Nach dem Besuch des Gemeindezentrums in Milow am 5. August 2020 war etwas Zeit für ein Mittagessen vorgesehen, aber weil ich keinen Hunger hatte, nutzte ich die Gelegenheit, dem benachbarten NABU Naturparkzentrum Milow einen Besuch abzustatten.
Dort erklärte mir Betreiber René Riep, welche Corona-Auswirkungen es auf das NABU Besucherzentrum gibt. So gab es zuerst eine Schließung der Ausstellungsräume aber auch Absage z.B. von Großtrappenführungen und vieler anderer Veranstaltungen, wie das Obstbaumblütenfest auf der Milower Streuobstwiese. Er schätzt, dass etwa 2.500 weniger Besucher:innen als in normalen Jahren auf diese Weise einen Einblick in den Naturpark Westhavelland erhalten haben. Das bedeutet natürlich fehlende Einnahmen, wozu auch viele abgesagte Bildungsreisen beitrugen. Gerade im Mai und Juni hätte es normalerweise viele Schulklassen auf Klassenfahrt gegeben, die sich auf den 200 Quadratmetern Ausstellungsfläche vor allem einen sehr lebendigen Überblick über den berühmten Sternenhimmel der Region (hier gibt es Gegenden mit besonders geringer Lichtverschmutzung), die Vogelzüge und Flußlandschaften verschafft hätten.
Das Naturparkzentrum ist aber keins, wo man nur Schaubilder und beschreibende Texte angucken kann, hier gibt es auch eine Sandbox, in der man mit Tierstempeln die Fährten einheimischer Wildtiere – vom Dachs bis zum Wolf – in den Sand drücken kann, es gibt Mikroskope zum Studieren von Präparaten wie Insektenflügeln und eine kleine Ausstellung von Federn einheimischer Vögel oder Fellstücken einheimischer Tiere, die man auch anfassen kann.
Mein persönliches Highlight war die Ausstellung zum „Mann von Milow“, einem Knochenfund mit Grabbeigabe eines 40-50 Jahre alten Mannes, der vor etwa 5.000 Jahren hier in der Nähe beigesetzt und 1967 bei Bauarbeiten entdeckt worden ist. Vom recht gut erhaltenen Schädel konnte man sogar noch erkennen, dass der Mann zu Lebzeiten an einer chronischen Stirnhöhlenvereiterung litt, aber vor allem konnte man mit Hilfe der Charité und des Landeskriminalamtes Brandenburg das ungefähre Aussehen des Mannes rekonstruieren. Es ist schon verblüffend, wenn man im Museum ins Gesicht eines quasi 5.000 Jahre alten Mannes guckt, der einem in zeitgenössischer Kleidung heute gar nicht weiter auffallen würde. So viel haben wir uns also nicht verändert seit der Jungsteinzeit.
Aber zurück zu Corona: Zum Glück ist die Finanzierung des Naturparkzentrums durch eine Grundförderung zumindest für dieses Jahr gesichert, die Pandemie stellt also bisher keine akute Gefährdung dar. Anders als in anderen Naturparkzentren mußte hier niemand Zwangsurlaub nehmen, um die Corona-Schließzeiten zu überbrücken. Die Grundförderung gibt es vom Land (50.000€ im Jahr), aber den Doppelhaushalt für 2021/22 gibt es noch nicht und nach den hohen Kosten, die die Pandemie an anderen Stellen verursacht hat, ist unklar, ob es erneut eine Grundförderung in gleicher Höhe geben wird. Sinnvoll wäre eine Tourismusumlage, schlägt René Riep vor, ähnlich den Umlagen in anderen Ländern, wo Einrichtungen wie Hotels oder Restaurants pro Gast einen kleinen Beitrag – z.B. 10 Cent – an kulturelle Anbieter wie das Naturparkzentrum abgeben, denn solche Angebote machen ja eine Gegend attraktiv und tragen so dazu bei, dass Urlauber diesen Ort für einen Besuch auswählen. Ich finde die Idee charmant, ob und wie sie umsetzbar ist, kann ich nicht beurteilen.