An einem Wahlkreistag kann man viele spannende Einblicke in alle möglichen Bereiche bekommen. Heute habe ich die Oberförsterei in Lehnin besucht und habe dabei viel über den Wald erfahren. In Deutschland gibt es 11,1 Millionen Hektar Wald, 1,1 Millionen davon liegen in Brandenburg, das sind 37 % der Gesamtfläche des Landes. Der häufigste Baum ist die Kiefer (etwa 70 %) und damit fangen die Probleme an, erzählte mir der Leiter der Oberförsterei Jörg Dechow. Die Oberförsterei ist für 56.000 Hektar Wald zuständig, verteilt auf 9 Reviere, von den aber nur 7 mit einem Revierförster besetzt sind. Zwei davon waren bei unserem Gespräch dabei: Thorsten Hufnagel für das Revier Wusterwitz und Lothar Greinke für das Revier Ziesar.
Schon seit über 200 Jahren ist der Wald in Deutschland kieferlastig, denn seitdem ging es vor allem um den Wald als Produktionsfläche für Holz und die Kiefer wächst in unseren Breiten nun mal am schnellsten. Aber Monokulturen sind ungesund, das merkt man besonders, wenn Umweltstress wie große Trockenheit dazu kommt und wenn Schädlinge die Plantagenwälder überfallen und in kürzester Zeit ganze Forsten, die 100 Jahre lang gepflegt wurden, vernichten.
Der Klimawandel, der in Brandenburg heißere und vor allem trockenere Sommer mit sich bringt, richtet schon jetzt großen Schaden an. Die ausgedörrten Wälder entzünden sich leicht, große Waldbrände sind die Folge. Um sie möglichst früh bekämpfen zu können, wurden die alten Feuerwachtürme inzwischen aufgerüstet. Dort sind heute Kameras installiert, die sich im Kreis drehen und den Wald um sich herum mit extrem hoher Auflösung beobachten, Software analysiert dann, ob die hochauflösenden Bilddaten der Kameras, die ursprünglich für den Einsatz im Weltraum entwickelt wurden, Anzeichen für Rauchentwicklung enthalten und ob es sich um Wald oder landwirtschaftliche Flächen dabei handelt.
Alle so ausgestatteten Feuerwachtürme sind über Datenleitungen mit Waldbrandzentralen (quasi Einsatzleitstellen) verbunden, wo die verdächtigen Aufnahmen am Bildschirm analysiert werden und sofort eine Brandbekämpfung angestoßen werden kann.
Bei der Schädlingsbekämpfung vor Ort wird noch „gemessen, gewogen und gezählt“, da sind keine Sensoren im Wald im Einsatz, sondern Fallen werden aufgestellt oder der Waldboden wird z.B. umgegraben, die Erde analysiert und auf Schädlinge in all ihren Stadien untersucht.
Im Wald nahe der Oberförsterei zeigt mir Jörg Dechow nicht nur tote Bäume, die offensichtlich sind, sondern auch sterbende Bäume, denen ich das noch gar nicht angesehen hätte. Selbst robustere Laubbäume, die dort im Mischwald wachsen, leiden unter Wassermangel. Die braunen Blätter einer Buche konnte ich in der Hand zerbröseln – es ist noch nicht mal Mitte August, aber diese Buche hat beschlossen, dass sie lieber schon in den Herbst geht, um nicht zu vertrocknen. Das wird ein sehr schmaler Jahresring dieses Jahr und wenn es nicht mal besser wird, hat diese Buche vielleicht auch keine lange Zukunft mehr.
Aus all diesen Gründen fordert der Oberförster mehr Forschung. Mehr Erkenntnisse zur schonenden Schädlingsbekämpfung, mehr Erkenntnisse zum erfolgreichen Waldumbau – hin zu Mischwäldern, weg von anfälligen Monokulturen, aber mit Bäumen, die auch mit weniger Wasser und mehr Hitze klarkommen.
Unser Wald braucht mehr Wertschätzung, finden alle 3 Förster, und ich stimme ihnen zu. Dass ein Festmeter Holz, der 100 Jahre gewachsen ist, heute nur noch 10-12€ Wert ist, tut in der Seele weh. Dass immer mehr Flächen versiegelt werden und immer mehr Wald z.B. dem Straßenausbau weichen muss, tut noch mehr weh. Das kritisiert Jörg Dechow besonders heftig und hofft, dass ich im Verkehrsausschuss, in dem ich stellvertretendes Mitglied bin, ein Wort für den Wald einlegen kann. Ich hoffe, die Gelegenheit ergibt sich dazu, denn ich finde, er hat Recht. Wir brauchen den Wald, nicht nur, weil er Holz liefert, sondern auch als Lebensraum, Erholungsraum und als Beitrag gegen den Klimawandel – die grüne Lunge Brandenburgs und Berlins muss gesund bleiben!