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Zur Debatte des Antrags der Linksfraktion zur Chatkontrolle Verordnung der EU des 19.01.2023.

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Pressemitteilung vom 20. Januar 2023

Als letzten Tagesordnungspunkt debattierte der Bundestag am Abend des 19. Januar 2023 einen Antrag der Linksfraktion mit der Aufforderung, die Bundesregierung zur Ablehnung der sogenannten Chatkontrolle Verordnung der EU zu verpflichten. Der Antrag wurde von allen übrigen Fraktionen abgelehnt. Der Entwurf einer EU-Verordnung für Regeln zur Prävention und Bekämpfung der Darstellung sexueller Gewalt an Kindern ist hochumstritten, da er vor allem auf weitreichende und grundrechtsverletzende Überwachungsmaßnahmen und nur sehr wenig auf Prävention setzt. Kritik kam nicht nur per offenem Brief von über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen in Europa, sondern auch von Kinderschutzorganisationen und besonders umfassend und grundsätzlich über ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, das den Entwurf als unvereinbar mit europäischen und deutschen Grundrecht bewertet, sowie als ungeeignet für die Erreichung des beabsichtigten Ziels, Kinder besser zu schützen.

Seit Monaten streiten sich die Ampel-Parteien in der Frage, wie sie sich zur Chatkontrolle-Verordnung verhalten. Vor allem Innenministerin Faeser machte Schlagzeilen, als sie mehrfach öffentlich die Verordnung lobte und das sogenannte Client Side Scanning – das automatische Durchsuchen von Inhalten auf privaten Geräten vor der Verschlüsselung – befürwortete. Auch in der Debatte war erkennbar, dass ein Riß durch die Ampelkoalition geht, trotz Kritik von MdB aller drei Ampelfraktionen an grundrechtswidrigen Elementen der geplanten Verordnung und der erklärten Absage einer SPD Rednerin zum Client Side Scanning. Denn weiterhin ist nur sicher, dass Deutschland die Verordnung nicht ablehnen wird, offen ist aber weiterhin, ob es zu einer Zustimmung oder ein Enthaltung kommen wird und damit Deutschland direkt oder indirekt dazu beiträgt, die größte Überwachungsinfrastruktur seit Jahrzehnten aufzubauen. Schon im Herbst 2022 hatte bereits das österreichische Parlament daher seine Regierung auf Basis der Landesverfassung zur Ablehnung der Chatkontrolle Verordnung verpflichtet.

Die digitalpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Anke Domscheit-Berg, erklärt:

„Es ist mir unbegreiflich, dass eine Bundesregierung ohne Beteiligung der CDU/CSU es nicht schafft, sich unmissverständlich gegen ein EU-Verordnungsvorhaben zu positionieren, das nichts weiter als ein Gruselkabinett von Überwachungsmaßnahmen ist und keineswegs geeignet, Kinder besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Die Ampel-Koalitionäre argumentieren, dass sie sich einerseits nur bei einer grundsätzlichen Unterstützung in Brüssel für positive Veränderungen des Verordnungsentwurfs einsetzen könnten und es andererseits ja auch unterstützenswerte Inhalte wie ein geplantes EU-Zentrum gäbe. Dieses Zentrum hat jedoch keineswegs den Zweck, vor allem der Prävention zu dienen, sondern soll insbesondere die Umsetzung technischer Überwachungsmaßnahmen unterstützen und begleiten.

Außerdem ist es völlig abwegig, eine Verordnung zu unterstützen, die nicht nur einen klaren Bruch mit dem Koalitionsvertrag darstellt, sondern in Gänze unvereinbar ist mit der Grundrechtecharta der EU und mit Verfassungsgrundrechten. Ein von mir beauftragtes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages kam schon Ende 2022 zu einem vernichtenden Gesamturteil, wonach die Verordnung weder geeignet noch angemessen und verhältnismäßig sei und das Ende der Vertraulichkeit elektronischer Kommunikation bedeute. Sie gefährdet außerdem die IT-Sicherheit aller Nutzer und Nutzerinnen digitaler Dienste, denn um Inhalte auf privaten Geräten vor der Verschlüsselung z.B. über einen Messengerdienst automatisiert durchsuchen zu können, müssen überall Hintertüren in Apps und/oder Geräte eingebaut werden, und diese Hintertüren können und werden Kriminelle für verbrecherische Zwecke nutzen.

Die Koalition redet sich schön, dass sie sowohl mit einer Zustimmung als auch mit einer Enthaltung in Brüssel dazu beitragen wird, dass in Europa eine beispiellose Zensur- und Überwachungsinfrastruktur entsteht, die unkontrollierbar ist, von undemokratischen Drittstaaten begeistert für die Unterdrückung Oppositioneller kopiert werden wird und einen Geist aus der Flasche lässt, der kaum wieder eingefangen werden kann. Mit der Anwendung dieser Verordnung werden künftig Ermittlungsbehörden durch tausende Fälle falscher Verdächtigungen von der Verbrechensermittlung abgehalten, Jugendliche werden massenhaft kriminalisiert, weil Algorithmen Sexting von Grooming nicht unterscheiden können, und unzählige Unschuldige werden schrecklicher Verbrechen verdächtigt, weil künstliche Intelligenz legitime Familienfotos z.B. von badenden Kindern in Chats oder Foto-Cloud-Backups mit strafbaren Bildern verwechselt.

Soziale Probleme lassen sich mit technischen Mitteln nicht lösen, stattdessen braucht es endlich einen umfassenden Katalog wirksamer, aber eben nicht grundrechtsverletzender Maßnahmen, um Kinder tatsächlich besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Ich bedaure sehr, dass die Ampelmehrheit im Bundestag sich dem Antrag der Linken nicht anschließen wollte und fordere die Regierungskoalition erneut dazu auf, sich weder aktiv noch passiv am Aufbau dieser beispiellosen Überwachungsinfrastruktur zu beteiligen.”

Hintergrund: Als letzten Tagesordnungspunkt debattierte der Bundestag am Abend des 19. Januar 2023 einen Antrag der Linksfraktion mit der Aufforderung, die Bundesregierung zur Ablehnung der sogenannten Chatkontrolle-Verordnung der EU zu verpflichten. Der Antrag wurde von allen übrigen Fraktionen abgelehnt. Der Entwurf einer EU-Verordnung für Regeln zur Prävention und Bekämpfung der Darstellung sexueller Gewalt an Kindern ist hochumstritten, da er vor allem auf weitreichende und grundrechtsverletzende Überwachungsmaßnahmen und nur sehr wenig auf Prävention setzt. Kritik kam nicht nur per offenem Brief von über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen in Europa, sondern auch von Kinderschutzorganisationen und besonders umfassend und grundsätzlich über ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, das den Entwurf als unvereinbar mit europäischen und deutschen Grundrecht bewertet, sowie als ungeeignet für die Erreichung des beabsichtigten Ziels, Kinder besser zu schützen.

Seit Monaten streiten sich die Ampel-Parteien in der Frage, wie sie sich zur Chatkontrolle-Verordnung verhalten. Vor allem Innenministerin Faeser machte Schlagzeilen, als sie mehrfach öffentlich die Verordnung lobte und das sogenannte Client Side Scanning – das automatische Durchsuchen von Inhalten auf privaten Geräten vor der Verschlüsselung – befürwortete. Auch in der Debatte war erkennbar, dass ein Riss durch die Ampelkoalition geht, trotz Kritik von MdB aller drei Ampelfraktionen an grundrechtswidrigen Elementen der geplanten Verordnung und der erklärten Absage einer SPD-Rednerin zum Client Side Scanning. Denn weiterhin ist nur sicher, dass Deutschland die Verordnung nicht ablehnen wird, offen ist aber weiterhin, ob es zu einer Zustimmung oder einer Enthaltung kommen wird und damit Deutschland direkt oder indirekt dazu beiträgt, die größte Überwachungsinfrastruktur seit Jahrzehnten aufzubauen. Schon im Herbst 2022 hatte bereits das österreichische Parlament daher seine Regierung auf Basis der Landesverfassung zur Ablehnung der Chatkontrolle-Verordnung verpflichtet.“

Die PM auf der Seite der Linksfraktion.

Mehr zur Position und Arbeit von Anke Domscheit-Berg bezüglich Chatkontrolle

Kontakt:

Anke Domscheit-Berg

mailto: anke.domscheit-berg@bundestag.de

Tel.: (030) 227 73107