Es ist ein großer Fehler, dass die Bundesnetzagentur bei den 5G-Lizenzversteigerungen kein National Roaming vorsieht, und nicht einmal eine Reseller-Verpflichtung. Die Argumente dafür sind fadenscheinig: Hier hat sich der Lobbyismus zum Nachteil der Nutzer*innen durchgesetzt mit dem Effekt, dass es weniger Abdeckung und weniger Wettbewerb geben wird.

In etlichen Ländern ist National Roaming längst Standard im Mobilfunk, in verschiedenen Varianten: Beim damaligen Neuausbau des 3G-Netzes zum Beispiel in Österreich und Irland, für neue Wettbewerber etwa in Italien oder Dänemark, für ländliche Regionen in Australien. In den USA gibt es verpflichtendes National Roaming für mobiles Internet seit 2011.

Bei Netzausfällen gibt es verpflichtendes (national) Emergency Roaming in den Niederlanden, in Schweden, den USA und in der Karibik. In Indien gibt es National Roaming bei Regionallizenzen. Nur in Deutschland soll es weiterhin kein National Roaming geben, weil „der Markt“ das mit dem Netzausbau ja auch in der Vergangenheit so toll allein hinbekommen habe. Wir alle wissen, dass das Gegenteil der Fall ist.

Cui bono – wem nützt es? Wenig Wettbewerb nützt den drei Großkonzernen im deutschen Mobilfunk – nicht uns, den Verbraucher*innen.

Dazu kommt die unfassbare Rohstoffverschwendung, die von der Bundesnetzagentur völlig ignoriert wird. Beim dreifachen Parallelausbau von 5G-Basisstationen in lukrativen Gegenden werden von Manpower bis zu seltenen Erden Ressourcen verschwendet als hätten wir drei Planeten zur Verfügung.

Um es nochmal zu verdeutlichen: Es gibt begrenzte Ressourcen – die 5G-Lizenzen – , die nur drei Unternehmen kaufen können. Diese schotten die Netze ab und bauen wegen knapper Mittel dort, wo es sich am meisten lohnt. Und zwar dreifach an den gleichen Orten. Die übrigen Gegenden bleiben unversorgt. Hätte sich die Bundesnetzagentur bei der 5G-Lizenzversteigerung zu National Roaming flächendeckend oder zumindest im ländlichen Raum entschieden, würden knappe Ressourcen so eingesetzt, dass maximale Abdeckung möglich wäre. Die Teilnetze würden sich gegenseitig ergänzen.

Ein National Roaming nur für den ländlichen Raum wäre auch nach EU-Recht möglich, das lässt sich der EU-Direktive 128/1999/EG klar entnehmen.

Last but not least sollen bei der 5G-Frequenzversteigerung alte Fehler auch noch wiederholt werden: : 98% der Haushalte sollen mit 100MBit/s versorgt werden – nicht 98% der Fläche. Das würde bedeuten, dass 1,6 Millionen Menschen in dünn besiedelten Gegenden außen vor blieben.

Ich werde mich über den Beirat der #Bundesnetzagentur dafür einsetzen, dass die Versteigerungskriterien nachgebessert werden.

„Linksblick“ Ausgabe April/Mai 2018 – Kreisverband Teltow-Fläming

In den letzten Wochen haben wir endlich eine Bundesregierung bekommen. Begeisterung hat sich bei der neuen GroKo nicht eingestellt, denn im Grunde geht es weiter wie in den vergangenen verlorenen Jahren. Viele Probleme sind nach wie vor nicht gelöst. So reiht sich in Deutschland Funkloch an Funkloch. Wer mit dem Zug oder Rad durch Brandenburg unterwegs ist, den ärgert es immer wieder: In dünner besiedelten Gegenden ist Netzempfang mit dem Smartphone Mangelware. Das ist vor allem auf Regulierungsfehler von Seiten der Bundesregierung zurückzuführen:

Bei der Frequenzversteigerung für LTE-Mobilfunk 2010 hatte die Bundesnetzagentur gar keine 100-prozentige Netzabdeckung von den Unternehmen eingefordert, 90 Prozent sollten ausreichen. Doch damit war nicht einmal 90 Prozent der Fläche gemeint, sondern lediglich 90 Prozent der Bevölkerung. Dieser Planungsfehler geht vor allem auf Kosten des ländlichen Raums, weil dort die Besiedlungsdichte niedriger ist. Zweitens legte die Bundesnetzagentur bei der Vergabe der Frequenzen fest, dass die Unternehmen bei diesen Zielen sogar mogeln durften, denn wenn irgendwo über eine beliebige andere Technologie Breitband verfügbar war, wurde das auf die abgedeckte Mobilfunkfläche einfach angerechnet. Eine solche Technologie ist z.B. Kabelfernsehen.

Es reicht der Bundesregierung also, dass man RTL gucken kann  – mit dem Handy telefonieren oder im Netz surfen, das braucht man dann offenbar nicht mehr. Das dritte Problem ist auch nur im Ausland gelöst, aber nicht bei uns auf dem Land. Dort ist es in der Regel möglich, sich mit dem eigenen Smartphone in das ausländische Netz einzubuchen. Wenn man in Deutschland aber von einem Telekom Dorf in ein Vodafone-Dorf umzieht, muss man entweder den Vertrag wechseln oder hat keinen Handyempfang mehr.

Denn nationales Roaming, also die Möglichkeit, das Netz eines anderen Anbieters mit zu nutzen, wurde vom Gesetzgeber explizit nicht vorgesehen. Kluge Regulierung sieht anders aus, sie sorgt für flächendeckende Versorgung und für Wettbewerb auf der Ebene der Dienste, nicht auf der Ebene der Infrastruktur, so wie das beim Schienennetz oder bei Autobahnen der Fall ist. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen, für ein neues Bahnunternehmen ein separates Schienennetz zu verlegen.

Es gilt, endlich klüger und im Interesse des Gemeinwohls zu regulieren. Denn wenn dieses Jahr die Lizenzen für ein noch schnelleres Mobilfunknetz (5G) vergeben werden, dürfen sich diese Fehler nicht wiederholen.

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Anke Domscheit-Berg, DIE LINKE: Unser schlechtes Netz ist ein hausgemachtes Problem

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Deutschland steigt ab. Das ist die Kurzfassung zum Ausbau der Infrastruktur für die digitale Gesellschaft.

(Zuruf von der AfD: Das habt ihr gut hingekriegt!)

Jedes neue Ranking von Glasfaser über E-Government bis hin zum Mobilfunk bestätigt, was wir aus eigener Erfahrung längst wissen: Wir sind nicht nur keine Weltmeister, auch keine Europameister, manchmal nicht einmal mehr Mittelfeld, sondern reihen uns ein in die Schlusslichter. Der Markt versagt. Staatliche Regulierung trägt dazu bei.

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