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Am 28. Juni habe ich beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags um eine Bewertung des EU-Verordnungsentwurfs „Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“, auch als „Chatkontrolle“ bekannt, gebeten. Der Fokus sollte dabei auf der Frage liegen, ob der eintretende Eingriff in die Grundrechte durch diesen Verordnungsentwurf verhältnismäßig ist. Die Ausarbeitung dazu ist inzwischen eingegangen und kann HIER aufgerufen werden.

Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zum aktuellen Entwurf der EU Chatkontrolle zieht ein vernichtendes Fazit, und stützt alle meine Warnungen und die der Zivilgesellschaft vor dieser Verordnung, die offensichtlich weder dazu geeignet ist, Kinder besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen, noch auch nur ansatzweise angemessen ist, denn das Gutachten bestätigt, dass die Chatkontrolle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte bedeutet und negative Auswirkungen nicht nur allgemein für die Bevölkerung, sondern insbesondere auch für Minderjährige zu erwarten sind.

Ich hoffe sehr, dass man dieses Gutachten im Innenministerium genau zur Kenntnis nimmt, insbesondere die Ausführungen zur faktischen Abschaffung der vertraulichen Kommunikation, aber auch die deutliche Aussage, dass die Umsetzung der Chatkontrolle zwingend entweder die Schwächung verschlüsselter Übertragung oder aber das Auslesen von Messenger-Inhalten vor der Verschlüsselung auf dem Gerät der Nutzer:innen (“Client Side Scanning”) bedeutet. Vor diesem Hintergrund beunruhigt mich sehr, dass die Bundesregierung zwar immer wieder betont, dass sie die verschlüsselte Kommunikation schützen will, sich gleichzeitig aber vor einer klaren Aussage zum Client Side Scanning drückt. Ich habe bereits mehrfach vergeblich danach gefragt und habe den stärker werdenden Eindruck, dass man sich diesen Weg für eine Umsetzung der Chatkontrolle offenhält. Das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags macht allerdings sehr deutlich, dass mittels Client Side Scanning nicht nur die Vertraulichkeit der Kommunikation faktisch abgeschafft, sondern außerdem die IT-Sicherheit genutzter Geräte geschwächt wird, da dafür die Gerätehersteller Sicherheitlücken einbauen müssten, die natürlich auch von Dritten gefunden und ausgenutzt werden können.

Nach Kenntnis dieses Gutachtens muss endlich die gesamte Bundesregierung einschließlich der Innenministerin Nancy Faeser die Chatkontrolle als gefährlichen Holzweg erkennen und ihr ganzes Verhandlungsgewicht in Brüssel dafür einsetzen, dass diese Verordnung verhindert wird und sie Kinder stattdessen mit sowohl geeigneten als auch mit grundrechtsfreundlichen Maßnahmen künftig besser vor Gewalt schützt.

Frage

Versteht die Bundesregierung unter einer „durchgängigen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung”, die laut Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP sichergestellt werden soll, auch, dass es keinen zweiten privaten Schlüssel geben darf, sowie die betreffende Kommunikation auch an der Quelle oder beim Empfänger, etwa durch Client-Side-Scanning, nicht überwacht werden darf und wie wird sich die Bundesregierung verhalten, wenn die geplante EU Verordnung „zur wirksamen Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern” eine anlassunabhängige Überprüfung aller (auch verschlüsselt übertragener) Kommunikationsdaten auf entsprechende Inhalte hin vorsieht? (Drucksachennr. 20/1817, Frage 41)

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff vom 11. Mai 2022

Die Befugnisse der Sicherheitsbehörden sind in den geltenden Gesetzen abgebildet. Darüber hinaus lehnt die Bundesregierung Forderungen nach Schwächung von Verschlüsselungstechnologien
durch Hintertüren, Generalschlüssel oder „zweite private Schlüssel“ ab. Da die EU Verordnung „zur wirksamen Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern” zum Zeitpunkt der Beantwortung noch nicht veröffentlicht wurde, nimmt die Bundesregierung zu möglichen Inhalten dieser Verordnung keine Stellung.

Originalschreiben vom BMI (geschwärzt)

Selbstgemachtes Demo-Schild mit der Aufschrift: Lieber ständig übermüdet als ständig überwacht.
Überwachung zerstört Freiheit – Fotocredit: CC-BY Karola Riegler (Bearbeitung Team ADB)

Zahlreiche Befugniserweiterungen für die Sicherheitsbehörden trugen in den vergangenen Jahren zu einer starken Ausweitung der Überwachungstätigkeit bei. Dabei zeigen mehrere Urteile (Änderungen Verfassungsschutzgesetz, BND-Gesetz und Änderung zur Bestandsdatenauskunft) aus Karlsruhe eindeutig: das Ausmaß des Reformbedarfs im Bereich der Sicherheitsbehörden ist dramatisch – die Vorhaben der Bundesregierung entsprechen keineswegs den hohen verfassungsrechtlichen Vorgaben.

In meiner Schriftlichen Frage wollte ich von der Bundesregierung wissen, was ihre Pläne sind, eine “Überwachungsgesamtrechnung”, die sowohl vom BVerfG als auch vom Bundesdatenschutzbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Kelber selbst mehrfach gefordert wurden, zukünftig durchzuführen und sie dann auch zu veröffentlichen. Die Antwort aus dem Bundesinnenministerium ist ein Schlag ins Gesicht der Demokratie.

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Heute, am 06.10.2020, hat der Europäische Gerichtshof erneut zur Vorratsdatenspeicherung geurteilt. Dazu erklärt Anke Domscheit-Berg: „Das Urteil des EuGH erteilt erneut staatlichen Überwachungsbegehrlichkeiten eine Abfuhr, allerdings haben vergleichbare Urteile bisher die Bundesregierung nicht davon abgehalten, immer wieder neue verfassungswidrige Überwachungsmaßnahmen zu beschließen oder zu fordern, weil sie immer wieder die Bedeutung der Grundrechte vergißt. Die Aussage des EuGH ist in seinem neuerlichen Urteil zur Vorratsdatenspeicherung jedoch sehr klar, denn es stellt zweifelsfrei fest, dass eine allgemeine Überwachung durch eine flächendeckende Datenspeicherung ohne besonderen Anlass, von allen Menschen, die bestimmte Kommunikationsformen nutzen, zu allen Zeiten schlicht weg nicht verhältnismäßig ist und daher illegal. Nach meiner Auffassung ist eine derartige, allumfassende Datenspeicherung schon strukturell nicht mit demokratischen Grundwerten vereinbar.

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Frage: Sind an dem Pilotprojekt der Deutschen Bahn AG in Stuttgart zur videobasierten Fahrgaststrom-Überwachung das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder seine nachgelagerten Behörden an der Entwicklung, Planung, Umsetzung oder Finanzierung beteiligt, und wer hat Zugriff auf die erhobenen Daten vor der Anonymisierung durch das Software-Unternehmen Brighter AI (www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/pilotprojekt-in-stuttgart-mit-kameras-gegen-corona-deutsche-bahn-will-passagierstroeme-bewusster-lanken/25774872.html)? (BT-Drucksache 19/19240)

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Enak Ferlemann vom 13. Mai 2020

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder dessen Geschäftsbereichsbehörden sind an dem genannten Projekt nicht beteiligt.
Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse hinsichtlich des Zugriffs auf die erhobenen Daten vor der Anonymisierung durch das Software-Unternehmen Brighter AI vor.

Die Bundesregierung hat sich bisher nicht konkret geäußert, ob und welche Tracking-App sie im Kampf gegen die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (Corona) einsetzen möchte. Momentan begrüßt die Bundesregierung die europäische Initiative PEPP-PT, an der auch das Robert-Koch-Institut (RKI) und Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) beteiligt sind, prüft aber noch deren Einsatz und Tauglichkeit. 

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Frage: Welche Anweisungen und Verfahren gibt es im Rahmen des zweiten Teilprojekts der Deutschen Bahn AG und der Bundespolizei zum Test intelligenter Videoanalyse-Technik am Berliner Südkreuz bei Fällen, in denen die zu testende Software Situationen erkennt, die nicht durch eigens eingesetzte Darsteller erzeugt werden (z. B. von Dritten abgestellte Gegenstände, gestürzte unbeteiligte Personen), und wie werden solche nicht gestellten Situationen in der Auswertung des Teilprojekts berücksichtigt? (BT-Drucksache 19/11515)

Antwort des Staatssekretärs Dr. Helmut Teichmann vom 10. Juli 2019:

Im Rahmen des zweiten Teilprojekts zum Test intelligenter Videoanalyse-Technik am Bahnhof Berlin Südkreuz erfolgt die Erprobung parallel zum Realbetrieb, ohne Einbindung in bestehende Prozesse. Es werden hierzu aktuell vier Kameras, in vier zuvor festgelegten und durch auffällig blaue Markierungen gekennzeichneten Testbereichen, parallel betrieben. Die Szenarien werden durch die Bundespolizei durchgehend überwacht. Eine Verwechslung mit Situationen, die nicht durch eigens eingesetzte Darsteller erzeugt werden, ist aufgrund des Testaufbaus ausgeschlossen.

Frage: Über welche Informationen verfügt die Bundesregierung über den – auch geplanten – Einsatz von „intelligenten Videoüberwachungssystemen“ in Deutschland (www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2018/10/gesichtserken nung-suedkreuz.html; www.iosb.fraunhofer.de/ servlet/is/93474/; https://im.baden-wuerttemberg. de/de/service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/startschuss-fuer-die-algo rithmenbasierte-videoueberwachung-beim-poli zeipraesidium-mannheim/), die beispielsweise unnatürliche Bewegungen, Schläge und Tritte erkennen sollen, und welche Firmen waren bei der Erstellung der „Drehbücher“ für den Test intelligenter Videoanalyse-Technik mit eigens hierfür eingesetzten Darstellern beteiligt?

Antwort des Staatssekretärs Dr. Helmut Teichmann vom 10. Juli 2019:

Bei dem Test intelligenter Videoanalyse-Technik durch die Deutsche Bahn AG und die Bundespolizei sind die von der Fragestellerin beschriebenen Szenarien nicht Bestandteil der Erprobung. Die folgenden Szenarien sollen während des Tests erprobt werden: liegende Personen, Betreten definierter Bereiche/Zonen, Personenströme/Ansammlungen, Personenzählung, abgestellte Gegenstände, Nachvollziehen von Positionen/Gegenständen, retrograde Auswertung der vorgenannten Szenarien. Die Erstellung der „Drehbücher“ für den Test erfolgte federführend durch die Deutsche Bahn AG in Abstimmung mit der Bundespolizei.

Das von der Fragestellerin bereits referenzierte Projekt der algorithmenbasierten Videoüberwachung des Polizeipräsidiums Mannheim ist bekannt. Weitere Informationen zu dem – auch geplanten – Einsatz von intelligenten Videoüberwachungssystemen in Deutschland im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor.

Frage: Welche Kriterien für die tatsächliche Erfolgsmessung wurden durch die Projektbeteiligten der zwei Teilprojekte zur Biometrischen Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Bundespolizeipräsidium, Bundeskriminalamt, Deutsche Bahn AG und ggf. weitere Projektpartner oder Auftragsnehmer) erwogen, und welche davon wurden dann als Kriterium ausgewählt? (BT-Drucksache 19/10897)

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer vom 6. Juni 2019:

Im Teilprojekt 1 „Biometrische Gesichtserkennung“ sollte untersucht werden, ob die biometrische Gesichtserkennung nach dem Stand der Technik ein Unterstützungsinstrument für die polizeiliche Fahndung sein kann und damit einen wertvollen Beitrag zur Gewährleistung von Bahnsicherheit auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes zu leisten imstande ist.

Die im Rahmen der Marktsichtung u. a. recherchierten und im Zuge des Teilprojektes 1 letztendlich getesteten unterschiedlichen Gesichtserkennungssysteme sollten Gesichter von Probanden in den Live-Videoströmen der Videoüberwachung am Bahnhof Berlin Südkreuz detektieren und identifizieren. Die Güte der Detektion bzw. Identifikation der Gesichtserkennungssysteme im Einzelnen waren somit die maßgeblichen Kriterien für die Erfolgsmessung. Zu den Ergebnissen der Erprobung im Einzelnen wird auf den entsprechenden Abschlussbericht des Bundespolizeipräsidiums verwiesen.

Im Rahmen des zweiten Teilprojektes des Tests intelligenter Videoanalysetechnik durch die Deutsche Bahn AG und die Bundespolizei sollen durch die zu testende Software verschiedene Situationen, u. a. liegende (hilfsbedürftige) Personen und (über einen längeren Zeitraum) abgestellte Gegenstände erkannt werden. Über das reine Erkennen einer definierten Situation hinaus ist die Differenzierung zu ähnlichen Situationen, die aber keine Relevanz für den Bahnbetrieb oder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes haben, von wesentlicher Bedeutung. Ziel ist es, dass Meldungen durch die Software nur bei Erkennen der vorher definierten Situation ausgelöst werden. Die Güte des Erkennens vorher definierter Situationen bzw. die Differenzierung zu ähnlichen Situationen ohne Meldeerfordernis sind in diesem Teilprojekt somit die entscheidenden Kriterien für die vergleichende Erfolgsmessung der Systeme.

Parlamentarische Initiativen von Jan Korte, Anke Domscheit-Berg, Kerstin Kassner, Ulla Jelpke, Victor Perli, Petra Sitte, Kirsten Tackmann, Andreas Wagner, Hubertus Zdebel, 23. Januar 2019

23.01.19 – Kleine Anfrage – Drucksache Nr. 19/7105

Die Bundesregierung plant die von Gerichten angeordneten Diesel-Fahrverbote mit einer automatisierten Erfassung aller Verkehrsteilnehmer durchzusetzen. Der „Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes“ sieht dafür einen automatisierten Datenbankabgleich mit dem Kraftfahrt-Bundesamt und die Erfassung des Fahrzeugkennzeichen, der Fahrzeugmerkmale, eines Bildes des Fahrzeugs und des Fahrers sowie „Ort und die Zeit der Teilnahme am Verkehr“ vor.

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Hierzu liegt eine Antwort der Bundesregierung als Drucksache Nr. 19/7491 vor. Antwort als PDF herunterladen

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