produkten. Wie irgendeine Ware kann man die eigenen Nutzerdaten an Dritte verkaufen – auch vorab, zum Beispiel gegen einen Rabatt beim Kaufpreis. Die Privatsphäre würde also noch mehr vom Geldbeutel abhängen, und das ist völlig inakzeptabel, meine Damen und Herren. Nichts davon will der Antrag der Union verbessern. Dafür erzählt die Union wieder das Märchen vom verhindernden Datenschutz. Der verhindert aber keine Innovationen; der muss nur leider immer als Ausrede dienen, wenn wieder irgendwer irgendein Problem nicht gelöst gekriegt hat. Die Union steht für entgrenzten Datenkapitalismus auf Kosten des Gemeinwohls, der Verbraucher*innen und der kleinen Unternehmen. Kritik habe ich aber auch für die Ampel. Die Umsetzung des Data Acts wurde komplett verpennt. Wir erleben den klassischen Ampeldreiklang aus verschlepptem Gesetzentwurf, unklaren Zuständigkeiten und fehlenden Haushaltsmitteln.

Wir dürfen gespannt sein, ob und wie die Ampel den Data Act noch auf den Weg bringt und wann das Transparenzgesetz und das Recht auf Open Data kommen.
Vielen Dank.

Screenshot: Antwort der Bundesregierung auf meine Kleine Anfrage

In einer aktuellen Kleinen Anfrage an den Bund habe ich viele Fragen rund um Microsoft, die Microsoft-SAP-Cloud („Delos-Cloud“), zu Abhängigkeiten, IT-Sicherheit, zur Digitalen Souveränität und vor allem zum konkreten Lobbyismus zwischen Bundesregierung, Microsoft und SAP gestellt und erhellende Antworten erhalten. Ein derartiges Ausmaß an Lobbyismus, also an Treffen auf höchsten Ebenen zwischen der Bundesregierung und großen Tech Firmen, ist mir noch nicht begegnet – 12 Mal war sogar Kanzler Scholz dabei, über 110 Treffen gab es in nur 2,5 Jahren. Aber bevor ich Euch die Antworten des Bundes beschreibe, erst mal ein bisschen zum Hintergrund. Wer sich nur für die Neue Kleine Anfrage interessiert, springt am Besten direkt dorthin.

Monokulturen (wie Microsoft) in der IT sind ein strukturelles Risiko – und sehr teuer

Die Abhängigkeit von einigen US-Konzernen ist groß, steigt und diversifiziert sich. Das ist nicht nur teuer, sondern auch gefährlich. Monokulturen in der IT sind genauso ein strukturelles Risiko, wie Monokulturen in der Natur. Hier ein paar Fakten zur Einordnung:

  • Der laufende Rahmenvertrag des Bundes mit Microsoft hat ein Volumen von 1,3 Milliarden (!) Euro, er läuft im Mai 2025 aus
  • Neben MS Office nutzt der Bund viele weitere Dienste von Microsoft, darunter Outlook für Mails, Teams für Videokonferenzen, Co-Pilot als KI-Assistent und diverse Server und Clouddienste. Diese Abhängigkeiten verstärken sich gegenseitig! MS Office möchte Microsoft im Rahmen der Cloud-First-Strategie nur noch in der Cloud anbieten (Microsoft 365), aber es muss die Microsoft Cloud sein… Ein klassisches Beispiel für einen funktionierenden Lock-In Effekt. Verschiedene Microsoft Produkte werden stark miteinander integriert, während die Integration zu externen Diensten absichtlich begrenzt ist. Deshalb läuft das Office-Paket Microsoft 365 auch auf keiner fremden Cloud.
  • Seit Jahren steigen die Kosten des Bundes für Microsoft Lizenzen und Dienstleistungen, von 2017 bis 2023 ein Plus von 270 Prozent, rund 200 Millionen Euro flossen allein in 2023 aus dem Bundeshaushalt an das US-Unternehmen.

Bund versucht, Abhängigkeit von Microsoft zu verschleiern

  • Die Transparenz zur Abhängigkeit und ihren Kosten ist inakzeptabel schlecht. Meine Kleine Anfrage zum Stand von Open Source im Bund vom Dezember 2023 ergab nicht nur die hohen Volumen für Rahmenverträge, sondern auch, dass frühestens 2024 ein Lizenzmanagement des Bundes eingesetzt wird – der Bund weiß also gar nicht, wo er genau was für Software einsetzt.
  • Aber was bezahlt wurde, das ist bekannt und wird Jahr für Jahr von meinem MdB Kollegen, dem Haushaltspolitiker Victor Perli, abgefragt. In diesem Jahr wurden zum ersten Mal vom Bund die Antworten nach den Ausgaben für Microsoft Lizenzen als VS-NfD eingestuft, was bedeutet hätte, dass ich die o.g. Kosten von 200 Mio Euro gar nicht hätte verraten dürfen. Erst nach einer Beschwerde wurde die Einstufung aufgehoben. So ein Vorgehen ist unwürdig, beschränkt sowohl die parlamentarische Arbeit als auch die öffentliche Debatte zu einem Thema, das selbst die Ampel zu einer Priorität erklärt hat: Digitale Souveränität.

Leere Versprechen: Kaum Open Source im Bund, Milliarden für Großkonzerne

  • Im Koalitionsvertrag stand noch: „Entwicklungsaufträge für Software beauftragen wir im Regelfall als Open Source“, die im vorherigen Abschnitt verlinkte Kleine Anfrage von mir ergab jedoch einen großen Widerspruch: nur lächerliche 0,5% Dienstleistungen im Zusammenhang mit Software entfielen in der aktuellen Legislatur auf Open Source, bei einem Gesamtvolumen von mind. 3,5 Mrd €,  und für Entwicklungsaufträge hat z.B. das BMDV auch nur 0,5% seiner Gesamtausgaben von 22 Mio € für die Entwicklung von Open Source-Software beauftragt. Alle Details dazu, finden sich in meiner Berichterstattung vom Dezember 2023.
  • Daran wird sich auch nichts ändern, denn die mickrigen Budgets für Open Source wurde schon im aktuellen Haushalt gekürzt und sollen im Haushalt 2025 noch einmal kräftig zusammengestrichen werden, dazu gleich mehr. Die Ausgaben für gigantische Rahmenverträge steigen jedoch Jahr für Jahr. Oracle: 4,6 Milliarden € Rahmenvertrag, SAP: 700 Millionen Euro Rahmenvertrag, der Microsoft Rahmenvertrag wird gerade verhandelt, der aktuelle umfasst 1,2 Milliarden €.

Abhängigkeit von Microsoft – ein Risiko für IT-Sicherheit und Daten

  • Auch im Digitalausschuss befassten wir uns mit der mangelhaften IT-Sicherheit von Microsoft, insbesondere mit drei sehr großen Sicherheitsvorfällen (das war noch vor Crowdstrike) allein aus den letzten 12 Monaten. US-Berater des Präsidenten stellten fest, dass Microsoft der IT-Sicherheit zu wenig Priorität einräumt und damit selbst zum Sicherheitsrisiko wird. Dabei stellte sich heraus, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sogar Rechtswege gegen Microsoft beschreiten musste, um an sicherheitsrelevante Informationen heranzukommen, die die Nutzung von Microsoft Cloud Diensten betreffen. Der US-Kongress hat die Nutzung des Microsoft Co-Pilot wegen Sicherheitsrisiken sogar ganz verboten.
  • Der EU-Datenschutzbeauftragte kritisierte, dass die Nutzung von Microsoft 365 rechtswidrig sei und ein Bruch der Datenschutzverordnung für EU-Institutionen. Die deutsche Datenschutzkonferenz warnte in 2023: “Rein vertragliche Maßnahmen genügen in der Regel nicht, auch wenn die Datenverarbeitung regelhaft ausschließlich im Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt” (um einen Zugriff auf die Daten durch US-Behörden zu verhindern).
  • Ein von mir beauftragtes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes stellte fest: wirkliche Sicherheit gegen Zugriffe von US-Geheimdiensten auf Daten, die mit Software von US-Unternehmen oder ihren Töchtern verarbeitet werden, gäbe es nur bei einer effektiven technischen Trennung. Ob es eine solche Trennung überhaupt geben kann, z.B. weil ja irgendwie Updates von Microsoft auf die in Deutschland bei Deutschen Unternehmen gehosteten Server kommen müssen, habe ich daher auch in der vorliegenden Kleinen Anfrage erfragt.
  • Noch ist die Datenverarbeitung rechtssicher auch bei Datenübermittlung in die USA möglich – solange ein für wahrscheinlich anzunehmendes Schrems III-Urteil nicht das neueste US-EU Data Privacy Framework (Privacy Shields 2.0) kippt. Ich würde keinen Cent dagegen wetten. Unabhängig davon bestehen Risiken auch wegen des CLOUD-Acts, der Herausgabepflichten auch von ausschließlich in Europa verarbeiteten und gespeicherten Daten regelt. Solange die US-Rechtslage so bleibt, dass sie die Menschenrechte nur für US-Bürger*innen, nicht aber für EU-Bürger*innen verankert sind, bleibt klar: Sicherheit geht nur mit weniger Abhängigkeit von Microsoft.

Kl. Anfrage zu Microsoft + Delos-Cloud – wichtigste Erkenntnisse

Kanzler meets SAP CEO – 73 Lobbytreffen zwischen Bund und SAP

  • In a Nutshell: Es gab extrem viele Kontakte zwischen den höchsten Ebenen des Bundes und von SAP
  • Bei 63 Terminen seit 2022 gab es mehr als 73 Kontakte zw. Bund u SAP, davon entfielen 44 allein auf das BMI (15), Kanzleramt u Bundespresseamt (15) und BMF (14)
  • 19 Mal ging es dabei explizit um Delos Cloud – in 2024 bei 9 von 15 Terminen (60%)
  • 10 Mal war der Kanzler selbst dabei, 20 Mal Minister:innen und 13 Mal die Spitzen von Behörden, darunter 9 Mal der/die Präsident:in des BSI (Sicherheitsfragen spielten offenbar eine wichtige Rolle und das ist eine gute Nachricht), 38 Mal waren Staatssekretär:innen präsent
  • auch auf Seiten SAP nahmen 51 Mal höchste Führungsebenen teil – CEO/ Vorstandsmitglieder/ Geschäftsleitung/ Vicepresident/ Senior Vice President beteiligt, darunter 3 mal der CEO der Delos Cloud GmbH, und erstaunliche 20 Mal der SAP CEO selbst. Man erkennt, es geht um viel Geschäft.

Massiver Lobbyismus: 50 Treffen zwischen Bund und Microsoft

  • Hoher Lobbydruck und sehr enge Beziehungen gibt es auch zwischen Microsoft und Bund 
  • Mehr als 50 Mal trafen in den letzten 2,5 Jahren höchste Ebenen des Bundes mit höchsten Ebenen von Microsoft zusammen
  • 23 Mal ging es dabei um das Thema Cloud, in 2023 war das bei mehr als der Hälfte aller Termine der Fall. 
  • Über 60 Mal war dabei höheres Management von Microsoft vertreten – vom General Manager über Senior Vice Präsidenten oder den CEO Global und die Deutschlandchefin von Microsoft (16 Mal). 
  • Fast 70 Mal schüttelten die Unternehmensvertreter:innen die Hände hoher Bundesbeamter, von Staatsekretär:innen (10), den Spitzen von Bundesbehörden (19), von Minister:innen  (18) oder die des Kanzlers (2 Mal). 9 Mal war Robert Habeck dabei. 

Kanzler und BMI lobbyieren massiv für Delos-Cloud

  • Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage: Kanzler Scholz machte am 20.6.24 die Delos Cloud bei der Ministerpräsidentenkonferenz zum Thema. Das ist schon erstaunlich, denn bisher interessierte sich Scholz nullkommanix für digitale Themen.
  • Außerdem: Die direkt danach und ultrakurzfristig für den 27.6.24 anberaumte Sondersitzung des ITPlanungsrates war eindeutig eine Folge dieser MPK (Frage 9) und es ging dabei nur um die Delos Cloud. Dort wurde ein Beschluss diskutiert, in dem das “gemeinsame Interesse” und der “Mehrwert einer gemeinsamen Nutzung” der Delos-Cloud festgehalten werden sollte. Ein solches “gemeinsames Interesse” sei relevant für Investitionsentscheidungen von Seiten Microsoft, Delos und der Delos-Eigentümerin SAP. Der Bund denkt also weniger an IT-Sicherheit oder effiziente Steuermittelverwendung oder an sein Versprechen, vor allem Open Source einzusetzen, sondern macht sich vor allem um die Profitabilität von SAP und Microsoft Gedanken. Der Kanzler und das BMI machen sich damit zum langen Arm des Vertriebes großer IT-Unternehmen.
  • Kurz vor der MPK beehrte Kanzler Scholz übrigens den Gründer von SAP Hasso Plattner bei dessen Abschiedsfeier…Honni soit, qui mal y pense (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt?). 

Kein Schritt in Richtung digitale Souveränität – im Gegenteil!

  • Bisher hat die Bundesregierung keinerlei Zusicherung von Microsoft, dass weiterhin On-Premise Lösungen für die Bundesverwaltung angeboten werden können  (Frage 6)
  • Im Gegenteil: die Ampel geht selbst davon aus, dass sich die angekündigte “Cloud-first-Strategie” von Microsoft auch konkret auf die bisher On-Premise genutzten Lösungen in der Bundesverwaltung bezieht (siehe Vorbemerkungen der Bundesregierung in ihrer Antwort)
  • Trotzdem werden die Abhängigkeiten geleugnet und das Erpresserpotenzial heruntergespielt, z.B. schreibt die Bundesregierung einerseits, ihr Interesse an der Delos Cloud hätte nichts mit Abhängigkeiten von Microsoft zu tun (Frage 12) und erklärt andererseits, dass die geplante Weiterentwicklung des IT-Arbeitsplatzes (mit Microsoft Exchange) eine Anbindung an die Microsoft Cloud (Azure) erforderlich mache (Frage 6).  
  • Abhängigkeiten zu US-Konzernen und IT-Sicherheitsrisiken hat die Ampel offenbar generell nicht hinreichend im Blick: Erst vor kurzem zeigte eine Kleine Anfrage von mir auf, dass der Bund extrem abhängig vom US-Konzern Broadcom ist, weil deren Produkt „VMware“ in der IT des Bundes mit heftigem Lock-In-Effekt verankert ist und Open Source-Alternativen nicht forciert wurden.

Bund weiß nicht, ob Delos-Cloud sicher und rechtskonform ist

  • Klipp und klar steht in der Antwort der Bundesregierung, dass noch völlig offen ist, ob die Delos Cloud sicher und rechtskonform verwendbar ist
  • Denn das wird immer noch geprüft (Frage 8a/b; 16), der Ausgang dieser Prüfung sei “offen”. Interessant ist dabei, dass bereits im Juni 2024 ein neuer Rahmenvertrag mit SAP geschlossen wurde, dessen Volumen mit 700 Mio € dreimal so hoch ist wie der Vorgänger-Rahmenvertrag, der auch Cloud Lösungen umfasst.
  • Die Open Source Business Alliance hatte in einem offenen Brief vor den Risiken der Delos-Cloud gewarnt und auf datenschutzrechtliche, vergaberechtliche, sicherheitstechnische, und strategische Risiken hingewiesen. Der Bund erklärt nun auf Nachfrage, dass man diese Bedenken zwar teile, aber dass sie nicht zu einer Infragestellung der Delos-Cloud führen würden. Auch da gibt es unauflösbare Widersprüche, denn der Bund teilt gleichzeitig mit, dass eine Nutzung der Microsoft Cloud vom positiven Ergebnis des laufenden “Prüfauftrages” des IT-Rats abhängig sei, der die Themen Informationssicherheit, Datenschutz und Geheimschutz hoch priorisiere. Der Widerspruch löst sich nur dann auf, wenn das Ergebnis des Prüfauftrages bereits vorab feststeht und die Bedenken ausräumt.

Abgeschottete Cloud? Nope! Direkte Netzverbindung zu Microsoft bestätigt!

  • Das Hauptargument für die Delos-Cloud ist bisher, dass sie die Microsoft Azure Cloud in Deutschland und im Rechenzentrum eines deutschen Unternehmens, der 100%igen SAP Tochter Delos Cloud GmbH betreibt und damit die technische Trennung vor einem Zugriff von US-Geheimdiensten auf deutsche Daten schützt. Laut Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages ist nur eine echte technische Barriere gegen jeden Zugriff von US-Behörden über zur Kooperation verpflichtete US-Unternehmen wirklich sicher. Nun gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort zu: eine direkte Netzverbindung zwischen der Delos-Cloud und Microsoft ist zwingend erforderlich (Frage 14a), weil regelmäßig Updates eingespielt werden müssen! Und das hat natürlich Auswirkungen auf die Sicherheit, denn so ist nie ganz überprüfbar, was an Updates von Microsoft eingespielt wirdAuch die Sicherheit dieser Verbindung untersucht übrigens das “Prüfungsprojekt des Bundes”. 
  • Sicherheit spielte offensichtlich bei vielen hochrangigen Gesprächen eine wichtige Rolle, das zeigt auch, dass 20 Mal der Präsident bzw. die Präsidentin des BSI bei Gesprächen mit Führungskräften von Microsoft (11 Mal) und SAP (9 Mal) dabei war. Dabei ging es jedoch auch um andere Sicherheitsprobleme bei Microsoft. 
  • Funfact: die Bundesregierung erklärte auch, die No-Spy-Klausel gäbe es nur für “Gewährleistungsansprüche im Schadensfall”, deshalb unterschreiben diese zwar alle Vertragspartner, aber überprüft wird da nix (Frage 18c).
  • Damit bleiben US-gesetzliche Herausgabepflichten von Kundendaten, über deren mögliche praktische Anwendung die die US-Unternehmen übrigens schweigen und im Ernstfall sogar lügen müssen, ein reales Risiko, z.B. könnten über Updates Hintertüren eingebaut werden.

Bund hofft auf Einsparungen, kommen werden höhere Kosten

  • Es ist geradezu putzig. Die Bundesregierung gibt Jahr für Jahr mehr Geld aus für Microsoft Lizenzen und hofft nun, durch die Nutzung ZUSÄTZLICHER Produkte von Microsoft (nämlich die Azure Cloud, verwendet von SAP) künftig Geld einsparen zu können (Frage 11). Damit ignoriert sie außerdem die erwartbaren Mehrkosten, denn Kostensteigerung durch Mietmodelle u lock-in-Effekte sind häufig. 
  • Gleichzeitig legt die Bundesregierung einen unfassbaren Anti-Souveränitäts Haushalt 2025 vor und kürzt bei allem, was für Alternativen zu Microsoft wichtig wäre: z.B. beim Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) und der FITKO. Die Mittel für das ZenDiS wurden von 2023 auf 2024 bereits von etwa 50 Millionen auf weniger als 25 Millionen € gekürzt. In 2025 soll das ZenDiS nur noch 2,7 Mio € enthalten (Haushaltsentwurf 2025) – das ist eine Kürzung um fast 90%. Das ZenDiS soll übrigens die Alternative zu Microsoft Office entwickeln, die OpenDesk heißt, und neben klassischer Office Software auch Open Source Varianten für Videokonferenzen, Mail, Cloudspeicher und Messenger enthält. OpenDesk sollte ab 2025 „breitflächig“ im Bund ausgerollt werden. Das wird wohl kaum möglich sein mit einem solchen Budget. Wir erinnern uns: in 2025 läuft auch der Microsoft Rahmenvertrag aus und wird erneuert, dann aber vermutlich in Verbindung mit der Delos-Cloud, weil es nur noch die Cloud-Variante geben wird. Open Source würgt man finanziell ab, damit Großkonzerne noch mehr Geschäft machen können und die Abhängigkeiten weiter steigen.
  • Wirklich Geld sparen könnte der Bund, wenn endlich ordentlich in Open Source Alternativen investiert würde, denn damit gäbe es ein echtes Ausstiegsszenario aus der extremen Abhängigkeit von Microsoft, die den Bund jährlich hunderte von Millionen Euro kostet.

Delos-Cloud konterkariert deutsche Verwaltungscloudstrategie

  • Im Koalitionsvertrag steht wörtlich: “Auf Basis einer Multi-Cloud Strategie und offener Schnittstellen sowie strenger Sicherheits- und Transparenzvorgaben bauen wir eine Cloud der öffentlichen Verwaltung auf.” Meine Frage nach Widersprüchen zwischen den Transparenzvorgaben der Verwaltungscloudstrategie (DVS) und einer Microsoft-basierten Delos-Cloud, beantwortete die Bundesregierung inhaltlich überhaupt nicht (Frage 8d). Stattdessen behauptete sie einfach, man setze die Verwaltungscloudstrategie um.
  • Dazu kann ich nur feststellen: Wer derart massiv für eine “gemeinsame” Nutzung der Delos (=Microsoft) Cloud wirbt, setzt keineswegs eine Multicloud-Strategie um. Außerdem entspricht das nicht dem erklärten Vorrang für eine Open Source Cloud, der explizit in der Deutschen Verwaltungscloudstrategie formuliert ist.
  • Völlig irre finde ich die Antwort der Bundesregierung auf meine Frage, ob die Delos Cloud der grundsätzlichen Beauftragung von Entwicklungsaufträgen als Open Source Software nicht widerspricht. Sie verweist nämlich nur auf den rein theoretischen Vorrang von Open Source im neuen eGovernment Gesetz, weicht also eigentlich nur aus. Ganz praktisch ist die Delos Cloud genau null Open Source und ganz praktisch werden nur 0,5 Prozent der Software Entwicklungsaufträge des Bundes als OSS beauftragt (siehe meine Kleine Anfrage 20/9417). Man könnte auch argumentieren, Delos sei letztlich ein Produkt von SAP und deshalb kein Software-Entwicklungsauftrag der Verwaltung, aber die Delos-Cloud wird extra für den Einsatz in der öffentlichen Verwaltung entwickelt und insbesondere für den Bund, aber Open Source hat vermutlich trotzdem bei all den zig Lobbyterminen mit SAP und Microsoft niemand aus der Bundesregierung je angesprochen und gefordert. Der Bund hat schlicht keinen Bock auf Open Source.

Durchblick? Lizenzmanagement Tool kommt erst noch

  • Teil des Problems ist, dass nicht mal der Bund selbst weiß, welche Software Lizenzen er besitzt und/oder welche davon die Behörden nutzen. Ich habe seit Jahren immer wieder nachgefragt, auch in dieser Kleinen Anfrage. Und siehe da, endlich wird ein Software Lizenzmanagement Tool des Bundes ausgerollt, aber erst jetzt und erst mal nur für vier Behörden.
  • Bis Ende 2024 kommt das Lizenzmanagement für zwei Ministerien und zwei Bundesbehörden (Bundesarchiv und Eisenbahnbundesamt), Mitte 2025 sollen fünf, bis Ende 2025 drei weitere Behörden dazukommen, darunter drei Ministerien. Ob es danach weiter geht, hängt laut Antwort der Bundesregierung „von der Haushaltslage“ ab. Das läßt nichts Gutes ahnen.
  • Transparenz ist elementar für gute Staatsführung, nach innen und nach außen, sie muss deutlich höhere Priorität genießen! 

Das war meine Analyse der Kleinen Anfrage, nachfolgend gibts noch Pressestatements von mir dazu und darunter – ganz am Ende – gibts die Links zu den Antwort Dokumenten der Bundesregierung und weitere interessante Quellen.

Meine Pressestatements zur Kleinen Anfrage Microsoft / Delos-Cloud

Zusammenfassend:

„Die extreme Kontaktdichte zwischen hochrangigen Regierungsvertreter:innen und höchsten Repräsentant:innen von SAP und Microsoft in den letzten zwei Jahren wirft Fragen auf und ein schlechtes Licht auf die Bundesregierung, denn obwohl sie zugibt, dass es noch jede Menge offener Fragen zur sicheren Verwendung der Microsoft Cloud unter dem Dach der SAP-Tochter Delos gibt, wurde bereits im Juni ein aufgeblähter Rahmenvertrag mit SAP für ihren Einkauf abgeschlossen, und machte Kanzler Scholz auf der MPK und Nancy Faesers Staatssekretär auf einer Sondersitzung des IT-Planungsrates Werbung für die Delos Cloud bei den Bundesländern. 

So stärkt die Bundesregierung die von ihr immer wieder wortreich angestrebte Digitale Souveränität Deutschlands nicht, sie wird im Gegenteil drastisch geschwächt. Denn wenn das Buddy-System des Dreigestirns aus Bundesregierung und dem Topmanagements bei SAP und Microsoft dazu führt, dass die auf Open Source setzende Deutsche Verwaltungscloud Strategie munter ignoriert und eine Microsoft Cloud im Delos Mantel zur Haupt-Cloud staatlicher Stellen werden kann, führt das direkt zu noch mehr Abhängigkeiten von Microsofts proprietärer Software. 

Derart extreme Abhängigkeiten sind auch mit extremen Risiken verbunden: mit Erpressbarkeit bei steigenden Preisen, unkalkulierbaren Sicherheitsrisiken und noch weiter eingeschränkter Flexibilität, weil das Microsoft Universum faktisch zementiert und ständig erweitert werden wird und Open Source Alternativen künftig noch weniger integrierbar sind. Mit einer Umsetzung des Koalitionsvertrags oder der Digitalstrategie hat diese Entwicklung wenig zu tun. Das ist kurzsichtig und gefährdet die Souveränität der IT in Bund und Ländern.“  

Zum Lobbyismus:

„Ich kann mich aus meinen sieben Jahren im Bundestag an keine einzige Abfrage zu Lobbytreffen zwischen Bund und Vertreter:innen der Wirtschaft erinnern, bei der eine derart hohe Zahl bilateraler Treffen auf derart hohem hierarchischen Level stattgefunden hat, wie zwischen dem Bund und den Unternehmen SAP und Microsoft in den letzten ca. 2,5 Jahren. Da geht ein Bundeskanzler 10 Mal zu SAP und Minister Robert Habeck neun Mal zu Microsoft, ingesamt waren 38 Mal Minister:innen und 48 Mal Staatssekretär:innen bei 113 Terminen mit SAP oder Microsoft dabei. Über 60 Mal waren höchste Management Ebenen von Microsoft präsent, über 50 Mal die von SAP, allein der CEO von SAP war 20 Mal zugegen, die Deutschland Chefin von Microsoft 16 Mal. 

Bei 33 Treffen ging es dabei explizit um Cloud Dienste. Wie viele Treffen hat es wohl gegeben, mit Anbietern von wirklich souveränen Cloud Lösungen, die auf Open Source basieren? Wie neutral wird eine Entscheidung mit langfristigen Folgen, sowohl für die künftige IT-Architektur als auch für Kosten, Flexibilität und Integrationsfähigkeit getroffen werden können, wenn es so viele Lobbytermine mit den Anbietern einer ganz bestimmten Lösung gibt, zu denen bereits extrem hohe Abhängigkeiten bestehen? Es liegt doch nahe, dass bei derart geballter Firmenrepräsentanz, wo vom Global CEO bis zu General Managern und Senior Vice Presidents alles aufgefahren wird, was an hierarchischer Prominenz aufzubieten ist, mit vielen Topjurist:innen und Marketing Expert:innen jeder Kritik der Wind aus den Segeln genommen und mit vielen blumigen Erklärungen das Blaue vom Himmel herunter versprochen wird – ohne dass es hinreichend Gelegenheiten gibt, Gegenargumente auf den Tisch zu legen. 

Und so sah sich auch die Open Source Business Alliance genötigt, einen offenen Brief an die Bundesregierung zu schreiben. Denn für Unternehmen, die Alternativen zu proprietärer Software in Deutschland entwickeln, auch im Bereich Cloud Dienste, haben Kanzler, Minister, Behördenleitungen und ihr Gefolge aus Staatsekretär:innen keine auch nur ansatzweise vergleichbare Aufmerksamkeit übrig. So bleibt die Bevorzugung von Open Source durch den Bund eine Sprechblase der Ampel-Regierung, die nicht nur im Koalitionsvertrag, sondern auch in der Verwaltungscloudstrategiesteht, aber in der Realität weiterhin nicht stattfindet.“ 

Zum Mangel an digitaler Souveränität:

“Nicht müde wird die Bundesregierung, auf die Notwendigkeit einer digitalen Souveränität hinzuweisen, denn Abhängigkeiten sind gefährlich und einseitige Abhängigkeiten sind es doppelt. Da ist eine IT-Landschaft durchaus vergleichbar einem Ökosystem in der Natur, bei dem Monokulturen erheblich anfälliger sind als ein Ökosystem, in dem mehr Vielfalt herrscht. 

Die flächendeckende Abhängigkeit des Bundes von Microsoft wurde häufig kritisiert, wächst aber weiter an, sie diversifiziert sich und umfasst längst nicht mehr nur klassische Office-Anwendungen, sondern u.a. auch Maildienste (Outlook), Videokonferenzsysteme (Teams), KI-Dienste (Co-Pilot), Serversoftware oder Cloud-Dienste. Abhängigkeiten von einem Produkt bedingen häufig neue Abhängigkeiten, so verfolgt Microsoft eine Cloud First Strategie und will auch Office Anwendungen künftig nur noch in der Cloud anbieten, aber nicht in irgendeiner Cloud, sondern in der Microsoft Cloud. 

Seit Jahren wird vor den Konsequenzen gewarnt, nicht nur vom Rechnungshof, der die stetig steigenden Lizenzausgaben kritisiert. In 2023 floss schon jeder sechste Bundes-Euro, der für Software Lizenzen und Services ausgegeben wurde, an Microsoft – mehr als 200 Millionen Euro. Transparenz zum Grad der Abhängigkeit von Microsoft gibt es nicht, sie ist auch nicht erwünscht, denn erstmalig versuchte in diesem Jahr die Bundesregierung, ihre Antwort auf die jährliche Abfrage der Lizenzausgaben durch meinen MdB Kollegen Viktor Perli als VS-NfD einstufen zu lassen, damit sie in der öffentlichen Debatte nicht verwendet werden kann, was nur eine formelle Beschwerde verhinderte. Nicht einmal im Bund gibt es hinreichend Transparenz, denn ein flächendeckendes, verbindliches Lizenzmanagement gibt es nicht. Erst im Laufe des Jahres sollen die allerersten Bundesbehörden ein Software-Lizenzmanagement Tool nutzen können, es befindet sich noch im Roll-out. 

Wie viel, oder besser wie wenig Open Source Software eine Rolle spielt, hat daher auch erst eine Kleine Anfrage von mir ans Licht gebracht. Während im Koalitionsvertrag noch versprochen wurde, dass “im Regelfall” Softwareentwicklungen als Open Source beauftragt werden, kam heraus, dass in den ersten beiden Jahren der Ampelregierung nur lächerliche 0,5 Prozent der 3,5 Milliarden Ausgaben für IT-Dienstleistungen im Zusammenhang mit Software auf Open Source Software entfielen und ausgerechnet das Digitalministerium von 22 Mio € Kosten für Softwareentwicklungen ebenfalls nur 0,5 Prozent davon für Open Source ausgab. Der Regelfall ist nicht offene Software, sondern proprietäre, da hat sich mit der Fortschrittskoalition jenseits der Rhetorik leider absolut nichts geändert.” 

Zu fehlgelenkten Haushaltsmitteln: 

“Mit dem anstehenden großen ‘Gang in die Cloud’ könnten viele Karten neu gemischt werden, aber nicht beim Bund, der bleibt lieber beim Alten, also bei Microsoft. Wie ernst das Gerede von der digitalen Souveränität wirklich gemeint ist, merkt man spätestens am Geld, und das fließt sehr einseitig. Auch Investitionen in Alternativen wie den Open Source Arbeitsplatz des Bundes, OpenDesk, werden zwar sogar international angepriesen, aber trotzdem finanziell ausgebremst. 

Haushaltsmittel sollen steuernd wirken, das tun sie auch bei diesem Thema, nur leider in die falsche Richtung. Auch derHaushaltsentwurf für 2025 ist ein Verrat an der digitalen Souveränität, denn alles was das Potenzial hatte, die Unabhängigkeit der Bundes-IT von proprietären SoftwareW-Anbietern zu verringern, bekam besonders empfindlich Christian Lindners Rotstift zu spüren. Am krassestens trifft es das Zentrum für digitale Souveränität selbst, das unter anderem.a. OpenDesk weiterentwickeln soll, dessen ohnehin unzulänglichen Mittel von gut 20 Millionen Euro in 2024 auf künftig nur noch 2,7 Millionen schrumpfen sollen. Vielleicht hat deshalb der ZenDiS Geschäftsführer hingeschmissen. Wer kann schon mit so einem eklatanten Widerspruch von Anspruch und Wirklichkeit sinnvoll arbeiten. Auch der FITKO sollen die Haushaltsmittel von 43 Mio auf knapp 10 Mio gekürzt werden, obwohl die FITKO eine wesentliche Rolle bei der digitalen Souveränität spielt, Standards entwickeln und pflegen und für den dauerhaften Betrieb der deutschen Verwaltungscloud zuständig sein soll. Mehr Verachtung kann man dem Thema Open Source und Digitale Souveränität kaum entgegenbringen.”

Zur Sicherheit der Delos Cloud:

“Das jahrelange und ungewöhnlich intensive Engagement der Bundesregierung für eine Bundes-Cloud auf Basis von Microsoft Technologie erstaunt insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass es bis heute keine abgeschlossene Prüfung der Delos Cloud gibt, die ihre Unbedenklichkeit vor allem hinsichtlich der Informationssicherheit, des Datenschutzes und des Geheimschutzes feststellt. Die Prüfungen laufen immer noch, wie lange weiß man nicht, ihr Ausgang soll laut Bundesregierung offen und der Einsatz der Delos Cloud davon abhängig sein. Aber wie offen ist diese Prüfung wirklich, wenn der gerade erst im Juni abgeschlossene Rahmenvertrag mit SAP plötzlich dreimal so viel Volumen  – ca. 700 Mio Euro – wie sein Vorgängervertrag umfasst, aber dafür die Delos-Cloud mit abdeckt? An Zufälle glaube ich da nicht und die Bundesregierung gibt ja auch in ihrer Antwort selbst zu, dass die Kritik der OSBA, die auf die gerade in Prüfung befindlichen Sicherheitsrisiken hinwies, nicht zu einer Infragestellung der Delos Cloud führen würde. Immerhin nimmt das BSI das Thema ernst und zwar auf höchster Ebene, 20 Mal waren der Präsident des BSI und seine Nachfolgerin Claudia Plattner bei Terminen mit Microsoft und SAP dabei. 

Brisant ist jedoch, dass die Bundesregierung zugeben musste, dass die Microsoft Azure Technologie keineswegs quasi abgeschottet in Rechenzentren der SAP Tochter Delos laufen kann, was eine technische Barriere sein sollte, um Datenabflüsse Richtung US-Geheimdienste zu verhindern, denn US-Gesetze können US-Firmen weiterhin zum heimlichen Ausspähen von Daten ihrer Kunden zwingen. Nun bestätigte die Bundesregierung: Auch wenn die Azure Cloud im Rechenzentrum von Delos läuft, müssen die dortigen Server über eine Netzwerkverbindung mit den Servern von Microsoft direkt verbunden sein, denn anders lassen sich die notwendigen Updates gar nicht einspielen. 

Aber wo es derartige Verbindungen mit Software Updates gibt, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass aus der Ferne absichtlich Sicherheitslücken als Hintertüren eingebaut werden. Auf das Ergebnis der andauernden Sicherheitsprüfung und die darin verwendeten Argumente bin ich daher sehr gespannt. 

Aus meiner Sicht sollte man als Regierung eines europäischen Landes auf die Abhängigkeit von US-Konzernen komplett verzichten, das schaffen schließlich auch andere Mitgliedsstaaten der EU. Was es dafür braucht, ist eine umfassende Exit-Strategie, eine Priorisierung und ausreichende Förderung bereits verfügbarer Alternativen und vor allem eins: ‘Walk the Talk!’ – Also eine Bundesregierung, die ihre Versprechen und Vorgaben von Koalitionsvertrag bis zur Verwaltungscloud-Strategie endlich umsetzt und einhält.”

Links und Anlagen

  • Antwort der Bundesregierung: Hauptdokument LINK
  • Antwort der Bundesregierung Anlage 1 (Lobbytreffen mit SAP) LINK
  • Antwort der Bundesregierung Anlage 2 (Lobbytreffen mit Microsoft) LINK
  • Kleine Anfrage Open Source vom Dezember 2023 LINK zum Pressestatement
  • Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste zur Sicherheit vor US-Zugriffen auf in DE gehostete Daten LINK
  • Diverse Tabellen mit Auswertungen der Lobbytreffen LINK

Meine Frage:

„Wofür konkret wurden oder werden die 1,5 Mio. Euro Haushaltsmittel aus dem Titel 892 07-332 (Gesamtvolumen 4,5 Mio. Euro) in 2024 verausgabt, die nach Finanzierung der geplanten und bisher nicht veröffentlichten Förderrichtlinie im Umfang von 3 Mio. Euro zur Förderung von Reparaturinitiativen verfügbar sind (bitte jede Ausgabe beschreiben hinsichtlich Summe, Empfänger und Zweck), und welche konkreten Ausgaben wurden oder werden noch aus dem Haushalt 2024, Titel 686 03-332 “Förderung der Entwicklung Digitaler Lösungen für den Umweltschutz (Gesamtvolumen 2 Mio. Euro) verausgabt (bitte jede Ausgabe beschreiben hinsichtlich Summe, Empfänger und Zweck)?“

Antwort der Bundesregierung vom 06.09.2024:

„Zusätzlich zu den in der Frage genannten Förderungen befindet sich eine begleitende Maßnahme zu dem geplanten Reparaturförderprogramm in Vorbereitung, mit dem Zweck der Information und Sensibilisierung zum Thema Reparatur, um ein stärkeres Bewusstsein für eine vermehrte Reparatur von Produkten zu schaffen. Diese wird finanziert mit Haushaltsmitteln aus dem Kapitel 1601 Titel 892 07 und soll eine Laufzeit von drei Jahren haben. Die Summe im Jahr 2024 und der Empfänger können daher derzeit noch nicht benannt werden.

Aus dem Kapitel 1601 Titel 686 03 werden verschiedene Vorhaben/Projekte zur Förderung der Entwicklung digitaler Lösungen für den Umweltschutz finanziert. Für das Jahr 2024 sind (einschließlich Ausgabereste) folgende Ausgaben vorgesehen bzw. verausgabt worden:


1. Mobilwandel 2035:
Zweck: Beim Förderprogramm Mobilwandel 2035 geht es um die Unterstützung von innovativen Konzepten für eine Mobilität der Zukunft. Im Mittelpunkt stehen dabei Ansätze für eine umweltfreundliche Mobilität, die zu mehr Lebensqualität in Stadt und Land führen sollen. Einen Schwerpunkt bilden Maßnahmen mit Bezug zur Digitalisierung. Es werden im Jahr fünf Vorhaben mit 13 Zuwendungsempfangenden gefördert. Die ZUG gGmbH ist die zuständige Projektträgerin und empfängt Mittel zur Administrierung des Förderprogramms.


Empfänger:
Uni Kassel
ISME GmbH

Stadt Schwerin
Nahverkehr Schwerin GmbH
Uni Stuttgart
Storebox Dtl. GmbH
Fraunhofer Gesellschaft
Uni Stuttgart (anderes Vorhaben)
Uni Mannheim
EXXETA AG
Stadt Bredstedt
Stadt Burgwedel
TU Dortmund
ZUG gGmbH
Summe: 2.419.406 Euro

2. Community Nachhaltige Digitalisierung
Zweck: Aufbau und Ausbau der Community Nachhaltige Digitalisierung zur Förderung eines Netzwerkes des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz im Bereich nachhaltige Digitalisierung (Erarbeitung von Publikationen, Workshops, Leitfaden zu Green Coding, Netzwerktreffen, Konferenz, Kontaktvermittlungen)

Empfänger: msg Systems AG
Summe: 493.931,66 Euro

3. Digitale Lösungen für den nachhaltigen Konsum in der Kreislaufwirtschaft:
Zweck: Entwicklung eines Zielbildes und eines Umsetzungsplans für digitale Lösungen für den nachhaltigen Konsum in der Kreislaufwirtschaft unter Einbeziehung eines Stakeholderdialogs

Empfänger: Ecologic Institut gGmbH (Unterauftragnehmer: IZT, GFA)
Summe: 200.000 Euro

4. Jahreskonferenz Community nachhaltige Digitalisierung

Zweck: Jahreskonferenz der Community Nachhaltige Digitalisierung; finanziert wird das Catering
Empfänger: Herr Ribisel Catering GmbH
Summe: 5.973,21 Euro“

Antwort der Bundesregierung in Original (geschwärzt):

Meine Frage:

„Berücksichtigt der kürzlich zwischen dem Beschaffungsamt des BMI und dem Unternehmen SAP geschlossene Rahmenvertrag im Volumen von knapp 700 Mio. Euro zu SAP Produkten und Dienstleistungen (siehe zum Beispiel https://news.sap.com/germany/2024/06/neue-rahmenvereinbarung-sap-digitalisierungbundesverwaltung/) ökologische Nachhaltigkeitsaspekte, zum Beispiel für die Energieeffizienz von Software oder von Cloud Dienstleistungen (siehe Leitfaden zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung von Software in der Fassung von 2023: www.umweltbundes-amt.de/publikationen/leitfaden-zur-umweltfreundlichenoeffentlichen-21 sowie die Vorgaben des Blauen Engels für ressourcen- und energieeffiziente Softwareprodukte (DE-UZ 215) https://produktinfo.blauer-engel.de/uploads/criteriafile/de/DE-UZ%20215-202001-de%20Kriterien-V4.pdf), und wenn ja, in welcher Weise, und wenn nein, wie begründet die Bundesregierung diese Abweichung von den Leitfäden und ihrem öffentlichen Commitment zur Nutzung nachhaltigerer IT im Bund, wie im Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP und in der Digitalstrategie festgehalten?“

Antwort der Bundesregierung vom 04.09.2024:

„Die Frage bezieht sich auf die Rahmenvereinbarung 21884 „Überlassung und Pflege von SAP-Software und die Bereitstellung von SAP Cloud-Services sowie Dienstleistungen“. Dabei handelt es sich um eine herstellerfestgelegte Ausschreibung, die explizit den genannten Leistungsgegenstand zum Inhalt hatte. Die in der Rahmenvereinbarung abgeschlossenen Leistungen werden von verschiedenen Behörden, darunter auch Behörden des Zivil- und Katastrophenschutzes, Sicherheitsbehörden, Infrastrukturdienstleistern benötigt, und sind für die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes der einzelnen Behörden notwendig. Die wesentlichen Bestandteile der Rahmenvereinbarung werden nur von SAP angeboten.

Die Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit konnten daher nur eingeschränkt berücksichtigt werden. Die Thematik Nachhaltigkeit wurde im Rahmen der Verhandlungen zwar besprochen. Gütezeichen konnten allerdings nur insoweit berücksichtig werden, wie sie die Produkte der Firma SAP AG ohnehin schon umfassen. Eine Auszeichnung des Blauen Engels von SAP Produkten bestand zum Zeitpunkt der Rahmenvereinbarung nicht. Bedarfsträgern und Bedarfsträgerinnen können durch ihre Abrufe aus der Rahmenvereinbarung die Nachhaltigkeit allerdings im Einzelfall fördern, indem sie z. B. IT-Dienstleistungen nachhaltig per Fernzugriff abrufen, statt einem Vor-Ort Service.“

Antwortschreiben im Original (geschwärzt):

Meine erste Frage:
„Wie viele KI-Anwendungen setzt die Bundesregierung und ihre nachgeordneten Behörden insgesamt ein, die in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Gruppe der Linken auf Bundestagsdrucksache 20/12191 mit Verweis auf eine mögliche Staatswohlgefährdung nicht genannt wurden, auch nicht in eingestufter Form (bitte je Behörde die Anzahl der KI-Anwendungen nennen, da ihre bloße Anzahl nach meiner Auffassung keinerlei staatswohlgefährdende Information darstellt), und ab wann plant die Bundesregierung die Verfügbarkeit und damit Nutzung eines öffentlichen KI-Registers (mindestens) für die KI-Anwendungen des Bundes, wie sie in der oben genannten Antwort der Bundesregierung zu Frage 14 der Kleinen Anfrage erwähnt wurde?“


Antwort der Bundesregierung vom 03.09.2024:

„Die Behörden, die Gegenstand der Frage sind, setzen unter anderem auch KI-Anwendungen ein. Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Gruppe DIE LINKE auf BT-Drs. 20/12191 verwiesen. Die Verfügbarkeit des in der Kleinen Anfrage genannten Marktplatzes der KI-Möglichkeiten ist derzeit im Herbst 2024 beabsichtigt.“

Meine zweite Frage:

„Wie grenzen sich die Angaben zu Haushaltsmitteln und Kosten in den Tabellen Anlage 1e (zu Frage 4; Kosten für KI-Anwendungen im Bund), Anlage 2 (zu Frage 6; Forschungsvorhaben, Pilotprojekte, Reallabore mit Beteiligung des Bundes, oder initiiert bzw. unterstützt vom Bund), Anlage 3 (zu Frage 8; bisher bewilligte und gebundene Mittel im Rahmen der KI-Strategie und ihre Verteilung auf Förderprogramme und Haushaltsmittel) sowie Anlage 3a (zu Frage 9; weitere Mittel außerhalb der KI-Strategie für die Förderung und den Einsatz von KI nach Förderprogrammen und Haushaltstiteln) in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Gruppe der Linken auf Bundestagsdrucksache 20/12191 voneinander ab, und ggf. welche Überschneidungen von Angaben treten dabei konkret auf?“


Antwort der Bundesregierung vom 03.09.2024:

„Die Anlagen 1e, 2, 3 und 3a wurden separat erstellt. Die einzelnen Parameter wurden gezielt entsprechend den Fragen 4, 6, 8 und 9 der Kleinen Anfrage der Gruppe der Linken (Bundestagsdrucksache 20/11648) abgefragt, sodass die Anlagen getrennt voneinander zu betrachten sind.

Anlage 1e (zu Frage 4) beschreibt die Kosten für KI-Anwendungen, die innerhalb der Bundesregierung eingesetzt werden. Anlage 2 (zu Frage 6) stellt Forschungsvorhaben, Pilotprojekte sowie Reallabore mit Beteiligung des Bundes dar. Hierbei handelt es sich im Gegensatz zu Anlage 1e um Förderung für externe Projekte. Anlage 3 (zu Frage 8) beschreibt bisher bewilligte und gebundene Mittel im Rahmen der KI-Strategie und ihre Verteilung auf externe Förderprogramme und Haushaltsmittel. Diese adressieren das breite Spektrum der Ziele der KI-Strategie; der Fokus liegt damit nicht notwendigerweise auf der Entwicklung konkreter KI-Anwendungen. Davon abzugrenzen sind die Finanzmittel für Fördermaßnahmen in Anlage 3a (zu Frage 9), bei denen es sich um andere Mittel handelt, die nicht auf die KI-Strategie einzahlen.

Von maßgeblichen Überschneidungen in den Finanzmitteln wird nicht ausgegangen.“

Antwortschreiben im Original:

In einer Kleinen Anfrage der Gruppe die LINKE rund um das Thema Reparaturförderung erteilt sich die Bundesregierung selbst ein Armutszeugnis und bleibt meilenweit hinter ihren Ankündigungen zurück. Reparaturgesetz oder Förderung von Reparaturinitiativen – nichts davon ist umgesetzt, zum Reparaturbonus gibt es nicht einmal Informationen.

Die Antwort der Bundesregierung im Wortlaut sowie eine genaue Analyse mit zusätzlichen Hintergrundinformationen finden sich am Ende dieses Dokuments.

Zur Antwort der Bundesregierung nimmt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag wie folgt Stellung:

Zusammenfassend:

„Die Ampel hat sich das Reparaturthema groß in den Koalitionsvertrag geschrieben, für Umweltministerin Lemke sollte es das ‚Schlüsselthema‘ ihrer Amtszeit werden, aber die Antworten auf meine Kleine Anfrage sind oberflächlich, unvollständig und zeugen sowohl von mangelndem Ehrgeiz als auch von mangelnder Fantasie, effektive Wege zu finden, die die Reparaturkultur in Deutschland in Schwung bringen. Damit ist die Chance verpasst, auf diese Weise einen wichtigen doppelten Beitrag zu leisten: den Verbrauch wertvoller Ressourcen und damit ihre negativen Klimawirkung zu verringern und gleichzeitig für Verbraucher:innen Kosten zu senken, weil Neukäufe vermieden werden können.“

Zum Reparaturgesetz / Förderung von Reparaturinitiativen

„Leider ist die Bundesregierung auch drei Jahre nach ihrer Amtszeit beim Reparaturthema kaum vorangekommen, denn der Riese im Ankündigen blieb ein Zwerg in der Umsetzung. Das Reparaturgesetz soll noch in diesem Jahr kommen, aber bisher liegt nicht mal ein Referentenentwurf vor und viele Sitzungswochen hat das Jahr nicht mehr. Die Förderung dezentraler Reparaturinitiativen fordere ich seit dem ersten Jahr der Ampelregierung in jeder Haushaltsverhandlung. Von den zwei Millionen, die es im 2023er Haushalt gab, ist am Ende kein einziger Euro geflossen, weil die Förderrichtlinie einfach nicht kam. Genau vor einem Jahr versprach die Ampel, sie käme noch und die Fördergelder erreichten die Reparaturcafés noch in 2023. Daraus wurde aber nichts und nun bekomme ich die gleiche Antwort ein Jahr später. Diesmal sollen von 4,5 Mio, die im Haushalt des BMUV für “Reparieren statt Wegwerfen” vorgesehen sind, drei Millionen Euro an Reparaturinitiativen fließen. Was mit den übrigen 1,5 Millionen Euro passiert, verschweigt die Bundesregierung ganz. Auch im Haushalt 2025 werden aktuell 4,5 Millionen Euro eingeplant. Aber was nutzt das Geld, wenn es wieder nur in der Theorie verfügbar ist?

Immer mehr Reparaturinitiativen gibt es überall in Deutschland. Gerade im ländlichen Raum gibt es oft gar keine kommerziellen Dienstleister mehr, da ist die Alternative wegwerfen und online neu bestellen. Das ist unsozial, denn es ist teuer und außerdem ist es klimaschädlich, denn gerade bei elektronischen Geräten wie Smartphones oder Tablets entfallen etwa 80 Prozent des CO2 Fußabdrucks allein auf die Herstellung. Eine durch Reparatur verlängerte Nutzungsdauer senkt daher den durchschnittlichen jährlichen CO2 Fußabdruck erheblich. Deshalb ist es so wichtig, dass diese gemeinnützigen Initiativen auch unterstützt werden vom Bund, z.B. um Werkzeuge zu beschaffen, Reparaturräumlichkeiten einzurichten oder um Weiterbildungen zu finanzieren, wie Reisekosten oder Honorare für Reparaturexpert:innen. Die vielen ehrenamtlichen Reparatur-Engagierten seit fast zwei Jahren mit Ankündigungen hinzuhalten, ist genau das falsche Signal.“

Zum Reparaturbonus

„Viele gute Beispiele aus Nachbarländern wie Frankreich und Österreich, aber auch Länderinitiativen wie in Thüringen oder Sachsen zeigen, dass ein Reparaturbonus besonders effektiv darin ist, das Reparieren zu fördern und damit Geld und Ressourcen zu sparen, denn oft ist ein Neukauf schlicht billiger, als eine Reparatur, weil entweder die Ersatzteile oder die Reparaturdienstleistungen zu teuer sind.

Ein Reparaturbonus senkt diese Kosten durch einen staatlichen Zuschuss und kann je nach Ausgestaltung einerseits das Reparieren in gemeinnützigen Repaircafés unterstützen, wenn wie in Thüringen statt 50 Prozent der Ersatzteilkosten bei kommerzieller Reparatur bei einer Reparatur im Repaircafé die kompletten Kosten für Ersatzteile übernommen werden – bis zu 100 € pro Person und Jahr. Andererseits wird aber auch das lokale Handwerk unterstützt, denn allein in Thüringen sind dadurch mehr als fünf Millionen Euro Reparaturumsätze generiert worden.

Gewonnen hat auch das Klima, denn die 30.000 geförderten thüringischen Reparaturen haben etwa 3.000 Tonnen CO2 Äquivalente und fast 400 Tonnen Elektroschrott eingespart. Das ist doch großartig und da Elektroschrott in der EU die am schnellsten wachsende Abfallart ist, müssen solche Potenziale überall in Deutschland gehoben werden! Schließlich sind wir weltweit einer der Spitzenreiter bei der Erzeugung von Elektroschrott. 

Dennoch hat die Bundesregierung auf meine Fragen zum Reparaturbonus nur Ausreden parat und keine einzige klare Antwort. Haushaltsmittel wären keine da, heißt es, und die Ampel rechnet mir sogar vor, dass das thüringische Modell für ganz Deutschland nur lächerliche 34 Millionen Euro kosten würde! Da stimmen doch offenbar die Prioritäten so gar nicht mehr in der Regierung, selbst wenn das Geld knapp ist. In 2024 hat allein das BMBF eine halbe Milliarde Euro in seinem Haushalt nur für Künstliche Intelligenz, aber 34 Millionen für einen bundesweiten Reparaturbonus, ein Fünfzehntel der KI-Förderung eines einzigen Ministeriums sind nicht machbar? Das ist doch ein Witz! Selbst die Luxusvariante eines Reparaturbonus, wo dann auch Reparaturen von Fahrrädern und Gartenmöbeln bezuschusst werden könnten, den jeder zweite Haushalt in Deutschland einmal im Jahr nutzt, würde laut Antwort der Regierung nur relativ überschaubare zwei Milliarden Euro kosten. Die Menge eingesparter Ressourcen wären dabei immens und über 20 Millionen Haushalte in Deutschland hätten einen direkten Nutzen davon. Ein Win-Win für das Klima und die Gesellschaft. 

Aber selbst wenn Christian Lindner meint, für Reparaturboni gäbe es von ihm kein Geld im Haushalt, gibt es sogar Alternativen, die ohne Haushaltsmittel auskommen, wie Frankreich uns vormacht, z.B. über einen herstellerfinanzierten Reparaturbonus, der eine haushaltsunabhängige dauerhafte Finanzierung sicherstellt, weil er aus Zahlungen der Hersteller für jedes verkaufte Produkt finanziert wird, die je nach Nachhaltigkeit des Produktes höher oder niedriger sein können, also sogar noch eine zusätzliche Lenkungswirkung entfalten. Selbst auf meine konkrete Frage nach der Haltung der Bundesregierung zu diesem Modell kommt nur ein allgemeines ‚wir prüfen verschiedene Konzepte‘ und das finde ich ist ein Jahr vor dem Ende der Legislatur einfach entschieden zu spät und entschieden zu wenig.“

Links

Am 26. August 2024 urteilte das VG Köln, dass Andy Scheuer rechtswidrig massiv auf die per Gesetz unabhängig agierende Bundesnetzagentur Einfluss genommen hat, um die sogenannte Diensteanbieterverpflichtung (DAV) bei der Versteigerung der 5G Lizenzen zu verhindern. Diese DAV hätte Telekommunikationsdienstleistern ohne eigene Netze (Bsp. Freenet, Aldi Talk, früher auch 1&1) einen fairen Zugang zu den Netzen der großen Telekommunikationskonzerne (Deutsche Telekom, Telefonica, Vodafone) zu erhalten, also zu Netzen mit ungedrosselten Bandbreiten und zu angemessenen Preisen, die nicht diskriminierend sein dürfen. Eine DAV gab es bereits bei Einführung des 3G Netzes, sie führte zu einem breiten Angebot mit z.T. viel günstigeren Preisen für Endkunden. Bei der Versteigerung der 4G Lizenzen lobbyierten die Netzbetreiber erfolgreich gegen die Diensteanbieterverpflichtung, um ihre Wettbewerber zu benachteiligen. Die negativen Folgen für den freien Markt und für die Verbraucher:innen waren enorm, weshalb der Druck auf die Bundesnetzagentur von allen Seiten wuchs, um bei der 5G Versteigerung die Diensteanbieterverpflichtung wieder einzuführen. Diese Prozesse habe ich als Mitglied im Beirat der Bundesnetzagentur begleitet und war zeitweise recht optimistisch, denn es gab parteiübergreifende Unterstützung, die gleiche Forderung von einigen Bundesländern, es gab positive Stellungnahmen der Monopolkommission und des Bundeskartellamtes. Dann kam der Mobilfunkgipfel von Andy Scheuer, dem damaligen Minister für Verkehr und Digitale Infrastruktur und kurz danach seine rechtswidrige Einflussnahme auf die BNetzA, die im übrigen von Seiten Bundesregierung und Bundesnetzagentur immer vehement abgestritten wurde, und von da an hatte die DAV keine Chance mehr.

Die Folge: Wettbewerber der Großkonzerne bekamen keinen oder nur sehr stark gedrosselten Zugang zum 5G Netz, außerdem nur zu überteuerten Preisen und der faire Wettbewerb war behindert, sowohl im Privat- als auch im Geschäftskundenmarkt. Für Verbraucher hieß das höhere Preise und weniger vielfältige Angebote, deshalb habe ich diese Praxis stets kritisiert und fordere nach wie vor die Wiedereinführung der Diensteanbieterverpflichtung. Dafür gibt es gerade eine Chance, denn in 2025 laufen viele Mobilfunklizenzen aus und bei der Verlängerung dieser Lizenzen kann die BNetzA Auflagen machen und auch eine DAV wieder vorschreiben.

Zum Urteil des OVG Köln nehme ich als digitalpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag und als stellv. Mitglied im Beirat der Bundesnetzagentur wie folgt Stellung:

„Erst bescheinigte der EU Rechnungshof Andi Scheuer, den Glasfaserausbau in Deutschland durch seine falsche Förderpolitik aktiv zu behindern, nun urteilt ein deutsches Gericht zu seiner rechtswidrigen Einflussnahme auf die BNetzA bei der Vergabe der 5G Frequenzen. Das zweifelhafte Vermächtnis von Andy Scheuer ist also, dass er bundesweit den Zugang zu schnellen Netzen behindert, verlangsamt und verteuert hat, sowohl bei Glasfaser, als auch bei 5G. Er hat sich offensichtlich von Lobbyisten der großen Netzbetreiber zum Werkzeug machen lassen und mit seiner Politik die Wettbewerbsverzerrungen im Telekommunikationsmarkt weiter verstärkt, trotz Warnungen auch von der Monopolkommission und dem Bundeskartellamt.

Derartige Behinderungen des freien Marktes sind nicht nur für die Wettbewerber der Deutschen Telekom und anderer großer Netzbetreiber schlecht, sondern auch für die Verbraucher:innen, die auch heute noch in Deutschland viel mehr Geld für viel schlechtere Netze bezahlen müssen. Dass ich als linke Politikerin jahrelang im Beirat der Bundesnetzagentur für mehr freien Wettbewerb streiten mußte, während eine erklärtermaßen wirtschaftsnahe Bundesregierung den freien Markt dermaßen behindert, fand ich schon ziemlich schräg. Ich hoffe, dass sich dieser Fehler bei der anstehenden Verlängerung der auslaufenden Frequenzen nicht wiederholt.“

Berichterstattung ZDF. heute

Quelle: Dominik Rzepka https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/5g-scheuer-verkehrsminister-frequenzvergabe-urteil-einflussnahme-bundesnetzagentur-100.html

Hier geht es zum Urteil des VG Köln vom 26.08.2024

Hier geht es zum ZDF-Beitrag vom 27.08.2024

Mein Partei-Kollege Christian Görke hat eine hervorragende Kleine Anfrage an die Bundesregierung zum Thema öffentliche Infrastruktur in Brandenburg gestellt, die ich selbstverständlich mitgezeichnet habe und hier für Euch veröffentliche:

https://dserver.bundestag.de/btd/20/125/2012579.pdf

Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Görke, Dr. Gesine Lötzsch,
Anke Domscheit-Berg, weiterer Abgeordneter und der Gruppe Die Linke
– Drucksache 20/12388 –


Öffentliche Infrastruktur in Brandenburg

Im Jahr 2023 hatten die Glasfaseranschlüsse in Deutschland nur einen Anteil von 11,19 Prozent der gesamten stationären Breitbandanschlüsse (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/415799/umfrage/anteil-von-glasfaseranschluessen-an-allen-breitbandanschluessen-in-oecd-staaten/). Diese Zahl wird innerhalb der OECD-Staaten (OECD: [Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit]) nur von Belgien und Griechenland unterboten. Erst im Mai dieses Jahres schloss in der Brandenburger Gemeinde Schöneiche jedenfalls vorerst die einzige Postfiliale ersatzlos (www.moz.de/lokales/erkner/post-in-schoeneichewarum-die-filiale-hinter-dem-edeka-markt-schliesst-73735145.html). Das istkein vereinzeltes Problem. Auch die Postbank will knapp die Hälfte ihrer Filialen deutschlandweit bis 2026 schließen (https://faktastisch.de/artikel/1000-mitarbeiter-postbank-schliesst-filialen). Vor diesem Hintergrund wollen sich die Fragestellenden einen Überblick über die alltäglichen Infrastrukturbereiche Post, Telekommunikation und Geldautomaten in Brandenburg verschaffen.

1. Wie hat sich die Zahl der Briefkästen der Deutschen Post AG in Brandenburg nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2021 entwickelt (bitte
nach Landkreisen aufschlüsseln)?
2. In welchen brandenburgischen Gemeinden wurden wie viele Briefkästen
nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2021 abgebaut (bitte Anzahl
jährlich darstellen)?
3. In welchen brandenburgischen Gemeinden wurden nach Kenntnis der
Bundesregierung wie viele neue Briefkästen seit 2021 aufgestellt (bitte Anzahl jährlich darstellen)?
Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet.
Eine detaillierte Erfassung abgebauter und aufgestellter Briefkästen auf kommunaler Ebene liegt nach den Angaben der BNetzA nicht vor.
4. In welchen brandenburgischen Gemeinden ist es nach Kenntnis der Bundesregierung nicht gewährleistet, dass Kundinnen und Kunden zum
nächsten Briefkasten nicht mehr als einen Kilometer im Sinne von § 2 Nummer 2 der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) zurücklegen müssen (bitte Kommunen einzeln auflisten)?
5. Wie oft wurden in Brandenburg seit 2021 die gesetzlichen Vorgaben für Auslieferung und Zustellung von Briefen nach § 2 Nummer 3 und 5 PUDLV nicht eingehalten (bitte Anzahl pro Jahr angeben und möglichst nach brandenburgischen Gemeinden bzw. Landkreisen unterscheiden)?
6.Wie hat sich die Zahl der Filialen bzw. stationären Einrichtungen der Deutschen Post AG in Brandenburg nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2021 entwickelt (bitte nach Filialen in Eigenbetrieb und im Auftrag der Deutschen Post AG aufschlüsseln)?
7. In welchen brandenburgischen Gemeinden wurden nach Kenntnis der Bundesregierung vorhandene Postfilialen und/oder stationäre Einrichtungen der Deutschen Post AG seit 2021 geschlossen (bitte Anzahl einzeln und jährlich angeben)?
8. In welchen brandenburgischen Gemeinden wurden nach Kenntnis der Bundesregierung neue Postfilialen bzw. stationäre Einrichtungen der Deutschen Post AG seit 2021 eröffnet (bitte Anzahl einzeln und jährlich angeben)?

Zur Antwort der Bundesregierung geht es hier:

https://dserver.bundestag.de/btd/20/125/2012579.pdf

Im Jahr 2021 versprach die selbsternannte Fortschrittskoalition in ihrem Koalitionsvertrag: “Entwicklungsaufträge werden in der Regel als Open Source beauftragt, die entsprechende Software wird grundsätzlich öffentlich gemacht”. Schon die Antwort der Ampel auf meine Kleine Anfrage im Dezember 2023 ergab, dass diese Ankündigung der Ampel und ihre Umsetzung eklatant auseinander klafften. So gab die Bundesregierung zu, dass seit Beginn der Legislaturperiode nur ca. 0,5 Prozent seiner Ausgaben zu Entwicklungsaufträgen von Software auf OSS entfielen. Für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Software gab der Bund insgesamt sogar etwa 3,5 Milliarden Euro aus, auch davon flossen aber nur 18,6 Mio. (0,54 Prozent) im Zusammenhang mit Open Source Software. Die vielen Tabellen mit der Auflistung aller Software Entwicklungsaufträge aus dieser Anfrage wurde leider aus Gründen der Sicherheit eingestuft, ich konnte sie also nicht veröffentlichen.

Meine neue Anfrage belegt Schere zwischen Koalitionsvertrag und Praxis im Bund

Deshalb habe ich nun erneut nachgefragt mit einer Schriftlichen Frage und deren Beantwortung durch die Bundesregierung (August 2024) zeigt das konkrete Ausmaß der krassen Schere zwischen Absichtserklärung und gelebter Praxis mit Blick auf die Beauftragung von Open Source Software.

Hier die nackten Fakten (besonders peinlich das Digitalministerium!):

  • 1.727 Software Entwicklungsaufträge erteilte die Ampel-Regierung seit Veröffentlichung des Koalitionsvertrages
  • 475 davon sollen als Open Source beauftragt worden sein (=27,5 %)
  • 352 dieser Open Source Aufträge (74%) soll das BMEL beauftragt haben, das noch im Nov. 2023 nur 62 Software Entwicklungsaufträge in meiner Kleiner Anfrage angab, davon 12 als Open Source (Details zur Kl. A. sind eingestuft)
  • 123 von insg. 1.293 Entwicklungsaufträgen der anderen Ministerien wurden als Open Source beauftragt (9,5%)
  • 61 der 1.727 Fälle von Software Entwicklung (3,5%) haben den Source Code der Software veröffentlicht
  • 6 Ministerien veröffentlichten in keinem einzigen Fall den Source Code beauftragter Software
  • 0,37 % (2 von 542 Softwareentwicklungsaufträgen) beim BMDV haben den Source Code veröffentlicht
  • 5 Ministerien haben keinen einzigen SW-Entwicklungsauftrag als Open Source beauftragt (BMAS, BMWSB, BMVg, BMBF) oder weniger als 1 % (BMDV: 0,55%)

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