Der Digitalgipfel widmete sich dieses Jahr der Verbindung der beiden großen Transformationen unserer Zeit, der Klimakrise und der Digitalisierung. Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung erkannt hat, dass man diese beiden Herausforderungen zwingend zusammendenken muss, denn die Digitalisierung ist für einen hohen und wachsenden Anteil des weltweiten CO2 Ausstoßes verantwortlich. Sie kann aber auch Teil der Lösung sein, was durch die Bundesregierung zwar auf dem Digitalgipfel häufig beschrieben, in der Praxis von ihr leider viel zu wenig umgesetzt wird. So sind weder die Rechenzentren des Bundes klimaneutral oder wenigstens Spitzenreiter in Energieeffizienz, noch konnte sich die Bundesregierung bisher zu verpflichtenden Mindeststandards für Rechenzentren im Allgemeinen durchringen. Bundesgebäude sind weder smart noch energieeffizient, Fahrzeuge des Bundes sind überwiegend CO2 Schleudern.
Die Bundesregierung feierte sich auf dem Gipfel für viele “Erfolge”, die bei näherer Betrachtung enttäuschen. So soll das neue IT-Sicherheitsgesetz den Verbraucherschutz durch ein IT-Sicherheitskennzeichen auf elektronischen Geräten stärken, aber es bleibt freiwillig und die Angaben der Hersteller werden von niemandem kontrolliert. So macht man das Kennzeichen zu einem Feigenblatt, das seinen Zweck nicht erfüllen wird.
Die notwendige Mindestupdatepflicht für elektronische Geräte wird es weiterhin nicht geben, wodurch eigentlich funktionstüchtige Geräte bei fehlenden Updates unsicher und ihre Besitzer:innen zum Neukauf gezwungen werden. Das kostet nicht nur unnötig Geld und benachteiligt Menschen mit kleineren Geldbeuteln, es ist auch eine Ressourcenverschwendung und erhöht den CO2 Footprint erheblich – mehr als die Hälfte des CO2 Footprints von Smartphones entsteht bei ihrer Herstellung. Da Endgeräte etwa 70 Prozent des CO2 Footprints durch IT Infrastruktur ausmachen sollen, ist die Verlängerung ihrer Nutzungsdauer ein wichtiger Hebel.
Ursula von der Leyen rief daher auf dem Gipfel Verbraucher:innen dazu auf, ihre Smartphones länger zu nutzen, aber das ist eine verantwortungslose Empfehlung, solange es an effektivem Verbraucherschutz fehlt, der die Sicherheit der Geräte über eine längere Nutzungsdauer garantiert. Von ihr als EU Kommissionschefin hätte ich lieber gehört, dass unter der deutschen Ratspräsidentschaft das Recht auf Reparatur in Brüssel verankert wurde, aber auch darauf müssen Verbraucher:innen noch länger warten.
Der Gipfel des Digitalgipfels war jedoch der Bundesminister für digitale Infrastruktur, Andy Scheuer, der stolz äußerte, dass es im Frühjahrslockdown keine Blackouts gab, was seinen niedrigen Anspruch an seine eigene Aufgabenerfüllung bestens beschreibt. Wieder einmal kündigte er an, Funklöcher beseitigen zu wollen, aber von diesem Minister erwartet wohl niemand mehr Fortschritte im digitalen Infrastrukturausbau. Es ist ein Skandal, dass er immer noch im Amt ist.