Berlin, den 22.03.2021 – Die Linksfraktion im Bundestag begrüßt, dass sich der Bundestag am 24. März 2021 in einer Anhörung des Digitalausschusses endlich mit dem Thema Digitale Gewalt gegen Frauen und Mädchen befasst. Obwohl sich die Bundesregierung mit Ratifizierung der Istanbul Konvention dazu verpflichtete, gegen alle Formen von Gewalt gegen Frauen vorzugehen, erfüllt sie diese Verantwortung bisher in keiner Weise.
Digitale Gewalt hat sehr viele Formen, sie umfasst viel mehr als Beleidigungen und Bedrohungen im Internet. Auch Identitätsdiebstahl, Online-Stalking und Überwachungssoftware z.B. auf Smartphones, heimliche oder sonst nicht-konsensuale Video-, Bild- und Tonaufnahmen und deren Verbreitung über Internet-Plattformen gehören dazu. Zunehmend spielt auch das „Internet of Things“ dabei eine Rolle, etwa wenn durch Fernzugriff auf smarte Geräte Kontrolle über andere ausgeübt wird. Nach einer Studie von Amnesty International hatten 23 Prozent von 500 befragten Frauen digitale Gewalt erlebt, von diesen fühlten sich 41 Prozent in ihrer physischen Sicherheit bedroht und 55 Prozent erlebten Panikattacken oder Angstzustände. Digitale Gewalt kann jedoch auch in Femiziden enden. Sie kann zu spürbaren Langzeitfolgen bei den Betroffenen führen und sie aus der Öffentlichkeit verdrängen. Digitale Gewalt als Hassrede im Netz kann zum Verstummen weiblicher Stimmen im digitalen öffentlichen Raum führen.
Die frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, Cornelia Möhring, betont die zunehmende Häufigkeit digitaler Gewalt im sozialen Nahraum:
„Durch das Internet, Spyware und Mini-Kameras können Frauen nahezu lückenlos durch ihre Partner oder Ex-Partner überwacht werden. Frauen, die Hilfe suchen, treffen auf überforderte Polizeibeamte und überlastete Beraterinnen. Obwohl Beratungsstellen seit Jahren die Alarmglocken läuten, werden diese Formen von Gewalt gegen Frauen nicht einmal hinreichend untersucht, geschweige denn effektiv bekämpft.“
Die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Anke Domscheit-Berg, begrüßt die Anhörung, aber fordert die Bundesregierung dazu auf, endlich mehr zu tun:
„Der Begriff ‚digitale geschlechtsspezifische Gewalt‘ muss endlich als Gewalthandlung definiert, dokumentiert und erforscht werden. Darüber hinaus hat das ganze Hilfe- und Rechtssystem ein Update bitter nötig. Es braucht dringend Spezialdezernate und -Staatsanwaltschaften für digitale Gewalt, verpflichtende Fortbildungen für Polizei und Justiz, Technik-Kompetenzzentren in den Ländern und ganz besonders mehr finanzielle Mittel für das Hilfesystem. Das darf der Bund nicht länger allein auf Länder und Kommunen abwälzen.“
Weitere Informationen:
- Zur Anhörung liegt auch der Antrag der Fraktion DIE LINKE‚ Digitale Gewalt gegen Frauen‘ (BT-Drs. 19/25351) vor.
- Die Anhörung wird am 24. März 2021 um 16:00 live im Internet übertragen und steht danach als Aufzeichnung zur Verfügung.