– mitten auf dem Land in Brandenburg

Bei meiner Sommertour entdecke ich selbst in den abgelegensten Gegenden beeindruckende Highlights, eines davon war mein Besuch der Grundschule Thomas Müntzer in Blönsdorf, einem Ortsteil der Gemeinde Niedergörsdorf in Teltow Fläming am 13.08.2020.

Rektorin Martina Lienau und Doreen Boßdorf, Bürgermeisterin der Gemeinde, zogen erkennbar an einem Strang und beschrieben mir, wie man dort digitales Lernen umsetzt. Wir haben uns (Corona-bedingt) vor allem im Innenhof unter freiem Himmel unterhalten, aber einen der digital besonders ausgestatteten Klassenräume habe ich mir auch von innen näher angesehen. Ein WLAN Access Point blinkte an der Wand, das Smartboard hing daneben und in lockeren Halbkreisen waren die Stühle und Tische davor angeordnet.

Bevor es dort los ging mit der Digitalisierung stellte man sich aber erst mal die Frage: Was braucht eine Grundschule und was nicht? Gemeinsam mit der Unterstützung der Gemeinde, vor allem mit dem IT Verantwortlichen und dem Bauamtsleiter, der ebenfalls beim Termin zugegen war, ging man die Sache an. Es wurde überlegt, welche Fördermittel wo und wie beantragt werden können und welche technischen Voraussetzungen es braucht.

So wurde mit Geldern von Bund und Land bereits einiges realisiert. Die Schule ist Teil des MedienFit Programms im Land Brandenburg und nutzt auch die Schulcloud des HPI. Sie hat auch Mittel aus dem Digitalpakt Schule beantragt und wird auch aus der Corona Soforthilfe für digitale Bildung Mittel beantragen, denn damit können Endgeräte als Leihgeräte für Schüler:innen angeschafft werden, die keine eigenen Laptops oder Tablets besitzen. Fast 100 der 324 Schüler:innen haben eine Lehrmittelbefreiung und kommen damit für ein solches Gerät in Frage.

Bisher sind vier Klassenräume mit Smartboards ausgestattet, 50 Tablets und ein Klassensatz Laptops angeschafft. Viel Qualifizierung für die Smartboard Nutzung gab es nicht, aber die Lehrkräfte setzten sich nach kurzer Schulung abends zuhause hin und fuchsten sich rein, probierten auch einfach alle mal das Unterrichten mit Smartboard und sammelten damit so positive Erfahrungen, dass über den Digitalpakt nun weitere 17 Smartboards angeschafft werden sollen. Auch ein zweiter Klassensatz Laptops wurde beantragt, sowie Dokumentenkameras für die Klassenstufen 3-6 und ein zweites Informationsdisplay, auf dem in Realzeit alle Raumänderungen, Stundenausfälle oder sonstigen Neuigkeiten ablesbar sind.

Die noch neue Schulcloud wurde bisher nur von den Lehrkräften selbst getestet – auch da ist der Eindruck positiv. Mit den Schüler:innen arbeiten kann man erst, wenn alle eine eigene Emailadresse haben, denn eine Emailadresse der Eltern darf man für die Nutzung der Schulcloud nicht verwenden. Auch mit der Netzanbindung ist man zufrieden, hier hat die Stadt angepackt und vor 2 Jahren in 6 Wochen Sommerferien die notwendige Infrastruktur aufgebaut. Nun verfügt jedes Klassenzimmer über WLAN, Schüler:innen WLAN und Lehrer:innen WLAN sind getrennt, ein offenes WLAN gibt es obendrein.

Das Beispiel dieser Grundschule zeigt, was alles geht, wenn es einerseits passende Fördermittel gibt, aber eben auch die notwendigen Enthusiasten in Schule und Gemeinde, die sich dahinter klemmen, offen für moderne Pädagogik sind und sich vor dem Formulardschungel nicht fürchten.

Und wie finden die Schüler:innen das digitale Lernen? Da sind sich die Lehrkräfte einig, die Kinder haben Spaß daran und sind begeistert. Selbst Erstklässler:innen fragen häufig, ob endlich wieder „Anton-Tag“ sei, denn wenn sie einmal in der Woche in den Klassenraum für digitale Bildung kommen, dürfen sie an Tablets mit der Lern-App lernen, die ihnen das Lernen auf eine andere Art ermöglicht, die ihnen offenbar sehr gefällt. Mit Offenheit und Neugier und ohne jede Hemmung stürzen sie sich in das Abenteuer digitale Bildung. Die größeren wiederum sind stolz, wenn sie mal einer Lehrkraft zeigen können, wie etwas funktioniert – Rektorin Lienau hat damit gar kein Problem, so sei Bildung heute, da geht nicht mehr alles top down, davon müsse man sich verabschieden. Recht hat sie!

Natürlich habe ich auch selbst erzählt, von unserem „Verstehbahnhof“ in Fürstenberg/Havel zum Beispiel und von unseren Erfahrungen mit Kindern und deren Umgang mit den neuen Medien. Ich hatte auch einen Calliope-Mini mitgebracht, einen Micro-Controller (oder auch Mini-Computer), der sich besonders für den Einstieg in das Programmieren ab Klasse 3 eignet. Als Anschauungsexemplar habe ich ihn in Blönsdorf gelassen, denn vielleicht findet sich dort jemand, der Lust darauf hat, eine Nachmittags-AG zum Calliope zu machen. Dann werde ich aus meinen Diätenerhöhungen einen Klassensatz Calliope für diese Grundschule spenden, denn als Mitglied der Linksfraktion stimme ich nicht nur gegen Diätenerhöhungen im Bundestag, ich behalte sie auch nicht, sondern spende sie für gemeinnützige Zwecke.

Wer denkt, digitale Bildung schließt andere Formen der Pädagogik und Beschäftigung aus, wird in Blönsdorf eines besseren belehrt. Jede Lehrkraft ist engagiert in 2 Arbeitsgruppen, die sich zum Beispiel mit der Gestaltung der Ganztagsbetreuung oder mit kulturellen Höhepunkten beschäftigen. Den Kindern stehen wiederum viele Arbeitsgemeinschaften zur Auswahl, da gibt es zwar PC-Mäuse für Erstklässler:innen und Informatik für 6. Klässler:innen, aber auch viele verschiedene Sport-Angebote, Kochen und Backen, ein wunderschöner Schulgarten, Kunst und Gestalten, und drei mal die Woche kommt sogar die Musikschule ins Haus und bietet Unterricht in Geige, Akkordion und Klavier.

Solche Schulen möchte ich gern klonen! Die freundliche und offene Lernatmosphäre konnte man überall spüren. Und hier werden bestimmt besser als an vielen anderen Schulen herkunftsbedingte Nachteile ausgeglichen. Viele reden ja vom ländlichen Raum und den speziellen Nachteilen auch was die Bildung angeht. Hier in Blönsdorf habe ich erlebt, was möglich ist, wenn ein engagiertes Team sich aufmacht, den Kindern beste Bildungschancen zu geben. Das war einfach großartig zu erleben!