Digital-Haushalt 2020: Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander

Aus netzpolitischer Sicht ist der Haushaltsentwurf visionslos und enttäuschend. Mittel sind entweder zu gering, falsch priorisiert oder fließen zu langsam ab, gerade da, wo man sie am dringendsten braucht, wie beim Breitbandausbau. Bei der Verwaltungsmodernisierung trifft das alles zu. Der Open Government Partnership wurden die Mittel ganz gestrichen. So bleibt Open Government ein leeres Versprechen.

Rede im Wortlaut:

Sehr geehrte*r Präsident*in, liebe Kolleg*innen,

Wunsch und Wirklichkeit klaffen bei der Digitalisierung in Deutschland weit auseinander. Bei vielen blumigen Versprechen der Bundesregierung fehlt die notwendige Unterfütterung mit Ressourcen. So sprach Kanzlerin Merkel Anfang September in ihrem Podcast über Open Government, ich zitiere:

„Deshalb erwarten Menschen zu recht, dass sie verstehen, wie Regierungen arbeiten, dass sie sich frühzeitig an den Gesetzentwürfen beteiligen können und dass sie einen Überblick darüber bekommen, wie unsere Steuergelder verwendet werden.“ – zitatende

Der Anlass für diese löblichen Worte war die Verabschiedung des 2. Nationalen Aktionsplanes zur Umsetzung der internationalen Open Government Partnership in Deutschland. Mir liegt das Thema Open Government am Herzen, jahrelng kämpfte ich für eine transparentere Politik u den Beitritt Deutschlands zur globalen Open Government Partnership.

Ich freute mich, als das vor 3 Jahren endlich geschah!  Aber nun soll das Budget dafür von 1,1 Millionen Euro auf 0 Euro gekürzt werden und aus schönen Worten werden leere Hülsen, weil ihnen jede finanzielle Basis fehlt.

Dass es neben der Höhe eines Budgets aber auch auf seinen Einsatz ankommt, sieht man an den 96% nicht abgeflossener Mittel für den Breitbandausbau, aber auch bei der Verwaltungsdigitalisierung.
So versprach der Koalitionsvertrag eine eGovernment Agentur, die für alle föderalen Ebenen Standards und Pilotlösungen entwickeln und einen Incubator für innovative eGovernment Lösungen beinhalten sollte. So eine Agentur besuchte ich letztes Jahr mit dem Digitalausschuss in Dänemark, sie hat fast 300 Mitarbeiterinnen.

Aber im Nationalen Aktionsplan der Open Government Partnership wurde aus der eGovernment Agentur ein Digital Innovation Team, in dem 5 Innovations-Berater*innen arbeiten. Das ist nicht die notwendige strukturelle Unterstützung für eine Verwaltungsdigitalisierung, die es Ottilie Normalbürgerin ermöglicht, ihre Behördengänge von zuhause zu erledigen und unseren dramatischen Rückstand aufzuholen!

Aus digitalpolitischer Sicht ist dieser visionslose Haushaltsentwurf eine herbe Enttäuschung. Dass er zwar eine Rüstungsquote von über 14 Prozent enthält, aber keinen Posten für Sozialinnovationen, ist geradezu ein Skandal.

Als Linksfraktion werden wir daher einen Antrag auf Einrichtung eines Social Innovation Fonds über 50 Millionen Euro einbringen, denn viele Innovationen, die dem Gemeinwohl dienen, sind nunmal für private Investoren uninteressant, also muss der Staat Verantwortung übernehmen, damit sie trotzdem entstehen können und die Vorteile der Digitalisierung für alle spürbar werden.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen nichts im Strafgesetzbuch verloren haben, §219a gehört abgeschafft.