Weder auf die Digitalstrategie noch auf die Gigabitstrategie hatte die Zivilgesellschaft Einfluss, die Wirtschaft jedoch sehr und das merkt man: so will die Ampel Digitalmanager in Landkreisen mit Steuergeld dafür bezahlen, dass sie für Konzerne Aufträge an Land ziehen, die auch von Steuergeld bezahlt werden und will verhindern, dass Förderprogramme den Gigabit-Ausbau zu stark beschleunigen.
Meine Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-legen!
Meine letzte Rede hier schloss ich mit folgendem Fazit zur Digitalstrategie: Sie enthält keine Vision, die beschreibt, was man mit ihr eigentlich erreichen will, aber dafür viele schwammige Ziele. Die Verantwortung bleibt weiterhin völlig konfus verteilt, und ihr fehlen immer noch Ressourcen; denn das Digitalbudget gibt es ja noch nicht. Vor allem aber beantwortet sie nicht die Frage: Was will man konkret anders machen als die GroKos vorher, die ja auch schöne Ziele formulierten, aber nie erreichten?
Am Ende gilt es nämlich, umzusetzen, was man ver- spricht, und dass das gelingt, da habe ich meine Zweifel.
Die Beteiligung der Zivilgesellschaft fand nämlich trotz Koalitionsvertragsversprechen nicht statt, wie sich aus
der Antwort auf meine schriftliche Frage ergab. Auf die (D) Digitalstrategie mit dem wohl nicht zufällig wirtschaftsfreundlichen Titel „Gemeinsam digitale Werte schöpfen“ nahmen 18-mal Lobbyisten der Wirtschaft Einfluss, darunter allein dreimal der Lobbyistenverband. Dagegen gab es kein einziges Gespräch mit der digitalen Zivilgesellschaft – vom Chaos Computer Club bis Wikimedia – und erst recht nicht mit der sonstigen Zivilgesellschaft, zum Beispiel mit Senioren-, Behinderten-, Sozial- oder Verbraucherschutzverbänden. Das zeigt, wessen Interessen diese Digitalstrategie tatsächlich vertreten soll, und das ist ein unerträglicher Zustand, meine Damen und Herren.
Auch die Gigabitstrategie ist ein Wirtschaftslobbyismuspapier von der ersten bis zur letzten Seite. Der Markt soll alles richten, auch wenn genau dieser Markt aus Deutschland ein Land des lahmen Internets und der Funklöcher gemacht hat. Laut der Gigabitstrategie, Minister Wissing, führte die bisherige Regulierung zu einem funktionierenden Infrastruktur- und Dienstewettbewerb. Ich lade Sie sehr gern in die Ostprignitz ein. Dort stehen nämlich Funklöcher im Wettbewerb miteinander und nicht Diensteanbieter.
Überhaupt: Wettbewerb auf Infrastrukturebene, das ist so ziemlich das Dümmste, was man machen kann. Niemand – niemand! – würde sich mehrere Abwasserkanäle oder Gasanschlüsse in ein Haus legen. Aber bei Glasfaser soll so etwas Sinn machen? Es gibt nicht genug Tiefbaukapazitäten und Fachkräfte. Aber diese Gigabitstrategie toleriert, dass wir weiter mehrfach eine Straße aufreißen, um mancherorts zwei Glasfaserkabel nebeneinanderzulegen, obwohl das Dorf nebenan noch immer gar nichts hat.
Nicht einmal dort, wo eine Kommune ein völlig offenes Glasfasernetz verlegt hat, das maximale Wettbewerbsfreiheit bietet, will diese Bundesregierung den Überbau untersagen. Sie spielt auf Zeit und will erst 2023 den Überbau evaluieren. Die gleiche Gigabitstrategie behauptet aber, man will einen Ressourcen sparenden Infrastrukturausbau. Das ist Greenwashing, und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Mit dieser Gigabitstrategie macht sich die Bundesregierung auch zum Vertriebsmitarbeiter für große Telko-Konzerne. Eine Infokampagne zur „Anregung der Nach-frage“ nach Gigabitnetzen soll es geben; Zitat aus der Strategie. Gutscheine zur Anregung der Nachfrage nach Inhouseverkabelung soll es geben. Ein 215 Millionen Euro schweres 5-G-Innovationsprogramm soll die Nachfrage von Kommunen und Unternehmen anregen. Und: Die Ampel will Digitalmanager in Landkreisen bezahlen, die – man ahnt es – Nachfrage anregen und 5-G-Vorhaben in ihren Landkreisen initiieren sollen. Ich sage Ihnen, was das heißt: Diese Digitalmanager werden mit Steuergeld dafür bezahlt, Aufträge für Konzerne zu beschaffen, die mit Steuergeld von den Kommunen bezahlt werden. Das ist ein Fall für die „heute-show“, meine Damen und Herren.
Völlig irre wird es aber im Abschnitt über die Evaluation der Fördermaßnahmen. Ergibt sich nämlich, dass vor 2030 das Ziel „Gigabitanschlüsse für alle“ erreichbar sein sollte, nennt diese Ampel das „Überförderung“ und will den Ausbau sofort bremsen – bremsen! – mit Antragsstopps und Quotierungen der Förderungen. Denkt man im BMDV, auf ein paar Jahre mehr oder weniger lahmes Netz in der Ostprignitz oder im Sauerland kommt es nicht an, Hauptsache, bei Konzernen klingelt der Geldbeutel lauter und länger? Das ist menschen- und fortschrittsfeindliche Politik, und das wird die Linksfraktion nicht unterstützen.
Vielen Dank.