Meine Frage:
„Welche konkreten Initiativen oder (gesetzgeberischen) Handlungsmaßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Bedrohung der Demokratie durch Desinformationen z.B. im Umfeld von Wahlen zu adressieren, insbesondere in Bezug auf derartige Inhalte, die mittels KI-Anwendungen (KI = Künstliche Intelligenz) erstellt wurden, und welche Rolle spielen unabhängige Medien und Fact-Checking-Organisationen in den Regierungsstrategien zur Bekämpfung von KI-generierter Desinformation (bitte auch darauf eingehen, inwiefern diese gegebenenfalls unterstützt werden)?“
Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter:
Um hybriden Bedrohungen einschließlich Desinformation z. B. im Kontext von Wahlen zu begegnen, setzt die Bundesregierung insbesondere auf Prävention, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Stärkung der gesellschaftlichen Resilienz auch gegen Manipulation durch KI-Anwendungen. Dafür stellt die Bundesregierung u. a. verschiedene Informationsmaterialien zur Verfügung, die online abrufbar sind. Aus Sicht der Bundesregierung leisten unabhängige Medien und zivilgesellschaftliche Initiativen wie z. B. Faktencheck-Organisationen einen wichtigen Beitrag bei der Bekämpfung von Desinformation.
Dazu zählen das FAQ „Schutz der Europawahl vor hybriden Bedrohungen einschließlich Desinformation“, der Onepager „Zusammen gegen Manipulation“ und das Informationsblatt in leichter Sprache „Zusammen gegen Falsch-Informationen bei der Europa-Wahl“ (jeweils auch auf Englisch und Französisch erhältlich). Alle Unterlagen sind hier verfügbar. Es ist zudem erklärtes Ziel der am 22. Mai 2024 im Kabinett beschlossenen Strategie „Gemeinsam für Demokratie und gegen Extremismus – Strategie der Bundesregierung für eine starke, wehrhafte Demokratie und für eine offene und vielfältige Gesellschaft“ konsequent gegen Desinformation vorzugehen.
Die Bundesregierung setzt mit der Strategie einen Rahmen, der offen ist für weitere Entwicklungen, gesellschaftliche Diskurse und lageangepasste Veränderungen. Künstliche Intelligenz kann es erleichtern, im Informationsraum Einfluss zu nehmen und öffentliche Debatten mit manipulativer Information und Propaganda zu beeinflussen. Daher ist es wichtig, schnell mit zuverlässigen Informationen zu reagieren und Falschinformationen rasch zu erkennen und offenzulegen. Gesetzliche Antworten wie klare Kennzeichnungspflichten gemäß dem EU-Gesetz zur künstlichen Intelligenz (AI Act) tragen hier zu mehr Sicherheit bei. Mindestens genauso wichtig sind Aufklärung und Sensibilisierung der Gesellschaft, sowie die Stärkung der Medienkompetenz in allen Altersgruppen, um die Resilienz gegen Manipulation durch KI-Anwendungen zu erhöhen. Hierzu fördert die Bundesregierung verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen, die geeignete pädagogische Angebote entwickeln und erproben. Grundsätzlich spielt außerdem die Technologiebranche eine zentrale Rolle bei der Vorbeugung und Bekämpfung solcher Entwicklungen. Es bedarf gemeinsamer Bemühungen aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor sowie der Zivilgesellschaft, um auf diese neuen Herausforderungen und Risiken zu reagieren.
Mit dem europäischen Digital Services Act (DSA) gibt es einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen, der ein vertrauenswürdiges Online-Umfeld sicherstellen soll, das der Verbreitung rechtswidriger Online-Inhalte und den gesellschaftlichen Risiken, die die Verbreitung von Desinformation oder anderen Inhalten mit sich bringen kann, entgegenwirkt (ErwG 9). Der DSA gilt seit dem 17. Februar 2024 uneingeschränkt in der EU und damit auch in Deutschland. Die in ihm verankerten Maßnahmen zielen auf alle rechtswidrigen digitalen Inhalte, unter die auch (KI-generierte) Desinformation fallen kann. Ein Kernstück des DSA ist, dass Online-Plattformen ein Melde- und Abhilfeverfahren für rechtswidrige Inhalte einrichten und die Meldungen zeitnah, sorgfältig, frei von Willkür und objektiv bearbeiten müssen.
Die Anbieter von sehr großen Online-Plattformen und -Suchmaschinen (VLOPs/VLOSEs, mind. 45 Mio. Nutzer in der EU) müssen außerdem alle erheblichen systemischen Risiken bewerten und wirksame Maßnahmen zur Minderung ergreifen. Die Pflicht erstreckt sich auch auf Desinformation. Zur Durchführung des DSA hat der Deutsche Bundestag das Digitale-Dienste-Gesetz beschlossen, mit dem die Bundesnetzagentur als nationaler Digitaler-Dienste-Koordinator in Deutschland die Einhaltung der Vorschriften durch Anbieter digitaler Dienste mit Niederlassung in Deutschland überwachen wird.
Damit wird die Aufsicht der neuen Vorgaben nach dem DSA sichergestellt. Es wird zudem auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 20/11281 verwiesen.