Meine Frage:

„Was ist das jeweilige Ergebnis der in der Antwort auf Frage 21 auf die
Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 20/3619 erwähnten Prüfung aller
drei dort genannten Weiterverwendungsoptionen für IT-Geräte: Reparatur
und Update, Zweitverwertung auf dem offenen Markt und Abgabe an gemeinnützige
Organisationen und welche dieser drei Optionen wird vom
Bund in der Praxis umgesetzt (bitte bei jeder Option die Art der Umsetzung
beschreiben)?“

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Kühn:

„Im Rahmen mehrerer Workshops hat die Geschäftsstelle Green-IT im Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit anderen Ressorts eine nachhaltige Ausstattungsrichtlinie
entwickelt, in der die genannten Weiterverwendungsoptionen
für IT-Geräte geprüft und deren Umsetzung berücksichtigt wurde. Das
erarbeitete Konzept soll im Jahr 2024 dem CIO Board vorgelegt und anschließend
veröffentlicht werden.

Grundsätzlich finden die drei Weiterverwendungsoptionen aber bereits umfangreich
Anwendung:

  • Die Reparaturmöglichkeit bzw. die Bereitstellung von Updates über die Nutzungsdauer ist in der Regel bereits als Anforderung in Ausschreibungen berücksichtigt.
  • Die Zweitverwertung auf dem offenen Markt oder eine Abgabe an gemeinnützige Organisationen werden über den Rahmenvertrag (s. u.) zur Zweitverwendung bzw. über die Zoll-Auktion (VEBEG) geregelt.


Die Auswahl der jeweiligen Option erfolgt durch die aussondernde Behörde
nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit.


Das Kaufhaus des Bundes bietet eine Rahmenvereinbarung (Nr. 21642) für
die Wiedervermarktung, Datenvernichtung und Entsorgung von gebrauchter
Informations- und Telekommunikationstechnik durch Inklusionsbetriebe
und bevorzugte Unternehmen i.S.d. § 118 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
an.“

Antwortschreiben im Original:

Meine Frage:

„Welche verbindlichen/nicht verbindlichen Vorgaben, Richtlinien oder
Standards werden bei der Entwicklung von Webservices im Auftrag des
Bundes einschließlich aller vom oder für den Bund betriebenen Webseiten
angewendet, um das Prinzip der Datensparsamkeit umzusetzen und die
durch vermeidbaren Datenverkehr erzeugte Emission von Treibhausgasen
zu senken (solche Vorgaben können z. B. die Einbettung und Auflösung von
Videos und Fotos betreffen, aber auch die Nutzung von Cookies und Einbindung
von Werbung), und welche Kriterien mit positiven Umwelteffekten
empfiehlt der in 2022 überarbeitete Leitfaden zur umweltfreundlichen öffentlichen
Beschaffung von Software (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Frage 14 c auf Bundestagsdrucksache 20 /3619 für
jeweils welche Softwarekategorien (bitte die Kriterien den erwarteten positiven
Umwelteffekte zuordnen))?“

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Kühn:

„Wir gehen davon aus, dass nicht die Entwicklung von Webservices gemeint
ist, sondern die von Websites.
Verbindliche Vorgaben für die Beauftragung von Leistungen im Auftrag des
Bundes, in diesem Fall für die Entwicklung von Websites, sind in der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen
(AVV Klima) enthalten (siehe auch die Antwort des BMUV auf Ihre
Schriftliche Frage 0461).

Darüber hinaus werden folgende Vorgaben, Richtlinien und Standards bei
der Entwicklung von Websites im Auftrag des Bundes angewendet, um das
Prinzip der Datensparsamkeit umzusetzen und die durch vermeidbaren Datenverkehr
erzeugte Emission von Treibhausgasen zu senken:

  • IT-Architekturrichtlinie des Bundes
  • Vorgabe ÜBAV-12 Nachhaltigkeit
  • Servicestandard für die OZG-Umsetzung
  • Leitfaden zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung von
    Software des Umweltbundesamtes von Juli 2023
  • Maßnahmen und Standards zur Datensparsamkeit und Emissionsminimierung
  • Regelungen zu kontinuierlichen Code-Optimierungen, um performante
    Websites auszuliefern und Datentraffic zu sparen,
  • Vorgaben zur Wiederverwendung von Modulen und Vorlagen zur
    Reduzierung der benötigten Rechenleistung
  • Vorgaben zur Vermeidung von Redundanzen
  • Regelungen zum Einsatz energieeffizienter Bibliotheken und Frameworks
    und bezüglich der Wahl von Datenformaten
  • Standards für die Einbettung und Auflösung von Videos und Fotos
    sowie zur Nutzung von Cookies, Komprimierung von Daten und Deaktivieren
    von Autoplayfunktionen
  • Einsatz des Government Site Builder (GSB)

Alle Kriterien des Leitfadens zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung
von Software haben eine positive Wirkung auf die Umwelt.
Der Leitfaden kann nur grundsätzlich die Anforderungen an die Beschaffung
von Software beschreiben und erläutern, weil Softwareprodukte sehr
divers und oftmals auch nur auf spezieller Hardware lauffähig sind. Je nach
Art der Software muss der Bedarfsträger die Kriterien auswählen, die für
den Beschaffungsgegenstand sinnvoll und anwendbar sind. Der Leitfaden
unterscheidet bei den Empfehlungen danach, ob Standard-Software eingekauft,
ein Auftrag für die Entwicklung einer Software erteilt oder bestehende
Software weiterentwickelt werden soll. Je nachdem, welcher Beschaffungsgegenstand
vorliegt, empfiehlt der Leitfaden verschiedene Anforderungen
des Umweltzeichens Blauer Engel für ressourcen- und energieeffiziente
Softwareprodukte (DEUZ 215).
Der Leitfaden kann unter www.umweltbundesamt.de/publikationen/leitfaden-
zur-umweltfreundlichen-oeffentlichen-21 heruntergeladen werden.

Zuordnung der Kriterien des Blauen Engels für Software, die direkte Umwelteffekte
erzielen:

Antwortschreiben im Original:

Zum Dritten Mal hatte die Linksfraktion mit einer Kleinen Anfrage Informationen zur Nachhaltigkeit der Bundes-IT erfragt, da die Digitalisierung eine erhebliche Klimawirkung hat. Auch die Ampelregierung hat sich die Nachhaltigkeit der Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben, u.a. im Koalitionsvertrag, in ihrer Digitalstrategie und zuletzt mit dem Energieeffizienzgesetz aus dem Hause Habeck, das insbesondere Rechenzentren reguliert. Aber bereits die Anfragen von 2021 und 2022 ergaben, dass einerseits die Datenlage zum Thema katastrophal ist – die Bundesregierung weiß nicht einmal hinreichend, wo sie steht – und dass andererseits der Bund alles andere als ein Vorreiter in nachhaltiger Digitalisierung ist. Während in Dubai die COP28 zur Klimakrise tagt und nachdem gerade wieder ein Gericht dem Bund zu langsames Handeln bescheinigte, ergab die aktuelle Kleine Anfrage zur Nachhaltigkeit der Bundes-IT, dass es dennoch nur marginale Verbesserungen, punktuell sogar Verschlechterungen gab und dass insbesondere keine strukturellen Verbesserungen erreicht wurden. Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg, Digitalpolitikerin der Linken im Bundestag:

Zu Daten u Intransparenz:

„So lange die Ampel weiterhin dieses eklatante strukturelle Informationsdefizit hat, wird sie keines ihrer Nachhaltigkeitsziele für ihre IT erreichen können. Kaum irgendwo ein Monitoring von Strom, Klima oder Wasser, für jedes 4. Rechenzentrum sind weder Ökostromanteil noch der Gesamtenergieverbrauch bekannt. Nicht einmal jedes dritte  Rechenzentrum gibt an, ein IT-Last-Monitoring zu betreiben, mit dem sich die Auslastung der Server optimieren lässt, was Energie spart. Auch zur Power UsageEffektiveness, ein übliches Maß zur Ermittlung von Energieeffizienz, gibt es für fast 40% der Rechenzentren des Bundes keine Daten. Ich bin es leid, immer nur von Ankündigungen einesguten Berichtswesen zu lesen, denn ohne vernünftige Daten kann man nicht gut steuern! Gerade zu frech ist die Unterschlagung von mehr als 60 Rechenzentren, für die es in 2022 noch Daten gab.“

Zu Nachhaltigkeit

„Ein besonders schlechtes Vorbild ist ausgerechnet das Klimaministerium von Habeck, der ein Energieeffizienzgesetz für nachhaltigere Rechenzentren durchsetzte, aber von dessen 12 Rechenzentren keines Abwärme nutzt oder klimafreundliche Kältemittel, es hat auch keines ein Energiemanagementsystem und nicht ein einziges steuerte Daten für den Aufbau seines Energieeffizienzregisters bei, alle anderen RZ des Bundes allerdings auch nicht.“

„Nachhaltigkeit schafft die Ampel nur auf dem Papier: Der Blaue Engel ist für Rechenzentren des Bundes schon seit Jahren eine Vorgabe, aber nicht einmal zwei Prozent haben ihn, Abwärme nutzt nicht mal jedes 10. Rechenzentrum – sogar weniger, als im letzten Jahr und knapp 90 Prozent der Rechenzentren nutzen weiter klimaschädliche Kältemittel. Die „besten“ fünf Prozent der Rechenzentren erfüllen gerade einmal die Hälfte der Anforderungen des aktuellen Blauen Engels. So wenig Fortschritt, noch dazu bei der angeblichen Fortschrittskoalition, habe ich mir nicht vorstellen können.

Zur IT-Konsolidierung

„Wenn die Ampel-Regierung ein Ziel nicht schafft, schafft sie es offenbar ab, denn nachdem erneut die Anzahl der Rechenzentren um 10 auf 194 RZ stieg, statt von 184 RZ auf 10 RZ zu sinken, erklärt sie nun, die Anzahl der RZ sei kein Kriterium mehr für dieZielerreichung. Das ist eine Bankrotterklärung erster Klasse. Auf der Strecke bleibt dadurch nicht nur die Nachhaltigkeit, sondern auch die Leistungsfähigkeit, Souveränität und Sicherheit der Bundes-IT.“ 

Antwort der Bundesregierung:

Datenblatt zur Analyse:

Sowohl im Innen- als auch im Digitalausschuss lehnten Ampel-Parteien und die Union einen Antrag der Linken im Bundestag ab auf einen garantierten Offline-Zugang für öffentliche Dienstleistungen des Bundes oder Leistungen, die von der öffentlichen Hand, in Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder im öffentlichen Auftrag erbracht werden.

Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag:

„Die deutsche Verwaltung hinkt bei der Digitalisierung zwar mächtig hinterher, aber dennoch gibt es immer öfter staatliche Angebote, die als `Digital only‘ angeboten werden, wie die 200 Euro Einmalzahlung für Studierende. Laut Verkehrsminister Wissing soll auch das 49 Euro Ticket ab 2024 nur noch digital verfügbar sein. Natürlich braucht es eine gut digitalisierte Verwaltung, aber das darf nicht auf Kosten der Teilhabe gehen! Immerhin waren fast 3,5 Millionen Menschen in Deutschland noch nie im Internet, bei den über 65-Jährigen ist es jeder sechste.
In einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft sind Menschen benachteiligt, denen es am Zugang zum Internet oder an den dafür nötigen Kompetenzen fehlt, aber auch diejenigen, die sich bewusst gegen digitale Prozesse entscheiden, z.B. aus Gründen der Datensparsamkeit und aus mangelndem Vertrauen in die IT-Sicherheit. Benachteiligt sind besonders häufig Ältere und ärmere Menschen. Wann immer es um Kommunikation oder Anträge gegenüber der öffentlichen Hand geht, muss jedoch in jedem Fall die Teilhabe und Barrierefreiheit sichergestellt sein.

Unser Antrag auf ein Offlinezugangsgesetz hätte die notwendige Teilhabegarantie ohne Bremse für die Digitalisierung der Verwaltung schaffen können, weil er neben einem verpflichtenden analogen Zugang zu allen öffentlichen Leistungen auch die Möglichkeit geschaffen hätte, z.B. bei Bürgerbüros am Wohnort an Geräten der Behörde mit fachlicher Unterstützung digitale Anträge zu stellen. Diese Chance hat der Bundestag mit seiner Ablehnung verpasst. Ich fürchte, dass es künftig häufiger `Digital first, Teilhabe second‘ heißen wird und, wie bisherige Beispiele zeigen, Menschen in materieller Not dadurch besonders benachteiligt werden.“

Antrag der Linksfraktion (Drucksache 20/8712)

Peinlich: Union fordert von der Ampel Digitalisierungsmaßnahmen, die sie selbst in der GroKo unterließ. Sie will Unis die Selbstbeschränkung auf zivile Forschung entziehen und künstliche Intelligenz für Wirtschaftsinteressen statt das Gemeinwohl regulieren, das lehnt die Linke ab!

Meine Rede zum CDU/CSU-Antrag „Digitalstrategie zur Chefsache machen“ (20/9317) im Wortlaut:

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Digitalisierung in Deutschland heißt auch 2023 noch: Funklöcher in der Lausitz und BaföG-Anträge, deren Bearbeitung sechs Monate dauert, weil der online eingereichte Antrag ausgedruckt und auf Papier bearbeitet wird. Das ist die Folge der unionsgeführten GroKo über mehrere Legislaturen, und das macht den Antrag der Union einfach nur peinlich.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

So fordert die Union – eigentlich richtig -: Die digitale Transformation muss auch Chefsache werden. – Das war sie schon bei Altkanzlerin Merkel nicht, und das ist sie bei Kanzler Scholz leider noch weniger. Die Union fordert auch: Es braucht mehr Bandbreite beim Recht auf Internet. – Das stimmt; denn 10 Mbit pro Sekunde sind im Jahr 2023 ja wohl ein Hohn. Altkanzlerin Merkel hatte allen Haushalten in Deutschland schon 50 Mbit bis 2017 versprochen. Das hat Funkloch- und Offlineminister Andi Scheuer von der CSU leider nie erreicht. Die Linksfraktion fordert zeitgemäße 100 Mbit.

(Beifall bei der LINKEN)

Richtig ist auch die Forderung nach verbindlichen Standards bei der Verwaltungsdigitalisierung. Die hätten auch schon 2017 im Onlinezugangsgesetz stehen müssen. Das hat Ex-Minister Seehofer verbockt. Die Ampel wiederholt leider diesen Kardinalfehler im Nachfolgegesetz – vielleicht verhindert sie es auch noch; ich drücke die Daumen.

Richtig ist auch, dass es ein öffentliches und unabhängiges Monitoring braucht. Wie zu GroKo-Zeiten kann man auch heute noch nicht für den eigenen Wohnort feststellen, welche digitalen Verwaltungsdienstleistungen verfügbar sind. Zwischen Bund und Ländern findet da kaum ein Datenaustausch statt. Bürger*innen interessieren aber Zuständigkeiten überhaupt nicht; sie wollen einfach eine digitale Verwaltung.

(Beifall bei der LINKEN)

So setzt die Ampel viele Fehler der GroKo fort und macht leider auch einige neue. Ihre digitalen Strategien sind vor allem eins: zu unverbindlich. Keine klaren Ziele, keine damit verbundenen Ressourcen, keine klaren Zuständigkeiten. Stattdessen gibt es ein Verantwortungswirrwarr, wo die Federführung selbst für kritische Themen wie digitale Identitäten auf vier Ministerien und drei Parteien verteilt ist. Und das ist genau so absurd, wie es sich anhört, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Digitalbudget wurde im Koalitionsvertrag noch versprochen und ist inzwischen still beerdigt. Die Linke unterstützt die Forderung der Union, daran etwas zu ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotzdem werden wir diesen Antrag ablehnen; denn manches daran ist einfach grundfalsch.

Bei der Cybersicherheitsforschung soll die Zivilklausel für Unis abgeschafft werden, und das heißt, den Willen von Forscherinnen und Forschern und Bildungseinrichtungen zu missachten, die nicht für militärische Zwecke forschen wollen. Das wäre aber ein Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft, und da darf der Staat nicht reinregulieren.

(Beifall bei der LINKEN)

In Brüssel will die Union beim Data Act und der KI-Verordnung noch mehr Fokus auf die Deregulierung zugunsten von mehr Innovationen legen. Das klingt zwar irgendwie gut, bedeutet aber unverantwortliche Risiken für alle, mehr Gefahren für Grundrechte und mehr Diskriminierung durch KI-Systeme. Und das, meine Damen und Herren, ist mit der Linken nicht zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen eine Digitalisierung, die sich am Gemeinwohl orientiert, nicht primär an Wirtschaftsinteressen. Und dafür werden wir uns hier im Bundestag auch als Gruppe künftig einsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Fragen:

1. Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI) beim Forschungsvorhaben Sicherheitsbahnhof (siehe Bundestagsdrucksache 20/6862; bitte KI-Projektanteile ausführlich beschreiben, so dass ein guter Eindruck davon vermittelt wird, welche Zwecke KI wie erreichen soll), und was ist der Stand des Vorhabens mit Bezug auf seine KI-Anteile (bitte den Stand im Projekt-Zeitplan und in Bezug auf er-reichte und noch geplante Meilensteine verorten)?

2. Auf Grundlage welcher Daten wurde oder wird die im Rahmen des Forschungs-vorhaben Sicherheitsbahnhof (siehe Bundestagsdrucksache 20/6862) eingesetzte KI-gestützte Software zur Erkennung kritischer Situationen trainiert, und mit welchen standardisierten oder alternativen Methoden wurde oder wird vor Beginn eines Einsatzes auf einem Bahnhof auch als Test- oder Pilotbetrieb eine nachvollziehbare Risikoklassifizierung/-bewertung vorgenommen (bei standardisierter und alternativer Methode bitte präzisieren, welche Methode; und wenn keine derartige Risikoklassifizierung vorgenommen wurde, bitte begründen, warum nicht)?

3. Wofür wurden und werden Haushaltmittel im Rahmen des Forschungsvorhabens Sicherheitsbahnhof für KI-Aspekte (siehe Bundestagsdrucksache 20/6862) verausgabt (bitte tabellarisch Höhe und Verwendungszweck für alle KI-bezogenen Ausgaben angeben), und wie wird öffentliche Transparenz über das Projekt her-gestellt, z. B. zu Zwischenergebnissen, Risikobewertung, Evaluationprozessen und -ergebnissen, Diskriminierungsfreiheit etc., da es sich um ein Vorhaben handelt, das nach meiner Einschätzung ein hohes Risiko für Grundrechtsverletzungen birgt und nach EU KI-Verordnung vermutlich als Hochrisiko-KI-Anwendung eingestuft würde?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (BMI):

Die Deutsche Bahn und die Bundespolizei identifizieren ordnungspartnerschaftlich sicherheitsrelevante Naht- und Schnittstellen im Eisenbahnverkehr und entwickeln
partnerschaftlich bauliche, technische und übergreifende Maßnahmen, um einen sicheren und störungsfreien Bahnverkehr auch in Zukunft zu gewährleisten. Gemein-sam mit Wissenschaft und Wirtschaft konzipieren sie interdisziplinär erste innovative Lösungen unter Labor- und Realbedingungen. Das Ziel des Forschungsvorhabens Sicherheitsbahnhof ist es, Gefahrensituationen zu reduzieren beziehungsweise früh-zeitig zu erkennen, um diese rechtzeitig bewältigen zu können. Die Optimierung der Fahrgastsicherheit, insbesondere in Bahnhöfen, stehen im Vordergrund dieser Forschung. Nachfolgende Teilprojekte des Forschungsvorhabens Sicherheitsbahnhof haben einen KI-Bezug: Erprobung intelligenter Videoanalyse: Zusammen mit dem „KI-Campus der Polizei“ des Bundesministeriums des Innern
und für Heimat (BMI) erforschen die Deutsche Bahn und die Bundespolizei, auf welche Weise KI-gestützte Software bei der Analyse von Videobildern zum Einsatz kommen könnte. Für die Bewertung und Erprobung polizeilicher KI-Lösungen kommen hierbei Wissenschaft, Behörden und ausgewählte Unternehmen zusammen. Die zu entwickelnde Software soll helfen, potenzielle Gefahrensituationen zu erkennen, wie
beispielsweise das unbefugte Betreten von Gleisanlagen oder das Fallen oder Stoßen in diese. Gemeinsam wird sowohl unter Labor- als auch unter realitätsnahen Bedingungen erforscht, wie eine Software für solche speziellen Situationen trainiert und in der Folge das Sicherheitspersonal der Deutsche Bahn oder die Bundespolizei auf diese hinweisen könnte. Zur bestmöglichen Erprobung erfolgt ein stufenweises Vor-gehen, welches die Einhaltung der rechtlichen, datenschutzrechtlichen und ethischen Anforderungen sicherstellt.

Wenn ein Anwendungsfall interdisziplinär als machbar und nützlich bewertet wird, erfolgt seine Erprobung unter Laborbedingungen. Diese soll nachweisen, ob das System technisch grundsätzlich in der Lage ist, das sich aus dem Anwendungsfall ergebende Problem zu lösen. Die anschließende technische Erprobung unter realitätsnahen Bedingungen stellt das System in Bezug auf die
Komplexität realistischer Betriebseinflüsse auf die Probe. Um das Zusammenspiel zwischen Technik und Mensch zu prüfen (Wirksamkeit und Nutzen), erfolgt schließlich eine soziotechnische Erprobung. Sämtliche Stufen der Erprobung werden fortlau-fend unter den Gesichtspunkten der interdisziplinären Bewertung betrachtet, sodass eine verantwortungsbewusste Entwicklung sichergestellt ist. Deshalb sind „Quality
Gates“ zwischen diesen stufenweisen Erprobungsphasen installiert. Nur wenn das System nach jeder Phase die an sie gestellten, stufenspezifischen Anforderungen er-füllt, wird die Erprobung fortgesetzt.

Erprobung sensorgestützter Tunnelmundüberwachung: In einer Machbarkeitsstudie untersuchen die Ordnungspartner, ob mit Hilfe eines Dynamic Vision Sensor (DVS) eine sichere und zuverlässige Erfassung sich bewegen-der Objekte im Zugangsbereich von Tunneln zur teilautomatisierten Gefahrenerkennung erreicht werden kann. Ziel ist es, die Sicherheit im öffentlichen Verkehr zu verbessern und die Anzahl von Sperrzeiten zu reduzieren. Der DVS unterscheidet sich gegenüber herkömmlichen Kameras, da hier keine Videobilder aufgezeichnet werden; der hier erzeugte Datenstrom besteht lediglich aus Pixeln, die sich über die Zeit
in der Helligkeit ändern. Diese Sensoren sind wesentlich lichtempfindlicher, so dass sie auch in Bereichen mit wechselnder Beleuchtung oder in sehr dunklen Umgebungen arbeiten. Zum Erreichen der Witterungsunabhängigkeit soll ein maßgeschneiderter Erkennungsalgorithmus entwickelt werden, der mit Hilfe von Methoden der künstlichen Intelligenz eine sichere Klassifikation zwischen Personen und anderen sich
bewegenden Objekten im Tunneleingangsbereich ermöglicht. Durch die zuverlässige Erkennung und die teilautomatisierte Alarmierung kann das Sicherheitspersonal
ohne Zeitverzug gefahrenabwehrende Maßnahmen, auch zum Schutz der kritischen Infrastruktur und des störungsfreien Bahnverkehrs, einleiten. Im Teilprojekt TUNUKI hat die Hochschule Niederrhein die Feldphase zur Aufnahme der Sensordaten abge-schlossen, die Auswertung dieser Daten dauert noch an. Es wurden Daten vom Tunneleingang des BER-Eisenbahntunnels (nicht öffentlicher Bereich) über eine Dauer
von sechs Monaten aufgezeichnet. Ziel ist es, auf Grundlage dieser Datenbasis ein KI-Modell zu trainieren, welches Anwesenheit von Personen im Tunnel erkennen und
diese zuverlässig bei allen Licht- und Wetterverhältnissen von Tieren, Zügen und an-deren Objekten unterscheiden kann. Personenbezogene Daten werden nicht erhoben.

Zu 3.

Der KI-Campus sowie die derzeit in Anspruch genommenen Entwicklungsleistungen der PD-Berater der öffentlichen Hand GmbH werden durch das BMI finanziert. Die
Finanzierung des Teilprojekts TUNUKI erfolgte aus den Fördermitteln mFUND des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Das Forschungsvorhaben Sicherheitsbahnhof wird anteilig über Eigenmittel der DB Station&Service AG finanziert. Die Bundespolizei hat keine eigenen Haushaltsmittel für das Forschungsprojekt Sicherheitsbahnhof bereitgestellt. Die notwendige Transparenz während des Projekts wird durch die Informationen auf der Webseite https://sicherheitsbahnhof.bahnhof.de/ gewährleistet. Zur Erprobung sensorgestützter Tunnelmundüberwachung wurden vom Projektpartner Hochschule Niederrhein ferner folgende Beiträge veröffentlicht: https://www.hs-niederrhein.de/aktuelles/news-detail/tunnelmuendungen-mithilfe-ku-enstlicher-intelligenz-sicherer-machen/, https://www.hs-niederrhein.de/ipattern/nach-richten-detailseite/ki-zur-ueberwachung-von-tunnelmuendungen/.

Antwortschreiben im Original (pdf): https://mdb.anke.domscheit-berg.de/wp-content/uploads/231103_3-SFs-zu-KI-Projekten-Antwort-BuReg_Geschwaerzt.pdf

Der Bundesrechnungshof kritisierte die Datenstrategie der GroKo scharf und konkret. Die Ampel versprach es besser zu machen, aber ihre Datenstrategie ist noch schlechter: Blumige Beschreibungen statt verbindlicher Maßnahmen, keine Ressourcen, keine Zeitpläne, keine Verantwortlichkeiten, neue Doppelstrukturen, viel Wirtschaftswohl und wenig Gemeinwohl und kaum Transparenz.

Meine Rede der Plenardebatte: „Fortschritt durch Datennutzung – Strategie für mehr und bessere Daten für neue, effektive und zukunftsweisende Datennutzung“ (20/8260) im Wortlaut:

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die neue Nationale Datenstrategie der Ampel ist leider noch schlechter als deren Vorgängerin der GroKo. Jede einzelne Kritik des Bundesrechnungshofs daran gilt leider weiter. Zum Beispiel ist die Strategie noch unverbindlicher und noch unkonkreter, hat noch weniger Priorisierungen, nämlich gar keine mehr, klärt noch weniger Zuständigkeiten, schafft  aber trotzdem mehr Durcheinander. Es ist nämlich entweder niemand zuständig oder zum Beispiel 16 Datenlabore aus 16 Ministerien, die in gemeinsamer Zuständigkeit einen neuen Datenatlas umsetzen sollen – einen Datenatlas übrigens, der den gleichen Zweck erfüllen soll, wie eine längst existierende Verwaltungsdaten-Informationsplattform. Auch ein Datenpool für Verwaltungsdaten ist neu geplant, obwohl es seit zehn Jahren das GovData-Portal für offene Verwaltungsdaten gibt.

Das schafft verwirrende Doppelstrukturen, und es ist teuer! Aber wie teuer? Keine Ahnung. Zu Ressourcen steht kein einziges Wort in der Strategie. Ein Monitoring der Zielerreichung fehlt  auch, vielleicht weil man Gemeinplätze so schlecht messen kann. 29-mal will die Ampel irgendetwas „unterstützen“, zum Beispiel das Datensammeln zur Nachhaltigkeitsagenda. Meint sie damit Förderprojekte? Man weiß es nicht. 21-mal will sie sich „einsetzen“, zum Beispiel für Informatik als Pflichtfach an Schulen – aber das ist Länderhoheit! 20-mal „will“ sie irgendwas, zum Beispiel Anreize schaffen für mehr Wertschöpfung aus geistigem Eigentum. Aber was denn für Anreize und für wen überhaupt?

Auch der Zeitplan ist leider ein schlechter Witz. Grobe Daten gibt es da für ein paar Gesetze. Und dann gibt es fünf scheinbar willkürliche Zeilen. In einer davon steht gemeinsam: Datenatlas, Datenpool und Datenlabore. Das ist alles ein einziger Pfeil, der beim Jetzt anfängt und Ende 2024 aufhört, wie die anderen vier Zeilen auch. Der Bundesrechnungshof wird sich ein zweites Mal die Haare raufen, meine Damen und Herren.

Diese Datenstrategie soll auch mehr KI in der Verwaltung ermöglichen und dazu mehr Vertrauen fördern. Aber der Bund nutzte schon 2022 über 245-mal KI-Systeme. 60 Prozent davon enthielt die Antwort auf meine diesbezügliche Kleine Anfrage aber nicht, und mein Vertrauen hat das nicht gefördert.

(Beifall bei der LINKEN)

Transparenz schafft Vertrauen. Aber die soll es auch künftig nicht geben, denn ein KI-Register ist nicht Teil dieser Strategie. Trotzdem: Der Bund will mit ihr Vorbild werden, aber möglichst langsam. Das Transparenzgesetz und das Recht auf Open Data sollen als Letztes kommen – oder auch gar nicht, weil sich die Ampel vor den Wahlen wahrscheinlich nicht mehr einigen kann. Der Entwurf von NGOs dazu liegt seit einem Jahr vor. Ich bitte die Ampelfraktionen: Bringen Sie den einfach selber ein! Das wäre vertrauensbildend.

(Beifall bei der LINKEN)

Kleingeschrieben sind leider auch Gemeinwohl und Zivilgesellschaft. Den Abschnitt zum Gemeinwohl muss irgendwie die Unternehmenslobby geschrieben haben. Da ist von Geschäftsgeheimnissen und Investitionsschutz die Rede, aber kaum vom Nutzen für Bürger/-innen, und manche Wähler/-innen lesen tatsächlich mehr als die Überschrift, meine Damen und Herren.

Ich vermisse ein Versprechen konkreter Zusammenarbeit mit Communitys, die Daten ohne kommerzielle Interessen sammeln und verfügbar machen. Zum Beispiel könnte man die 24 Milliarden Datensätze der Sensor.Community zu Feinstaub, Temperatur und Luftdruck von 13 000 Sensorstationen in Bundesanwendungen integrieren, für die Öffentlichkeit visualisieren und datenbasierte Politik damit machen, so wie es ein niederländisches Ministerium längst macht. Aber beim Umweltbundesamt beißt sich die Sensor.Community die Zähne aus. Das sind echte Datenschätze, die man übrigens auf maps.sensor.community finden kann. Das ist Nutzen fürs Gemeinwohl! Zum Beispiel gibt es allein in Stuttgart von dieser Community 800 Messstationen zur Luftqualität; von staatlichen Stellen gibt es nur 3. Ein herzlicher Dank der Linksfraktion geht hier an die  Ehrenamtlichen.

Mein Fazit: Dieser Datenstrategie fehlen Meilensteine und Zieldaten. Es fehlen Ressourcenpläne, klare Zuständigkeiten und Prioritäten. Es fehlen konkret benannte Maßnahmen. Mit viel blumiger, unverbindlicher Prosa werden wir weder Fortschritte messen können noch viele davon erleben – eine weitere verpasste Chance der sogenannten Fortschrittskoalition.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ständig neue miese Rankings zur Verwaltungsdigitalisierung, trotzdem senkt die Ampel die einzigen konkreten Ziele erst von 575 zu digitalisierenden Leistungen auf 35, dann auf 15. Auch im verspäteten OZG 2.0 fehlen: Ein Rechtsanspruch auf digitale Verwaltung, verbindliche Standards, transparentes und ehrliches Monitoring und Grundlagen für schnellere Entscheidungen. So wird sich wenig ändern.

Meine Rede vom 20.09.2023 zu TOP 5

Änderung des Onlinezugangsgesetzes
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weiterer Vorschriften zur Digitalisierung der Verwaltung
(OZG-Änderungsgesetz – OZGÄndG)
Drucksache 20/8093

im Wortlaut:

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Der Spiegel“ zitierte kürzlich eine globale Studie zur Zufriedenheit von Bürgern mit digitalen Verwaltungsdiensten aus 41 Ländern: Nur in Japan war der Frust noch größer als bei uns, und das, obwohl 2017 das Onlinezugangsgesetz uns versprach, 575 Verwaltungsleistungen – vom Ausweisantrag bis zur Zulassung von Autos – bis Ende 2022 zu digitalisieren. Am Ende waren trotzdem nur 5 Prozent online verfügbar, manche nur in einer einzigen Kommune, viele nur als Schaufensterdigitalisierung. Man kennt es vom BaföG-Antrag: online hochladen, im Amt wieder ausdrucken.

Es fehlte am sinnvollen Ziel der Ende-zu-Ende-Digitalisierung, aber leider auch an verbindlichen Standards, an einheitlichen Basisdiensten, an klaren Zuständigkeiten und vor allem auch an einer transparenten und ehrlichen Fortschrittsmessung statt der Schönfärberei im sogenannten OZG-Dashboard, das der Bundesrechnungshof zu Recht sogar als „massive Täuschung“ bezeichnet hat. So verhindert man Digitalisierung, meine Damen und Herren. 

Nach dem Regierungswechsel sind diese Defizite leider allesamt geblieben. Die Lösung der Ampel: die Reduktion des Ziels von 575 auf sogenannte 35 Booster-Leistungen. Donnerwetter! Aber trotzdem war Ende 2022 nur eine einzige überall in Deutschland und volldigital verfügbar; 7 der 35 waren überhaupt nicht digitalisiert. 

Vor Kurzem habe ich übrigens die Bundesregierung gefragt: Welche dieser 35 Booster-Leistungen sind denn jetzt überall in Deutschland digital verfügbar? Und die Bundesregierung weiß das gar nicht; sie sagt, die Länder seien dafür zuständig. Oder mit anderen Worten: Die Ampel gab sich ein Ziel, dessen Erfüllungsgrad sie nicht kennt und das sie auch überhaupt nicht interessiert. Peinlicher geht’s doch nicht, meine Damen und Herren! 

Oder doch? Denn Ende August senkte die Bundesregierung die Latte erneut. Aus 35 Booster-Leistungen wurden 15 Fokusleistungen mit zwei Jahren Fristverlängerung, verantwortlich wieder die Länder und Kommunen. Der Bund kann also wieder Augen, Ohren und den Mund zuhalten, wenn ich nach dem Fortschritt frage. 

Das neue Onlinezugangsgesetz 2.0 schafft zwar Klarheit zur Bereitstellung von Basisdiensten wie der BundID zur Identifikation, sogar mit einem Postfach; das ist sehr gut. Sie nennt auch die Ende-zu-Ende-Digitalisierung als Ziel – auch das ist sehr gut -, leider aber nur für manche Dienstleistungen. Welche, das steht da nicht mal, das bleibt offen; und das ist schlecht.

Außerdem schafft dieses Gesetz leider immer noch keine Verbindlichkeiten für einheitliche Standards – einer der größten Verhinderungsgründe – und keine realitätstreue transparente Fortschrittsmessung über föderale Ebenen hinweg. Es ändert nichts an den schleppenden Entscheidungsprozessen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Und es schafft auch immer noch keinen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen. So bleiben wir weiter Vorletzter – wenn uns das traditionell stempelnde Japan nicht doch noch überholt.

Vielen Dank. 

Mit dem Onlinezugangsgesetz von 2017 sollten 575 Verwaltungsdienstleistungen bis Ende 2022 digital verfügbar sein. Das Ziel wurde weit verfehlt, seitdem hat die Ampel-Koalition die Regierungsziele mehrfach nach unten angepasst. Am Abend des 20.09.2023 findet die Erste Lesung der neuen Fassung des OZG im Bundestag statt, das weiterhin viele bestehende Probleme nicht adressiert. Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag:

“Die Ampel-Koalition hat von der GroKo viele Probleme bei der Verwaltungsdigitalisierung geerbt, ist aber beim Versuch, sie zu lösen, hoffnungslos gescheitert. Das neue OZG 2.0 kommt ein Jahr zu spät und adressiert viele Baustellen nicht oder ungenügend. Ja, es gibt mehr Klarheit hinsichtlich der Basisdienste, wie die Nutzung der Bundes-ID zur Identifikation und auch die Nennung der Ende-zu-Ende-Digitalisierung als Ziel ist ein Fortschritt. Aber für welche Leistungen dieses Ziel erfüllt sein soll, und bis wann, das beantwortet der Gesetzentwurf leider nicht. Verbindlich ist nichts davon, denn einen einklagbaren Rechtsanspruch schafft das Gesetz nicht. Auch eine der größten Barrieren bei der Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung, das Fehlen verbindlicher Standards über alle föderalen Ebenen hinweg, beseitigt das OZG 2.0 nicht, denn es schreibt nur die Veröffentlichung von Standards vor, aber schweigt sich aus zu ihrer Verbindlichkeit.

Ob und wie Ziele erreicht werden, hängt aber auch vom Monitoring ab, es heißt ja nicht umsonst, “You get what you measure”. Bisher logen sich alte und neue Bundesregierung mit dem OZG Dashboard in die Tasche, so dass der Bundesrechnungshof diese Schönfärberei völlig zu Recht als ‘massive Täuschung’ bezeichnete, denn niemand konnte diesem Dashboard entnehmen, welche Dienstleistungen die Anforderungen des OZG tatsächlich erfüllten und wo genau sie digital verfügbar waren. Eine Leistung wurde schon als ‘digitalisiert’ erfasst, selbst wenn sie nur eine Digitalisierungsstufe unter dem OZG-Standard und das auch nur für eine Teilleistung und obendrein nur in einer einzigen Kommune irgendwo in Deutschland erreicht hatte. Da wundert es nicht, dass Deutschland in einem globalen Ranking zur Zufriedenheit mit der digitalen Verwaltung aktuell nur Vorletzte von 41 Ländern ist.

Auch dieses Monitoring-Problem ändert das neue OZG nicht. Die Datenlage wird also weiter schlecht bleiben und der Bund wird wie kürzlich auf meine schriftliche Frage nach dem Umsetzungsgrad der in 2022 beschlossenen 35 Booster-Leistungen (https://mdb.anke.domscheit-berg.de/2023/09/meine-schriftliche-frage-zum-umsetzungsstand-der-ozg-booster-leistungen/) wohl auch künftig keine Antworten geben können, weil er die Verantwortung dafür allein den Ländern zuschiebt und offensichtlich keinerlei Interesse am Grad der Umsetzung hat.

Ich rechne schon jetzt damit, dass das auch bei den kürzlich als Teil des Deutschlandpaktes verkündeten 15 Fokus-Leistungen so sein wird, mit denen der Bund seine konkreten Ziele zur Verwaltungsdigitalisierung erneut mehr als halbierte. Von 575 zu digitalisierenden Dienstleistungen erst auf 35 und dann auf 15 Leistungen zu reduzieren und die Frist dafür von 5 Jahre auf 7 Jahre zu verlängern, aber gleichzeitig die Schaufensterdigitalisierung von Bafög-Anträgen als Erfolg zu feiern, dazu braucht es schon eine gewisse Kaltschnäuzigkeit. Zumindest da hat die Ampel im Vergleich zur GroKo noch eine Schippe drauf gelegt.

Aber im OZG 2.0 Gesetz stehen nicht mal diese 15 Leistungen, das Gesetz bleibt unkonkret, denn es lässt für die meisten Dienste offen, bis wann sie denn nun wirklich digital verfügbar sein sollen, allein für ‘wesentliche Leistungen’ des Bundes soll eine fünf Jahresfrist gelten, aber welche Leistungen das sind, das erfährt man wiederum nicht. So kann sich die Ampel auch künftig die Latte immer noch tiefer hängen, ohne dass es allzu sehr auffällt und die Verwaltungsdigitalisierung langsamer umsetzen, als eine Schnecke mit angezogener Handbremse kriechen kann. Vielleicht überholt uns dann auch noch Japan, das einzige Land, dessen Bürger*innen noch unzufriedener mit ihrer digitalen Verwaltung waren, als die Deutschen.”

Meine Frage:

  1. Welchen Stand der Digitalisierung haben die im Rahmen des Onlinezugangsge-
    setzes in 2022 priorisierten 35 Leistungen (“OZG-Booster”, Nummer 1 bis 28) aktuell
    und wo sind sie für Bürgerinnen und Bürger verfügbar (bitte jeden der Dienste jeweils
    in einer der folgenden vier Kategorien tabellarisch zuordnen: 1) die Leistung ist über-
    all in Deutschland UND Ende zu Ende digitalisiert verfügbar 2) die Leistung ist zwar
    überall, aber nicht Ende zu Ende digitalisiert verfügbar 3) die Leistung ist Ende zu
    Ende digitalisiert, aber nicht überall verfügbar 4) die Leistung ist weder überall, noch
    Ende zu Ende digitalisiert verfügbar; wenn im Einzelfall eine Zuordnung nicht möglich
    sein sollte, bitte genau begründen, warum nicht und ersatzweise den Stand der Digi-
    talisierung und Verfügbarkeit verbal so genau wie möglich beschreiben)?
  2. Welchen Stand der Digitalisierung haben die im Rahmen des Onlinezugangsge-
    setzes in 2022 priorisierten 35 Leistungen (“OZG-Booster”, Nummer 29 bis 35) aktu-
    ell und wo sind sie für Bürgerinnen und Bürger verfügbar (bitte jeden der Dienste je-
    weils in einer der folgenden vier Kategorien tabellarisch zuordnen: 1) die Leistung ist
    überall in Deutschland UND Ende zu Ende digitalisiert verfügbar 2) die Leistung ist
    zwar überall, aber nicht Ende zu Ende digitalisiert verfügbar 3) die Leistung ist Ende
    zu Ende digitalisiert, aber nicht überall verfügbar 4) die Leistung ist weder überall,
    noch Ende zu Ende digitalisiert verfügbar; wenn im Einzelfall eine Zuordnung nicht
    möglich sein sollte, bitte genau begründen, warum nicht und ersatzweise den Stand
    der Digitalisierung und Verfügbarkeit verbal so genau wie möglich beschreiben)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff:

Zu 1. und 2.
Die beiden Schriftlichen Fragen werden gemeinsam beantwortet.
Für die Umsetzung der vom IT-Planungsrat mit Beschluss 2022/20 vom 2. Mai 2022
priorisierten Leistungen sind die Länder zuständig, so dass der Bundesregierung die
für eine Beantwortung der Fragen erforderlichen Informationen nicht vorliegen. Für
die von der Bundesregierung herausgegebene Webseite https://dashboard.ozg-um-
setzung.de/ stellen die Länder allgemeine Informationen zum Umsetzungsstand von
OZG-Leistungen zur Verfügung. Darunter befinden sich auch zahlreiche der vom IT-
Planungsrat mit Beschluss vom 2. Mai 2022 priorisierten Leistungen.

Antwortschreiben im Original:

Meine Schriftlichen Fragen zum OZG-Booster im Dezember 2022:

https://mdb.anke.domscheit-berg.de/2023/01/onlinezugangsgesetz-und-ozg-booster-gescheitert/