Anke Domscheit-Berg füllt Regale mit Ware auf, hat einen Scanner in der Hand, um den Standort ins System einzupflegen.

Von Ralf Wunderlich, Wahlkreismitarbeiter in Oranienburg.
Als Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten Anke Domscheit-Berg hat man das Privileg, bei Wahlkreisterminen Unternehmen zu besuchen, in die man sonst keinen Einblick bekäme. Am 23. Januar konnte ich mir gemeinsam mit dem Kreistagsabgeordneten Tobias Bank und Sandra Schröpfer bei solch einem Vor-Ort-Termin einen Blick in das Logistikcenter Brieselang von Amazon verschaffen.

Bild zeigt die Logistik Halle von oben. Regale soweit man sehen kann.

Blick von der Empore in die Halle macht die Größe deutlich. Bild: Ralf Wunderlich CC BY-SA 4.0

Anke Domscheit-Berg ist als Obfrau der Bundestagsfraktion im Ausschuss Digitale Agenda sehr interessiert an Unternehmen, die viel mit Technik zu tun haben und oder sich das Thema Digitalisierung dick auf die Fahne geschrieben haben. Amazon ist solch ein Unternehmen. Ein wenig Sorge hatte ich als Linker, solch ein umstrittenes Unternehmen zu besuchen.Das Image aus arbeitsrechtlicher Sicht ist doch sehr angekratzt. Umso verwunderlicher war für mich, wie bereitwillig die Türen für eine linke Bundestagsabgeordnete geöffnet wurden. 2013 wurde der Standort in Brieselang eröffnet und hat mittlerweile über 650 Mitarbeiter*innen. Auf einer Fläche von 65.000 Quadratmetern, was ungefähr sind 9 Fußballfeldern entspricht, werden die verschiedensten Waren gelagert, kommissioniert und verschickt. Bei der Unternehmenspräsentation wurde das soziale Engagement des Unternehmens hervorgehoben, von Tafel Spenden bis zur Unterstützung behinderter Menschen. Auch wurde sehr transparent über die Entlohnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesprochen. Senior Operations Manager, Ali Tuerk, beantwortete unsere Fragen ausführlich. Beim anschließenden Rundgang blieb ausreichend Zeit, mit Mitarbeiter*innen auch unter Vieraugen zu reden, auch mit dem Betriebsrat war ein vertrauliches Gespräch möglich. Ich war doch sehr überrascht, als ich nach einem Tarifvertrages fragte und ob es nicht besser wäre, einen zu haben. Der Betriebsrat antwortete mir: „Mehr Geld ist immer gut, aber so viel wie hier habe ich noch nirgendwo verdient.“ Bei Amazon verdient man nach 2 Jahren 12,58 Euro die Stunde als Grundgehalt, hinzukommen Boni für die Erreichung von Teamzielen, Zuschläge für Überstunden und Nachtarbeit, sowie für unbefristet Beschäftigte ein jährliches Aktienpaket von 1250 $. “Was nutzt es mir wenn ich 2€ mehr bekomme und dann die Sonderleistungen gestrichen werden?”, so der Betriebsrat im Vieraugengespräch. Er ging davon aus, dass wenn es wirklich mal einen Tarifvertrag gebe, es nicht der des Einzelhandels sein würde. Alle Mitarbeiter*innen mit denen ich oder die Bundestagsabgeordnete sprechen konnten, haben nur positiv über die Arbeitsbedingungen

Erklären der Verpackungsstation.

Erklären der Verpackungsstation. Bild: Ralf Wunderlich CC BY-SA 4.0

gesprochen. Der Aktienbonus finanziert seinen Sommerurlaub, sagte einer, den Familienbonus – ein volles Gehalt extra zum Beginn der Elternzeit – lobten andere. Nach dem Termin habe ich viel Gesprächsstoff für das nächste Treffen mit meinem befreundeten Gewerkschaftssekretär. Für meine Abgeordnete war es wieder ein spannender Termin, um sich einen Einblick darüber zu verschaffen, wie weit die Digitalisierung in Logistikunternehmen fortgeschritten ist. Brieselang ist von der Roboterfabrik noch sehr weit entfernt, dort müssen sich Angestellte auf absehbare Zeit keine Sorgen machen, dass sie wegrationalisiert werden. Erfreut war sie als Feministin und Kämpferin gegen gläserne Decken, dass die Standortleitung seit 2009 in den Händen von Silvia Reicherdt liegt.