Im November stellte ich gemeinsam mit meiner Kollegin Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zum Thema „Digitale Gewalt gegen Frauen„, weil ich wissen wollte, wie sie damit umgeht, dass immer mehr Fälle häuslicher Gewalt auch im digitalen Raum stattfinden. Frauen werden erpresst, bedroht oder überwacht, z. B. durch unsichtbare Apps auf dem Handy, Stalking per Messenger oder das Veröffentlichen von intimen Fotos im Internet. Weiterlesen
Heute wurde im Bundestag über eine Änderung des Grundgesetzes abgestimmt. Die Grundgesetzänderung wird die Finanzierung digitaler Bildung durch den Bund ermöglichen. Mit einer großen Mehrheit von 578 Ja-Stimmen (87 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen) wurde diese Grundgesetzänderung angenommen. Mit Verwunderung nahm ich die Abstimmung der CDU-Abgeordneten Dr. Dietlind Tiemann aus meinem Wahlkreis zur Kenntnis.
Es schockt mich sehr, dass neben der AfD auch 4 CDU-Abgeordnete, darunter Dr. Dietlind Tiemann, direkt gewählt in meinem Wahlkreis, gegen die Aufhebung des Kooperationsverbots stimmten. Dr. Tiemanns Schwerpunkt ist immerhin Bildung, sie ist sogar Mitglied der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“. Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie man gerade als Bildungspolitikerin dagegen sein kann, dass der Bund Gelder für Bildung zuschießen darf, damit wir unsere Rückstände bei digitaler Bildung endlich aufholen können. Bisher haben Kinder in den reicheren Ländern und Kommunen Glück und alle anderen haben Pech. Das darf nicht sein! Zumal Brandenburg zu den ärmeren Bundesländern gehört und Brandenburg an der Havel, wo Tiemann Oberbürgermeisterin war, zu den 3 Städten mit der höchsten Kinderarmutsquote in Brandenburg. Die Schulen und Kinder in solchen Bundesländern und Städten profitieren potenziell am meisten vom Geld des Bundes. Die 5 Milliarden € in 5 Jahren können aber nur fließen, wenn diese Grundgesetzänderung kommt. Wer also gegen die Änderung stimmt, will unsere Schulen in der Kreidezeit halten und Kindern ihre Bildungschancen nehmen. Zum Glück hat bei der großen Mehrheit ihre Stimme keine Rolle gespielt.
Der DigitalPakt Schule, der Anfang 2019 in Kraft treten soll, und 5 Milliarden € für digitale Bildung bereitstellen soll, muss noch vom Bundesrat verabschiedet werden.
Eines der Themen, um die ich mich im Bundestag verstärkt kümmere, ist Digitale Bildung, denn ich denke, dass Kinder und Jugendliche ohnehin in einer digitalen Gesellschaft aufwachsen und daher auch lernen müssen, wie sie sich sicher im Internet bewegen und wie man digitale Medien sinnvoll nutzt. Digitale Bildung bedeutet für mich nicht nur Smartboards, Smartphones oder Tablets in der Schule. Es geht ja weniger um die Kompetenz, Geräte bedienen zu können, sondern vor allem auch darum, die Kompetenzen zu erlernen, die einen souveränen Umgang aber auch eine aktive Beteiligung an der Gestaltung der digitalen Gesellschaft ermöglichen. Das fängt damit an zu lernen, wie man Fake News erkennt, die eigene Privatsphäre im Internet schützt, mit Phänomenen wie Cybermobbing oder Hassrede im Internet umgeht und sich selbst verantwortungsvoll im Netz verhält. Aber dazu gehört auch das selbstverständliche Erlernen von Programmierkenntnissen, denn Computerprogramme sind die DNA der digitalen Gesellschaft und wer programmieren lernt, der oder die lernt auch, wie man ganz allgemein Probleme analysiert, Lösungen entwickelt, testet und verbessert und das gemeinsam mit anderen macht. Solche Fähigkeiten kann man nicht nur in der IT brauchen, sondern in jedem Beruf. Da Kinder ohnehin praktisch täglich mit elektronischen Geräten außerhalb der Schule konfrontiert werden, sollten sie auch im Unterricht und unter pädagogischer Anleitung lernen, damit klug umzugehen.
Am Mittwoch nahm ich deshalb an einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Bildung und Forschung zum Thema „Digitalisierung in Schule, Ausbildung und Hochschule“ teil. Dort wurde über diese Fragen kontrovers diskutiert, denn es gab auch die Meinung, dass Computer in Grundschulen nichts verloren haben.
Ich bin der Meinung, dass sie dort sehr wohl hingehören, genauso wie schnelles Internet, damit Lehrer nicht mehr mit Kreide Internetlinks an die Tafel schreiben müssen, die die Kinder dann als Hausaufgabe zuhause nachschauen sollen, wie es mir als reales Beispiel von Vertretern der Landjugend erzählt wurde, mit denen ich mich am Donnerstag zu Digitalisierung im ländlichen Raum austauschte. Es kann nicht sein, dass unsere Kinder in einer Art „Museumslandschaft“ unterrichtet werden, während um sie herum die Gesellschaft immer digitaler wird. Vor allem verstärkt die andauernde „Kreidezeit“ in Schulen die Bildungsunterschiede in Abhängigkeit vom sozialen Hintergrund, denn Kinder aus bildungsfernen und/oder materiell schlechter gestellten Haushalten haben eine geringere Wahrscheinlichkeit, Zugang zu guten digitalen Bildungsangeboten zu erhalten. Damit erhalten sie auch künftig schlechtere Chancen und das finde ich nicht akzeptabel.
Ich wünsche mir deshalb auch Innovationslabore in Schulen, ähnlich den Stationen Junger Techniker und Naturforscher, die es in der DDR gab, nur eben mit moderner Technik, wie 3D-Druckern, Lasercuttern, Lötstationen zum Hardware Basteln und Computern zum Programmieren lernen. Eine solche Station gibt es bereits in meiner Heimatstadt Fürstenberg an der Havel im Bahnhofsgebäude, der Träger ist der havellab e. V., dem ich als Gründungsmitglied angehöre. Dieser „Verstehbahnhof“ kooperiert eng mit der örtlichen Dreiseengrundschule und so erlebe ich aus erster Hand, wie viel Spaß Grundschüler*innen dabei haben, kleine Roboter zu basteln und neue Technologien kennen zu lernen. Sie programmierten interaktive Glückwunschkarten, installierten selbst gebaute Feinstaubmessgeräte an der Bundesstraße oder bauten aus fischertechnik einen 3D-Drucker selbst zusammen, mit dem sie Weihnachtssterne auf dem Weihnachtsmarkt im Ort ausdruckten und ihren Eltern und Großeltern den Umgang damit erklärten. Mädchen wie Jungen, Einheimische wie Kinder Geflüchteter, Kinder aus ALGII-Haushalten ebenso wie Kinder aus wohl situierten Familien lernen dort gemeinsam und mit Begeisterung. Wenn man damit schon in der 3. Klasse beginnt, haben Kinder auch noch nicht verinnerlicht, was ihnen Stereotype vermitteln, nämlich dass Technik vor allem etwas für Jungs ist. Diese Stereotype schränken die Entwicklung der Talente von Mädchen ein und auch dagegen muss Schule aktiv etwas tun.
Um digitale Bildung auch ganz konkret zu unterstützen, spende ich seit fast einem Jahr regelmäßig Klassensätze mit Calliope-Minicomputern an Grundschulen in meinen Wahlkreisen. Dieser kleine Einplatinencomputer wurde speziell für Grundschüler*innen ab der dritten Klasse entwickelt und erlaubt es, mithilfe einer leicht verständlichen Oberfläche kleine Programme zu schreiben. So können Kinder früh ein Verständnis für die Funktionsweise von Computern in unserer zunehmend digitalen Welt entwickeln. Meiner Meinung nach sollten sie ein fester Bestandteil der Schulbildung im 21. Jahrhundert sein. Bisher habe ich an sieben Schulen Klassensätze mit Calliope-Computer überreicht, zwei weitere sind bereits in Planung.
Als Obfrau der Fraktion Die Linke im Ausschuss Digitale Agenda habe ich heute gemeinsam mit dem Obmann der Grünen, Dieter Janecek, einen Antrag auf Öffentlichkeit an den Vorsitzenden Jimmy Schulz gerichtet. Wir beantragen, für die Tagesordnungspunkte 2 und 3 der morgigen Sitzung, die Öffentlichkeit herzustellen. Top 2 ist ein Gespräch mit Vertreter*innen von Twitter, Facebook und Google zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Top 3 ein Gespräch mit Facebook spezifisch zum Missbrauch von Nutzerdaten und dem Hackerangriff im September.
Wir kritisieren beständig, dass im Bundestag zu viel hinter verschlossenen Türen diskutiert wird. Um aber das Vertrauen in die Demokratie und den Bundestag als demokratische Institution zu stärken, sind dringend mehr Transparenz und Öffentlichkeit nötig. Deshalb fordere ich, dass zumindest die Teile der Sitzungen des Ausschuss Digitale Agenda im Bundestag für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, bei denen Unternehmen befragt werden, die zu ihren gesetzlich vorgeschriebenen Transparenzpflichten berichten, und zu denen sie auch sonst öffentlich sprechen – in vielen Ländern konnten wir beispielsweise die stundenlangen Befragungen von Facebook per Stream verfolgen. Es ist mir ein Rätsel, warum das bei uns nicht möglich sein soll. Es gibt keinen einzigen rationalen Grund für diese Geheimniskrämerei, aber ein hohes gesellschaftliches Interesse, denn Millionen Menschen in Deutschland nutzen digitale Dienste dieser Unternehmen, viele sind selbst Betroffene von Datenmissbrauch, Datenklau, Overblocking oder Hate Speech. Sie sollten daher ein Recht auf Informationen aus erster Hand erhalten.
Am 27. September fand die erste Sitzung der frisch konstituierten Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“ statt. Ich gehöre dieser Kommission als stellvertretendes Mitglied an und werde mich zu den ethischen Fragen rund um Künstliche Intelligenz einbringen; KI hat das Potential, die Gesellschaft als ganzes und unsere Demokratie zu verändern, sowohl in brachialer Weise mittels autonomer Waffensysteme, die selbständig Feinde auswählen und bekämpfen als auch subtiler in Form von Kredigwürdigkeitsprüfungen oder Wählerbeeinflussung.
Auf Vorschlag der Linksfraktion gehören der Enquete-Kommission zwei hochkarätige Sachverständige an: Prof. Dr. Katharina Zweig leitet an der TU Kaiserslautern das Algorithm Accountability Lab; Dr. Florian Butollo forscht am Weizenbaum Institut für die vernetzte Gesellschaft zum Thema Arbeit in hochautomatisierten digital-hybriden Prozessen. Insgesamt gehören der Kommission 19 Sachverständige, 19 Abgeordnete als Vollmitglieder und 19 als Stellvertreter*innen an.
Und das sind die Mitglieder der frisch konstituierten Enquete Kommission Künstliche Intelligenz. #EKKI #KI #Bundestag pic.twitter.com/9LZwFoiv1u
— anke domscheit-berg (@anked) 27. September 2018
Am kommenden Montag findet eine erste Klausursitzung der Enquete statt. Die Sitzungen werden grundsätzlich nicht-öffentlich stattfinden. Ein entsprechender Änderungsantrag der Grünen für öffentliche, gestreamte Sitzungen, der von der Linksfraktion unterstützt worden war, scheiterte am Willen der Großen Koalition.
Am 24.09.2018 berät der Beirat der Bundesnetzagentur unter anderem über die Kriterien bei der Versteigerung der 5G Lizenzen. Dafür wurde bereits ein Konsultationsentwurf veröffentlicht, der inakzeptabel ist. Ich nehme am Beirat teil und werde dort meine Kritik deutlich äußern.
Die Bundesnetzagentur hat zwei wichtige Aufgaben. Zum Einen soll sie die Interessen der Verbraucher*innen vertreten, worunter man eine lückenlose Mobilfunkversorgung in guter Qualität und zu Preisen, die digitale Teilhabe allen ermöglicht, annehmen kann. Zum Anderen muss sie für einen funktionierenden Wettbewerb sorgen. Beides funktioniert schon jetzt nicht hinreichend gut und mit den nun diskutierten Kriterien für die 5G Lizenzversteigerung wird es noch schlechter werden. Warum das so ist, lässt sich mit Blick auf die Vergangenheit analog auch für die Zukunft voraussagen.
Schon 2010 unterließ die BNetzA nämlich bei der Vergabe der LTE Lizenzen eine sogenannte Diensteanbieterverpflichtung (DAV), die auch Resellern ohne eigenes Netz eine Marktteilnahme zu vernünftigen Konditionen ermöglicht hätte. Der Markt sollte es irgendwie allein regeln. Allerdings ist die Marktmacht der großen Telco Anbieter offenbar so hoch, dass selbst acht Jahre später keine ohne Zwang zustande gekommene Vereinbarung über LTE Vorleistungsprodukte mit Resellern gibt (die einzige Vereinbarung überhaupt ist ein Vertrag zwischen Telefonica mit United Internet, der faktisch von der EU erzwungen wurde, um die EPlus+Telefonica Fusion zu genehmigen).
Ohne eine Diensteanbieterverpflichtung für LTE vermeiden die Platzhirsche (v.a. Deutsche Telekom und Vodafone) jede Konkurrenz in dieser Bandbreite, und verlangen überdurchschnittlich hohe Preise bei unterdurchschnittlicher Netzqualität. Diese hohen Preise kann natürlich nicht jeder zahlen und so haben wir mit ca. 30% Marktdurchdringung auch eine der geringsten Verbreitungen von LTE im Europavergleich. Die übrigen ca. 70% der Mobilfunkkunden haben nur 3G Verträge, da ist das Netz zwar langsamer, aber weil für 3G eine DAV vorgegeben ist, gibt es preiswerte Angebote von Resellern. Für diese 70% Mobilfunkkunden ist es im übrigen sehr unerfreulich, dass die Netzabdeckung von 3G nur bei ca. 84% liegt, die Funklochwahrscheinlichkeit also um ein Vielfaches höher ist, als bei LTE, wo schon bis zu 97% Netzabdeckung (DTAG) erreicht sind. Das nennt man digitale Spaltung, verursacht durch ein Kombination aus Kapitalismus-bedingtem Marktversagen und Fehlregulierung bei der Frequenzversteigerung. Wer weniger Geld hat, bekommt bei uns nur Zugang zu einem besonders langsamen Netz mit besonders schlechter Netzabdeckung.
Hätte die BNetzA schon bei der LTE Frequenzversteigerung eine Diensteanbieterverpflichtung für LTE Vorleistungsprodukte erteilt, wäre es dazu nicht gekommen, es gäbe dann auch bei uns einen preiswerteren Zugang zu einem besseren LTE Netz und digitale Teilhabe auch für Menschen mit kleineren Geldbeuteln. Genau diesen Fehler will die BNetzA jetzt wiederholen, obwohl sonnenscheinklar ist, dass sich das Gleiche wiederholen wird. So wird es ein 5G Highspeednetz nur für Reiche geben, während für die mit weniger Geld der Zugang perspektivisch noch schlechter wird, denn für 3G läuft die DAV schon 2020 aus, und dann sinken die Chancen auf günstige Angebote. Die BNetzA will nun nicht nur Abdeckungsziele für 5G sondern auch für 4G in die Versteigerungskriterien mitaufnehmen, für die 70%ige Mehrheit der Kunden, die 3G Verträge haben, verändert das leider nichts, bzw. nichts zum Besseren. Schon jetzt ist zu beobachten, dass das sogenannte „refarming“ zunimmt, bei dem Netzbetreiber immer häufiger Basisstationen von 3G auf 4G umstellen, womit sich die Netzabdeckung und -qualität von 3G weiter verschlechtert. Die negativen Folgen fehlgeleiteter Regulierung aus dem Jahr 2010 sollen also noch ein paar Jahrzehnte länger wirken.
Hätten die Reseller hinreichend Marktmacht, wäre es zu diesen negativen Folgen gar nicht erst gekommen. Aber die Marktmacht im Telekommunikationsmarkt ist nun einmal sehr ungleich verteilt. Daher wäre es ein fataler Schritt, diesen Fehler bei der 5G Lizenzversteigerung zu wiederholen. Er würde diametral gegen die Interessen der Verbraucher*innen wirken und nachhaltig den Wettbewerb in einem ohnehin oligopolistischen Markt behindern – bis hin zur Eliminierung von Marktteilnehmern, denn für selbst für große Reseller stellt sich bei diesen Rahmenbedingungen irgendwann die Existenzfrage.
In Deutschland leiden wir schon jetzt unter einem der teuersten und lahmsten Mobilfunknetze mit den meisten Funklöchern – wenn man sich die tatsächliche Versorgung und nicht nur schöne Versprechen auf bunten Flyern anschaut. Die aktuellen Versteigerungskriterien für 5G würden sicherstellen, dass die Masse der Verbraucher*innen auch vom superschnellen 5G Netz ausgeschlossen bleibt, schlicht, weil sie es nicht bezahlen können, denn ohne DAV wird es keine günstigen Vertragsangebote geben und ohne Preiskonkurrenz bleibt das Oligopol bei seinen überhöhten Preisen. Wir würden damit die digitale Spaltung künftig weiter verstärken, statt durch kluge Regulierung für eine digitale Teilhabe aller zu sorgen. Eine 5G Weltmarktspitze werden wir bei der dann zu erwartenden geringen Marktdurchdringung von 5G jedenfalls auch nicht erreichen können.
Es gibt jede Menge Vorschläge, wie man die Vergabekriterien anders gestalten sollte. Hier folgen meine:
- Es braucht eine Diensteanbieterverpflichtung als Minimum und ein National Roaming als Optimum. Die DAV stellt sicher, dass nicht-diskriminierende Vorleistungsprodukte über den Wettbewerb auch als günstige Endprodukte angeboten werden können und so mehr Menschen teilhaben können am schnellen Mobilfunknetz. Denn erst wenn die Marktdurchdringung hoch ist, werden flächendeckend die Preise auch für schnelles Mobilfunknetz sinken (also auch die Preise der Oligopolisten). Die Marktdurchdringung wird aber klein bleiben, wenn es nur teure Angebote von wenigen Oligopolisten gibt – genau das, was wir mit 30% Marktdurchdringung bei LTE bereits erleben, wo wir im EU Vergleich ein qualitativ unterdurchschnittliches und gleichzeitig besonders hochpreisiges LTE Netz haben (in einigen Ländern in Europa gibt es für 30€ echte, also unbegrenzte Flatrates im LTE Netz, in anderen Ländern gibt es 100GB dafür, In Deutschland sind wir davon kilometerweit entfernt). Der Ausbau wird dadurch zusätzlich behindert, denn die geringere Anzahl Vertragskund*innen – bedingt durch die hohen Preise – macht einen Ausbau in der Fläche unattraktiver.
- Ein verpflichtendes National Roaming würde dazu führen, dass nicht jeder Anbieter den Ausbau an den gleichen (profitableren) Stellen beginnt, dort also 3 Basisstationen mit Mast und allem drum und dran quasi nebeneinander und in engen Abständen zur nächsten Basisstation aufgestellt werden, aber der ländliche Raum mal wieder in die Röhre guckt. Mit National Roaming könnte man die Funkzellen verkleinern und mit einer Basisstation je Zelle auskommen, die man sich mit den anderen Anbietern teilt. So kann mit der gleichen Investitionssumme eine viel größere Fläche abgedeckt, der Ausbau beschleunigt und vor allem auch der ländliche Raum leichter und schneller versorgt werden. Der Wettbewerb kann dann primär auf der Diensteebene stattfinden. Ein positiver Nebeneffekt wäre die verhinderte Ressourcenverschwendung und die höhere Akzeptanz der Bevölkerung, weil nicht so viele Basisstationen überall herumstünden. Bleibt die BNetzA dabei, kein National Roaming vorzugeben, sollte es ein öffentliches Förderprogramm für schlecht versorgte Kommunen geben, die selbst einen Funkmast aufstellen und mit Glasfaser anschließen, und diesen dann den Mobilfunkanbietern zur diskriminierungsfreien Nutzung gegen Entgelt anbieten.
- Drittens braucht es Fläche statt Haushalte als Kriterium. Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass Haushalte ein unbrauchbares Kriterium sind, um für eine gute Netzabdeckung zu sorgen. Das sieht man an Auto- und Bahnstrecken genauso wie an Naturtourismusgebieten, Schleusenstationen etc. Dort sind sehr viele Menschen unterwegs, aber weil sie nicht dort wohnen und in solchen Gegenden eher wenig Menschen wohnen, blieben diese Gegenden unterversorgt und Zigtausende Menschen stecken im Funkloch. Je dünner besiedelt eine Gegend, umso weniger Netz. You get what you measure – wer nur Haushalte misst und bei 98% Abdeckung immerhin noch 1,6 Millionen Menschen ohne Netz in Kauf nimmt, der bekommt weiße Flecken in inakzeptablen Ausmaßen. So kommt es, dass in manchen brandenburgischen Landkreisen mehr als 15% der Fläche kein oder nur ein extrem löchriges Mobilfunknetz haben. Das oben beschriebene Phänomen der funktionalen Funklöcher (3G vs 4G) kommt als Problem ja noch dazu, auch wenn es selten erwähnt wird. Kommuniziert wird nur die theoretische Verfügbarkeit des schnelleren Netzes – auch in den neuen Versteigerungskriterien, aber nicht, wie viele Menschen sich den Zugang dazu nicht leisten können und deshalb auf ein langsames Netz mit schlechter Netzabdeckung ausweichen müssen. Das aktuell geplante Vorgehen der BNetzA widerspricht im übrigen auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz, die Lebensverhältnisse von Stadt und Land anzugleichen, denn das Gegenteil wird passieren.
Die BNetzA will alles das nicht, sie argumentiert beispielsweise, dass eine „erhebliche Marktmacht“ vorliegen muss, um eine Diensteanbieterverpflichtung vorzuschreiben. Dem gesunden Menschenverstand erschließt sich leicht, dass ein Markt, der von 3 Giganten beherrscht wird, ein Markt mit erheblicher Marktmacht ist. Das sieht selbst die Monopolkommission so schreibt in ihrer Stellungnahme mit Bezug auf eine DAV: „für die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs im Mobilfunk ist dies von großer Bedeutung“. Die Monopolkommission sollte eine gewisse Kompetenz darin haben, eine Wettbewerbsverzerrung zu erkennen denn das ist ihr Daseinszweck. Die BNetzA ruht sich jedoch darauf aus, dass bisher noch keine formelle Untersuchung mit dem Ergebnis „erhebliche Marktmacht“ stattgefunden hat. Es wäre jedoch ihre Aufgabe gewesen, eine solche formelle Untersuchung anzustoßen. Hätte sie das rechtzeitig gemacht, gäbe es jetzt ein Verhinderungsargument weniger.
Allein der Umstand, dass die großen Konzerne bisher trotz großem Interesse auf Seiten der Verbraucher*innen und Diensteanbieter keine freiwillige Vereinbarung mit Diensteanbietern über LTE Vorleistungsprodukte getroffen haben, spricht Bände und ist ein sehr deutliches Indiz für eine eklatante Marktverzerrung. Mich überzeugt das Argument schon deshalb nicht, weil in anderen EU Ländern die Marktlage ja ähnlich ist und es trotzdem National Roaming Vorgaben im Mobilfunkmarkt gibt, mindestens befristet, gerade in Situationen, wo neue Produkte/Frequenzen eingeführt worden sind. Davon abgesehen, ist es höchste Zeit, die „erhebliche Marktmacht“ endlich einmal zu untersuchen und nachzuweisen. Es ist absolut unverständlich, dass das nicht längst erfolgt ist.
Es gibt außerdem diverse Rechtsgutachten, nach denen es gar nicht notwendig ist, eine erhebliche Marktmacht nachzuweisen, da auch nach §60 Abs 2 TKG eine DAV möglich wäre, der keine Marktmacht voraussetzt. Auch die Zugangsrichtlinie der EU ist zu beachten, nach der zur Erreichung der Regulierungsziele bei Frequenzversteigerungen auch ohne Marktmachtfeststellung Zugangsverpflichtungen auferlegt werden können.
Die BNetzA will sich dennoch aus der Verantwortung stehlen, sucht sich die Rechtsauslegung, die ihr am besten passt und kuscht offensichtlich vor der sehr wohl vorhandenen Marktmacht, die die Großkonzerne inne haben, denn deren Rechtsanwälte scharren schon mit den Hufen, um gegen eventuelle Zugangsverpflichtungen zu klagen. Die BNetzA darf sich davon nicht erpressen lassen und muss jetzt erst Recht zeigen, dass sie kein zahnloser Tiger ist und ihre Aufgabe, Verbraucherinteressen zu vertreten und den Wettbewerb zu erhalten, endlich konsequenter wahrnehmen.
Da die anstehende Regulierung jahrzehntelange Auswirkungen auf den Mobilfunkmarkt haben wird, ist eine Verschiebung der Auktion mit einer signifikanten Überarbeitung der Versteigerungskriterien sinnvoller, als jetzt das Ganze zum Nachteil von Verbraucher*innen und Wettbewerb über das Bein zu brechen. Deutschland ist eines der Schlusslichter beim Zugang zu schnellem Netz und das, was die BNetzA bisher vorgelegt hat, wird daran nichts ändern. Das können wir uns nicht länger leisten.
Vor ein paar Wochen habe ich eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zum Thema „Strategie und Umsetzung der Open Government Partnership, von Open Data, Transparenz und Bürgerbeteiligung“ gestellt. Nun wurden die Antworten veröffentlicht.
Die Bundesregierung hat mal wieder gezeigt, dass sie viele Projekte, Vorhaben und Initiativen zwar im Koalitionsvertrag angekündigt hat. Bei vielen dieser Vorhaben ist aber unklar, ob sie überhaupt in dieser Legislatur umgesetzt werden, bei manchen ist das bereits jetzt extrem unwahrscheinlich, so beispielsweise die Verabschiedung des angekündigten Zweiten Open-Data-Gesetz. Auch an Ressourcen mangelt es ganz offensichtlich.
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Es ist ein großer Fehler, dass die Bundesnetzagentur bei den 5G-Lizenzversteigerungen kein National Roaming vorsieht, und nicht einmal eine Reseller-Verpflichtung. Die Argumente dafür sind fadenscheinig: Hier hat sich der Lobbyismus zum Nachteil der Nutzer*innen durchgesetzt mit dem Effekt, dass es weniger Abdeckung und weniger Wettbewerb geben wird.
In etlichen Ländern ist National Roaming längst Standard im Mobilfunk, in verschiedenen Varianten: Beim damaligen Neuausbau des 3G-Netzes zum Beispiel in Österreich und Irland, für neue Wettbewerber etwa in Italien oder Dänemark, für ländliche Regionen in Australien. In den USA gibt es verpflichtendes National Roaming für mobiles Internet seit 2011.
Bei Netzausfällen gibt es verpflichtendes (national) Emergency Roaming in den Niederlanden, in Schweden, den USA und in der Karibik. In Indien gibt es National Roaming bei Regionallizenzen. Nur in Deutschland soll es weiterhin kein National Roaming geben, weil „der Markt“ das mit dem Netzausbau ja auch in der Vergangenheit so toll allein hinbekommen habe. Wir alle wissen, dass das Gegenteil der Fall ist.
Cui bono – wem nützt es? Wenig Wettbewerb nützt den drei Großkonzernen im deutschen Mobilfunk – nicht uns, den Verbraucher*innen.
Dazu kommt die unfassbare Rohstoffverschwendung, die von der Bundesnetzagentur völlig ignoriert wird. Beim dreifachen Parallelausbau von 5G-Basisstationen in lukrativen Gegenden werden von Manpower bis zu seltenen Erden Ressourcen verschwendet als hätten wir drei Planeten zur Verfügung.
Um es nochmal zu verdeutlichen: Es gibt begrenzte Ressourcen – die 5G-Lizenzen – , die nur drei Unternehmen kaufen können. Diese schotten die Netze ab und bauen wegen knapper Mittel dort, wo es sich am meisten lohnt. Und zwar dreifach an den gleichen Orten. Die übrigen Gegenden bleiben unversorgt. Hätte sich die Bundesnetzagentur bei der 5G-Lizenzversteigerung zu National Roaming flächendeckend oder zumindest im ländlichen Raum entschieden, würden knappe Ressourcen so eingesetzt, dass maximale Abdeckung möglich wäre. Die Teilnetze würden sich gegenseitig ergänzen.
Ein National Roaming nur für den ländlichen Raum wäre auch nach EU-Recht möglich, das lässt sich der EU-Direktive 128/1999/EG klar entnehmen.
Last but not least sollen bei der 5G-Frequenzversteigerung alte Fehler auch noch wiederholt werden: : 98% der Haushalte sollen mit 100MBit/s versorgt werden – nicht 98% der Fläche. Das würde bedeuten, dass 1,6 Millionen Menschen in dünn besiedelten Gegenden außen vor blieben.
Ich werde mich über den Beirat der #Bundesnetzagentur dafür einsetzen, dass die Versteigerungskriterien nachgebessert werden.
Die Bundesregierung hat heute eine Cyber-Agentur beschlossen. Mehr digitale Sicherheit würde uns allen auf jeden Fall gut tun. Wenn die neue Cyber-Agentur dazu beiträgt, wäre das ein Schritt vorwärts. Wir brauchen zum Beispiel mehr und bessere Verschlüsselung und mehr Open-Source-Software. Ich bin allerdings skeptisch, ob eine Agentur, die zwischen Verteidigungs- und Innenministerium angesiedelt ist, hier den richtigen Schwerpunkt setzt. Fatal wäre, wenn jetzt statt zur Verteidigung zum Cyber-Angriff à la Hackback geblasen würde: Das bindet wichtige Ressourcen und gefährdet uns faktisch alle, weil Sicherheitslücken nicht rechtzeitig geschlossen werden, und Angriffe immer auch Gegenangriffe nach sich ziehen.
Die Linksfraktion im Bundestag hat dazu bereits im Juli das Diskussionspapier »‚Cybersicherheit‘ – ein Beitrag für einen sicheren digitalen Raum« veröffentlicht. Dazu wird es am 12. September 2018 auch ein Fachgespräch im Bundestag geben.
Bundestagsbüro
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