56kbit/s sollen im Jahr 2019 für einen funktionalen Internetanschluss reichen?! (13.11.2019)

Die Telekom plant, ISDN abzuschalten. Das Problem dabei: nicht alle können einen anderen Internetanschluss bekommen, weil das Netz in ländlichen Regionen so schlecht ausgebaut ist. Mein Bericht aus dem Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur.

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Autonome Waffensysteme & Digitalisierung in den anderen Ministerien (13.11.2019)

Heute waren Annegret Kramp-Karrenbauer und Dorothee Bär zu Gast im Ausschuss Digitale Agenda, um vom Stand der Digitalisierung im Verteidigungs- und den anderen Ministerien zu berichten. Mehr dazu im Bericht!

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ISDN-Abschaltung bedroht Netzzugang auf dem Land (06.11.2019)

Für den Ausschuss für Verkehr und Digitale Infrastruktur, in dem ich stellv. Mitglied bin, habe ich das Thema ISDN-Abschaltung auf die Tagesordnung setzen lassen. Die sorgt nämlich dafür, dass Menschen in ländlichen Regionen, wo es noch lange kein LTE gibt, nicht einmal mehr ihre antiquierte ISDN-Verbindung benutzen können – die Technik ist der Telekom schlichtweg zu alt.

Regulierungsempfehlungen für Daten und Algorithmen (06.11.2019)

Heute stellte die Dathenethikkomission ihr Abschlussgutachten im Ausschuss Digitale Agenda vor. Das wichtigste daraus erzähle ich euch im Video.

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Öffentliches Geld? Öffentliches Gut! Außerdem: IT-Konsolidierung des Bundes (16.10.2019)

Heute habe ich im Ausschuss Digitale Agenda einen Antrag der Linksfraktion vorgestellt, in dem wir fordern, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: was mit öffentlichen Geldern finanziert wurde, sollte auch öffentliches Gut sein. Außerdem ging es darum, wie weit der Bund dabei ist, seine IT-Infrastruktur sicherer, günstiger und zentraler zu gestalten. Ihr könnt euch einen Teil der Antwort sicher schon denken.


Am 24. September hatte das Technische Hilfswerk alle Bundestagsabgeordneten unter dem Motto „MdB meets THW“ zu einem Kennenlernen vor dem Bundestag eingeladen. Da unsere Fraktionssitzung rechtzeitig beendet war, nahm ich die Einladung gern an. THW-Mitarbeiter aus meinem Wahlkreis, aus Bad Belzig und Brandenburg an der Havel, begleiteten mich durch die vor dem Paul-Löbe-Haus aufgebaute Ausstellungshalle. An einem Stand wurde mir beispielsweise berichtet, dass das THW auch Friedensmissionen im Ausland unterstützt, also etwa Infrastruktur für Friedensverhandlungen aufbaut und Waffen so zerstört, dass sie nie wieder töten können. Das war für mich neu. Ich lernte auch eine junge Frau mit Migrationshintergrund kennen, die ihren Bundesfreiwilligendienst beim THW macht und begeistert davon erzählte. Bis zu 2000 Bundesfreiwilligendienst-Stellen gibt es deutschlandweit jährlich beim THW, sie werden gerade nach und nach besetzt und sind gute Gelegenheiten, nicht nur Sinnvolles zu tun, sondern auch viel Nützliches zu lernen. Neu war mir auch das „FeuerWerk“, eine Kooperation von Feuerwehr und technischem Hilfswerk.
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Anhörung im Ausschuss: Libra und andere Cryptowährungen (25.09.2019)

Heute haben hat der Ausschuss Digitale Agenda Expert*innen zu einer Befragung zum Thema Cryptowährungen, insbesondere zu Facebooks „Libra“, eingeladen. Im Video erzähle ich kurz, was spannend war und danach kommt noch einer der heute geladenen Expert*innen, Dr. Oliver Leistert von der Leuphana Universität Lüneburg zu Wort.

#twittersperrt im Ausschuss Digitale Agenda (15.05.2019)

In den letzten Tagen ging #twittersperrt quer durch die Medien: SPD-Politiker*innen, Journalist*innen und sogar die Jüdische Allgemeine waren von ungerechtfertigten Sperrungen betroffen.  Die Vermutung, dass dahinter rechte Netzwerke liegen, die politisch Andersdenkende mundtot machen wollen, liegt nicht fern.

Twitter ließ in der heutigen Sitzung des Ausschusses Digitale Agenda zwar ausrichten, dass sie die politische Ausrichtung von Accounts nicht erfassen, aber dass in Deutschland relativ zur Anzahl der Nutzer*innen zehnmal mehr Tweets gemeldet werden, als in anderen europäischen Staaten, könnte diese Theorie stützen. Mehr Infos im Video.

Bild: Im Ausschuss Digitale Agenda, CC-BY 4.0 Anke Domscheit-Berg

Oft werde ich gefragt, wieso ich an manchen Debatten im Bundestag nicht teilnehmen kann oder wieso nicht alle Abgeordneten auf ihren Plätzen sitzen, wenn im Plenum über bestimmte Themen geredet wird. Aber das liegt oft daran, dass der Deutsche Bundestag ein Arbeitsparlament ist und viel Arbeit in den Ausschüssen stattfindet, die teilweise parallel zum Plenum stattfinden.
Wir Abgeordnete nehmen vorrangig an Ausschüssen, Anhörungen oder Fachgesprächen teil, die mit unseren Themenfeldern zu tun haben. In meinem Fall sind das natürlich alle Themen, die sich mit Netzpolitik beschäftigen. Das reicht von digitaler Bildung im Bildungsausschuss über Breitbandausbau oder 5G-Lizenzversteigerung im Verkehrsausschuss bis hin zu allen Themen des Ausschuss Digitale Agenda.

Das BSI muss unabhängig vom Innenministerium werden

In dieser Sitzungswoche nahm ich gleich an zwei öffentliche Anhörungen aus meinem Themengebiet teil. Weil ich im Februar gemeinsam mit anderen MdB der Linksfraktion einen Antrag zum Thema IT-Sicherheit in den Bundestag eingebracht hatte, fand am Montag die dazugehörige Anhörung im federführenden Innenausschuss statt. Sachverständige waren eingeladen, um in kurzen Eingangsvorträgen und anschließenden Frage-Antwortrunden ihre Positionen, Forderungen und Handlungsempfehlung für mehr digitale Sicherheit vorzustellen.
Es sprachen zwei Wirtschaftsvertreter*innen, Dr. Rainer Baumgart und Dr. Aleksandra Sowa sowie Dr. Sven Herpig von der Stiftung Neue Verantwortung, Klaus Landefeld vom eco – Verband der Internetwirtschaft, Frank Rieger vom Chaos Computer Club und der Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm. Diskutiert wurde z. B. über eine Meldepflicht für Sicherheitslücken, die ich schon seit langem fordere.
Sven Herpig schlug außerdem vor, dass die Regierung eine umfassende Cybersicherheitsstrategie vorlegen sollte, Klaus Landefeld wiederum betonte, dass es wichtig sei, auch die Hersteller von IT-Produkten in den Gesetzgebungsprozess mit einzubeziehen. Digitale Bildung war Frank Rieger besonders wichtig, denn wer Programmieren lernt, sollte immer auch lernen, wie man sichere Software schreibt.
Aleksandra Sowa verteidigte das Recht auf Anonymität im Netz und forderte, dass Verschlüsselung auf keinen Fall ausgehöhlt werden darf, sondern vielmehr gestärkt werden müsse. Dazu muss auch der Staat selbst beitragen, es ist z. B. immer noch nicht möglich, mit allen deutschen Behörden verschlüsselt zu kommunizieren. Arne Schönbohm hatte jedoch kaum Ideen, er spulte einen Werbeblock für das BSI ab.

Die übrigen Expert*innen waren sich auch darüber einig, dass das BSI unabhängig vom Innenministerium sein müsse, um seinem Auftrag nach Stärkung der Sicherheit in der Informations- und Kommunikationstechnik nachkommen zu können. Schönbohm sah das leider anders, er sieht keinen Interessenskonflikt darin, dass das BSI genauso wie Geheimdienste dem BMI unterstellt ist, obwohl unsere Geheimdienste ein Interesse an offenen Sicherheitslücken in IT-Produkten haben, das BSI jedoch Sicherheit in der Informations- und Kommunikationstechnik nur erreichen kann, wenn bekannt gewordene Sicherheitslücken sofort geschlossen werden. Aleksandra Sowa war sehr deutlich: „Wer IT-Sicherheit für vermeintlich mehr Sicherheit opfert, erhält nicht weniger Kriminalität, sondern mehr.“

Schönbohm vertrat auch beim Thema Hackback eine Einzelmeinung

Das staatliche Zurück-Hacken ist für ihn genauso eine Option zur Verteidigung wie für seinen Vorgesetzten, Bundesinnenminister Horst Seehofer. Für die anderen geladenen Sachverständigen war allerdings klar, dass der Staat niemals aktive Cyberabwehr betreiben sollte, denn dafür gibt es keine Rechtsgrundlage, sie sind hochgefährlich und können zu hohen zivilen Kollateralschäden und Eskalation auf internationaler Ebene führen – zu mehr Sicherheit führen sie nicht. Statt Nachrichtendienste mit immer mehr Kompetenzen auszustatten, sollten Sicherheitslücken konsequent geschlossen, verbindliche IT-Sicherheits-Mindeststandards und eine IT-Produkthaftpflicht eingeführt werden, vor allem aber auch die Schwachstelle Mensch besser im Umgang mit digitalen Technologien geschult werden. Das sehe ich ganz genauso.
Umso erschreckender, dass die Bundesregierung da den falschen Fokus setzt.

Gemeinwohlorientierte Soziale Netzwerke als Werkzeug gegen gezielte Desinformation?

Meine zweite öffentliche Anhörung fand am Mittwoch im Digitalausschuss zum Thema „Resilienz von Demokratien im digitalen Zeitalter im Kontext der Europawahl“ statt. Wir sprachen mit den sechs geladenen Sachverständigen über Desinformation und Wahlmanipulation, Fakenews und Socialbots.
Weil aber, wie eingangs erwähnt, im Bundestag viele Gremien gleichzeitig tagen, wurde die Anhörung schon nach einer halben Stunde unterbrochen, weil im Plenum ein Hammelsprung beantragt wurde, da bei einer Abstimmung die Mehrheitsverhältnisse unklar waren. Wir Abgeordneten mussten also schnell zum Plenum eilen und durch eine „Ja“, „Nein“ oder „Enthalten“ Tür in den Plenarsaal gehen, wobei wir gezählt wurden, danach ging es zurück in den Ausschuss, der dafür abends einfach etwas länger ging.

Die Sachverständigen berichteten von ihren Erkenntnissen zum Thema Desinformationskampagnen. Prof. Dr. Simon Hegelich von der Hochschule für Politik München erzählte, dass auch während der letzten Bundestagswahl solche Kampagnen stattfanden, sogar in größerem Maßstab als man zunächst dachte, dass sie meistens aus dem rechten Spektrum kamen, aber dass ihre Wirkung sehr schwer zu beurteilen sei.
Alle anwesenden Wissenschaftler*innen beklagten, dass sie ihre Forschung zum Thema leider nur unzureichend betreiben könnten, weil die sozialen Medien keine brauchbaren Daten rausrücken und auch politische Akteure ihre Wahlwerbung dort nicht ausreichend transparent machten.
Gäbe es mehr Daten, so Prof. Dr. Martin Emmer vom Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft, könnte man z. B. mit künstlicher Intelligenz erforschen, wie genau diese Kampagnen funktionieren und welche Wirkung sie auf die Meinungsbildung haben.

Mehr Kompetenzen für Nachrichtendienste?

Immun gegen Desinformationskampagnen im Internet: Kater Tigger (Bild: Catherine Heath, gemeinfrei-ähnlich freigegeben auf unsplash.com)

Lisa-Marie Neudert vom Oxford Internet Institute beschrieb, dass ca. 20 % der geteilten Informationen zur Bundestagswahl 2017 Desinformationen waren, aber auch sie wies darauf hin, dass konkrete Auswirkungen bisher nicht nachgewiesen werden konnten. In Hinblick auf die anstehende Europawahl sagte sie, dass bisher eher moderate Level an Desinformation festzustellen sind, sie finden vor allem zu den Themen Migration und EU-Ausstieg einzelner EU-Staaten statt.

Überrascht haben mich die Aussagen des Sachverständigen Sandro Gaycken, der der Meinung war, dass die Nachrichtendienste mehr Kompetenzen bräuchten, um Desinformationskampagnen in den sozialen Medien enttarnen und ausschalten zu können. Einen Ausbau der Nachrichtendienste lehne ich kategorisch ab.

Alexander Sängerlaub von der Stiftung Neue Verantwortung setzte seinen Fokus zur Bekämpfung von Desinformation auf Reformationen im Medienbereich. Er schlägt u. a. die Abschaffung der Depublikationspflicht für öffentlich-rechtliche Medienangebote, eine europäische Mediathek und die Aufwertung von Lokaljournalismus vor.
Ich freue mich, dass er auch vorgeschlagen hat, über ein europäisches soziales Netzwerk nachzudenken, das sich nicht über Werbeeinnahmen finanziert, sondern auf gemeinnützigen Grundsätzen basiert. Ein solches gemeinwohlorientiertes Netzwerk gehört auch zu meinen Forderungen für digitale, soziale Innovationen.

Alle Anwesenden waren sich einig, dass ein wirksames Mittel gegen den Erfolg von Desinformationskampagnen im Netz Medienbildung für alle Menschen ist – junge, aber auch ältere. Nur wenn wir alle lernen, Meldungen im Netz richtig zu bewerten, Quellen zu prüfen und die Mechanismen, die im Internet wirken, zu verstehen, werden es Desinformationskampagnen schwerer haben.

Die ganzen Anhörungen können auf der Webseite des Bundestages angesehen werden.
Alle schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen gibt es dort auch zum Download. Ein kurzes Video zur Anhörung im Ausschuss Digitale Agenda habe ich auf meinem YouTube-Kanal veröffentlicht:

Fachanhörung digitale Wahlbeeinflussung (10.04.2019)

Seit September 2018 tagt die vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz, deren Mitglied ich bin. Sie befaßt sich mit der Entstehung und dem Einsatz selbstlernender Systeme, also etwa mit Software, deren Algorithmen sich bei der Lösung eines Problems selbst verbessern können – bis hin zu Software, die allein Lösungen für Probleme findet und ohne Beteiligung von Menschen Entscheidungen trifft- zum Beispiel bei der Steuerung vollständig autonomer Fahrzeuge. Es stellen sich dabei sehr viele vor allem auch ethische Fragen, daher haben wir als Linksfraktion im Bundestag die Einsetzung der Enquete Kommission begrüßt. Unsere Obfrau ist Petra Sitte, weitere Mitglieder sind Jessica Tatti und Achim Kessler. Wir haben die Themen unter uns verteilt, denn jede*r hat so seine Spezialgebiete und vieles an der Arbeit findet parallel statt – man muss sich also in Untergruppen teilen. Dazu passend haben wir unsere Sachverständigen ausgewählt: Prof. Dr. Katharina Zweig ist nicht nur Professorin für Informatik an der TU Kaiserslautern und dabei in der kritischen Algorithmus- und Data-Science-Forschung tätig, sondern gründete dort auch den bundesweit ersten Studiengang „Sozioinformatik“, der sich mit den gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung auseinandersetzt. Bekannt ist sie auch als Gründerin der NGO Algorithmwatch. Mit ihr an Bord ist Dr. Florian Butollo, der am Weizenbaum Institut für die vernetzte Gesellschaft die Forschungsgruppe „Arbeit in hoch automatisierten digital-hybriden Prozessen“ leitet.

Gruppenfoto aus dem September 2018 von der konstituierenden Sitzung der Enquete-Kommission


Das Ziel der Enquete ist, Handlungsempfehlungen hinsichtlich der Förderung und Regulierung des Einsatzes künstlicher Intelligenz für die Bundesregierung zu entwickeln. Für einige Fraktionen scheint es dabei hauptsächlich darum zu gehen, wie Deutschland eine globale Spitzenposition bei dieser Technologie erreichen kann, um der Wirtschaft gute Rahmenbedingungen in einem neuen Wachstumsmarkt zu schaffen.

Unser Fokus als Fraktion in der Kommission ist allerdings anders, uns geht es um eine Weichenstellung, die sich an Grundrechten und Werten orientiert und die den gemeinwohlorientierten Einsatz von KI in den Vordergrund stellt – und nicht die Maximierung von Gewinnen für einzelne Unternehmen. Wir wollen Transparenz und Offenheit aber auch die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei der Entwicklung von Schwerpunkten für den Einsatz von künstlicher Intelligenz und bei der Grenzziehung, also bei der Entscheidung, wo wir überhaupt einen Einsatz von künstlicher Intelligenz wollen und wo nicht.

Die Enquete Kommission beschäftigt sich seit einer gemeinsamen Einführungsphase in sechs Projektgruppen mit jeweils einen Themenblock. Seit Februar geht es in den ersten drei Projektgruppen um die Bereiche Wirtschaft, Staat und Gesundheit. Danach schließen sich im Herbst drei Projektgruppen mit den Themenfeldern Forschung /Bildung / Arbeit sowie Mobilität und Medien/Demokratie an. Aber nicht alle Arbeit findet nur noch in den Projektgruppen statt, die gesamte Enquete Kommission,19 MdB und 19 Sachverstände, trifft sich weiterhin jeden ersten Montag im Monat, z.B. für gemeinsame Anhörungen von Sachverständigen zu übergeordneten Themen oder um Zwischenstände aus den Projektgruppen untereinander auszutauschen.

Ich bin Leiterin der Projektgruppe KI in Staat und Verwaltung, plane und moderiere unsere Arbeitsgruppensitzungen, die mehrmals monatlich stattfinden. Auch dorthin laden wir Fachleute ein, die ebenso wie Mitglieder der Projektgruppe mit entsprechenden Fachkenntnissen Vorträge zu spezifischen Themen halten. Dazu gehört vor allem erst einmal zu sammeln, was der jeweilige Sachstand ist, welche guten und schlechten Erfahrungen es bei Anwendungen im In- und Ausland gibt, welche Chancen oder Risiken sich daraus ergeben. Gemeinsam versuchen wir auf dieser Wissensbasis Handlungsempfehlungen und Regulierungsbedarfe zu erarbeiten.

In „meiner“ Projektgruppe „KI und Staat“ bearbeiten wir uns eine ganze Bandbreite von Themen. Sie beginnt mit dem KI Einsatz innerhalb von Behörden für interne Prozesse z.B. Die Erkennung verdächtiger Muster in den Steuerdaten von Finanzämtern, um Steuerhinterziehungen besser zu entdecken oder die automatische Sortierung von Eingangspost durch intelligente Texterkennung mit selbst lernender Software. Wir befassen uns auch mit dem Einsatz von KI durch staatliche Stellen, die sich nach extern richtet, also zum Beispiel Gesichtserkennungssysteme zur Gefahrenabwehr aber auch mit der Nutzung von Chatbots, die bei der Antragstellung und dem Ausfüllen von Formularen hilfreich sein können oder als „City-Bot“ wie der Wienbot viele verschiedene Fragen beantworten können, rund um die Uhr, und mit denen man in natürlicher Sprache z.B. per Messenger kommunizieren kann. Sogenannte „Robo Lawyers“ (Roboter Anwälte) können helfen, Rechtsansprüche und Widersprüche gegenüber dem Staat automatisiert und ohne teure Anwälte durchzusetzen. Für viele Anspruchsberechtigte sind Antragshürden nach wie vor zu hoch – gerade bei den Bedürftigsten sind Anspruchnahmen daher gering. Messenger-basierte Chatbots sind aufgrund natürlicher Sprachverwendung barrierearm, multilingual möglich, erfordern keinen Amtsbesuch und sind immer erreichbar. Hier kann KI konkret und direkt für mehr Teilhabe sorgen.

Meinen Schwerpunkt innerhalb der Gruppe lege ich darauf, den staatlichen Einsatz von KI auf gemeinwohlorientierte Anwendungen zu fokussieren und bei Anwendungen im Bereich der inneren Sicherheit unbedingt jede Erosion der Grundrechte zu verhindern. Nicht alles, was möglich ist, darf auch gemacht werden, hier sind klare rote Linien zu ziehen, beispielsweise darf es keine Massenüberwachung im öffentlichen Raum durch intelligente Kameras geben, die Verdächtige identifizieren sollen. Nach wie vor sind die Fehlerquoten derartiger Systeme so hoch, dass unzählige Unschuldige zu Verdächtigen werden. Ab Mai befasst sich meine Projektgruppe auch mit dem Thema militärische Einsätze, auch hier haben wir von Seiten der Linksfraktion ganz klare rote Linien, denn auch autonome Waffensysteme sind KI-Systeme. Wir streben eine Ächtung aller digitalen Waffensysteme an, ihren Einsatz genauso wie ihre Herstellung und ihren Export. Waffen, die sich ihr Ziel selbst suchen, identifizieren und töten, darf es nicht geben.

Eines der übergreifenden Themen, das alle Projektgruppen der Enquete berührt, ist die Nutzung von Daten und die Abwägung zwischen Datenschutz, Privatsphäre und Nutzbarmachung. Wir wollen öffentliche Daten nutzen und private Daten schützen und nach Wegen suchen, wie man für die Entwicklung gemeinwohlorientierter KI-Anwendungen große Datenbanken für die Nutzung durch die Allgemeinheit verfügbar machen kann. So lange große Datenmengen nur digitalen Großkonzernen zur Verfügung stehen, werden sie Schindluder damit treiben, so wie wir das von den Datenskandalen z.B. von Facebook kennen. Kleinere Unternehmen, vor allem auch nicht-Gewinnorientierte Sozial-Startups haben jedoch ohne Daten zum Trainieren der KI-Systeme keine Chance auf Erfolg. Dazu zählen zum Beispiel Mobilitätsdaten in einer Kommune, die die Entstehung einer gemeinwohlorientierten Alternative zum Mitfahrdienst UBER ermöglichen würden. Denkbar ist für uns dabei unter anderem eine Idee aus unserer Projektgruppe, nicht-personenbezogene Daten zur öffentlichen Daseinsvorsorge zu zählen, um die Entwicklung von KI-Systemen, die dem Gemeinwohl nützen, zu erleichtern und zu beschleunigen. Wir werden diese und weitere Ideen in der Kommission weiterhin diskutieren.

Als Linksfraktion haben wir uns für diese Kommission klare Ziele gesetzt: Wir wollen und können das Wettrennen mit den USA und China nicht unterstützen. Beide Seiten können uns nicht die Vorbilder sein, denen wir in Deutschland und Europa nacheifern sollten: In den USA gibt es keinen vergleichbaren Datenschutz, wie wir ihn zum Beispiel mit der Datenschutzgrundverordnung haben und Unternehmen bekommen fast keine Schranken, in China wiederum nutzt eine autoritäre Regierung KI-Systeme zur vollumfänglichen Überwachung und Bewertung aller Bürger*innen. Wir wollen stattdessen eine Fokussierung auf Gemeinwohlorientierung, Nachhaltigkeit und den Schutz von Menschen mit all ihren Werten und Rechten.

Mit unseren Perspektiven stehen wir in der Kommission manchmal auch allein dar. Vor allem in den Themenfeldern anderer Projektgruppen, wo es um die Nutzung von KI-Systemen in der Wirtschaft geht, steht oft besonders einseitig die Unternehmensperspektive im Vordergrund, während die der Arbeitnehmer untergeordnet ist, und das obwohl KI große Umwälzungen für die Anzahl und Qualifikation von Erwerbstätigen in fast allen Branchen bedeuten kann und ihre Bedürfnisse daher eine wichtige Rolle spielen müssen. Für die weitere Arbeit und auch den Abschlussbericht im Sommer 2020 bedeutet dies für uns voraussichtlich eine Sonderrolle – und für einige Handlungsempfehlungen auch Sondervoten, die wir nun für den Zwischenbericht bereits vorbereiten. Mit einem Sondervotum kann eine Fraktion eine abweichende Position zum Abschlussbericht erklären, der von der Mehrheit der Kommission verabschiedet wird.