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In einer Kleinen Anfrage der Gruppe die LINKE rund um das Thema Reparaturförderung erteilt sich die Bundesregierung selbst ein Armutszeugnis und bleibt meilenweit hinter ihren Ankündigungen zurück. Reparaturgesetz oder Förderung von Reparaturinitiativen – nichts davon ist umgesetzt, zum Reparaturbonus gibt es nicht einmal Informationen.

Die Antwort der Bundesregierung im Wortlaut sowie eine genaue Analyse mit zusätzlichen Hintergrundinformationen finden sich am Ende dieses Dokuments.

Zur Antwort der Bundesregierung nimmt Anke Domscheit-Berg, digitalpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag wie folgt Stellung:

Zusammenfassend:

„Die Ampel hat sich das Reparaturthema groß in den Koalitionsvertrag geschrieben, für Umweltministerin Lemke sollte es das ‚Schlüsselthema‘ ihrer Amtszeit werden, aber die Antworten auf meine Kleine Anfrage sind oberflächlich, unvollständig und zeugen sowohl von mangelndem Ehrgeiz als auch von mangelnder Fantasie, effektive Wege zu finden, die die Reparaturkultur in Deutschland in Schwung bringen. Damit ist die Chance verpasst, auf diese Weise einen wichtigen doppelten Beitrag zu leisten: den Verbrauch wertvoller Ressourcen und damit ihre negativen Klimawirkung zu verringern und gleichzeitig für Verbraucher:innen Kosten zu senken, weil Neukäufe vermieden werden können.“

Zum Reparaturgesetz / Förderung von Reparaturinitiativen

„Leider ist die Bundesregierung auch drei Jahre nach ihrer Amtszeit beim Reparaturthema kaum vorangekommen, denn der Riese im Ankündigen blieb ein Zwerg in der Umsetzung. Das Reparaturgesetz soll noch in diesem Jahr kommen, aber bisher liegt nicht mal ein Referentenentwurf vor und viele Sitzungswochen hat das Jahr nicht mehr. Die Förderung dezentraler Reparaturinitiativen fordere ich seit dem ersten Jahr der Ampelregierung in jeder Haushaltsverhandlung. Von den zwei Millionen, die es im 2023er Haushalt gab, ist am Ende kein einziger Euro geflossen, weil die Förderrichtlinie einfach nicht kam. Genau vor einem Jahr versprach die Ampel, sie käme noch und die Fördergelder erreichten die Reparaturcafés noch in 2023. Daraus wurde aber nichts und nun bekomme ich die gleiche Antwort ein Jahr später. Diesmal sollen von 4,5 Mio, die im Haushalt des BMUV für “Reparieren statt Wegwerfen” vorgesehen sind, drei Millionen Euro an Reparaturinitiativen fließen. Was mit den übrigen 1,5 Millionen Euro passiert, verschweigt die Bundesregierung ganz. Auch im Haushalt 2025 werden aktuell 4,5 Millionen Euro eingeplant. Aber was nutzt das Geld, wenn es wieder nur in der Theorie verfügbar ist?

Immer mehr Reparaturinitiativen gibt es überall in Deutschland. Gerade im ländlichen Raum gibt es oft gar keine kommerziellen Dienstleister mehr, da ist die Alternative wegwerfen und online neu bestellen. Das ist unsozial, denn es ist teuer und außerdem ist es klimaschädlich, denn gerade bei elektronischen Geräten wie Smartphones oder Tablets entfallen etwa 80 Prozent des CO2 Fußabdrucks allein auf die Herstellung. Eine durch Reparatur verlängerte Nutzungsdauer senkt daher den durchschnittlichen jährlichen CO2 Fußabdruck erheblich. Deshalb ist es so wichtig, dass diese gemeinnützigen Initiativen auch unterstützt werden vom Bund, z.B. um Werkzeuge zu beschaffen, Reparaturräumlichkeiten einzurichten oder um Weiterbildungen zu finanzieren, wie Reisekosten oder Honorare für Reparaturexpert:innen. Die vielen ehrenamtlichen Reparatur-Engagierten seit fast zwei Jahren mit Ankündigungen hinzuhalten, ist genau das falsche Signal.“

Zum Reparaturbonus

„Viele gute Beispiele aus Nachbarländern wie Frankreich und Österreich, aber auch Länderinitiativen wie in Thüringen oder Sachsen zeigen, dass ein Reparaturbonus besonders effektiv darin ist, das Reparieren zu fördern und damit Geld und Ressourcen zu sparen, denn oft ist ein Neukauf schlicht billiger, als eine Reparatur, weil entweder die Ersatzteile oder die Reparaturdienstleistungen zu teuer sind.

Ein Reparaturbonus senkt diese Kosten durch einen staatlichen Zuschuss und kann je nach Ausgestaltung einerseits das Reparieren in gemeinnützigen Repaircafés unterstützen, wenn wie in Thüringen statt 50 Prozent der Ersatzteilkosten bei kommerzieller Reparatur bei einer Reparatur im Repaircafé die kompletten Kosten für Ersatzteile übernommen werden – bis zu 100 € pro Person und Jahr. Andererseits wird aber auch das lokale Handwerk unterstützt, denn allein in Thüringen sind dadurch mehr als fünf Millionen Euro Reparaturumsätze generiert worden.

Gewonnen hat auch das Klima, denn die 30.000 geförderten thüringischen Reparaturen haben etwa 3.000 Tonnen CO2 Äquivalente und fast 400 Tonnen Elektroschrott eingespart. Das ist doch großartig und da Elektroschrott in der EU die am schnellsten wachsende Abfallart ist, müssen solche Potenziale überall in Deutschland gehoben werden! Schließlich sind wir weltweit einer der Spitzenreiter bei der Erzeugung von Elektroschrott. 

Dennoch hat die Bundesregierung auf meine Fragen zum Reparaturbonus nur Ausreden parat und keine einzige klare Antwort. Haushaltsmittel wären keine da, heißt es, und die Ampel rechnet mir sogar vor, dass das thüringische Modell für ganz Deutschland nur lächerliche 34 Millionen Euro kosten würde! Da stimmen doch offenbar die Prioritäten so gar nicht mehr in der Regierung, selbst wenn das Geld knapp ist. In 2024 hat allein das BMBF eine halbe Milliarde Euro in seinem Haushalt nur für Künstliche Intelligenz, aber 34 Millionen für einen bundesweiten Reparaturbonus, ein Fünfzehntel der KI-Förderung eines einzigen Ministeriums sind nicht machbar? Das ist doch ein Witz! Selbst die Luxusvariante eines Reparaturbonus, wo dann auch Reparaturen von Fahrrädern und Gartenmöbeln bezuschusst werden könnten, den jeder zweite Haushalt in Deutschland einmal im Jahr nutzt, würde laut Antwort der Regierung nur relativ überschaubare zwei Milliarden Euro kosten. Die Menge eingesparter Ressourcen wären dabei immens und über 20 Millionen Haushalte in Deutschland hätten einen direkten Nutzen davon. Ein Win-Win für das Klima und die Gesellschaft. 

Aber selbst wenn Christian Lindner meint, für Reparaturboni gäbe es von ihm kein Geld im Haushalt, gibt es sogar Alternativen, die ohne Haushaltsmittel auskommen, wie Frankreich uns vormacht, z.B. über einen herstellerfinanzierten Reparaturbonus, der eine haushaltsunabhängige dauerhafte Finanzierung sicherstellt, weil er aus Zahlungen der Hersteller für jedes verkaufte Produkt finanziert wird, die je nach Nachhaltigkeit des Produktes höher oder niedriger sein können, also sogar noch eine zusätzliche Lenkungswirkung entfalten. Selbst auf meine konkrete Frage nach der Haltung der Bundesregierung zu diesem Modell kommt nur ein allgemeines ‚wir prüfen verschiedene Konzepte‘ und das finde ich ist ein Jahr vor dem Ende der Legislatur einfach entschieden zu spät und entschieden zu wenig.“

Links

Meine Frage:

„Wann ist nach derzeitigem Sachstand mit der Einführung eines Reparaturbonus,
einer Förderrichtlinie für ein Recht auf Reparatur sowie einem Reparaturgesetz
zu rechnen, und welche Haushaltsmittel stehen für damit verbundene
Aufwände 2024 jeweils zur Verfügung?“

Antwort der Bundesregierung:

„Ein Programm zur Förderung von Reparatur-Initiativen und Selbsthilfe-
Werkstätten zur Unterstützung von Reparaturmaßnahmen (RRL) soll im
Jahr 2024 gestartet werden. Ein darüber hinaus gehender Reparaturbonus ist
auf Bundesebene derzeit nicht geplant. In den Haushalt sind für 2024 bei Kapitel 1601 Titel 892 07 „Reparieren
statt Wegwerfen“ Mittel in Höhe von 4,5 Mio. Euro eingestellt.
Ein Entwurf eines Reparatur-Gesetzes wird derzeit entwickelt und soll ebenfalls
in diesem Jahr vorgelegt werden.“

Antwortschreiben um Original (geschwärzt):

Meine Frage:

„Wofür konkret wurden die für das Programm Reparieren statt Wegwerfen
vorgesehenen 2 Mio. Euro im Haushalt 2023 verausgabt (bitte je Ausgabe
Zweck/Empfänger und Höhe der Ausgabe angeben), und was waren die
Gründe dafür, dass die vorgesehenen Mittel (2 Mio. Euro) nicht vor allem
für Reparaturwerkstätten genutzt wurden?“

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Kühn:

„In den Haushalt waren für das Jahr 2023 bei Kapitel 1601 Titel 892 07 „Re-
parieren statt Wegwerfen“ Mittel in Höhe von 2 Millionen Euro eingestellt.
Da leider zunächst noch kein Projektträger gewonnen werden konnte,
konnte das geplante Programm leider noch nicht begonnen werden, sodass im Jahr 2023 noch keine Haushaltsmittel aus diesem Titel verausgabt wer-
den konnten.

Der o. g. Titel ist übertragbar, sodass nicht verausgabte Haushaltsmittel
grundsätzlich als Ausgaberest im Haushaltsjahr 2024 zur Verfügung stehen
können. Eine Förderrichtlinie zur Förderung von Reparatur-Initiativen und
Selbsthilfe-Werkstätten zur Unterstützung von Reparaturmaßnahmen wurde
erstellt und wird in Kürze an den Bundesrechnungshof gesandt. Auch die
Suche nach einem Projektträger läuft derzeit erfolgversprechend, sodass mit
Inkrafttreten des Haushalts 2024 eine Umsetzung entsprechender Maßnah-
men zu erwarten ist.“

Antwortschreiben im Original:

Meine Frage:

„Was ist das jeweilige Ergebnis der in der Antwort auf Frage 21 auf die
Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 20/3619 erwähnten Prüfung aller
drei dort genannten Weiterverwendungsoptionen für IT-Geräte: Reparatur
und Update, Zweitverwertung auf dem offenen Markt und Abgabe an gemeinnützige
Organisationen und welche dieser drei Optionen wird vom
Bund in der Praxis umgesetzt (bitte bei jeder Option die Art der Umsetzung
beschreiben)?“

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Kühn:

„Im Rahmen mehrerer Workshops hat die Geschäftsstelle Green-IT im Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit anderen Ressorts eine nachhaltige Ausstattungsrichtlinie
entwickelt, in der die genannten Weiterverwendungsoptionen
für IT-Geräte geprüft und deren Umsetzung berücksichtigt wurde. Das
erarbeitete Konzept soll im Jahr 2024 dem CIO Board vorgelegt und anschließend
veröffentlicht werden.

Grundsätzlich finden die drei Weiterverwendungsoptionen aber bereits umfangreich
Anwendung:

  • Die Reparaturmöglichkeit bzw. die Bereitstellung von Updates über die Nutzungsdauer ist in der Regel bereits als Anforderung in Ausschreibungen berücksichtigt.
  • Die Zweitverwertung auf dem offenen Markt oder eine Abgabe an gemeinnützige Organisationen werden über den Rahmenvertrag (s. u.) zur Zweitverwendung bzw. über die Zoll-Auktion (VEBEG) geregelt.


Die Auswahl der jeweiligen Option erfolgt durch die aussondernde Behörde
nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit.


Das Kaufhaus des Bundes bietet eine Rahmenvereinbarung (Nr. 21642) für
die Wiedervermarktung, Datenvernichtung und Entsorgung von gebrauchter
Informations- und Telekommunikationstechnik durch Inklusionsbetriebe
und bevorzugte Unternehmen i.S.d. § 118 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
an.“

Antwortschreiben im Original: