Am 16. November 2018 hat die Bundesnetzagentur den finalen Entwurf für die Vergabebedingungen und Auktionsregeln für die 5G-Frequenzauktion vorgelegt. Der Beirat der Bundesnetzagentur, dem ich als Mitglied des Bundestages angehöre, wird sie letztmalig am 26. November beraten, Veränderungen werden dann jedoch nicht mehr möglich sein. In der 1. Hälfte 2019 sollen Frequenzblöcke im Bereich von 2 GHz und 3,6 GHz für den Aufbau eines 5G-Mobilfunknetzes verwendet werden. Firmen, die Frequenzen ersteigern, werden verpflichtet, bis zu bestimmten Stichtagen Versorgungsauflagen zu erfüllen. Ersteigerte Frequenzen können bis zum 31. Dezember 2040 durch die Firmen genutzt werden.

Zuerst die guten Nachrichten.

1. Weniger Funklöcher an Verkehrswegen

Gegenüber dem ersten, auch von mir an dieser Stelle heftig kritisierten Entwurf vom September gibt es in der finalen Entwurfsfassung einige Verbesserung bei den Versorgungsauflagen

Ein Regionalzug der Deutschen Bahn

Funklöcher an Verkehrswegen sollen in den nächsten 4-6 Jahren weniger werden. Bild: Thomas Wolf (Der Wolf im Wald), Regionalbahn 27, CC BY-SA 3.0

Jeweils bis Ende 2022 sollen alle Bundesautobahnen und Bundesstraßen mit 100 Mbit pro Sekunde und bis Ende 2024 alle Landes- und Staatsstraßen mit 50 Mbit/s versorgt werden. An stark frequentierten Bahnstrecken sollen bis Ende 2022 100 Mbit/s und an sonstigen Bahnstrecken und den Wasserstraßen des Bundes bis Ende 2024 50 Mbit/s verfügbar sein. Wasserstraßen, kleinere Straßen und weniger befahrene Bahnstrecken (Richtgröße hier sind wenigstens 2000 Fahrgäste pro Tag) waren im früheren Entwurf gar nicht enthalten, die minimale Leistung für stark befahrene Bahnlinien wurde von 50 auf 100MBit/s angehoben – erst jetzt sind also Schiene und Bundesstraßen, bzw. Autobahnen gleichgestellt. Immerhin Funklöcher an Verkehrswegen dürften damit in den nächsten 4-6 Jahren seltener werden. Endlich.

2. Weniger Funklöcher im ländlichen Raum – wenigstens ein bisschen

Eine kleine, aber in der Praxis sehr bedeutsame Änderung gab es bei der Versorgungsauflage hinsichtlich der Zahl der Haushalte. Stand im alten Entwurf, dass 98% der Haushalte bis Ende 2022 mit 100 Mbit/s versorgt werden sollen, sind es jetzt 98% der Haushalte je Bundesland. Dies ist insbesondere wichtig für dünner besiedelte Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg. 500 Basisstationen müssen in „weißen Flecken“ stehen, also an Orten, die bisher überhaupt nicht mobilfunkversorgt waren. Sie müssen mindestens 100MBit/s bis 2022 erreichen.

Jetzt die schlechten Nachrichten.

1. Keinerlei Versorgungsverpflichtungen für Haushalte oder Fläche für 5G

Lizenzersteigerer müssen mindestens 1000 5G-Basisstationen aufbauen. Das sind zwar doppelt so viele, wie im 1. Entwurf vorgesehen und klingt viel, aber auf der letzten Beiratssitzung wurde uns mitgeteilt, dass eine Basisstation wegen der geringeren Reichweite von 5G bei den aktuell versteigerten Frequenzen nur etwa 100 bis 200 Haushalte versorgen kann. Selbst wenn diese Zahl bei 1000 Haushalten läge, würde dies nur für die Versorgung von einer Million Haushalte mit 5G reichen.

Ein Mobilfunkmast

Ländliche Regionen werden weiterhin wohl nur mit 4G versorgt. Bild: Frank Vincentz, Papenburg – Industriehafen Süd – Funkmast 01 ies, CC BY-SA 3.0

Das wäre 1,2 % der Bevölkerung, von Fläche wollen wir gar nicht erst reden, denn es ist wahrscheinlich, dass diese Basisstationen in Städten, vermutlich nur in Großstädten gebaut werden.

Das ist genau die einzige Stelle, an der Versorgungsauflagen an den 5G Standard gebunden waren. Die BNetzA schreibt ihre Leistungsanforderungen technologieneutral aus, damit habe ich kein Problem, so lange die Leistungsanforderungen (nur) durch ein 5G Netz erfüllt werden können. Man kann ja auch Breitbandförderkriterien technologieneutral formulieren und als Anforderung 1GBit/s symmetrische Geschwindigkeit nennen, dann fliegt automatisch Vectoring auf Kupferbasis raus und Glasfaser bleibt übrig. So hätte es die BNetzA auch machen können, aber so hat sie es nicht getan. Alle Versorgungsforderungen – von Straßen, Wasserwegen, Bahnstrecken bis hin zu „Mindestversorgung von 98 Prozent der Haushalte“ sind mit Leistungen beschrieben, die ohne Probleme mit 4G erfüllt werden können, sowohl die maximal 100MBit/s als auch die z.B. bei Autobahnen zusätzlich verlangte maximale Latenzzeit von 10ms.

2. Kein Rechtsanspruch auf 5G National Roaming – schlecht für den ländlichen Raum

Im Kriterienkatalog für die Lizenzversteigerung gibt es keinen Rechtsanspruch auf National Roaming, noch nicht einmal ein „regional Roaming“, das auf den ländlichen Raum beschränkt ist. Es gibt nur ein „Verhandlungsgebot“ und die Erwähnung, dass die BNetzA es doch total schön finden würde, wenn die Unternehmen von allein miteinander Vereinbarungen zu national Roaming treffen würden… nun ja.

Rinder auf einer Alm bei Berchtesgarden

Hier wird es so schnell kein 5G geben: Rinder auf einer Weide im Berchtesgardener Land. Bild: KAyOOw, Berchtesgaden IMG 4989, CC BY-SA 3.0

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ein Rechtsanspruch hätte sichergestellt, dass der 5G Ausbau schneller, billiger und ressourcenschonender abläuft. So kann passieren, dass die 3 Großanbieter in den lukrativsten Gebieten (Großstädte) 3 Basisstationen für 5G nebeneinander stellen und ihre Investitionsmittel für den ländlichen Raum dann nicht mehr reichen. Würden sie jeweils einzelne Gebiete – wenigstens ländliche Räume – ausbauen und sich über national Roaming gegenseitig den Zugang auf das jeweilige 5G Netz ermöglichen, könnte man 3 Mal so schnell ausbauen, eine 3 Mal so große Fläche und je Netzbetreiber für ein Drittel der Investitionssumme. Man hätte jede Menge seltener Erden und sonstiger Ressourcen eingespart. Sounds good? Yeah, but not gonna happen. So sad.

3. Kein Rechtsanspruch auf eine Diensteanbieterverpflichtung – 5G nur für Reiche?

Ebenso fehlt eine Diensteanbieterverpflichtung für Reseller ohne eigenes Netz. Auch hier hat die Bundesnetzagentur ein „Verhandlungsgebot“ formuliert. Das bedeutet in der Praxis: Solange die Netzanbieter wenigstens so tun, als würden sie mit Resellern über freiwillige Vereinbarungen verhandeln, ist für die Bundesnetzagentur alles in bester Ordnung. Erfahrungsgemäß können sich solche Verhandlungen auch über Jahre hinziehen. Selbst dann also, wenn nach vielen Jahren die Verhandlungen scheitern, Anbieter und Kund*innen in die Röhre schauen, wird nicht viel mehr als ein „ja, Pech gehabt“ dabei herauskommen. Dies sind insbesondere schlechte Nachrichten für alle Kund*innen von Resellern, deren Verträge auf 3G beschränkt sind, weil es leider auch bei der 4G Lizenzversteigerung keine Diensteanbieterverpflichtung gab und deshalb bis heute ein vernünftiges Angebot an preiswerten 4G Verträgen fehlt. Auch heute nutzen ärmere Menschen zwangsweise das lahmere 3G mit nur 84% Netzabdeckung, weil sie sich 4G nicht leisten können. Wird es einmal günstige 5G-Angebote geben? Unwahrscheinlich. Und wenn, dann wird das noch sehr, sehr lange hin sein. Die Bundesnetzagentur hier die Gelegenheit verpasst, dies durch eine entsprechende Verpflichtung sicherzustellen.

Fazit:

Digitale Teilhabe am schnellsten Mobilfunknetz wird es vor allem für Reiche und für Städter geben. Die jetzt vorgelegten 5G-Versteigerungskriterien bringen keinen verlässlichen Fortschritt für den Rollout von 5G in der Fläche und kein für alle bezahlbares schnelles Mobilfunknetz durch günstige Angebote von Resellern. Aber sie werden Funklöcher an Verkehrswegen bis Ende 2024 beseitigen und zum Schließen von 4G Funklöchern beitragen.