Auch in diesem Jahr habe ich eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, um zu erfahren, wie nachhaltig die IT des Bundes ist, insbesondere die Rechenzentren. Damit sich nicht jede:r durch die vielen schwer lesbaren Dokumente aus der Antwort der Bundesregierung quälen muss, gibt es nachfolgend eine ausführliche Analyse mit vielen Zahlen und Fakten, die ich mit meinem Team aus den Dokumenten erarbeitet habe. Vergnügungssteuerpflichtig war das nicht, keine Tabelle war maschinenlesbar, alles nur PDF mit z.T. inkonsistenten Antworten. Für alle, die die Zeit dafür aufbringen können, lohnt sich dennoch HIER ein Blick in die Originaldokumente.

Datenlage – Die Bundesregierung hat keinen Durchblick

  • Laut Frage 1 soll (immer noch) das Berichtswesen Green IT überarbeitet werden, für 2023 sollen dann (rückblickend) alle 21 Kriterien des (neuen) Blauen Engels für RZ berichtet werden
  • Wichtige Informationen werden strukturell nicht erhoben von den meisten Rechenzentren ! 
    • Nur 7% geben an, ein Energiemanagementsystem (Blauer Engel) zu haben (Frage 10)
    • Nur 29% haben ein IT-Last Monitoring (Blauer Engel) (Frage 10)
    • Nur 13% haben ein Monitoring von Strom, Klima u Wasser (Blauer Engel) (Frage 10)
  • Die Bundesregierung senkt sich dabei die Latte selbst: noch vor 1 Jahr kündigte sie an, alle Bundes-RZ ab 100 kW Anschlussleistung würden ein Energie-Management-System einführen – das beträfe 41 RZ laut Antwort auf eine Schriftliche Frage von mir; laut Energieeffizienzgesetz gibt es diese Pflicht aber nur noch für Bundes-RZ ab 300KW Nennleistung, das sind aber nur noch 16 RZ, also 25 Rechenzentren weniger!
  • Für mehr als jedes vierte der aufgelisteten 118 RZ des Bundes gibt es keine Daten für den Stromverbrauch oder den Ökostrom-Anteil (besonders schlecht: Digitalministerium: bei 8 von 10 RZ gibt es keine Angabe), und auch nicht für die verwendeten Kältemittel (Frage 13)
  • Transparenz gibt es überhaupt nicht: 0% der RZ gaben an, irgendwelche Daten zur Energieeffizienz zu veröffentlichen (ein Blauer Engel Kriterium, Frage 10)
  • Auch am künftigen Energieeffizienzregister hat sich kein einziges RZ des Bundes bereits mit Daten in der Pilotphase beteiligt, es ist finanziert vom BMWK (Frage 2 b)
  • Auch der Fortschrittsbericht zum Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit kommt regelmäßig verspätet, der noch ausstehende Bericht für 2022 soll laut Ampel nun irgendwann im ersten Quartal 2024 kommen. (Frage 1c)
  • Es fehlen nicht nur viele Daten, manche widersprechen sich auch direkt: zB die Angaben des BMFSFJ zur Abwärmenutzung: in der Antwort auf Frage 14 “Nutzung Abwärme?” steht 6 Mal Nein u 1 Mal Keine Angabe, bei Frage 10 (Blauer Engel, Kriterium Abwärmenutzung) steht jedoch bei 2 RZ des BMFSFJ “erfüllt” – nur eins davon kann stimmen. Auch bei der Nutzung klimaschädlicher Kältemittel gibt es Widersprüche zwischen verschiedenen Tabellen (Anlage 1 und Anlage 3), wonach entweder nur 1 oder mindestens 3 der 6 RZ des Umweltministeriums klimaschädliche Kältemittel verwenden. 

Nachhaltigkeit der Bundes-IT: Hoher Anspruch – kaum Umsetzung

Nachfolgend detailliertere Analysen zu den Themen:

  1. Allgemein – Überblick – Blauer Engel
  2. Erneuerbare Energien, Stromverbrauch
  3. Abwärmenutzung
  4. Kältemittel
  5. Einkauf und Nachnutzung von IT
  6. Sonderauswertung BMWK und BMUV
  7. IT-Konsolidierung des Bundes – Anzahl RZ

1. Allgemein – Überblick – Blauer Engel

  • Nur 2 RZ haben einen Bl. Engel – aber nur nach alten Kriterien (Frage 11)
  • Kein einziges RZ erfüllt alle 21 Kriterien des neuen Blauen Engel (Anlage 1)
  • Nur 5% der 118 RZ gaben an, wenigstens die Hälfte dieser Kriterien zu erfüllen 
  • Jedes 5. RZ (19%/22) gab für kein einziges der 21 Kriterien an, dass es erfüllt wird (also inkl. “Keine Angabe”) 
  • Jedes 5. RZ gab an, mehr als 5 von 21 Kriterien zu erfüllen (18%)
  • Das beste RZ ist eines, das zumindest 17 von 21 Kriterien erfüllt.
  • Auch bei neuen RZ spielt weiterhin der Blaue Engel eine untergeordnete Rolle, obwohl die Einhaltung seiner Kriterien seit Jahren Vorschrift ist. (Frage 15)

Übersicht Erfüllung Kriterien des Blauen Engels für RZ:

 Auswahl der 9 besonders relevanten Blaue-Engel-Kriterien:

Nachfolgend drei Tabellen zu den 9 wichtigsten Kriterien des Neuen Blauen Engels, einmal die Übersicht über alle 118 RZ des Bundes und dann noch mal je eine Tabelle für die Rechenzentren des BMWK und des BMUV, die ja beide für das Thema Nachhaltigkeit der IT kompetent und verantwortlich sein sollten.

2. Erneuerbare Energie:

  • Für jedes 4. RZ sind weder Stromverbrauch noch Ökostrom-Anteil bekannt,
  • Immerhin: 74 / 118 RZ nutzen erneuerbare Energien, (2022: 52 RZ) – das sieht aus wie eine deutliche Verbesserung! Schaut man jedoch in die Tabelle der 118 RZ (Anlage 2), ist nur bei 4 Rechenzentren eine Verbesserung des Anteils von Erneuerbaren Energien erkennbar. Spitzenreiter mit 100% Erneuerbaren für alle ihre RZ sind: BMAS (3 RZ), BMBF (4 RZ), BMF (11 RZ) u BPA (4 RZ). Auch ganz gut sind: BMWK: 11 RZ mit 100% Erneuerbaren, 1 mit keiner Angabe)
  • Besonders uninteressiert ist offenbar das Digitalministerium: 8 mal Angabe „Keine Ahnung“ (die Abkürzung K.A. kann auch „Keine Angabe“ heißen), 1 mal 36 % Erneuerbare u nur 1 mal 100 % Erneuerbare.
  • Die Bundesregierung bestätigt den Plan, bis Ende 2024 ALLE Liegenschaften des Bundes (dazu gehören auch RZ) mit 100% Erneuerbare zu versorgen – das Ziel ist durchaus erreichbar. (Frage 6)

Übersicht zum Anteil erneuerbarer Energien

Stromverbrauch: steigt wieder

Nachdem er jahrelang sank, steigt der Stromverbrauch der Bundes-IT wieder, laut Bundesregierung wegen der “Zunahme der Digitalisierung und mehr mobiler Arbeit”, sie will gegensteuern durch “Umsetzung der Kriterien des Blauen Engels für Rechenzentren” und durch “kontinuierliches Monitoring” (Frage 3) – da aber nur 2 von 118 RZ einen Blauen Engel haben u ein kontinuierliches Monitoring offenbar gar nicht stattfindet, wird das wohl nichts…. Der Bund kann auch nicht schätzen, ob der Stromverbrauch steigen oder sinken wird.

3. Abwärme: Verschlechterung!

  • Nur 9 % der 118 Rechenzentren nutzen Abwärme in irgendeiner Form (keines detailliert trotz Nachfrage wie und wie viel), in absoluten Zahlen: 11 RZ nutzen Abwärme, in 2022 waren es noch 14! (Anlage 4)
  • Die Abwärme-Kriterien des Blauen Engels erfüllen sogar nur 6 der 118 RZ – das sind 5 % – wahrlich keine Vorbildwirkung! (Anlage 1)
  • Bemerkenswert: 2 Rechenzentren des BMWK gaben in 2022 an, Abwärme zu nutzen, jetzt aber nicht mehr. Das ist kurios und ginge jedenfalls in die falsche Richtung.

Übersicht zur Abwärmenutzung:

4. Kältemittel: keine Verbesserung, gleichbleibend schlecht

  • Nur 13 von 118 Rechenzentren nutzen klimafreundliche Kältemittel – eins mehr als in der Antwort zur Kleinen Anfrage 2022 stand, von den 12 RZ des BMWK gehört keines dazu (Anlage 3)
  • 73 RZ nutzen explizit klimaschädliche Kältemittel (32 RZ = Keine Angabe)
  • Immerhin haben 16 RZ eine Umrüstung auf weniger klimaschädliche Kältemittel geplant, davon 4 der 11 RZ mit klimaschädlichen Kältemitteln beim BMWK, aber keines der 2 RZ mit klimaschädlichen Kältemitteln beim BMUV

Übersicht zur Klimafreundlichkeit der Kältemittel:

5. Einkauf und Nachnutzung von IT

Ein Reuse-Management haben nur 26 der 118 RZ (40 „keine Angabe“, 52: “nein”) – Es gibt also weiterhin kein systematisches Lifecycle-Management für die Unmengen an Hardware in den Rechenzentren des Bundes. (Anlage 1) 

Einkaufsmacht des Bundes: zu wenig Nachhaltigkeitskriterien in RZ-Dienstleistungsverträgen:

  • Der Bund kauft für Milliarden Euro IT-Produkte u Dienstleistungen ein – er hat eine hohe Marktmacht u kann damit steuernd wirken, das tut er aber viel zu wenig.
  • „100% erneuerbare Energie“ findet sich bei fast allen (14 von 15) Co-Location RZ des Bundes (Frage 16)
  • Klimafreundliche Kältemittel sind nirgendwo Vertragsbestandteil
  • Nur selten gibt es einen Mindest-PUE Wert (4 von 15 Mal)
  • Aber zunehmend spielt Abwärmenutzung eine Rolle, 5 Mal als Vertragsbestandteil u 2 weitere Male findet sie statt (ohne Verankerung im Vertrag)

6. Sonderauswertung: BMWK und BMUV sind keine Vorbilder!

Die Bilanz ist für beide grün-geführten und für Umwelt und Klima zuständigen Ministerien mehr als peinlich.

  • BMWK:
    • 0 von 12 RZ des BMWK haben ein Energiemanagementsystem (Anl. 1)
    • Kein RZ nutzt Abwärme (Anlage 4)
    • Kein RZ nutzt klimafreundliche Kältemittel (für 4 ist eine Umrüstung geplant) (Anl. 3)
    • Nur bei Nutzung von Erneuerbaren blamiert sich Klimaminister Habeck nicht (11 von 12 RZ) (Anlage 2)
    • Das BMWK hat keine Personalstellen für die Nachhaltigkeit seiner RZ (Frage 1b)
  • BMUV:
    • Immerhin 5 von 6 RZ haben ein Energiemanagementsystem  (Anlage 1)
    • Nur 2 von 6 nutzen klimafreundl. Kältemittel (lt. Anlage 3).
    • Nur 1 von 6 nutzt Abwärme (Anlage 4)
    • Nur 4 von 6 RZ nutzen 100% Erneuerbare Energien
    • Lobenswert: es gibt 3 Personalstellen für Nachhaltigkeit in RZ (Frage 1b)

7. IT-Konsolidierung des Bundes: Ziele werden nicht erreicht, sondern abgeschafft

  • Das Großprojekt IT Konsolidierung des Bundes läuft von 2015 bis 2025 und wird vorr. 3,5 Mrd. € kosten. Laut Grobkonzept von 2015 soll die Anzahl der Bundes-RZ auf 10, laut Aussage im Herbst 2023 im Digitalausschuss sogar auf 3 RZ reduziert werden.
  • Seit Jahren steigt jedoch die Anzahl RZ anstatt zu sinken.
  • Laut Frage 8 hat der Bund 118 Rechenzentren, im letzten Jahr gab er 184 RZ an
  • Allerdings fehlen dieses Jahr in der Tabelle alle RZ des Kanzleramtes und der Beauftragten für Kultur und Medien (2022: 1+8 RZ) sowie beim Vergleich mit den Tabellen in 2022 auch 67 RZ des BMI, vermutlich die RZ der Netze des Bundes.
  • Rechnet man diese 9 + 67 RZ zu den 118 RZ hinzu, hat der Bund 194 RZ, also wieder 10 mehr als im letzten Jahr.
  • Bis 2025 will der Bund laut Frage 8 b) die Anzahl der RZ von 118 auf 99 verringern, auch in dieser Prognose-Zahl sind die unterschlagenen RZ aus drei Ressorts nicht enthalten.
  • Laut Antwort auf Frage 7 ist das aber für die BuReg offenbar kein Problem, da „die Anzahl der Rechenzentren kein Kriterium mehr für die Zielerreichung ist“ – ob die Anzahl RZ also nun wirklich reduziert wird oder nicht und wann es welche erreichbaren Ziele gibt, bleibt schleierhaft.

So viel also zum Fortschritt der Nachhaltigkeit der Bundes-Rechenzentren. Noch mehr Informationen zum Thema Nachhaltigkeit der Bundes-IT – also auch zu Software, Webseiten aber auch zum Einkauf von Open Source im Allgemeinen gibt es in meinem Artikel zum Vortrag Nachhaltigkeit der Bundes-IT: Koalitionsvertrag vs. Wirklichkeit zu lesen, den ich am 27.12.2023 beim 37. Chaos Communication Congress (#37C3) gehalten habe. Den Vortrag kann man sich HIER ansehen.

Meine Frage:
Wie viele IT-Sicherheitsstellen sind derzeit in den Bundesministerien und deren nachgeordneten Behörden besetzt und wie viele unbesetzt (bitte jeweils nach Bundesministerien inklusive der jeweils nachgeordneten Behörden analog zur Antwort der Bundesregierung auf meine Schriftliche Frage 47 auf Bundestagsdrucksache 20/5426 aufschlüsseln, s. https://dserver.bundestag.de/btd/20/054/2005426.pdf)?

Weiterlesen

Zum 3. Mal gibt es kein Digitalbudget, das BSI bekommt 38 Mio zu wenig, um gut für IT-Sicherheit zu sorgen, bei Ladeinfrastrukturen wird gespart, Open Source Mittel halbiert, Verwaltungsdigitalisierung ist unterfinanziert, Nachhaltigkeit vernachlässigt, so verspielt die Ampel unsere Zukunft.

Meine Rede zum Etat des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr im Wortlaut:

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der EU-Länderbericht zur digitalen Dekade bescheinigt Deutschland sehr gravierende Mängel. Minister Wissing hat ihn offensichtlich nicht gelesen – seiner Rede nach.

Aber welche digitalpolitischen Weichen stellt die Ampel in diesem Haushalt? Zum dritten Mal gibt es kein Digitalbudget. Die ersten beiden Jahre gab es Ausreden, diesmal die endgültige Absage. Nachhaltigkeit sollte ein Schwerpunkt der Ampel sein; aber im BMDV-Haushalt für dieses Jahr finden sich dafür null Euro.

Minister Wissing setzt weiter auf einen parallelen Netzausbau im Mobilfunk und auf Überbau statt Open Access bei Glasfaser. Das bremst aber den Ausbau, und das verschärft die Klimakrise durch unnötigen Ressourcenverbrauch. Die Verkehrswende wird gebremst; denn geplante Zuschüsse für die Ladeinfrastruktur werden um 290 Millionen Euro gekürzt. Schön ist zwar, dass jetzt 4,5 Millionen Euro für Repaircafés im Haushalt des BMUV stehen. Aber im Haushalt 2023 gab es auch schon 2 Millionen Euro dafür, und genau 0 Euro wurden ausgegeben. Ich hoffe sehr für die Repaircafés in diesem Land, dass es in diesem Jahr nicht wieder eine Luftnummer wird.

Den Betreibern solcher Cafés möchte ich im Übrigen auch mal Danke sagen. Sie leisten nämlich ehrenamtliche Arbeit, vor allem im ländlichen Raum, und leisten damit einen unschätzbaren Beitrag nicht nur für die Nachhaltigkeit, sondern auch für das Soziale.

Unterfinanziert ist aber auch die IT-Sicherheit. Im Haushalt des BMI fehlen 38 Millionen Euro für das BSI, sagt die Präsidentin des BSI. Und sie sagt auch, dass manche Aufgaben nur noch rudimentär erfüllt werden können. Das ist bei der steigenden Bedrohungslage wirklich inakzeptabel. 

Außerdem zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage, dass aktuell 750 Stellen im Bereich der IT-Sicherheit im Bund unbesetzt sind, fast jede dritte Stelle auch im BMDV – das hört der Minister leider gerade nicht -, fast 80 Prozent dieser Stellen im Gesundheitsministerium, und das dort sogar schon seit Jahren. Prioritäten, so wichtig.

Apropos: Das Zentrum für Digitale Souveränität, das den Open-Source-Arbeitsplatz für die öffentliche Verwaltung entwickeln soll, bekam sein Budget halbiert. Die Stärkung von Open Source war der Ampel aber eigentlich superwichtig. Trotzdem lässt sie das ZenDiS am langen Arm verhungern, und das ist ein strategischer Fehler. 

Das digitale Verwaltungskernbudget im BMI wurde um 99 Prozent gekürzt, aber ohne die versprochenen Ausgleiche in den Haushalten der anderen Ressorts zu sichern. Dafür fördert die Ampel ungebremst Hype-Tech. Im BMBF gibt es 500 Millionen Euro für KI, im BMDV über 60 Millionen Euro und darunter sogar 2,5 Millionen Euro, um ein totes Pferd weiter zu reiten, nämlich für sogenannte skalierbare Blockchain-Lösungen. 

Mein Fazit: Nachhaltigkeit, digitale Verwaltung, Open Source, IT-Sicherheit, alles das ist unterfinanziert, weil die Ampel falsche Prioritäten setzt und weil sie an der Schuldenbremse festhält, die inzwischen sogar konservative Ökonomen und Topmanager kritisieren.

Das ist nicht sparsam, sondern gefährlich, weil es an notwendigen Investitionen in die Zukunft fehlt.

Vielen Dank.

Informationstechnologie bildet das Rückgrat moderner Verwaltungsprozesse und steht im Mittelpunkt der Umsetzung staatlicher Aufgaben. Daher ist die Besetzung von IT-Sicherheitsstellen im Bund unerlässlich, um die staatlichen Institutionen effektiv vor Cyberangriffen zu schützen und damit die Arbeitsfähigkeit der Bundesbehörden und der Bundesregierung sicher zu stellen. Damit werden auch die Daten der Bürger:innen geschützt, die in Bundesbehörden verarbeitet werden, wie z.B. bei der Agentur für Arbeit, der Deutschen Rentenversicherung oder Bundesamt für Migration und Flucht. Aktuell sind jedoch laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage von Anke Domscheit-Berg, Digitalpolitikerin der Linken im Bundestag, fast 750 IT-Sicherheitsstellen im Bund unbesetzt, das ist jede sechste dieser Stellen. Mängel in der IT-Sicherheit sind gefährlich, das zeigt die steigende Zahl erfolgreicher Ransomware Angriffe z.B. auf Kommunen, Bildungseinrichtungen und Unternehmen. Ein erfolgreicher Cyberangriff auf eine Bundesbehörde könnte katastrophale Folgen haben, weshalb IT-Sicherheit in allen Geschäftsbereichen der Bundesregierung eine hohe Priorität erhalten muss. Wie aus der Antwort der Bundesregierung jedoch hervorgeht, gibt es sehr große Unterschiede zwischen den Ressorts.

Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag:

Weiterlesen

Meine Frage: Welche Kontakte jeglicher Art gab es seit Beginn der 20. Wahlperiode zwischen Bundesministerinnen und -ministern, Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung oder hohen Beamtinnen und
Beamten von Bundesbehörden mit Vertreterinnen und Vertretern der Firma Aleph Alpha zum Themenfeld Künstliche Intelligenz einschließlich AI Act (bitte tabellarisch auflisten mit Termin, Art des Kontaktes – Treffen, EMail, Telefonat, Direktnachrichten etc, Thema – AI Act bitte explizit nennen und mit welchen Vertreterinnen und Vertretern von Aleph Alpha der Kontakt stattfand)?

Weiterlesen

Zum Digitalausschuss vom 17.01.2024 gibt es eine Mammut-Folge mit 5 Themen im Ausschuss und den 2 Bonus-Themen: Update zur Linken im Bundestag und meine Argumente für ein AfD Verbot. Digital gehts um: 1) UN Cybercrime Convention (authoritäre Staaten wollen darin Gruseliges), 2) der KI-Aktionsplan des BMBF mit 500 Mio € Fördergeld in 2024, 3) Ergebnisse der Weltfunkkonferenz 2023: kommt ein Mobilfunknetz für Polizei und Militär? Was sind Folgen für die Kulturfrequenzen?, 4) Bund und Länder Krisenübung LÜKEX mit einem Cyber-Attacke-auf-den-Staat Szenario und 5) wie lief die Förderung des Glasfaserausbaus in 2023 (Gigabit-Richtlinie 2.0) und was kommt 2024?

Kapitelmarken:
00:00:07 Intro
00:01:25 UN-Cybercrime Convention 
00:13:51 Weltfunkkonferenz
00:26:42 Krisenübung LÜKEX mit Cyberangriff
00:36:48 KI-Aktionsplan Bundesregierung
00:48:35 Gigabitrichtlinie 2.0
00:56:00 Update Linke im Bundestag
00:57:27 AfD-Verbot
01:04:07 Outro und Hinweise

Weiterführende Links:

UN-Cybercrime Convention:

Weltfunkkonferenz:

LÜKEX – Krisenübung mit Bund und Ländern:

KI-Aktionsplan:

Gigabitrichtlinie 2.0:

Sonstige Hinweise:

Die Umsetzung des EU Digital Services Act braucht Nachbesserung: Gefahren entstehen durch massenhafte Datenweiterleitungen an das BKA und Mißbrauch von Netzsperren. Die zuständige BNetzA hat nicht mal Stellen; KMU und dezentrale, nicht kommerzielle Dienste stehen im Regen.

Meine Rede zur Umsetzung des DSA auf nationaler Ebene im Wortlaut (18.01.2023):

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Einschätzung zur Umsetzung des DSA gibt es jetzt in 90 Sekunden. Gut daran ist die Klarheit bei der Störerhaftung und die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Beirat. Aber insgesamt finde ich die Umsetzung doch misslungen.

Erstens: Noch häufiger als bisher können Netzsperren wegen Urheberrechtsverletzungen direkt beim Anbieter und ohne Richtervorbehalt eingefordert werden. Wer die vorgesehene Verhältnismäßigkeit prüfen soll, bleibt dabei völlig offen. Als Linke kritisiere ich dieses Zensurheberrecht!

Zweitens. Die Pflicht zur proaktiven Datenweiterleitung an das BKA in Artikel 18 des DSA besteht bei „Gefahr für die Sicherheit von Personen“. Das ist ein sehr schwammiger Rechtsbegriff und muss konkretisiert werden, will man massenhaftes Ausleiten personenbezogener Daten verhindern und Gerichte nicht mit Klagen überlasten.

Drittens: Die Anwendung des Digitale-Dienste-Gesetzes ist bei nichtkommerziellen Diensten völlig unklar, wenn sie dezentral organisiert sind wie Mastodon oder das Wikimedia-Projekt „Wikimedia Commons“. Die Autorencommunity dort ist getrennt vom Verein Wikimedia. Sollen jetzt ehrenamtliche Autorinnen und Autoren das Beschwerdemanagement einrichten und Transparenzberichte erstellen? Eine Umsetzungsunterstützung für nichtkommerzielle Anbieter und viele kleine und mittlere Unternehmen unter den 5 000 betroffenen Anbieter/-innen gibt es bisher nicht.

Viertens hat die künftig zuständige Bundesnetzagentur als Digitale-Dienste-Koordinator bisher noch nicht einmal Stellen dafür, ist in vier Wochen aber bereits Ansprechpartnerfür über 5 000 Anbieter und mehrere Millionen Nutzer/-innen. Bessern Sie das nach, liebe Ampel, und das sehr schnell!

Vielen Dank.

Meine Rede zum Antrag der Union: „IP-Adressen rechtssicher speichern und Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen“ (18.01.2024):

Die von der Union beantragte IP-Adress-Vorratsdatenspeicherung ist verfassungswidrig. Massenüberwachungsinstrumente gehören nicht in eine  Demokratie! Wofür würde die AfD sie verwenden, wen überwachen und wofür? Missbrauch verhindern, heißt Überwachungsinfrastruktur verhindern!

Meine Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum dritten Mal debattieren wir hier den vorliegenden Antrag der Union, die seit 20 Jahren die Einführung der Vorratsdatenspeicherung fordert, zur Abwechslung in der Variante „IP-Adressen“ und unter dem Vorwand des Kinderschutzes. Ich könnte meine alten Reden noch mal halten.

Die Sachlage hat sich ja nicht geändert. Die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen ist weder geeignet noch angemessen oder verhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Sie würde das gesamte Onlineverhalten aller Menschen in Deutschland überwachen. 

Die Erfahrung zeigt: Neue Instrumente zur Massenüberwachung wecken Begehrlichkeiten und werden für immer mehr Zwecke eingesetzt. Aus aktuellem Anlass finde ich daher folgende Frage wichtig: Stellen Sie sich mal vor, eine demokratiefeindliche Partei wie die rechts außen hat Zugriff auf solche Überwachungstechnologien. Was glauben sie, wofür die AfD sie wohl verwenden würde? 

Wen würde sie wohl überwachen und aus welchen Anlässen? Und was würde sie mit den Ergebnissen tun? Ein Missbrauch von Infrastrukturen, die sich für anlasslose Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung eignen, kann man nur verhindern, indem man sie gar nicht erst aufbaut.

Werkzeuge zur anlasslosen Massenüberwachung haben in einer Demokratie nichts verloren oder, wie die taiwanesische Ministerin für Digitales, Audrey Tang, vorgestern in Berlin sagte: In einer Demokratie nutzt man Digitalisierung, um den Staat transparenter zu machen, in einer Autokratie, um Bürgerinnen und Bürger transparenter zu machen. – Wenn wir die Demokratie wertschätzen, müssen wir also die Einführung derartiger Werkzeuge verhindern, aber auch, dass die AfD die Macht ergreift.

Vielen Dank.

Meine Frage:

„Wofür konkret wurden die für das Programm Reparieren statt Wegwerfen
vorgesehenen 2 Mio. Euro im Haushalt 2023 verausgabt (bitte je Ausgabe
Zweck/Empfänger und Höhe der Ausgabe angeben), und was waren die
Gründe dafür, dass die vorgesehenen Mittel (2 Mio. Euro) nicht vor allem
für Reparaturwerkstätten genutzt wurden?“

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Kühn:

„In den Haushalt waren für das Jahr 2023 bei Kapitel 1601 Titel 892 07 „Re-
parieren statt Wegwerfen“ Mittel in Höhe von 2 Millionen Euro eingestellt.
Da leider zunächst noch kein Projektträger gewonnen werden konnte,
konnte das geplante Programm leider noch nicht begonnen werden, sodass im Jahr 2023 noch keine Haushaltsmittel aus diesem Titel verausgabt wer-
den konnten.

Der o. g. Titel ist übertragbar, sodass nicht verausgabte Haushaltsmittel
grundsätzlich als Ausgaberest im Haushaltsjahr 2024 zur Verfügung stehen
können. Eine Förderrichtlinie zur Förderung von Reparatur-Initiativen und
Selbsthilfe-Werkstätten zur Unterstützung von Reparaturmaßnahmen wurde
erstellt und wird in Kürze an den Bundesrechnungshof gesandt. Auch die
Suche nach einem Projektträger läuft derzeit erfolgversprechend, sodass mit
Inkrafttreten des Haushalts 2024 eine Umsetzung entsprechender Maßnah-
men zu erwarten ist.“

Antwortschreiben im Original:

Von Rechenzentren bis Software – wo muss und wie kann die Bundes-IT nachhaltiger werden?

CCC Talk

Wie der Bund seine IT einkauft und betreibt, hat eine erhebliche Auswirkung auf das Klima.

GroKo und Ampel-Regierung waren und sind daher groß im Ankündigen grüner IT: in digitalpolitischer Umweltagenda, Koalitionsvertrag, Digitalstrategie und Gigabitstrategie. Wie weit Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, erfrage ich als Bundestagsabgeordnete regelmäßig mit Kleinen Anfragen und schriftlichen Fragen. Ich verspreche kleine Hoffnungsschimmer, aber auch Frustration, denn meine neueste Anfrage vom November 2023 deckt schonungslos auf, wie intransparent und wie wenig nachhaltig die IT des Bundes immer noch ist und wie die Ampel sich die Latte immer tiefer hängt und trotzdem nicht drüber kommt.

Das Potenzial des Bundes als Großverbraucher (z. B. mit über 180 Rechenzentren), als Finanzierer (z. B. von über 400 KI-Projekten) und als Regulierer (z. B. beim Energieeffizienzgesetz oder beim Überbau von Glasfaser) ist aber riesig, auch das werde ich vermitteln und die Stellschrauben beschreiben, an denen man drehen könnte, um IT weniger klimaschädlich zu machen – auch außerhalb des Bundes.

Der Bund kauft jährlich für 260 Mrd. € ein, auch für mehr als 1 Mrd. IT, er betreibt über 180 Rechenzentren, förderte in 2023 über 400 KI-Projekte, setzt selbst über 100 Mal KI-Systeme ein und hat noch aus vielen weiteren Gründen mit seiner IT eine erhebliche Klimawirkung. Wie die GroKo hat sich auch die Ampel auf die Fahnen geschrieben, die Digitalisierung klimafreundlicher zu machen, ganz allgemein – durch Regulierung für alle (z. B. im Energieeffizienzgesetz), aber auch in eigener Verantwortung, bei den eigenen Rechenzentren, Software oder IT-Dienstleistungen. Die Ankündigungen dazu sind wohltönend, z. B. im Koalitionsvertrag und in der Digitalstrategie. Bundesbehörden und Rechenzentren sollen klimafreundlich(er) werden, es soll mehr Transparenz geben, z. B. über ein Energieeffizienzregister für Rechenzentren, es wurde versprochen, dass Vergabeprozesse die Nachhaltigkeit berücksichtigen sollen, auch beim Einkauf von IT und IT-Dienstleistungen, z. B. durch standardmäßigen Einkauf von IT mit Blauem Engel – auch bei Software. Selbst der Ausbau der Gigabitinfrastruktur sollte nachhaltiger werden. Aber passiert das alles auch?

Ich nutze meine parlamentarischen Rechte als Bundestagsabgeordnete der Opposition (DIE LINKE), um über schriftliche Fragen und Kleine Anfragen Fakten dazu öffentlich zu machen und die große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu zeigen. Dabei geht es einerseits um das Vorhandensein von Daten (you get what you measure!) – tatsächlich also um einen Mangel an Transparenz zur Baseline – und andererseits um die Daten selbst, also wie gut oder schlecht die Nachhaltigkeit jeweils ist.

Einen Schwerpunkt lege ich dabei auf die Klimafreundlichkeit von Rechenzentren, aber auch zu anderen Themen gibt’s für Euch Fakten: zur Wiederverwendung von Hardware, zum Recht auf Reparatur und der (versprochenen!) Förderung von Reparatur-Initiativen, zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Vergabe von Hunderten Millionen Euro Fördergelder für KI-Projekte, zu Websites, Software und mehr. Da ich seit mehreren Jahren zur Nachhaltigkeit der Bundes-IT Kleine Anfragen stelle und die Digitalpolitik der Bundesregierung aus dem Maschinenraum des Bundestages verfolge, kann ich auch die Entwicklung beschreiben und werde Euch zeigen, wie die Ampel-Regierung sich einfach die Latte immer niedriger hängt und vermutlich trotzdem kaum eines ihrer Nachhaltigkeitsziele erreichen wird. Beim 37C3 werde ich erstmalig die Ergebnisse meiner jüngsten Anfrage vom November 2023 öffentlich vorstellen.

Bei aller Frustration über den Status Quo zeigt mein Vortrag aber auch, welche riesigen Potenziale noch gehoben werden könnten, um tatsächlich eine nachhaltigere Digitalisierung zu erreichen – und dafür ist es nie zu spät!