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Die Bundesregierung hat im August einen Gesetzentwurf zur Digitalisierung von Familienleistungen vorgelegt, damit man beispielsweise Elterngeld ganz bequem auf digitalem Weg beantragen kann. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung steht aber nicht für sich allein, sondern ist im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes zu bewerten. Das Onlinezugangsgesetz verpflichtet Bund und Länder, 575 Leistungen der Behörden wie den Antrag auf einen Führerschein bis Ende 2022 online anzubieten und in einem Portalverbund zugänglich zu machen. Das würde viele Behördengänge ersparen, weil man von überall und zu jeder Zeit zum Beispiel BAföG beantragen kann. Das Mammutprojekt kommt allerdings nur schleppend voran. Im Bundestag sprach ich darüber, wieso der Gesetzesentwurf, der Familienleistungen als Bündel digitalisieren will, die Umsetzung eher schlecht als recht gelöst hat. Die Rede kann man sich anschauen oder hier nachlesen:

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Kolleg:innen,

Was lange währt, wird endlich gut – leider stimmt das nicht immer. Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen begleitet mich beruflich schon zwei Jahrzehnte, seit man mit BundOnline 2005 statt der Bürger:innen ihre Daten von Amt zu Amt laufen lassen wollte. Das soll 2022 endlich Realität werden, aber das wird wohl wieder nicht klappen, denn von über 500 Verwaltungsleistungen ist mir Ende 2020 keine einzige bekannt, die man überall in DE vollständig elektronisch abwickeln kann.

Dass wir heute einen Gesetz-Entwurf von 40 Seiten debattieren, der mit über 20 Seiten Änderungsanträgen ergänzt werden musste, zeigt, dass die Bundesregierung offensichtlich beim eGovernment nicht nur eine Schnecke ist, sondern auch schlampig arbeitet. Außerdem enthält das Gesetz immer noch Regelungen, die im Widerspruch zu anderen Gesetzen stehen, die den gleichen Sachverhalt betreffen.

Und beim Postfach für Bürger:innen bleibt unklar, ob es nur ein Briefkasten zum Abwerfen von PDF-Dokumenten ist, oder ob man es auch für echte Interaktion mit dem Staat nutzen kann. Werde ich damit fehlende Dokumente elektronisch nachreichen können? Widersprüche einlegen? Rückfragen stellen und beantwortet bekommen? Das ist was Nutzer:innen erwarten, aber der Gesetzentwurf vertritt z.T. einseitige Verwaltungsinteressen. So gibt es künftig die sogenannte Bekanntgabefiktion, also die Festlegung, dass ein im Postfach hinterlegtes Behörden-Dokument drei Tage später als zugestellt gilt. Mit anderen Worten: wer nicht ständig sein elektronisches Postfach kontrolliert, hat Pech gehabt, wenn die Widerspruchsfrist zu einem fehlerhaften Bescheid abgelaufen ist. Hier muss die Lebenswirklichkeit stärker berücksichtigt werden! Ein Durchschnittsmensch kontrolliert ein elektronisches Postfach für sporadische Behördenpost seltener, als den Hausbriefkasten. Ein Kompromiss wäre das Recht, auf Wunsch Behördenpost per Brief zugestellt zu bekommen, wenn sie einige Tage ungesehen im elektronischen Postfach lag.

Zu Recht erwarten Bürger:innen auch mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit vom digitalen Staat. Aber elektronische Signaturen scheint die Bundesregierung vergessen zu haben, dabei wären sie eine Hürde für unauthorisierte Zugriffe auf die Daten der Bürger:innen, weil jeder Arbeitsschritt im Verwaltungsprozess mit Zugriff auf Bürgerdaten elektronisch unterschrieben wäre. Das würde auch unabhängige Überprüfungen ermöglichen. Nach jetzigem Konzept bleibt der digitale Staat eine Blackbox. Erkennbar sind auch keine eingebauten Garantien, die verhindern, dass eine Behörde nachträglich Dokumente verändert, die schon im Postfach zugestellt waren.

Last but not least darf ich jetzt schon versprechen, dass wir von der Linksfraktion nicht zulassen werden, dass im Zuge der Verwaltungsdigitalisierung ein eindeutiges Personenkennzeichen wie die Steuer-ID fachübergreifend genutzt wird. Das wäre verfassungswidrig und dagegen werden wir kämpfen.

Im übrigen haben Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen nichts im Strafgesetzbuch verloren, §219a gehört abgeschafft.