Digitalisierung kann Klimakrise bekämpfen helfen, aber verschärft sie auch. Der Bund ist für nachhaltige Digitalisierung als Regulierer verantwortlich, aber auch als Großkonsument von ITK. Eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zeigte nun, dass es mit der Nachhaltigkeit der IT des Bundes nicht weit her ist: die 184 Rechenzentren des Bundes nutzen z.B. kaum Abwärme und zu wenig erneuerbare Energien.
Meine Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn wir von Nachhaltigkeit reden, müssen wir auch vom Zusammenhang zwischen Klimakrise und Digitalisierung reden, wo Digitalisierung Teil des Problems, aber auch der Lösung ist. Energie- und Verkehrswende gehen gar nicht ohne Digitalisierung. Wenn wir weg wollen vom Individualverkehr und hin zum bedarfsgerechten ÖPNV, heißt das auch, dass ich mir einen Minibus auf Abruf über eine App im ländlichen Raum in Niedersachsen oder Brandenburg bestellen kann.
Aber Digitalisierung ist eben auch Teil des Problems. Der Ressourcenverbrauch ist enorm, vor allem auch bei der Herstellung elektronischer Geräte. Bei unseren Handys zum Beispiel sind drei Viertel der CO2-Emissionen laut Greenpeace-Daten allein auf die Herstellung zurückzuführen. Wenn wir alle unsere Smartphones statt durchschnittlich drei Jahre in Europa vier Jahre verwenden würden, könnten wir 2 Millionen Tonnen CO2 in Europa einsparen.
Der Neukauf wird aber leider oft erzwungen, weil man die Akkus nicht vernünftig wechseln kann und weil es keine Sicherheitsupdates mehr gibt. Deshalb hoffe ich, dass die Ampel das angekündigte Recht auf Reparatur und die Mindestupdatepflicht – langjährige Forderungen der Linksfraktion – auch zügig umsetzt.
Aber die Bundesregierung hat zweifach Verantwortung, nicht nur als Regulierer, sondern auch als Großverbraucher. Für über 1 Milliarde Euro kauft der Bund jedes Jahr IT ein. Der Energieverbrauch der Bundes-IT könnte mit seinen 335 Gigawattstunden 134 000 Zwei-Personen-Haushalte versorgen. Deshalb habe ich eine Kleine An-frage zur Nachhaltigkeit der Bundes-IT gestellt und ganz frisch zurückbekommen. Die Antwort kam leider mit sehr vielen Leerstellen: Zwei Drittel der 184 Rechenzentren des Bundes konnten nicht mal sagen, ob sie erneuerbare Energie nutzen. Ob die IT nach der Einkaufsrichtlinie auch tatsächlich nachhaltig eingekauft wurde? Keine Ahnung, es gibt ja kein Monitoring. Die Datenqualität war außerdem wirklich mangelhaft. Es gab viele falsche Angaben und auch widersprüchliche. Das BMI hat bei einigen Rechenzentren klimaschädliche Kältemittel als umweltfreundlich bezeichnet. Das zeigt, das Reporting ist ziemlich kaputt und die Datenkompetenz mangelhaft.
Immerhin, meine Kleine Anfrage hat bei der Ampel auch etwas angestoßen: Eine Vereinheitlichung und Erweiterung des Berichtswesens zur Nachhaltigkeit in der IT wurden noch während der Beantwortung der Kleinen Anfrage beschlossen. Das zeigt, linke Opposition wirkt.
Da, wo es Daten gab, war die Nachhaltigkeit erschreckend schlecht. Nicht einmal jedes zehnte Rechenzentrum nutzt die Abwärme, und nicht einmal jedes dritte nutzt erneuerbare Energien. Nur ein einziges der 184 Rechenzentren erfüllt die Kriterien des Blauen Engels für Rechenzentren; aber zwei Drittel nutzen klimaschädliche Kältemittel. Es soll jetzt ein Energieeffizienzregister für Rechenzentren in Deutschland kommen; aber die Dateneintragung ist wohl nur freiwillig. Das, fürchte ich, wird nichts bringen.
Die Ampel will sich nach ihrer Digitalstrategie daran messen lassen, dass Methoden energieeffizienter Softwareentwicklung etabliert sind. Das finde ich super; denn ineffiziente Software verursacht viermal so viel Energieverbrauch wie effiziente. Aber der Bund, der selbst sehr viel Software entwickelt oder ihre Entwicklung beauftragt, hat nicht eine einzige Software, die mit
dem Blauen Engel für energieeffiziente Software ausgezeichnet ist. Auch sonst weiß sie nichts darüber; denn es gibt keine Verbindlichkeit und keine einheitlichen Vorgaben. Sie hat keine Ahnung vom Status im eigenen Haus.
Aber auch die IT-Konsolidierung bleibt ein Problemfall. Sie sollte durch eine Reduktion der Anzahl der Bundesrechenzentren zur Nachhaltigkeit beitragen. Aber das Milliardengrab wird jetzt auch zur Hürde für nachhaltige IT. Die Anzahl der Rechenzentren steigt immer weiter, auch in den nächsten Jahren. Wie immer gilt: Schöne Ziele nützen nichts, wenn es am Ende an Umsetzungskompetenz fehlt.
Ich bin trotzdem gespannt auf die angekündigten Maßnahmenpläne zur klimaneutralen Bundesverwaltung und zur Green-IT-Initiative. Als linke Opposition sind wir gerne bereit, fachliche Expertise dazu einzubringen; denn die Klimakrise erfordert gemeinsames Handeln.
Vielen Dank.