Gemeinsam mit dem Amtsdirektor fuhren wir in das Gewerbegebiet Temnitzpark. Hier stand der Besuch der Baustelle der Hanftextilfaserfabrik Felde Fibres GmbH an. Ich hatte schon mehrere Termine im Wahlkreis zum Thema Nutzhanf, z.B. bei der Bio Ranch Zempow, bei der Hanfsteinmanufaktur und beim Landschaftspflegeverband Prignitz-Ruppiner Land, deshalb hatte ich mich auf diesen Termin besonders gefreut. Die beiden Geschäftsführer Dr. Heiko Beckhaus und Ulrik Schiøtz, sowie die Anbauleiterin Antonia Schlichter empfingen uns persönlich und nahmen sich viel Zeit, um uns ihre Vision von einem Hanfcluster OPR näher zu bringen.
Das Unternehmen Felde Fibres GmbH baut auf dem Grundstück zwei Lagerhallen, die schon fast fertig sind und eine Produktionsstätte für die Verarbeitung von Hanfstroh zu Textilfasern, wobei die gesamte Hanfpflanze genutzt werden soll. Die Vorteile des Hanfanbaus und der Verarbeitung zu Textilfasern sind erstaunlich. Z.B. der geringe Wasserverbrauch im Vergleich zu Baumwolle, der Verzicht auf Pestizide, die Möglichkeit der Nitrat- und Nitritsenkung, kurze Lieferwege und damit eine gute CO2 Bilanz, alles Argumente für diese Technologie. Wer weiß schon, dass die Herstellung einer Jeanshose aus Baumwolle mit ca. 15.000 Liter Wasser etwa die 50-fache Menge Wasser verbraucht, im Vergleich zu einer Jeans aus Hanffasern, für die nur 300 Liter Wasser benötigt werden. Außerdem sind Hanfpflanzen anspruchslos, kommen mit Trockenheit und sandigen Böden klar, benötigen keine Pestizide oder Dünger und verbessern sogar den Boden.
Da das Unternehmen den Winterhanf nutzt, ist es für die regionale Landwirtschaft interessant, Hanf als Zwischenfrucht anzubauen, da die Pflanze den Boden verbessert und die Anzahl der Feldfrüchte erhöht. Bisher hat Felde Fibres Verträge mit Bauern für eine Anbaufläche von ca. 1500 ha abgeschlossen, 6000 ha sollen es jedoch noch werden. In langer Forschungsarbeit hat Dr. Beckhaus ein Verfahren zur Herstellung von Hanffasern zur Textilherstellung entwickelt, das jetzt hier im größeren Stil zur Anwendung kommen soll, mit Hilfe erheblicher Investitionen von Co-Chef Ulrik Schiøtz. Da ich in meinem früheren Leben Textilkunst studiert habe und mich immer noch viel mit Naturfasern beschäftige, war ich schwer beeindruckt, welche hohe Qualität die Muster aus Hanffasern hatten.
Mich fasziniert total, dass man durch Nutzhanfanbau sogar mit Nitrat und Nitrit belastete Böden wieder sanieren kann, denn der Hanf zieht diese chemischen Substanzen aus der Erde und wandelt sie in nützliche Verbindungen um, die z.B. dazu beitragen, dass Hanffasern so wunderbare Qualitäten haben, wie die enorme Kapazität zur Feuchtigkeitsspeicherung oder einen schönen Glanz. Eine neue Hanftextilindustrie mit Hanf aus regionaler Landwirtschaft schafft daher nicht nur enorme Zukunftsperspektiven für die Entwicklung der Region, sondern leistet auch einen nachhaltig positiven Beitrag für die Umwelt und das Klima. Es ist der perfekte Win-Win! Mich überzeugt aber vor allem die Vision ein Hanfcluster im Landkreis Ostprignitz Ruppin zu bilden, in dem Hanf angebaut, Fasern hergestellt und veredelt werden (z.B. gesponnen, gefärbt und gewebt), aber auch sonstige Nutzhanf-Produkte entstehen, wie Bauplatten aus den Schäben, die sogar schwerst entflammbar sind und auch sonst tolle Eigenschaften haben. In der Region gab es eine lange Textilverarbeitungstradition, es gab sogar Textilfabriken, Hanf- und Flachsanbau in der Region.
Ärgerlich sind deshalb Bremsklötze, wie langwierige Genehmigungsverfahren mit immer neuen Nachforderungen, die z.T. hoch komplex oder schwer nachvollziehbar sind. Warum bei einer Lagerhalle für Strohballen in unbewohnter Landschaft z.B. auch ein Lärmschutzgutachten erforderlich sein soll, erschließt sich mir nicht.
Dennoch waren die Unternehmer beide sehr zuversichtlich und wollen im Juni 2024 erste Produkte auf den Markt zu bringen. Ich bin megagespannt und komme auf jeden Fall in einem Jahr wieder, wenn die Fabrik produziert und die ersten Hanffasern „made in OPR“ auf den Markt kommen!