Als letzte Station im Landkreis Teltow-Fläming während meiner diesjährigen Sommertour besuchte ich den Rettungsdienst des Landkreises, der für mich deshalb besonders interessant war, weil er zuständig ist für das zentrale Lager des Kreises für Schutzmaterialien – von der Mundnasenschutzmaske über Kittel bis zum Gesichtsvisier oder Desinfektionsmitteln. Hier werden nicht nur Covid-19 Schutzmittel aufbewahrt und verteilt, sondern auch Mittel für den Tierseuchenschutz und für das Katastrophenamt.
Rede und Antwort standen mir der Geschäftsführer der Rettungsdienst Teltow-Fläming GmbH, Denny Mieles und Rettungsdienstleiter Markus Sell, der seit Ausbruch der Pandemie auch Leiter des neu eingerichteten Zentrallagers ist. Felix Thier, Kreistagsfraktionsvorsitzender und Kreisvorsitzender der LINKEN in Teltow-Fläming und Maritta Böttcher, Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit und Soziales im Kreistag, nahmen an dem Gespräch teil.
Die Einrichtung des Zentrallagers wurde zu Beginn des quasi-Lock-Downs im Kreis beschlossen. Seitdem landen dort alle Lieferungen von Schutzmitteln aus Bund und Land und werden auch von dort an die Bedarfsstellen verteilt. Der Krisenstab des Landkreises erhält dabei die Anzahl eingehender Produkte vom Zentrallager und bestimmt, was in welcher Menge wohin geliefert werden soll, die Lieferung übernahm der hauseigene Kurierdienst. Der Warenumschlag war einige Monate lang enorm, auch Engpässe gab es eine zeitlang. Versorgt wurden Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen aber auch ca. 50 weitere Einrichtungen.
Hier landeten auch die 1.000 Visiere aus dem Verstehbahnhof in Fürstenberg, von denen einige Hundert durch meine eigenen Hände gingen. So habe ich viele Folien mit dem Laser ausgeschnitten und gelocht und bei mehr als 300 Visieren die Visierfolien nach dem Laservorgang beidseitig poliert, um die Schmauchspuren zu entfernen. Das war eine Heidenarbeit, aber dennoch habe ich sie als sehr sinnstiftend empfunden. Es war sehr schön, hier Wochen später vom Leiter des Zentrallagers zu hören: „Anpreisen mußten wir die Visiere nicht, der Bedarf war ja sehr hoch seinerzeit und es gab einfach nicht genug, man hat sie in Krankenhäusern und Pflegestationen sehr gern genommen.“
Inzwischen gibt es keine Engpässe für Schutzmaterialien mehr, das Lager füllt seine Notreserven auf, selbst Kittel sind nun genügend da – sie stellten den größten Engpass dar. Wir sprachen auch über die Qualität der Produkte und ich erfuhr, dass es gerade aus China einige Lieferungen gibt mit Schutzmasken, die mit hoher Sicherheit nicht den Standards entsprächen. Mit Übersetzungshilfe aus dem Internet konnte man zum Beispiel chinesische Zeichen übersetzen als: „Staubschutz, nicht für den medizinischen Gebrauch geeignet“. Solche Lieferungen sind dann wohl auch der Grund dafür, dass Bundesgesundheitsminister Spahn ein paar Millionen Euro Rechnungen nach China nicht bezahlt hat… Problematisch sahen wir alle den großen Ressourcenverbrauch, den der massenhafte Einsatz von Einweg-Schutzmitteln verursacht. Hier müsste es mehr Mehrweg geben, wenigstens bei Produkten wie Kitteln, die heute auch einfach nach der Nutzung verbrannt werden, früher hatte man sie gereinigt und wiederverwendet.
Wir sprachen noch über viele weitere Themen, auch während der Führung durch die Rettungsstelle. Ich erfuhr so, dass die zunehmend asymptomatischen Covid-19 Fälle auch für die Rettungsdienstmitarbeiter:innen eine Gefahr darstellen und man sich deshalb immer gut schützen muss. Denn Covid-19 ist auch für junge Menschen gefährlich, bei vielen kommt es selbst ohne schwere Erkrankung zu Vernarbungen der Herzinnenwand, die Langzeitfolgen verursachen kann.
Interessant war der Blick in einen Rettungswagen, ich hatte bisher Glück und habe noch keinen von innen sehen müssen. Es ist schon beeindruckend, was da so auf kleinem Raum an Technik verbaut ist.
Zum Abschluss meines Besuches machte mich Denny Mieles noch auf ein bundespolitisches Problem aufmerksam. Bundesgesundheitsminister Spahn erarbeitet zurzeit eine Reform der Notfallversorgung, mit der der Rettungsdienst aus der Verantwortung der Kreise an die Landesebene übergehen würde. Kurz gefasst würde sich die bisher 100%ige Kostenübernahme der Rettungsdienste durch die Krankenkassen verändern in eine Kostenübernahme nur noch von länderspezifischen Fallpauschalen je Einsatz, die verbleibenden ca. 70% der Kosten müßte dann der Landkreis bezahlen, ohne dass er Mitbestimmungsrechte hätte. Das wäre skandalös, denn gerade ärmere Kreise können sich dann den notwendigen Standard für den Rettungsdienst nicht mehr leisten. Ich werde das Problem mit in den Bundestag nehmen und hoffe, dass es nicht dazu kommt. Denn ich finde den Grundsatz „never change a running System“ sehr sinnvoll und die Rettungsdienste in der jetzigen Organisation haben selbst in der schlimmsten Pandemie-Phase sehr gut funktioniert, warum also sollte man daran etwas ändern und die Rettungsdienstversorgung davon abhängig machen, wie reich ein jeweiliger Landkreis ist?