Eines der Themen, um die ich mich im Bundestag verstärkt kümmere, ist Digitale Bildung, denn ich denke, dass Kinder und Jugendliche ohnehin in einer digitalen Gesellschaft aufwachsen und daher auch lernen müssen, wie sie sich sicher im Internet bewegen und wie man digitale Medien sinnvoll nutzt. Digitale Bildung bedeutet für mich nicht nur Smartboards, Smartphones oder Tablets in der Schule. Es geht ja weniger um die Kompetenz, Geräte bedienen zu können, sondern vor allem auch darum, die Kompetenzen zu erlernen, die einen souveränen Umgang aber auch eine aktive Beteiligung an der Gestaltung der digitalen Gesellschaft ermöglichen. Das fängt damit an zu lernen, wie man Fake News erkennt, die eigene Privatsphäre im Internet schützt, mit Phänomenen wie Cybermobbing oder Hassrede im Internet umgeht und sich selbst verantwortungsvoll im Netz verhält. Aber dazu gehört auch das selbstverständliche Erlernen von Programmierkenntnissen, denn Computerprogramme sind die DNA der digitalen Gesellschaft und wer programmieren lernt, der oder die lernt auch, wie man ganz allgemein Probleme analysiert, Lösungen entwickelt, testet und verbessert und das gemeinsam mit anderen macht. Solche Fähigkeiten kann man nicht nur in der IT brauchen, sondern in jedem Beruf. Da Kinder ohnehin praktisch täglich mit elektronischen Geräten außerhalb der Schule konfrontiert werden, sollten sie auch im Unterricht und unter pädagogischer Anleitung lernen, damit klug umzugehen.

Am Mittwoch nahm ich deshalb an einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Bildung und Forschung zum Thema „Digitalisierung in Schule, Ausbildung und Hochschule“ teil.  Dort wurde über diese Fragen kontrovers diskutiert, denn es gab auch die Meinung, dass Computer in Grundschulen nichts verloren haben.

Bild: Börkur Sigurbjörnsson, „Chalk„, CC-BY 2.0

Ich bin der Meinung, dass sie dort sehr wohl hingehören, genauso wie schnelles Internet, damit Lehrer nicht mehr mit Kreide Internetlinks an die Tafel schreiben müssen, die die Kinder dann als Hausaufgabe zuhause nachschauen sollen, wie es mir als reales Beispiel von Vertretern der Landjugend erzählt wurde, mit denen ich mich am Donnerstag zu Digitalisierung im ländlichen Raum austauschte. Es kann nicht sein, dass unsere Kinder in einer Art „Museumslandschaft“ unterrichtet werden, während um sie herum die Gesellschaft immer digitaler wird. Vor allem verstärkt die andauernde „Kreidezeit“ in Schulen die Bildungsunterschiede in Abhängigkeit vom sozialen Hintergrund, denn Kinder aus bildungsfernen und/oder materiell schlechter gestellten Haushalten haben eine geringere Wahrscheinlichkeit, Zugang zu guten digitalen Bildungsangeboten zu erhalten. Damit erhalten sie auch künftig schlechtere Chancen und das finde ich nicht akzeptabel.

Ich wünsche mir deshalb auch Innovationslabore in Schulen, ähnlich den Stationen Junger Techniker und Naturforscher, die es in der DDR gab, nur eben mit moderner Technik, wie 3D-Druckern, Lasercuttern, Lötstationen zum Hardware Basteln und Computern zum Programmieren lernen. Eine solche Station gibt es bereits in meiner Heimatstadt Fürstenberg an der Havel im Bahnhofsgebäude, der Träger ist der havellab e. V., dem ich als Gründungsmitglied angehöre. Dieser „Verstehbahnhof“ kooperiert eng mit der örtlichen Dreiseengrundschule und so erlebe ich aus erster Hand, wie viel Spaß Grundschüler*innen dabei haben, kleine Roboter zu basteln und neue Technologien kennen zu lernen. Sie programmierten interaktive Glückwunschkarten, installierten selbst gebaute Feinstaubmessgeräte an der Bundesstraße oder bauten aus fischertechnik einen 3D-Drucker selbst zusammen, mit dem sie Weihnachtssterne auf dem Weihnachtsmarkt im Ort ausdruckten und ihren Eltern und Großeltern den Umgang damit erklärten. Mädchen wie Jungen, Einheimische wie Kinder Geflüchteter, Kinder aus ALGII-Haushalten ebenso wie Kinder aus wohl situierten Familien lernen dort gemeinsam und mit Begeisterung. Wenn man damit schon in der 3. Klasse beginnt, haben Kinder auch noch nicht verinnerlicht, was ihnen Stereotype vermitteln, nämlich dass Technik vor allem etwas für Jungs ist. Diese Stereotype schränken die Entwicklung der Talente von Mädchen ein und auch dagegen muss Schule aktiv etwas tun.

Bild: Charlotte Welch, CC BY-ND 4.0

Um digitale Bildung auch ganz konkret zu unterstützen, spende ich seit fast einem Jahr regelmäßig Klassensätze mit Calliope-Minicomputern an Grundschulen in meinen Wahlkreisen. Dieser kleine Einplatinencomputer wurde speziell für Grundschüler*innen ab der dritten Klasse entwickelt und erlaubt es, mithilfe einer leicht verständlichen Oberfläche kleine Programme zu schreiben. So können Kinder früh ein Verständnis für die Funktionsweise von Computern in unserer zunehmend digitalen Welt entwickeln. Meiner Meinung nach sollten sie ein fester Bestandteil der Schulbildung im 21. Jahrhundert sein. Bisher habe ich an sieben Schulen Klassensätze mit Calliope-Computer überreicht, zwei weitere sind bereits in Planung.