Wahlkreistag am 2. Juni 2020
Im Garten der Geschäftsstelle des Trägers Arbitria erzählten mir Ricarda Fritsch-Behm und ihre Mitarbeiterin Sylvia Flamm von ihrem Kinderhaus Madita in Bredereiche, einem Ortsteil von Fürstenberg/Havel. Ich hatte vor einigen Tagen beide kurz in unserem Garten in Fürstenberg kennengelernt, wo mein Mann Daniel an zwei der dort untergebrachten Kinder einen Laptop aushändigte und ihnen kurz die Bedienung erklärte, damit sie an digitaler Bildung teilhaben können. Bis dahin wusste ich von „Madita“ nichts, aber meine Neugier war geweckt. 13 Kinder leben dort, vom Vierjährigen bis zu jungen Erwachsenen, die noch zur Schule gehen. Eigentlich müssen die Jugendlichen mit Beginn der Volljährigkeit derartige Einrichtungen verlassen, aber wie soll das gehen? Familien setzen mit dem 18. Geburtstag doch auch nicht ihre volljährig gewordenen Kinder auf die Straße und sagen, „ab heute kümmerst Du Dich um alles ganz allein“. Dazu kommt, dass gerade Kinder ohne intakten Familienverbund in besonderer Weise auf zusätzliche Unterstützung angewiesen sind. Es sei jedesmal ein Kampf, bekam ich berichtet, durch Sonderanträge eine wenigstens zeitweise Fortsetzung der Betreuung genehmigt zu bekommen. Das zu hören, tat mir weh.
Der Träger kümmert sich nicht nur um die stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen, sondern leistet auch Beratungen, um in Krisensituationen Familien dabei zu helfen, selbst Lösungen zu finden und so einen Verbleib der Kinder im eigenen Familienverband zu erreichen. Um mehr als 50 Fälle kümmert sich Arbitria zur Zeit, in einem sehr großen Bereich, der von der Uckermark (Templin) über den ganzen Norden von Oberhavel bis nach Nassenheide reicht.
Ich erfuhr auch von Zukunftsplänen und Visionen für die Region – ein Familienzentrum in Fürstenberg zum Beispiel (das wär toll, der Bedarf ist da!) oder ein Familiendorf, das analog den SOS Kinderdörfern ganzen Familien (aber mit den Eltern) ein Wohnen im gemeinschaftlichen Umfeld ermöglicht, um auch in schwierigeren Konstellationen ein intaktes Familienleben zu erreichen. Das wären wunderbare Initiativen im Sinne des Kindswohles und ich würde mich sehr freuen, wenn daraus etwas würde.
Am Ende unseres Gesprächs habe ich noch kurz das Kinderhaus selbst besucht. Um die Infektionsrisiken niedrig zu halten, bin ich nur einmal kurz durch das Haus gelaufen, um einen Eindruck zu erhalten, natürlich mit Mundschutz und unter Einhaltung des Mindestabstands.
Auch dort gab es einen Garten, mit Kräuterspirale, Tomaten und diversem Gemüse, Kinder sprangen auf einem Trampolin oder fuhren mit dem Roller durch die Gegend. Es ist natürlich immer schlimm, ohne Eltern in einem Heim leben zu müssen, aber Madita ist ein wunderbares Ersatzzuhause, mit schönem Ambiente und engagierten Betreuer*innen, die ein großes Herz für „ihre“ Kinder haben. Dort begegneten mir auch drei tschetschenische Mädchen, die alle drei jeweils in die Klasse „unserer“ syrischen Mädels in der Dreiseengrundschule gehen. Die Mädchen sind auch jeweils befreundet und so lag es nahe, als mir von der Bedeutung familiärer Patenschaften erzählt wurde, den drei tschetschenischen-Schwestern in Kürze einen Nachmittag in Fürstenberg mit den drei syrischen Schwestern zu ermöglichen. Unser Garten ist groß, ein Park ist in der Nähe, Mundschutzmasken gibt es auch genug, und so sollte eine Begegnung auch ohne Corona-Übertragungsrisiko möglich sein, denn im Freien ist die Ansteckungsgefahr gering, wenn man zusätzlich auf Abstand achtet. Wenn man nicht so Fußball spielt, wie unsere Bundesliga, ist das dann gar kein Problem. Ich bin mir sicher, die sechs Mädels werden einen schönen Tag zusammen haben!