Zum Abschluss meiner Sommertour durch das Havelland besuchte ich am 6. August 2020 die Willkommensinitiative Falkensee. Tanja Marotzke gab zu Beginn einen kurzen Abriss zur Geschichte. Schon bevor die ersten Flüchtlinge kamen, gründeten Bürgerinnen der Stadt die Initiative, um gut vorbereitet zu sein – das war schon die erste Gemeinsamkeit, die ich mit der Fürstenberger Willkommensinitiative entdeckte. In ehrenamtlicher Tätigkeit organisiert die WI seitdem alles, was Geflüchteten den Neustart in einer ganz anderen Welt erleichtert.

Sie organisierten Deutschkurse, Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen und bei der Ausbildungs-, Schul- und Arbeitsplatzsuche, Begleitung zu Behörden und vieles mehr. Auch eine Fahrradwerkstatt wurde eingerichtet und mit Eltern und Kindern kleine Ausflüge unternommen. Am schwierigsten ist die Wohnungssuche, denn den starken Zuzug ist Wohnraum in Falkensee sehr knapp und die Mieten sind sehr hoch.
Richtig gut fand ich, dass auch Einheimische angesprochen sind, wenn Hilfe etwa beim Ausfüllen von Behördenformularen angeboten wird, die Botschaft der Willkommensinitiative ist eindeutig: „Wir sind für alle da!“. 
Natürlich erzählte ich auch von meinen Erfahrungen in der Willkommensinitiative Fürstenberg, die zwar viel kleiner ist, sich aber auch um viel weniger Geflüchtete im Einzugsbereich kümmern muss. Es gab da weitere Gemeinsamkeiten, wie die guten Erfolge bei der Integration in Kita, Schule und weiterführender Bildung – ein Falkenseer Geflüchteter studiert sogar Astrophysik! 
Auch bei uns ist die Wohnungssuche schwer, aber kein Vergleich zu Falkensee, wo Geflüchtete häufig nur im westlichen Havelland, z.B. in Rathenow oder Premnitz, Wohnungen finden und dann ihre sozialen Bindungen nach Falkensee vermissen. Wir finden immer wieder Wohnungen auch direkt im Ort, aber auch im äußersten Norden Brandenburgs wird die Wohnungssuche schwieriger.
Natürlich ging es auch um Digitalisierung, denn ein bezahlbarer Zugang zum Internet ist ein Riesenproblem in den Gemeinschaftsunterkünften. Im Havelland können die Bewohner:innen zwar das WLAN nutzen, müssen aber für 18 Tage zehn Euro Nutzungsgebühr bezahlen und das pro Gerät. Wenn dann eine Familie mit schulpflichtigen Kindern Internet für mehrere Geräte benötigt, wird das unfassbar teuer. Ein guter Zugang zu digitaler Bildung sowohl für Erwachsene als auch für Kinder ist gerade in Pandemie-Zeiten unabdingbar, Bildung ist schließlich ein Menschenrecht. Solche Wucherpreise und Knebelkonditionen sind aus meiner Sicht nicht hinnehmbar und muss auf Kreisebene geklärt werden. An anderen Orten stellen Kommunen einfach einen DSL Anschluss und ehrenamtliche Initiativen – wie bei uns in Fürstenberg der Verstehbahnhof des havel:lab e.V. und andernorts Freifunker:innen – sorgen dann auf dieser Infrastruktur für den WLAN Zugang. Dann kostet das die Geflüchteten gar nichts und sie können Teilhaben am digitalen gesellschaftlichen Leben – Schulbildung eingeschlossen. 
Wie der Breitbandausbau schnell und preiswert umgesetzt werden kann, beschrieb ich am Beispiel Schwedens, wo das Internet fast überall zur kommunalen Daseinsvorsorge gehört und daher preiswert jedem und in sehr hoher Bandbreite zur Verfügung steht.
Natürlich braucht es auch elektronische Endgeräte, denn digitale Bildung können Schulkinder nicht über das Handy ihrer Mama erhalten. In Fürstenberg hat mein Mann über das Verstehbahnhof Projekt Fördergelder eingeworben, um 30 gebrauchte aber sehr gute Laptops zu beschaffen, mit Lernsoftware auszustatten und an bedürftige Kinder auszugeben. Dafür ist auch das Corona Sofortprogramm digitale Bildung von 500 Millionen Euro vorgesehen, aber die darin enthaltenen 150€ reichen nicht, um einen vernünftigen Laptop oder Tablet anzuschaffen und es ist immer noch unklar, wie man in Brandenburg überhaupt an diese Mittel kommt. Wie immer hat die Bundesregierung vor allem ein Umsetzungsproblem, so dass selbst gut gemeinte und sinnvolle Förderprogramme ihr Ziel kaum erreichen. Bei digitaler Bildung kann man in Pandemiezeiten aber nicht beliebig lange warten, sonst verlieren viele Kinder den Anschluss – am ehesten die, die ohnehin durch ihren familiären Hintergrund benachteiligt sind.
Ein weiteres Thema war die digitale Weiterbildung von Lehrerinnen. Auch hier konnte ich von der Arbeit des Verstehbahnhofs in Fürstenberg/Havel berichten. Mein Mann Daniel führte bei uns Workshops mit Lehrkräften durch, um sie mit Anwendungen wie Videokonferenzsystemen vertraut zu machen. Alle waren sich einig, dass in Sachen digitaler Bildung noch viel getan werden muss, so geht es auch nicht an, dass diese wichtige pädagogische Kompetenz bislang nicht einmal obligatorischer Bestandteil der Lehrerausbildung ist.
Der Nachmittag bei der Falkenseer Willkommensinitiative war ein breiter und spannender Austausch in besonders gastlicher Atmosphäre. Zum Abschied vereinbarten wir noch eine Vernetzung der Falkenseer mit der Fürstenberger Willkommensinitiative im Verstehbahnhof. Auf das Wiedersehen freue ich mich jetzt schon.