Wahlkreistag am 2. Juni

Am 2. Juni besuchte ich die Immanuel Familienberatung in Zehdenick. Covid-19 bedingt, finden meine Wahlkreistermine derzeit entweder telefonisch, als Videokonferenz oder im Freien statt. Da traf es sich gut, dass die Beratungsstelle eine Terrasse hat, wo mich die stellvertretende Leiterin der Beratungsstelle, Anke Culemann, über die Einrichtung, ihren Träger, die Immanuel Albertinen Diakonie, und besondere Herausforderungen durch die Coronakrise informieren konnten. Anke Culemann trug während der Begrüßung ein Gesichtsschutzvisier, was mich natürlich besonders freute, denn die Visiere der Einrichtung stammen aus unserem „Verstehbahnhof“ in Fürstenberg. Vor wenigen Wochen hatte Anke Culemann sie dort abgeholt, um wieder Beratungen durchführen zu können.

Das Leistungsangebot ist umfangreich und erstreckt sich von Familien- und Erziehungsberatung bis hin zu Schwangerschafts-, Paar- und Lebensberatung. Wer also in diesen Bereichen für sich selbst oder Angehörige Rat und Beistand sucht, ist in Zehdenick Im Kloster 1 an der richtigen Adresse. Zur Zeit sollte man allerdings unbedingt vorher anrufen (03307 31 00 12), da es wegen Covid-19 aktuell keine Wartemöglichkeiten in den Innenräumen gibt.

Die Hilfe zur Erziehung nach SGB VIII liegt in der Verantwortung der Kreise, deshalb gibt es hierfür auch einen Vertrag mit dem Jugendamt, während die Schwangerschaftsberatung über das Land finanziert wird. In Oberhavel kooperieren fünf Familienberatungsstellen eng miteinander, sie müssen sich 7,5 Stellen teilen, 1,5 Fachkräftestellen entfallen dafür auf Zehdenick. Das reicht nicht hinten und nicht vorn, denn offiziell soll die Zehdenicker Beratungsstelle dafür 166 Fälle in diesem Jahr betreuen, aber schon jetzt wurden über 90 Fälle betreut, was bei gleichbleibender Nachfrage bedeutet, dass im Oktober das Beratungsbudget aufgebraucht ist. Natürlich kann man Ratsuchende danach nicht abweisen – aber faktisch ist alles was danach kommt, nicht durch Personalbudget abgedeckt.

Die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) empfiehlt vier Fachkräfte auf 10.000 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, das wären dann aber 13-14 Fachkräfte plus Leitung und Verwaltung in Oberhavel, fast doppelt so viel, wie tatsächlich zur Verfügung steht. Immer wieder hat die Beratungsstelle auch Belastungsanzeigen gestellt, leider ohne den gewünschten Erfolg.

Anke Culemann, die mit Leidenschaft ihre Arbeit mit hilfesuchenden Menschen ausübt, machte im Gespräch deutlich, wie wichtig auch die  Präventionsarbeit ist, die früher auch pauschaliert finanziert wurde und jetzt einzeln für jede Maßnahme beantragt werden muss – bei unklarer Bewilligung. So fehlt eine Grundfinanzierung auch für das Personal, um präventiv arbeiten zu können, zu Themen wie Cybermobbing, Trennungskinder, Schutz vor sexuellem Mißbrauch oder Traumabewältigung.

Covid-19 hat die Beratung sehr erschwert, den Bedarf noch einmal gesteigert, aber manche Hilfeleistung kann trotz Bedarf gar nicht mehr stattfinden. So kann man Beratungen mit Erwachsenen auch per Telefon durchführen, mit Kindern jedoch nicht, da dann die Vertraulichkeit des Gesprächs nicht sichergestellt ist. So haben gerade Kinder, die verletzlichsten Mitglieder unserer Gesellschaft, einen eingeschränkten Zugang zu Unterstützungssystemen und das ist ein gravierendes Problem. Nur für Jugendlichen fand sich eine Lösung, bei gutem Wetter finden Beratungen im Garten statt, mit Schutzvisieren aus Fürstenberg.

Die Themen der Beratungsfälle zeigen die breiten Auswirkungen der Coronakrise, die nicht nur mit gesundheitlichen Folgen zu tun haben, denn darin geht es um Existenzängste, Arbeitslosigkeit, Überschreitung von Belastungsgrenzen wegen Mehrfachbelastungen durch geschlossene Kitas und Schulen, Kontaktverbote z.B. zu Großeltern oder Probleme bei Umgangsregelungen.

So haben die Mitarbeiter*innen der Beratung noch höhere Anforderungen zu bewältigen und leisten einen unschätzbaren Beitrag bei der Unterstützung besonders belasteter Menschen. Ich finde diese Leistungen großartig, aber ich finde es auch ein Unding, dass das Personal derart am Limit arbeiten muss. Mein Wahlkreismitarbeiter, Ralf Wunderlich, der auch Mitglied des Kreistages ist, wird das Thema auch dort einmal ansprechen. Gemeinsam werden wir uns künftig auch beim Jugendamt über diese Themen informieren.