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Zum vierten Mal seit 2021 erfragte DIE LINKE im Bundestag die Bundesregierung zur Nachhaltigkeit der Bundes-IT und nimmt eine Gesamtbewertung für die ablaufende Legislatur vor. Die ehemalige Ampelregierung war mit hohen Ansprüchen angetreten, schrieb sich Nachhaltigkeit in den Titel des Koalitionsvertrages und versprach nachhaltigere Rechenzentren, 100% Ökostrom bis Ende 2024, Einkauf von IT-Produkten und Dienstleistungen unter Berücksichtigung des Blauen Engels und die Fortsetzung der Reduktion der Rechenzentren im Rahmen der IT-Konsolidierung des Bundes. In der vorliegenden Kleinen Anfrage beantwortete die Bundesregierung auch Fragen zum erheblichen Einkaufsvolumen des Bundes für IT Produkte und Dienstleistungen, zur Umsetzung des Energieffizienzgesetzes und zum (extrem angestiegenen) Gesamtenergieverbrauch der Bundes-IT. Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag:

Krachend gescheitert: Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele für die Bundes-IT

Meine vierte Kleine Anfrage zur Nachhaltigkeit der Bundes-IT offenbart eine verheerende Bilanz der scheidenden Bundesregierung, die mit hohen Ansprüchen angetreten war, aber an jeglicher Umsetzung scheiterte. Der Energieverbrauch durch IT ist massiv angestiegen, die unglaubliche Marktmacht des Bundes von fast 10 Milliarden Euro Einkaufsvolumen wurde einfach nicht für die Bevorzugung nachhaltiger IT genutzt und seit 10 Jahren nicht erreichte Ziele wurden plötzlich für überflüssig erklärt, Beschlüsse ignoriert, Zielerreichungen nicht gemessen sowie Zielverfehlungen nicht sanktioniert. Auch die Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes scheint völlig egal, niemand fühlt sich verantwortlich, schon gar nicht das BMWK. Die Ampel ist an der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsziele krachend gescheitert, aber ich fürchte, in einer Koalition unter Merz wird das Thema Nachhaltigkeit der Digitalisierung schon an der mangelnden Zielsetzung scheitern.

Energieverbrauch der Bundes-IT extrem gestiegen, Ökostrom-Ziel verfehlt

Um 63 GWh stieg der Energieverbrauch der Bundes-IT in 2023. Allein damit könnte man 18.000 Mehrpersonenhaushalte mit Strom versorgen. Insgesamt wurden 2023 sogar 407 GWh verbraten – das würde für sämtliche ca. 116.000 Einwohner Göttingens reichen. Das bereits in 2017 vereinbarte Ziel, unter einem Verbrauch von 350 GWh zu bleiben, wurde damit erstmalig seit 2016 verfehlt, und gleich um 57 GWh. Der Anstieg des IT-Energieverbrauchs um 18 Prozent geht laut Bundesregierung vorwiegend auf den Energiehunger der Rechenzentren zurück. Trotzdem ergab meine Kleine Anfrage: nur jedes 10. RZ des Bundes nutzt ein Energiemanagement und nur ca. 70 Prozent der RZ verwenden 100 Prozent Ökostrom.

Trotz Klimakrise ignorierte die Bundesregierung die eigene Verantwortung und sorgte weder ausreichend für einen geringeren Energieverbrauch, noch für mindestens 100% Ökostrom. Dabei war es ihr erklärtes Ziel, dass bis Ende 2024 alle Liegenschaften des Bundes nur saubere Energie nutzen. Trotzdem werden einige RZ „nicht vor 2028“ und andere sogar erst „spätestens bis 2045“ auf Ökostrom umstellen – das wäre 21 Jahre nach der Deadline! Solche Antworten müssten interne Konsequenzen haben, haben sie aber nicht und hatten sie nie und das ist Teil des Problems.

Chance verpasst: 10 Milliarden Euro Einkaufsmacht des Bundes bei IT ohne Impact

Der Bund könnte allein mit seiner immensen Marktmacht Einfluss darauf nehmen, wie nachhaltig die IT in ganz Deutschland ist, denn bei über 2.000 Vergaben in 2023 gab er fast 10 Mrd Euro für IT-Produkte und Dienstleistungen aus. Aber das passiert einfach nicht, weil es zwar Beschlüsse, Leitfäden und Vorgaben gibt, aber keinerlei Verbindlichkeit, keine Transparenz zur Umsetzung und niemanden, der sich wirklich dafür verantwortlich fühlt. Allein für Software Beschaffung wurden 4,8 Mrd Euro in 2023 ausgegeben. In weiteren 3,7 Milliarden für IT-Dienste sind außerdem Vergaben für Software-Entwicklung enthalten. Laut Umweltbundesamt ist das Ressourceneinsparpotenzial von Software immens, aber trotzdem hat der Bund in dieser Legislatur bei mehr als 1700 vergebenen Software-Entwicklungsaufträgen kein einziges Mal die Einhaltung der Kriterien des Blauen Engel für energieeffiziente Software verlangt oder bei Eigenentwicklungen vergeben, nicht mal das Klima- und das Umweltministerium.

Auch bei keiner der 118 Vergaben von Cloud Dienstleistungen war der Blaue Engel eine Bedingung für den Einkauf. Hier könnte der Markt wirklich mal etwas regeln, aber eben nur, wenn der Bund seine Marktmacht auch nutzt. Ein Ministerium, das Wirtschafts- und Klimathemen vereint, könnte dabei Vorreiter sein, aber im BMWK ignoriert man nicht nur die eigene Marktmacht, sondern auch die Macht der Regulierung. Nach Verabschiedung des abgeschwächten Energieeffizienzgesetzes scheint sich das BMWK nämlich dafür nicht mehr zu interessieren, denn es hat laut Antwort der Bundesregierung auf meine Fragen dazu u.a. „keine Kenntnis“ davon, ob und wie sich Unternehmen oder selbst der Bund daran halten, z.B. durch Beteiligung am RZ-Register.

Die 135 Rechenzentren des Bundes nutzen kaum Abwärme und klimafreundliche Kältemittel

Bei der Senkung der negativen Klimawirkung von Rechenzentren wurde weder bei der Nachnutzung der Abwärme noch bei der Art der Kältemittel eine nennenswerte Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr erreicht. Bei Bestands-Rechenzentren ist eine Veränderung nicht einfach und manchmal gar nicht umzusetzen. Aber offensichtlich schöpft der Bund seine Möglichkeiten nicht aus, denn nur jedes 8. Rechenzentrum nutzt einen Teil seiner Abwärme und nur jedes 6. Rechenzentrum setzt klimafreundliche Kältemittel ein und für etwa jedes Dritte RZ wurde nicht einmal eine Antwort auf diese simplen Fragen gegeben.

Fazit zur Betriebskonsolidierung des Bundes: immer mehr statt weniger Rechenzentren

Seit 10 Jahren soll die Anzahl der Rechenzentren des Bundes um 90 Prozent sinken, von 100 RZ in 2015 auf 10 RZ in 2025. Stattdessen zeigen meine Kleinen Anfragen seit Jahren, dass keine Konsolidierung stattfindet. Für Ende 2024 gab der Bund 135 RZ an und noch in diesem Jahr sollen daraus sogar 139 werden, bevor es irgendwann weniger werden sollen. In 2028 sollen es 123 RZ sein, also immer noch 23 Prozent mehr, als bei Beginn der Konsolidierung, statt 90 Prozent weniger. Noch 2023 wurde mir im Digitalausschuss das alte Ziel der Konsolidierung auf künftig nur noch 10 RZ als weiterhin gültig versichert. Da war sogar von nur noch 3 Master-RZ die Rede. Aber nun kapituliert der Bund einfach komplett und erklärt nach einem Jahrzehnt Fehlentwicklung, dass die Anzahl der RZ ganz egal und ihre Reduktion kein Ziel mehr sei, man schaue jetzt nur noch auf die Konsolidierbarkeit von Anwendungen. Da die IT-Konsolidierung des Bundes eines der teuersten IT-Projekte mit einem Volumen von über 3 Milliarden Euro ist, ist diese Bankrotterklärung nicht nur peinlich, sondern auch ein unfassbar laxer Umgang mit Steuergeldern. Der Bundesrechnungshof kritisiert die mangelnde Umsetzung schon seit Jahren völlig zu Recht, aber leider auch völlig ohne Wirkung.

Kaum Transparenz, ein (noch?) disfunktionales Berichtswesen, fehlende Tools als Ausrede

Ich glaube an den Grundsatz „You get what you measure“, denn wenn man Ziele nicht messbar definiert und den Grad ihrer Erreichung nicht erhebt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man sie verfehlt. Deshalb habe ich das Fehlen messbarer Ziele bei der Digitalstrategie von Anfang an kritisiert. Auch die Umsetzungsschwäche bei der Nachhaltigkeit der Digitalisierung hat viel mit vagen Zielen und/oder mangelnder Transparenz zu tun. Wieder war eine besonders häufige Antwort auf meine Fragen „Keine Angabe“ oder „keine Kenntnis“. Man kann nur spekulieren, ob das an Unfähigkeit oder am Unwillen liegt, diese Daten bereitzustellen. Manchmal ist die Ursache klar, wie bei der grottigen Ressourceneffizienz von Websites des Bundes. Den Klima-Impact seiner laut Antwort der Bundesregierung 2.160 Websiten ignoriert der Bund nämlich deshalb komplett, weil man die existierenden Tools zur Messung ihrer Ressourceneffizienz nicht gut genug findet. Dabei könnte der Bund selbst Tools entwickeln und zertifizieren lassen. Alternativ könnten eigene Vorgaben des Bundes dafür sorgen, dass Websiten von BMI und BMWK nicht mehr bei Messwerkzeugen wie websitecarbon.com schlechter abschneiden, als über 90 Prozent aller Websiten weltweit.

Immerhin könnte es künftig zuverlässigere Daten geben, denn ein neues Berichtswesen für die Nachhaltigkeit der RZ ist geplant. Ein Tool dafür soll irgendwann in 2025 entwickelt werden. Allerdings steht und fällt der Erfolg damit, ob die Anwendung verbindlich ist und sich die Behörden daranhalten. Vorgaben gibt es jetzt auch schon viele, sie werden nur leider folgenlos ignoriert. Der Gipfel ist jedoch der Umgang des Bundes mit verfehlten Zielen. Denn dann wird die Berichterstattung einfach verschleppt, wie beim Monitoringbericht zum Maßnahmeprogramm Nachhaltigkeit, der für 2023 immer noch nicht vorgelegt wurde und für 2024 „wegen Evaluierung“ gar nicht mehr geplant wird. Oder das Ziel wird insgesamt für obsolet erklärt, wie bei der Konsolidierung der Anzahl der Rechenzentren. Mehr Bankrotterklärung geht eigentlich gar nicht.

Antwort der Bundesregierung

Antwortschreiben der Bundesregierung im Original (geschwärzt)
Anlage 1 (Anzahl RZ 2022-2028, Eigenbetrieb ja/nein)
Anlage 2 (Einhaltung der Kriterien des Blauen Engels durch RZ des Bundes)
Anlage 3 (Gesamtenergieverbrauch der RZ, Bezug von Ökostrom)
Anlage 4 (verwendete Kältemittel in RZ, geplante Umrüstung)
Anlage 5 (Abwärmenutzung durch RZ, Energy Reuse Factor, geplante Umstellung)
Anlage 6 (Nachhaltigkeit bei Verträgen für Rechenzentrums-Dienstleistungen)
Anlage 7 (Liste der Website-Adressen des Bundes)

Tabellengrafiken (Auswertung der Anlagen)

Umfassende Analyse der Antwort der Bundesregierung mit Zahlen, Daten, Fakten

Weiterführende Informationen

Kleine Anfrage Nachhaltigkeit der Bundes-IT 2023
Kleine Anfrage Nachhaltigkeit der Bundes-IT 2022
Kleine Anfrage Nachhaltigkeit der Bundes-IT 2021
Schriftliche Frage zur Anzahl Entwicklungsaufträge für Software 2021-2024
Kritik des Bundesrechnungshof an der IT Konsolidierung des Bundes
Mein Talk auf dem 37C3-Kongress „Klimafreundliche Digitalisierung – Koalitionsvertrag versus Wirklichkeit“, 2023

In einer Kleinen Anfrage der Gruppe die LINKE rund um das Thema Reparaturförderung erteilt sich die Bundesregierung selbst ein Armutszeugnis und bleibt meilenweit hinter ihren Ankündigungen zurück. Reparaturgesetz oder Förderung von Reparaturinitiativen – nichts davon ist umgesetzt, zum Reparaturbonus gibt es nicht einmal Informationen.

Die Antwort der Bundesregierung im Wortlaut sowie eine genaue Analyse mit zusätzlichen Hintergrundinformationen finden sich am Ende dieses Dokuments.

Zur Antwort der Bundesregierung nimmt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag wie folgt Stellung:

Zusammenfassend:

„Die Ampel hat sich das Reparaturthema groß in den Koalitionsvertrag geschrieben, für Umweltministerin Lemke sollte es das ‚Schlüsselthema‘ ihrer Amtszeit werden, aber die Antworten auf meine Kleine Anfrage sind oberflächlich, unvollständig und zeugen sowohl von mangelndem Ehrgeiz als auch von mangelnder Fantasie, effektive Wege zu finden, die die Reparaturkultur in Deutschland in Schwung bringen. Damit ist die Chance verpasst, auf diese Weise einen wichtigen doppelten Beitrag zu leisten: den Verbrauch wertvoller Ressourcen und damit ihre negativen Klimawirkung zu verringern und gleichzeitig für Verbraucher:innen Kosten zu senken, weil Neukäufe vermieden werden können.“

Zum Reparaturgesetz / Förderung von Reparaturinitiativen

„Leider ist die Bundesregierung auch drei Jahre nach ihrer Amtszeit beim Reparaturthema kaum vorangekommen, denn der Riese im Ankündigen blieb ein Zwerg in der Umsetzung. Das Reparaturgesetz soll noch in diesem Jahr kommen, aber bisher liegt nicht mal ein Referentenentwurf vor und viele Sitzungswochen hat das Jahr nicht mehr. Die Förderung dezentraler Reparaturinitiativen fordere ich seit dem ersten Jahr der Ampelregierung in jeder Haushaltsverhandlung. Von den zwei Millionen, die es im 2023er Haushalt gab, ist am Ende kein einziger Euro geflossen, weil die Förderrichtlinie einfach nicht kam. Genau vor einem Jahr versprach die Ampel, sie käme noch und die Fördergelder erreichten die Reparaturcafés noch in 2023. Daraus wurde aber nichts und nun bekomme ich die gleiche Antwort ein Jahr später. Diesmal sollen von 4,5 Mio, die im Haushalt des BMUV für “Reparieren statt Wegwerfen” vorgesehen sind, drei Millionen Euro an Reparaturinitiativen fließen. Was mit den übrigen 1,5 Millionen Euro passiert, verschweigt die Bundesregierung ganz. Auch im Haushalt 2025 werden aktuell 4,5 Millionen Euro eingeplant. Aber was nutzt das Geld, wenn es wieder nur in der Theorie verfügbar ist?

Immer mehr Reparaturinitiativen gibt es überall in Deutschland. Gerade im ländlichen Raum gibt es oft gar keine kommerziellen Dienstleister mehr, da ist die Alternative wegwerfen und online neu bestellen. Das ist unsozial, denn es ist teuer und außerdem ist es klimaschädlich, denn gerade bei elektronischen Geräten wie Smartphones oder Tablets entfallen etwa 80 Prozent des CO2 Fußabdrucks allein auf die Herstellung. Eine durch Reparatur verlängerte Nutzungsdauer senkt daher den durchschnittlichen jährlichen CO2 Fußabdruck erheblich. Deshalb ist es so wichtig, dass diese gemeinnützigen Initiativen auch unterstützt werden vom Bund, z.B. um Werkzeuge zu beschaffen, Reparaturräumlichkeiten einzurichten oder um Weiterbildungen zu finanzieren, wie Reisekosten oder Honorare für Reparaturexpert:innen. Die vielen ehrenamtlichen Reparatur-Engagierten seit fast zwei Jahren mit Ankündigungen hinzuhalten, ist genau das falsche Signal.“

Zum Reparaturbonus

„Viele gute Beispiele aus Nachbarländern wie Frankreich und Österreich, aber auch Länderinitiativen wie in Thüringen oder Sachsen zeigen, dass ein Reparaturbonus besonders effektiv darin ist, das Reparieren zu fördern und damit Geld und Ressourcen zu sparen, denn oft ist ein Neukauf schlicht billiger, als eine Reparatur, weil entweder die Ersatzteile oder die Reparaturdienstleistungen zu teuer sind.

Ein Reparaturbonus senkt diese Kosten durch einen staatlichen Zuschuss und kann je nach Ausgestaltung einerseits das Reparieren in gemeinnützigen Repaircafés unterstützen, wenn wie in Thüringen statt 50 Prozent der Ersatzteilkosten bei kommerzieller Reparatur bei einer Reparatur im Repaircafé die kompletten Kosten für Ersatzteile übernommen werden – bis zu 100 € pro Person und Jahr. Andererseits wird aber auch das lokale Handwerk unterstützt, denn allein in Thüringen sind dadurch mehr als fünf Millionen Euro Reparaturumsätze generiert worden.

Gewonnen hat auch das Klima, denn die 30.000 geförderten thüringischen Reparaturen haben etwa 3.000 Tonnen CO2 Äquivalente und fast 400 Tonnen Elektroschrott eingespart. Das ist doch großartig und da Elektroschrott in der EU die am schnellsten wachsende Abfallart ist, müssen solche Potenziale überall in Deutschland gehoben werden! Schließlich sind wir weltweit einer der Spitzenreiter bei der Erzeugung von Elektroschrott. 

Dennoch hat die Bundesregierung auf meine Fragen zum Reparaturbonus nur Ausreden parat und keine einzige klare Antwort. Haushaltsmittel wären keine da, heißt es, und die Ampel rechnet mir sogar vor, dass das thüringische Modell für ganz Deutschland nur lächerliche 34 Millionen Euro kosten würde! Da stimmen doch offenbar die Prioritäten so gar nicht mehr in der Regierung, selbst wenn das Geld knapp ist. In 2024 hat allein das BMBF eine halbe Milliarde Euro in seinem Haushalt nur für Künstliche Intelligenz, aber 34 Millionen für einen bundesweiten Reparaturbonus, ein Fünfzehntel der KI-Förderung eines einzigen Ministeriums sind nicht machbar? Das ist doch ein Witz! Selbst die Luxusvariante eines Reparaturbonus, wo dann auch Reparaturen von Fahrrädern und Gartenmöbeln bezuschusst werden könnten, den jeder zweite Haushalt in Deutschland einmal im Jahr nutzt, würde laut Antwort der Regierung nur relativ überschaubare zwei Milliarden Euro kosten. Die Menge eingesparter Ressourcen wären dabei immens und über 20 Millionen Haushalte in Deutschland hätten einen direkten Nutzen davon. Ein Win-Win für das Klima und die Gesellschaft. 

Aber selbst wenn Christian Lindner meint, für Reparaturboni gäbe es von ihm kein Geld im Haushalt, gibt es sogar Alternativen, die ohne Haushaltsmittel auskommen, wie Frankreich uns vormacht, z.B. über einen herstellerfinanzierten Reparaturbonus, der eine haushaltsunabhängige dauerhafte Finanzierung sicherstellt, weil er aus Zahlungen der Hersteller für jedes verkaufte Produkt finanziert wird, die je nach Nachhaltigkeit des Produktes höher oder niedriger sein können, also sogar noch eine zusätzliche Lenkungswirkung entfalten. Selbst auf meine konkrete Frage nach der Haltung der Bundesregierung zu diesem Modell kommt nur ein allgemeines ‚wir prüfen verschiedene Konzepte‘ und das finde ich ist ein Jahr vor dem Ende der Legislatur einfach entschieden zu spät und entschieden zu wenig.“

Links

Am 26. August 2024 urteilte das VG Köln, dass Andy Scheuer rechtswidrig massiv auf die per Gesetz unabhängig agierende Bundesnetzagentur Einfluss genommen hat, um die sogenannte Diensteanbieterverpflichtung (DAV) bei der Versteigerung der 5G Lizenzen zu verhindern. Diese DAV hätte Telekommunikationsdienstleistern ohne eigene Netze (Bsp. Freenet, Aldi Talk, früher auch 1&1) einen fairen Zugang zu den Netzen der großen Telekommunikationskonzerne (Deutsche Telekom, Telefonica, Vodafone) zu erhalten, also zu Netzen mit ungedrosselten Bandbreiten und zu angemessenen Preisen, die nicht diskriminierend sein dürfen. Eine DAV gab es bereits bei Einführung des 3G Netzes, sie führte zu einem breiten Angebot mit z.T. viel günstigeren Preisen für Endkunden. Bei der Versteigerung der 4G Lizenzen lobbyierten die Netzbetreiber erfolgreich gegen die Diensteanbieterverpflichtung, um ihre Wettbewerber zu benachteiligen. Die negativen Folgen für den freien Markt und für die Verbraucher:innen waren enorm, weshalb der Druck auf die Bundesnetzagentur von allen Seiten wuchs, um bei der 5G Versteigerung die Diensteanbieterverpflichtung wieder einzuführen. Diese Prozesse habe ich als Mitglied im Beirat der Bundesnetzagentur begleitet und war zeitweise recht optimistisch, denn es gab parteiübergreifende Unterstützung, die gleiche Forderung von einigen Bundesländern, es gab positive Stellungnahmen der Monopolkommission und des Bundeskartellamtes. Dann kam der Mobilfunkgipfel von Andy Scheuer, dem damaligen Minister für Verkehr und Digitale Infrastruktur und kurz danach seine rechtswidrige Einflussnahme auf die BNetzA, die im übrigen von Seiten Bundesregierung und Bundesnetzagentur immer vehement abgestritten wurde, und von da an hatte die DAV keine Chance mehr.

Die Folge: Wettbewerber der Großkonzerne bekamen keinen oder nur sehr stark gedrosselten Zugang zum 5G Netz, außerdem nur zu überteuerten Preisen und der faire Wettbewerb war behindert, sowohl im Privat- als auch im Geschäftskundenmarkt. Für Verbraucher hieß das höhere Preise und weniger vielfältige Angebote, deshalb habe ich diese Praxis stets kritisiert und fordere nach wie vor die Wiedereinführung der Diensteanbieterverpflichtung. Dafür gibt es gerade eine Chance, denn in 2025 laufen viele Mobilfunklizenzen aus und bei der Verlängerung dieser Lizenzen kann die BNetzA Auflagen machen und auch eine DAV wieder vorschreiben.

Zum Urteil des OVG Köln nehme ich als digitalpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag und als stellv. Mitglied im Beirat der Bundesnetzagentur wie folgt Stellung:

„Erst bescheinigte der EU Rechnungshof Andi Scheuer, den Glasfaserausbau in Deutschland durch seine falsche Förderpolitik aktiv zu behindern, nun urteilt ein deutsches Gericht zu seiner rechtswidrigen Einflussnahme auf die BNetzA bei der Vergabe der 5G Frequenzen. Das zweifelhafte Vermächtnis von Andy Scheuer ist also, dass er bundesweit den Zugang zu schnellen Netzen behindert, verlangsamt und verteuert hat, sowohl bei Glasfaser, als auch bei 5G. Er hat sich offensichtlich von Lobbyisten der großen Netzbetreiber zum Werkzeug machen lassen und mit seiner Politik die Wettbewerbsverzerrungen im Telekommunikationsmarkt weiter verstärkt, trotz Warnungen auch von der Monopolkommission und dem Bundeskartellamt.

Derartige Behinderungen des freien Marktes sind nicht nur für die Wettbewerber der Deutschen Telekom und anderer großer Netzbetreiber schlecht, sondern auch für die Verbraucher:innen, die auch heute noch in Deutschland viel mehr Geld für viel schlechtere Netze bezahlen müssen. Dass ich als linke Politikerin jahrelang im Beirat der Bundesnetzagentur für mehr freien Wettbewerb streiten mußte, während eine erklärtermaßen wirtschaftsnahe Bundesregierung den freien Markt dermaßen behindert, fand ich schon ziemlich schräg. Ich hoffe, dass sich dieser Fehler bei der anstehenden Verlängerung der auslaufenden Frequenzen nicht wiederholt.“

Berichterstattung ZDF. heute

Quelle: Dominik Rzepka https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/5g-scheuer-verkehrsminister-frequenzvergabe-urteil-einflussnahme-bundesnetzagentur-100.html

Hier geht es zum Urteil des VG Köln vom 26.08.2024

Hier geht es zum ZDF-Beitrag vom 27.08.2024

Zum Dritten Mal nach 2022 und 2023 befragte die Gruppe DIE LINKE im Bundestag die Bundesregierung nach dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bund und zur Förderung von KI. Aus der Antwort der Ampel zur diesjährigen Kleinen Anfrage ergibt sich ein starker Zuwachs der KI-Anwendungen sowie immense verfügbare finanzielle Mittel in Höhe von über 2,5 Milliarden Euro für KI-Vorhaben bei gleichzeitig fehlenden Supportstrukturen, mangelnden Kompetenzen, Standards und verbindlichen Prozessen, obwohl alles dies seit Jahren angekündigt wurde. Auch Ankündigungen der Ampel zur Nachhaltigkeit beim Einsatz von KI wurden flächendeckend nicht eingehalten.

Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der Gruppe DIE LINKE im Bundestag:

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